Die Unabhängigkeit der EZB: Ein Balanceakt


Seminararbeit, 2011

41 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 EZB, ESZB und der Euro
2.1 Historischer Überblick
2.2 Aufgaben der EZB und des ESZB
2.3 Ziele der EZB und des ESZB
2.4 Unabhängigkeit der EZB und des ESZB
2.4.1 Institutionelle Unabhängigkeit
2.4.2 Rechtliche Unabhängigkeit
2.4.3 Personelle Unabhängigkeit
2.4.4 Funktionelle Unabhängigkeit
2.4.5 Finanzielle und organisatorische Unabhängigkeit
2.5 Vergleich ausgewählter Zentralbanken
2.5.1 Das Federal Reserve System
2.5.2 Die Bank of England
2.5.3 Die Bank of Canada
2.5.4 Die Bank of Japan
2.5.5 Die Deutsche Bundesbank
2.5.6 Die Banque de France
2.5.7 Die Banca d’Italia
2.5.8 Zusammenfassung des Vergleiches der Zentralbanken

3 Problematik einer Währungsunion im Allgemeinen und der Eurozone im Speziellen
3.1 Vorteile einer Währungsunion
3.2 Nachteile einer Währungsunion
3.3 Kriterien für eine optimale Währungsunion
3.4 Bewertung der Eurozone an den Kriterien nach R. Mundell
3.5 Kriterien zum Beitritt der Währungsunion

4 Einflussnahme der Politik auf die EZB
4.1 Verstoß der EZB gegen den EGV
4.2 Folgen des Verstoßes gegen Art. 101 EGV
4.2.1 Die Glaubwürdigkeit der EZB
4.2.2 Die Gefahr der Inflation
4.2.3 Weitere versuchte Einflussnahme der Politik
4.3 Die Risiken im TARGET-System
4.4 Zusammenfassung

5 Ergebnis

6 Quellen
6.1 Literatur
6.2 Amtliche Publikationen
6.3 Working Papers
6.4 Zeitungen und Zeitschriften

7 Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Unwiderruflich festgelegte Umrechnungskurse des Euro

Abbildung 2: Grad der Unabhängigkeit der Zentralbank

Abbildung 3: Inflationsrate im Euroraum

Abbildung 4: Goldpreisentwicklung in London

Abbildung 5: Defizitverfahren bei Verletzung des Stabilitätspakts

Abbildung 6: Haushaltsdefizit der Euro-Länder 2011

Abbildung 7: Staatsschulden der Euro-Länder 2011

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Index zur Ermittlung der Unabhängigkeit einer Zentralbank

Tabelle 2: Schulden und Haushaltssaldo im jeweiligen Referenzjahr

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Am 15. September 2008 gab die US-Investmentbank Lehman Brothers ihre Insolvenz bekannt. Nachdem die Regierung der USA verkündete, dass sie der Bank kein Geld bereitstelle um diese zu stützen, kam es zu einer gegenseitigen Vertrauenskrise der Finanzmarktteilnehmer, seien es Banken, Versicherungen, Pensionsfonds, usw.

Als Folge dessen stockte der Interbankenverkehr, da die Banken nicht wussten welche Risiken in den Büchern der jeweils anderen standen und folglich befürchteten ihr verliehenes Geld nicht wieder zu bekommen. Wegen der (fast) weltweiten Vernetzung der Volkswirtschaften blieben die Auswirkungen nicht auf den US-Amerikanischen oder angelsächsischen Markt beschränkt, sondern trafen auch viele asiatische Staaten und insbesondere die Märkte in Europa. Die Regierungen sahen sich gezwungen Gelder und Garantien in Höhe von hunderten Milliarden Dollar, Euro und Pfund bereitzustellen, um die Finanzmärkte (besonders den Interbankenhandel) zu reanimieren. Befürchtet wurden u.a. eine geringe Kreditvergabe an die Realwirtschaft und ein Bank Run, welches beides unbedingt verhindert werden musste. Die Zentralbanken begangen den Leitzins, der vornehmlich in den USA bereits auf einem niedrigen Niveau lag, zu senken.

Die Garantien und Gelder der Staaten wurden über Schuldverschreibungen bereitgestellt, welche als Folge zu großen Defiziten in den Haushalten und zu weiteren, teils enormen Staatsverschuldungen führte.

Aus der anfänglichen Krise der Banken- und Finanzindustrie wurde eine Krise der Staaten. Während im angelsächsischen Raum die Zentralbanken Anleihen ihrer jeweiligen Regierung kauften und damit die Liquidität jener, auch unter der Gefahr der Inflation, sicherstellten, ist die Problematik in Kontinentaleuropa komplexer. Zum einen besteht eine einheitliche Währung für 17 Mitglieder und mit der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Institution, welche eine gemeinsame Geldpolitik für die Währungsunion festlegt. Zum anderen weißt die Euro-Zone aber keine gemeinsame Fiskal- und Wirtschaftspolitik auf.

So zeigten und zeigen sich im weiteren Verlauf der Krise Abstimmungsprobleme zwischen den Regierungen, Streitigkeiten bei der Zuständigkeit und den Kompetenzen der Institution der Europäischen Union, antieuropäische und nationalistische Stimmen sowie das generelle Problem eine einvernehmliche Lösung zu finden. Einzig die EZB scheint handlungsfähig zu sein, wobei sie vermehrt gegen ihren gegebenen Auftrag und ihre Rechte und Pflichten verstieß und verstößt.

Vor diesem Hintergrund stellt sich vermehrt die Frage, ob eine weitere Integration innerhalb der EU oder zumindest der Staaten die den Euro eingeführt haben, stattfinden und damit eine europäische Wirtschaftsregierung geschaffen werden soll, um neben der Geldpolitik auch auf den Gebieten der Wirtschafts- und Fiskalpolitik einen gemeinsamen oder wenigstens ähnlichen Weg zu gehen.

In der vorliegenden Arbeit werden die Rolle und das Handeln der Europäischen Zentralbank im Verlauf der Krise und die daraus resultierenden Folgen untersucht.

2 EZB, ESZB und der Euro

In diesem Abschnitt werden grundlegende Punkte zur Europäischen Zentralbank (EZB), dem Europäischem System der Zentralbanken (ESZB) und dem Euro erklärt. Beginnend mit einem historischen Überblick werden dann Aufgaben und Ziele sowie die Unabhängigkeit der EZB und des ESZB dargelegt. Abschließend erfolgt ein Vergleich mit ausgewählten Zentralbanken.

2.1 Historischer Überblick

Nach den Erfahrungen des 1. Weltkrieges und den daraus resultierenden Probleme der Weimarer Republik, wollte man den Fehler der „versuchten Isolation“ und einer möglicherweise erneuten Radikalität Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg entgegentreten. Dies sollte mit einer Einbindung an die westlichen Länder erfolgen. Die ersten Erfolge der Montanunion bestärkten die damaligen Regierungen die Zusammenarbeit und Integration auch auf andere Felder auszuweiten, als bloß auf Kohle und Stahl. Jedoch der Weg zum gemeinsamen Binnenmarkt und der Europäischen Union war noch ein weiter.

Erstmal dachte man an eine gemeinsame Währung im Jahre 1962 im Zuge des Marjolin-Memorandum.[1] Im Mai 1964 bildet sich ein Ausschuss der Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedsstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).[2]

Einige Jahre später, nachdem das Bretton-Woods-System mit seinen festen Wechselkursen scheiterte, wurde die Währungsschlange eingerichtet, welche aber schnell wieder aufgegeben werden sollte. Im März 1979 wird das Europäische Währungssystem (EWS) geschaffen. Diesem gelang es die meisten Währungen der Mitglieder in einem einheitlichen Wechselkurssystem festzulegen. Analog zur Währungsschlange gab es auch hier das Prinzip von festen, aber anpassungsfähigen Wechselkursen. Neu war jedoch die Einführung der European Currency Unit (ECU), also einer Europäischen Währungseinheit. Diese stellte quasi einen „Währungskorb“ dar, welcher als gewichteter Durchschnitt der ihm enthaltenen Währungen gegenüber dem US-Dollar berechnet wurde. Doch das EWS war mehr als nur ein Wechselkursmechanismus. So wurde die Geld- und Wirtschaftspolitik angepasst um Wechselkursstabilität zu erreichen. Als Resultat glichen sich die Inflationsraten an und fielen in einigen Ländern auf ein deutlich geringeres Niveau, welches dadurch half die gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu verbessern.[3]

Der nächste Schritt der europäischen Integration erfolgte im Februar 1986, als die Einheitliche Europäische Akte (EEA) unterzeichnet und am 1. Juli 1987 in Kraft trat. Ihr Ziel lag in der Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes bzw. der Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion (WWU). „Im darauf folgenden Jahr beauftragte der Europäische Rat eine Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Kommissionspräsident Delors, konkrete Schritte zur Umsetzung dieser Union zu prüfen.“[4]

Diese Gruppe schlägt in ihrem Bericht (Delors-Bericht), welcher am 17. April 1989 vorgelegt wurde, vor die WWU in drei Stufen zu verwirklichen.

- In der ersten Stufe sollte der gemeinsame Binnenmarkt und ein freier Kapitalmarkt geschaffen werden. Dieses Ziel wurde im Juni 1990 erreicht und war noch das unproblematischste, da diese Ziele unter den bestehenden Rahmenbedingungen ermöglicht werden konnten
- In der zweiten Stufe sollten die institutionellen und organisatorischen Bedingungen für die dritte Stufe und deren Vollendung geschaffen werden. Dies geschah durch die Unterzeichnung des „Vertrag von Maastricht“, welcher die Gründung der Europäischen Union (EU) darstellt. Dieser Vertrag ermöglichte die Gründung des Europäischen Währungsinstitut (EWI) am 1. Januar 1994, mit Sitz in Frankfurt am Main. Das EWI wiederum hatte als Aufgabe die Zusammenarbeit der Nationalen Zentralbanken (NZBen) zu fördern und die Geldpolitik zu koordinieren.[5]
- „In der dritten Stufe sollten die Wechselkurse unwiderruflich festgelegt und den verschiedenen Organen und Institutionen der Gemeinschaft die volle geldpolitische und wirtschaftliche Verantwortung übertragen werden.“[6] „Am 25. März 1998 wurden der Präsident [Wim Duisenberg], der Vizepräsident und die vier weiteren Mitglieder des EZB-Direktoriums von den Regierungen (…) einvernehmlich ernannt.“[7] Die EZB selbst nahm am 1. Juni 1998 ihren Dienst auf. Verwirklicht wurde die dritte Stufe und damit die WWU am 1. Januar 1999. Der Euro[8] wurde als Giralgeld mit festen Wechselkursen (siehe Abbildung 1) eingeführt.[9] Am 1. Januar 2002 wurde der Euro dann auch als Bargeld, in den damals 12 Mitgliedsstaaten, vorgestellt.

Abbildung 1: Unwiderruflich festgelegte Umrechnungskurse des Euro

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1 aus Scheller (2006), S.28

2.2 Aufgaben der EZB und des ESZB

Nach Artikel 105 Absatz II des Vertrages über die Europäische Union (EGV) sind die „grundlegenden Aufgaben des ESZB (…)

- die Geldpolitik der Gemeinschaft festzulegen und auszuführen,
- Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel 111[10] durchzuführen,
- die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedsstaaten zu halten und zu verwalten,
- [dass] reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.“[11]

Auch die Ausgabe von Banknoten fällt in den Zuständigkeitsbereich der EZB. Wobei die Banknoten auch von den nationalen Zentralbanken, gleich den Münzen, ausgegeben werden können. Allerdings muss dies die EZB genehmigen.[12] Das Monopol der Geldpolitik liegt demnach ausschließlich bei der EZB. Die wichtigsten Entscheidungen werden zwar in den Sitzungen des ESZB, welches sich aus der EZB und den nationalen Zentralbanken zusammensetzt, getroffen, aber die ESZB besitzt, im Gegensatz zur EZB, keine eigene Rechtspersönlichkeit.

2.3 Ziele der EZB und des ESZB

Artikel 105 Abs. I EGV besagt, dass das vorrangige Ziel des ESZB daraus besteht, die Preisstabilität zu gewährleisten. Ganz ihrem Vorbild der Deutschen Bundesbank ist dies das Primärziel der EZB bzw. des ESZB. Nur wenn dieses Ziel nicht gefährdet wird, können weitere Ziele der Wirtschaftspolitik verfolgt werden. Diese richten sich nach Artikel 2 des EGV. Zu diesen Zielen gehören z.B. die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und eines hohen Beschäftigungsniveaus oder auch eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung in den einzelnen Regionen der Mitgliedsstaaten.

2.4 Unabhängigkeit der EZB und des ESZB

Da der Euro quasi der „Preis“ für die Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war, den der französische Präsident François Mitterand gegenüber dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl durchsetzen konnte und dem Zweck diente, Deutschland weiter in Europa zu integrieren. Denn in Frankreich und einigen anderen Ländern Europas existierten weiterhin die Befürchtungen vor einem neuen, starken und möglicherweise aggressiven Deutschland. Im weiteren Verlauf, um die Gründung der EU und der Einführung des Euro, setzte sich die deutsche Regierung, mit ihrem Vorschlag, dass die EZB nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank gestaltet werden sollte, durch. Dies bedeutete vor allem die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken gegenüber den Regierungen und Parlamenten der Nationalstaaten und Institutionen und Einrichtungen der EU, sowie die völlige Autonomie in ihren Entscheidungen. Dies betrifft insbesondere die Unabhängigkeit im institutionellen, rechtlichen, personellen und funktionellen Bereich, welche im Folgenden dargelegt werden.

2.4.1 Institutionelle Unabhängigkeit

Im Artikel 108 EGV wurde festgehalten, dass weder die EZB noch eine NZB Weisungen entgegennehmen dürfen, unabhängig von welcher Seite diese erfolgen. Auch darf sie selbst nicht nach Weisungen fragen, sondern muss autonom entscheiden. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass sie sich bei Einrichtungen der Gemeinschaft, bei Regierungen oder anderen Stellen benötigte Informationen einholt oder mit diesen im Dialog steht.[13]

„Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem alten § 12 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank. (…) alle Teilnehmerländer [haben] ihre Zentralbankgesetze so geändert, dass eine (..) Unabhängigkeit bei Beginn der Währungsunion Gewähr leistet war. Auf eine solche Regelung hatte die Deutsche Bundesbank viel Wert gelegt.“[14] Denn die Deutsche Bundesbank hatte über Jahrzehnte positive Erfahrungen mit dieser Konstellation gesammelt.[15] Genau genommen, verfügt die EZB sogar über eine „größere“ Unabhängigkeit als damals die Deutsche Bundesbank. Diese war lediglich durch ein normales Gesetz für Unabhängig erklärt worden. Theoretisch hätte sie jederzeit über eine Mehrheit im Parlament eingeschränkt werden können. Die EZB hingegen hat eine „Verfassungsähnliche Stellung“ durch den Vertrag über die Europäische Union. Hier eine Änderung zu erreichen ist bedeutend schwieriger als „nur“ über ein Parlament.

2.4.2 Rechtliche Unabhängigkeit

Die EZB und die NZBen besitzen, anders als das ESZB, eigene Rechtspersönlichkeit. Dies ist eine zwingende Voraussetzung für die Unabhängigkeit. „Im Fall der EZB heißt dies, dass sie vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage erheben kann, um ihre Rechte zu wahren, wenn sie durch ein Organ der Gemeinschaft oder einen Mitgliedsstaat bedroht sind.“[16] Die rechtliche Unabhängigkeit zeigt sich international dahingehend, dass der EZB ein Beobachterstatus beim Internationalen Währungsfonds (IWF) eingeräumt wurde. Auch „gibt [es] (..) Vereinbarungen mit der [Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung] (OECD), daß Vertreter der EZB an für sie relevanten Sitzungen teilnehmen können.“[17]

2.4.3 Personelle Unabhängigkeit

Um die Unabhängigkeit der Verantwortlichen bei der EZB und den nationalen Zentralbanken zu sichern, wurden lange Laufzeiten der Verträge vereinbart. So ist das Direktorium für 8 Jahre berufen und die Präsidenten der NZBen für mindestens 5 Jahre. Im Gegensatz zur EZB ist bei den NZBen eine Wiederwahl möglich. Das Direktorium der EZB wird folglich einmalig berufen. Von der Laufzeit wurde nur bei der erstmaligen Besetzung abgewichen und gestaffelte Laufzeiten vereinbart, um zu verhindern, dass nach 8 Jahren das gesamte Direktorium der EZB ausgetauscht werden muss. Lediglich bei schwersten Verfehlungen oder wenn sie die Voraussetzungen für die Ausübung des Amtes nicht mehr erfüllen, wären Entlassungen möglich.[18]

Für die Präsidenten der NZBen gelten dieselben Vorschriften.

2.4.4 Funktionelle Unabhängigkeit

Der EZB wurden alle Zuständigkeiten und Kompetenzen übertragen, um unabhängig Preisstabilität zu gewährleisten. Wie oben schon erwähnt kann ohne die Zustimmung der EZB kein gesetzliches Zahlungsmittel geschaffen werden. Sie ist alleinig für die Geldpolitik zuständig.[19]

Um insbesondere Inflation zu verhindern, wurde in Artikel 101 EGV explizit vereinbart, dass „Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der EZB oder den Zentralbanken der

Mitgliedstaaten (im Folgenden als „nationale Zentralbanken“ bezeichnet) für Organe oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten (..) ebenso verboten [sind] wie der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die EZB oder die nationalen Zentralbanken.“[20]

Dieser Artikel, welcher ebenfalls von deutscher Seite durchgesetzt wurde, soll garantieren, dass Schulden nicht mit Hilfe der Zentralbank abgebaut werden können. Ebenso wie die „Kriterien nach Maastricht“, sollten die Mitgliedsstaaten diszipliniert werden, ihren jeweiligen Haushalt und Schuldenberg nicht ausufern zu lassen.

2.4.5 Finanzielle und organisatorische Unabhängigkeit

Sowohl EZB, als auch die NZBen verfügen über eigene finanzielle Mittel. Auch organisatorisch sind sie unabhängig. So verfügt die EZB über einen eigenen Haushalt, ohne den der EU zu tangieren. Sie benutzt für ihre Finanzierung „Teile des Überschusses, den sie erwirtschaftet.“[21]

[...]


[1] Vgl. Scheller (2006), S.17

[2] Vgl. ebd., S.16

[3] Vgl. ebd., S.20

[4] Görgens, Ruckriegel, Seitz (2008), S.6

[5] Vgl. Scheller (2006), S.23 f.

[6] Ebd., S.22

[7] Ebd., S.27

[8] Es existierte der Vorschlag die neue Währung ECU zu nennen und aus der Verrechnungseinheit eine gesetzliche Währung zu machen. Da die Währung allerdings sehr französisch klang, einigte man sich auf den Namen Euro.

[9] Griechenland konnte erst 2001 beitreten. Die Bargeldeinführung erfolgte aber parallel mit den anderen Mitgliedsstaaten. Vgl. Mussel, Pätzold (2005), S.50

[10] Art. 111 betrifft die Möglichkeit des Ecofin-Rats die Wechselkurse zu ändern.

[11] Art. 105 Abs. II EGV aus Amtsblatt der Europäischen Union (2006), S.E/87

[12] Vgl. Dernedde (2002), S.94

[13] Vgl. Scheller (2006), S.136

[14] Heine, Herr (2004), S.49

[15] Vgl. Mussel, Pätzold (2005), S.50

[16] Scheller (2006), S.136

[17] Dernedde (2002), S.92

[18] Ein solches Beispiel existiert momentan mit dem italienischen Vertreter Lorenzo Bini Smaghi. Nach dem Ausscheiden des französischen Präsidenten Jean-Claude Trichet und dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Mario Draghi, welcher wie Smaghi aus Italien stammt, ist kein französisches Mitglied im Direktorium mehr vorhanden. So vereinbarten der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy, dass Smaghi aus dem Amt ausscheiden werde und für ihn ein Franzose nachrücken würde. Smaghi weigerte sich allerdings (mit vollem Recht) seinen Posten abzugeben und ist, auf Grund der personellen Unabhängigkeit der EZB, bis heute im Amt. Vgl. Bini Smaghi bleibt auf EZB_Direktorenposten sitzen, in FAZ, Nr. 248 vom 25.10.11, S.11

[19] Vgl. Artikel 106 EGV aus Amtsblatt der Europäischen Union (2006), S.E/88

[20] Artikel 101 Abs. I EGV aus Amtsblatt der Europäischen Union (2006), S.E/83

[21] Heine, Herr (2004), S.50

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Die Unabhängigkeit der EZB: Ein Balanceakt
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Europäische Wirtschaftspolitik für Fortgeschrittene
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
41
Katalognummer
V201920
ISBN (eBook)
9783656283072
ISBN (Buch)
9783656282945
Dateigröße
1335 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
unabhängigkeit, balanceakt, Europäische Zentralbank, EZB, Finanzkrise, Verstoß Maastrichtkriterien
Arbeit zitieren
Thorsten Foltz (Autor:in), 2011, Die Unabhängigkeit der EZB: Ein Balanceakt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201920

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