Will man sich mit dem kollektiven Gedächtnis beschäftigen, kommt man um zwei Persönlichkeiten des frühen 20. Jahrhunderts nicht herum: Der eine ist Maurice Halbwachs mit seinen theorielastigen Ansätzen zum kollektiven Gedächtnis, der andere ist Aby M. Warburg, der sich dem Problem um das kollektive Gedächtnis eher von der praktischen Seite annahm. Obwohl beide Entwürfe sehr verschieden
sind, waren doch beide der Meinung, dass "Kultur und ihre Überlieferung Produkte menschlicher Tätigkeit sind." Dies war zu ihren Lebzeiten nicht selbstverständlich, dachte man doch damals noch an ein "Rassengedächtnis", welches kulturelle Informationen in den Genen festlegt. Aby Warburg beschäftigte sich mit zwei Problemen der Kunsthistorik: Das eine war das der Sternsymbolik und ihrer Kontinuität, das andere war das Nachleben der Antike (besonders in der Epoche der Frührenaissance). Warburg wird heute als
einer der Vordenker einer erweiterten Kulturwissenschaft gesehen, dessen Ansatz interdisziplinär orientiert war und somit gegen eine "Grenzpolitische Befangenheit" der Einzeldisziplinen vorging. Vor diesem Hintergrund zählt zu Warburgs größten Errungenschaften die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg. Die Bibliothek zeichnete sich dadurch aus, dass sie (genau wie ihr Namensgeber) mit ihrer Sammlung von Büchern, fächer- und epochenübergreifend arbeitete und somit zu einer interdisziplinären Betrachtungsweise von kulturwissenschaftlichen Problemen anregte, was einen
Zugewinn für die Kulturwissenschaftliche Forschung darstellt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung in das kollektive Gedächtnis
- 2. Geschichte der Bibliothek
- 2.1 Der Junge Aby Warburg und die private Studienkammer
- 2.2 Wandlung zur öffentlichen Bibliothek
- 2.3 Der Umzug nach London und heutige Inkarnation
- 3. Bibliothek als Medium des kollektiven Gedächtnisses
- 3.1 Unterscheidung zwischen kommunikativem und kulturellem Gedächtnis
- 3.2 Funktionsgedächtnis und Speichergedächtnis
- 3.3 Medium des kollektiven Gedächtnisses als Kompaktbegriff
- 3.3.1 Materielle Dimension
- 3.3.2 Soziale Dimension
- 4. Bedeutung der Bibliothek für die Kulturwissenschaft
- 4.1 Zielsetzung der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg
- 4.2 Anfänge der Ikonologie
- 4.3 Methodik Warburgs: Ansätze zur Interdisziplinarität
- 5. Medium Buch vs. Medium Internet
- 5.1 Speicherkapazität und Lebensdauer
- 5.2 Zirkulation und Zugriff
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg als ein Medium des kollektiven Gedächtnisses und als Instrument der kulturwissenschaftlichen Forschung. Sie beleuchtet die Geschichte der Bibliothek, die Bedeutung der Bibliothek für die Kulturwissenschaft und die Rolle der Bibliothek im Kontext der digitalen Revolution.
- Die Rolle der Bibliothek als ein Medium des kollektiven Gedächtnisses
- Die Entwicklung der Bibliothek von einer privaten Studienkammer zu einer öffentlichen Institution
- Der Einfluss der Bibliothek auf die Entwicklung der Ikonologie als interdisziplinäres Forschungsfeld
- Die Bedeutung der Bibliothek im Kontext der digitalen Revolution und die Frage nach der Zukunft der Bibliotheken im digitalen Zeitalter
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in das Konzept des kollektiven Gedächtnisses ein und stellt die beiden wichtigsten Denker dieses Konzepts, Maurice Halbwachs und Aby Warburg, vor. Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Geschichte der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg, angefangen mit Aby Warburgs privater Studienkammer bis hin zum Umzug nach London und der heutigen Inkarnation der Bibliothek.
Kapitel 3 analysiert die Bibliothek als ein Medium des kollektiven Gedächtnisses. Es werden die verschiedenen Funktionen des kollektiven Gedächtnisses, die materielle und die soziale Dimension der Bibliothek als Medium des kollektiven Gedächtnisses betrachtet. In Kapitel 4 wird die Bedeutung der Bibliothek für die Kulturwissenschaft untersucht. Es werden die Ziele der Bibliothek, die Anfänge der Ikonologie und die interdisziplinäre Methodik Aby Warburgs beleuchtet.
Schlüsselwörter
Kollektives Gedächtnis, Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg, Aby Warburg, Ikonologie, Interdisziplinarität, Medium, Buch, Internet, Digitalisierung.
- Arbeit zitieren
- Arthur Zwetzich (Autor:in), 2012, Die Bibliothek Warburg als kollektives Gedächtnis und als Instrument der kulturwissenschaftlichen Forschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201533