Der Soundtrack als dramaturgisches Gestaltungsmittel in David Finchers "The Social Network"


Hausarbeit, 2012

13 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Titelmelodie und Erwartungshaltung an den Film

3. Dramaturgische Konzeption und deren musikalische Komponente
3.1 Rhythmisierung der Plot-Dramaturgie durch den Soundtrack
3.2 Höhepunkt und Sonderfall der rhythmischen Montage - 7 die Henley-Regatta-Sequenz
3.3 Subjektive Perspektiven der Figur des Mark Zuckerberg - 7 „Hand Covers Bruise“ als Triptychon
3.4 Vermittlung von Plot- und Charakterdramaturgie

4. You’re Score made the film - Fazit

5. Quellen

1. Einleitung

Sowohl in THE SOCIAL NETWORK (USA 2010) sowie dem ein Jahr später folgenden THE GRIL WITH THE DRAGON TATTOO (VERBLENDUNG, USA/SCHWEDEN/GB/ DEUTSCHLAND 2011) zeichnet sich das Duo von Trent Reznor und Atticus Ross für den zugehörigen Soundtrack verantwortlich. Für ihre Arbeit zu THE SOCIAL NETWORK erhielten beide den Oscar. Im Gegensatz zu THE GIRL WITH THE DRAGON TATTOO, bei dem anhand der gemachten Erfahrung ein klares konzeptionelles Erwartungsbild vermutet sein kann, war bei THE SOCIAL NETWORK keineswegs vorher absehbar, wie der Soundtrack tatsächlich klingen würde.

Generell mangelt es dem überwiegend dialoglastigen Film an Szenen, in denen sich eine Komposition sich in den Vordergrund spielen könnte.1Trent Reznor war sich bei den ersten Skizzen zu keineswegs sicher, ob diese im Sinne des Regisseurs sind: „I wasn’t sure how dark or isolated David wanted this movie to come across.“2Fin- cher hatte Reznor gewählt, weil er glaubte, dieser habe ein Gespür für das, was er erzählen wollte. Die Entwürfe trafen schließlich einen Ton, der ihn nicht nur über- zeugte, sondern ihn veranlasste dem Soundtrack weit mehr Raum zu geben als dies vermutlich zum Zeitpunkt des Drehs vorgesehen war. Die Musik ist sehr stark mit den dialoglastigen Szenen des Films vermittelt. Im Laufe der Post Produktion wurde sogar Rhythmik und Schnitt vieler Szenen an die Stücke des Soundtracks angepasst. Es schien viel mehr zu einer traditionellen Orchestrierungsarbeit zu werden.3Jedoch ähnelt das Ergebnis keinesfalls bekannten orchestralen Vertonungen.

Im Folgenden soll nachvollzogen werden, wie der ungewöhnliche, organisch elektronische Sound entscheidend die Ästhetik des Films prägt und durch die teils punktgenaue szenische Einarbeitung die dramaturgische Gestaltung. Bereits in den ersten Minuten wird die Erwartungshaltung des Zuschauers durch die Musik derart beeinflusst, dass sie für Sichtweise des Films bestimmend ist.

2. Verhältnis von Titelmelodie und Erwartungshaltung an den Film

Ein zentrales wiederkehrendes Motiv bildet die Titelmelodie „Hand Covers Bruise“. Sie besteht aus einem elektronisch erzeugten Unterton, der eine bedrückende Atmo- sphäre aufbaut. Im Laufe des Stückes nimmt die Dissonanz und Intensität dieses gut- turalen Tons zu und verstärkt dessen Wirkung bis zu einem Unwohlsein - erinnernd an Ligeti und Wendy Carlos Soundtrack zu THE SHINING (USA 1980).4Darüber liegt eine Pianomelodie, die dem dunklen, untergründigen Sound eine kindliche und un- schuldige Reinheit gegenüberstellt.

Ähnlich zu der Unsicherheit bei Anfertigung der ersten musikalischen Skizzen, war bei diesem Titel keineswegs vorher abzusehen, dass es zur Titelmelodie wird. Doch David Fincher war von dem Stück so beindruckt, dass er es geradezu leitmotivisch einsetzt. Nach ihm spreche „Hand Covers Bruise“ durch das Piano geradezu von Einsamkeit und Isolation des Protagonisten und dennoch liege durch den Unterton eine brodelnde Wut wie Gift darunter.5

Die Sequenz in der die Melodie zum ersten Mal verwendet wird, dem Heimweg Mark Zuckerbergs (Jesse Eisenberg) über den Harvard Campus, prägt entscheidend die Erwartungshaltung zum Film. Darüber hinaus bietet sie ein gutes Beispiel dafür, wie die Musik den Eindruck einer Szene, sogar deren ganze Stimmung, verändern kann.6In der vorherigen Szene, dem Date mit seiner Freundin Erica (Rooney Mara), wird ein eindrückliches Bild der Figur Zuckerbergs gegeben - seines Einzelgänger- tums und seiner Unangepasstheit, die ihm soziale Kontakte erschweren. Die Szene gipfelt im Scheitern der Beziehung. An deren Ende setzt nun „Hand Covers Bruise“ ein. „The soundtrack propels us into what he’s feeling.“7- Der Blickwinkel richtet sich schlagartig auf das Gefühlsleben Marks. Er verlässt den Pub und worauf ein aus drei Einzelaufnahmen zusammengesetztes Panorama des Harvard Campus an-schließt.8Der Protagonist wird erst allmählich darin erkennbar und wirkt in diesem Bild geradezu verloren. Über der ganzen Sequenz liegt die Melancholie der Titelme- lodie und verschafft ihr einen düsteren, hintergründigen Charakter.

Es ist mutig und bereits im Script angelegt vor die beschriebene Campus- Sequenz mit den Opening Credits eine derart ausgedehnte Dialogszene zwischen Erica und Mark zu setzen.9. Bis zum Ende dieser Szene und dem Einsatz der Musik bleibt für den Zuschauer offen was er von dem Film erwarten kann. Man stelle sich vor, die folgende Sequenz des Heimwegs wäre mit einem anderen Stück unterlegt worden - so kam für David Fincher zunächst Elvis Costellos „Beyond Belief“ dafür in Frage10-, es hätte einen gänzlich anderen Kontext erzeugt. Mark hätte als schräger Einzelgänger wirken können, der nach Hause geht um im Collageleben einen neuen Versuch zu starten eine Freundin zu finden. Zumindest laut Trent Reznor entstand in einem solchen Rohschnitt der Eindruck eines Collage Films: „It made the whole film feel different. [...] It felt much more casual [...]. It felt [...] it’s a collage movie about kids, making stuff and screwing each other out.11

Mit „Hand Covers Bruise“ jedoch wird eine Tiefe der Figur und seines Lebens sug- geriert, die jeglicher seichten Beiläufigkeit entbehrt, die hier hätte entstehen können. Die Szenearie wird geisterhaft ruhig, Verlorenheit und Einsamkeit der Hauptfigur sind greifbar. Auch die Szene mit seiner Freundin Erica bekommt erst durch diese Sequenz ihren vollen Gehalt. Es entsteht eine Erwartungshaltung an den Film, die erahnen lässt, dass hier etwas unter der Oberfläche stattfindet.12Da es sich um die Einführungssequenz mit den Opening Credits handelt, wird hier auch die Erwar- tungshaltung zum Film entscheidend geprägt.

[...]


1Vgl. Trent Reznor. In: The Social Network [Disc Two Bonus, Sony Pictures Home Entertaiment]. Trent Reznor, Atticus Ross und David Fincher zur Filmmusik. Timecode:1:30min.

2Trent Reznor. Ebd. Timecode:10:51min.

3Vgl. Trent Reznor. Ebd. Timcode: 8:25min.

4Vgl. David Fincher. In: The Social Network [Disc Two Bonus, Sony Pictures Home Entertaiment]. Trent Reznor, Atticus Ross und David Fincher zur Filmmusik. Timecode:9:50min.

5Vgl. David Fincher. Ebd. Timecode:10:25min.

6Vgl. Trent Reznor. Ebd. Timecode: 9:00min.

7Ren Klyce (Sound Designer). In: The Social Network [Disc Two Bonus, Sony Pictures Home Entertaiment]. Angus Wallm Kirk Baxter und Ren Klyce zur Nachbearbeitung. Timecode: 13:35min.

8Vgl. Jeff Cronenweth (Director of Photographie). In: In: The Social Network [Disc Two Bonus,

Sony Pictures Home Entertaiment]. Jeff Cronenweth und David Fincher zu den Bildelementen. Time- code: 5:57

9Vgl. David Fincher. In: The Social Network [Disc One Film, Sony Pictures Home Entertainment, 1:54:31h]. Audiokommentar des Regisseurs. Timecode: 00:01:00h.

10Vgl. David Fincher. Ebd. Timecode: 00:05:32h.

11Trent Reznor. In: The Social Network [Disc Two Bonus, Sony Pictures Home Entertaiment]. Trent Reznor, Atticus Ross und David Fincher zur Filmmusik. Timecode:10:58min.

12Vgl. Trent Reznor. Ebd. Timecode: 11:16min.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Der Soundtrack als dramaturgisches Gestaltungsmittel in David Finchers "The Social Network"
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Filmwissenschaft & Mediendramaturgie)
Veranstaltung
Individualstile - David Fincher, Darren Aronofsky
Note
1,0
Jahr
2012
Seiten
13
Katalognummer
V201768
ISBN (eBook)
9783656282167
ISBN (Buch)
9783656283799
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
soundtrack, gestaltungsmittel, david, finchers, social, network
Arbeit zitieren
Anonym, 2012, Der Soundtrack als dramaturgisches Gestaltungsmittel in David Finchers "The Social Network", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201768

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