Constantin Brancusi - die endlose (unendliche) Säule


Seminararbeit, 2002

21 Seiten, Note: 1 (sehr gut)


Leseprobe


Inhalt

1. Biografie

2. Die Unendliche Säule
2.1. Beschreibung des Werkes
2.1.1. Technische Daten
2.1.2. Die Bedeutung des Sockels in Brancusis Werk
2.1.3. Entstehungsgeschichte der Unendlichen Säulen
2.1.4. Brancusis Traum der monumentalen unendlichen Säulen
2.1.5. Mögliche Quellen der Inspiration
2.2. Verschiedene Deutungsansätze
2.2.1. Die unendliche Säule als Kriegerdenkmal
2.2.2. Symbolische Bedeutung
2.2.3. Mathematische Überlegungen
2.2.4. Symbolische Überbewertung?

3. Das Ensemble von Tirgu Jiu
3.1. Technische Daten
3.2. Symbolische Bedeutung des gesamten Ensembles

4. Abschließende Bemerkungen

1. Biografie

Constantin Brancusi wird am 2. März 1876 in Hobita in Rumänien geboren. Als Sohn eines Bauern hat er eine harte Kindheit und verlässt bereits mit 11 Jahren sein Heimatdorf, um sich in Tirgu Jiu mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser zu halten. 1896 tritt er in die Kunstgewerbeschule in Craiova ein, welche er zwei Jahre später mit Auszeichnung abschließt. An der Kunst-akademie in Bukarest führt er sein Studium weiter und erhält 1902 sein Diplom. Nach einem Jahr Militärdienst bricht er 1904 zu Fuß nach Paris auf. Auf dieser Reise besucht er die Kunstmetropolen Budapest, Wien, München und Zürich. In Paris angekommen, arbeitet er als Kellner und Meßdiener bis der rumänische Erziehungsminister ihm ein Stipendium gibt. Brancusi besucht ab 1905 die Ecole des Beaux Arts. Ein Jahr später werden im Salon d’Automne erste Werke ausgestellt. 1907 lernt Constantin Brancusi Rodin kennen, der seine frühen Arbeiten sehr geprägt hat und arbeitet kurze Zeit in dessen Atelier. Die Bewunderung Brancusis für Rodin beruht auf Gegen-seitigkeit. So drückt Rodin Brancusi für die zwei Skulpturen „Gebet“[1][2] und „Die Qual“[3] vor der Societe nationale des Beaux Arts seine Anerkennung aus[4]. Als Rodin Brancusi als Gesellen in seine Werkstatt aufnehmen möchte, lehnt dieser das Angebot mit dem berühmten Satz „Unter den großen Bäumen kann nichts gedeihen“[5] ab. In den folgenden Jahren entwickelt Brancusi seinen eigenen Stil weiter und schließt Freundschaft mit Rousseau, Modigliani und Fernande Leger. 1913 werden fünf Werke auf der International Exhibition of Art in Amerika ausgestellt und 1914 folgt Brancusis erste Einzelausstellung in der Gallery of the Photo Secession in New York. 1920 wird die erste unendliche Säule im Garten von Steichen in Voulangis aufgestellt. In den folgenden Jahren bereist er Rumänien, Amerika, Belgien und Rußland. Jean Arp schreibt 1929 ein Gedicht über die „Collone sans fin“. 1931 kauft der Maharadscha von Indore einen „Vogel im Raum“ und gibt zwei weitere Modelle in Auftrag. Constantin Brancusi besucht 1937 zum ersten Mal Tirgu Jiu, um das Ensemble von Tirgu Jiu zu planen. Im November wird die „Unendliche Säule“ in Tirgu Jiu aufgestellt. Anschließend reist er nach Indien um dort den Tempel von Indore zu planen. Im folgenden Jahr arbeitet Brancusi an der „Pforte des Kusses“ und an der „Tafel des Schweigens“. Im September wird das Ensemble von Tirgu Jiu eingeweiht. 1939 besucht Brancusi erneut Amerika, wo er mit einem Journalisten in Chicago über einen Wolkenkratzer in Form der Unendlichen Säule spricht. Am 16. März stirbt Brancusi in Paris.

2. Die Unendliche Säule

2.1. Beschreibung des Werkes

2.1.1. Technische Daten

Die Unendliche Säule wurde in den Jahren 1937 bis 1938 fertiggestellt und befindet sich im Tirgu Jiu in Rumänien, einem Dorf in der Gemeinde Gorj am Fuße der Karpaten. Sie ist Teil eines monumentalen Ensembles, welches aus dem „Tisch des Schweigens“, dem „Tor des Kusses“ und der „Unendlichen Säule“ besteht. Die „Colonne sans fin“ mißt in ihrer Höhe 29,35 Meter und besteht aus 15 ganzen und zwei halben Elementen, die aus Gußeisen gefertigt und innen hohl sind. Die gesamte Säule ist mit einer gelben Metallschicht und zusätzlich mit vergoldetem Kupfer überzogen. So kommt sie nahe an Brancusis Vorstellung von einer vergoldeten Säule[6][7]. Die einzelnen Elemente der Säule setzen sich aus zwei pyramidenförmigen Elementen zusammen, deren Grundfläche quadratisch ist und eine Seiten-länge von je 90 cm hat. Nach oben verjüngt sich das Element zu einer quadratischen Fläche von 45 cm Seitenlänge, so dass sich beim Zusammen-setzen der beiden Pyramiden an ihrer großen Grundfläche ein rhomben-

förmiges Element ergibt. Diese Rhomben haben also eine Höhe von je 180 cm und sind aneinander gereiht wie die „Perlen einer Kette“[8]. Nimmt man die Masse 45, 90 und 180 cm ergibt dies das ausgewogene Verhältnis von 1:2:4.[9] Ein Element wiegt alleine 860 Kilogramm[10]. Im Boden ist deshalb ein quadratischer Betonsockel mit einer Seitenlänge von je 5 Metern eingelassen, der die Säule stützt. Im Innern der „Collone sans fin“ Befindet sich ein Stahlkern mit einem Gewicht von 15 Tonnen, der aus drei Teilen zusammengesetzt ist. Auf ihn sind die Elemente aus Gußeisen aufgereiht. Somit ergibt sich ein Gesamtgewicht der Säule von 29 Tonnen. Das oberste Element ist zum Schutz vor Regen mit einer Platte abgedeckt. Zusätzlich sind in der Säule vier Blitzableiter eingebaut[11].

2.1.2. Die Bedeutung des Sockels in Brancusis Werk

In der Werksgeschichte Brancusis nehmen die Sockel eine besondere Rolle ein. Sie sind fast ebenso zahlreich entstanden wie seine Skulpturen selbst, haben jedoch einen eigenständigen Charakter, da keiner von ihnen an eine bestimmte Skulptur gebunden ist. Sie bestehen „aus einfachen geometrischen Holz- oder Steinformen wie Würfel, Zylinder und Halbzylinder, aus Pyramidenstümpfen, gezackten Formen oder Elementen in Form eines Griechischen Kreuzes“[12]. Brancusi kombiniert die geometrischen Figuren miteinander und setzt sie aufeinander, wie ein Kind das auch mit Bauklötzen tun würde, was den experimentellen Charakter der Sockelaufbauten vielleicht deutlich macht. Jedoch lässt sich trotzdem eine gewisse Struktur und

Überlegung hinter den Sockeln erkennen. So wiederholt Brancusi oft im Sockel Elemente der Skulpturen, die auf ihm Platz finden sollen: „In grober, noch unartikulierter Weise kündigt sich die Skulptur in ihrem Sockel an“[13].

Dies schließt jedoch eine gewisse Eigenständigkeit des Sockels keineswegs aus. Gerade auf den zahlreichen Fotografien, die Brancusi selbst im Atelier machte, ist deutlich zu erkennen, dass er die Säulen und Skulpturen immer wieder anders kombiniert[14]. „Über die zeitliche Entwicklung der Sockelgestaltung besteht noch Unklarheit.“[15] Pontus Hulten schreibt über Brancusis Sockel: „Die vertikale Bewegung, das Aufsteigen zu Himmel, wird erreicht durch das Übereinandersetzen verschiedenartiger Körper und Fromen in einem Rhythmus, der sich wie ein Crescendo steigert“[16]. Und gerade hierin liegt die Verknüpfung zur Unendlichen Säule.

2.1.3. Entstehungsgeschichte der Unendlichen Säule

Es ist – wie bereits geklärt – durchaus wahrscheinlich, dass das Thema der Unendlichen Säule seinen Ursprung in Brancucis Sockelgestaltungen hatte und dass die ersten Säulen dieser Art auch noch als solche fungiert haben. Die erste Holzsäule mit jenen rhombenförmigen Elementen ist auf einer Photografie zu sehen, die um das Jahr 1917 entstanden sein muss[17]. Sie besteht lediglich aus zwei vollen Elementen und wird auf eine Höhe von 165 cm geschätzt. Sie ist heute nicht mehr erhalten und wurde vermutlich zu Sockelteilen weiterverarbeitet[18]. Die erste erhaltene Unendliche Säule wird auf das Jahr 1918 datiert und befindet sich heute im Museum Of Modern Art in New York.[19] Sie ist aus Holz geschnitzt und mißt in der Höhe 2,03 Meter. Die Seitenlängen betragen 25,1 mal 24,5 cm, sie hat also keine völlig quadratische Grundfläche und besteht auch nur aus 3 ganzen und zwei halben Elementen. 1920 entsteht eine weitere Unendliche Säule, welche nun bereits neun volle Elemente umfasst. Sie ist 717 cm hoch und 36,8 mal 34 cm breit, hat also ebenfalls keine quadratische Grundfläche. Brancusi fertigt sie aus einer Eiche im Garten von Edward Steichen in Voulangis und stellt diese anschließend auch dort auf. Heute befindet sie sich im Musee National d’Art Moderne in Paris, mißt nur noch 558 cm und besteht jetzt aus zwei unterschiedlich großen Teilen[20]. Zwei weitere Holzsäulen, die vor 1928 entstanden sein müssen, befinden sich heute ebenfalls im Musee National d’Art Moderne in Paris. Die eine hat eine Höhe von 301,5 cm und die zweite mißt 406,5 cm. Diese beiden Unendlichen Säulen besitzen zum ersten Mal eine völlig quadratische Grundfläche von 29 mal 29 cm[21] und 25 mal 25 cm[22]. Um das Jahr 1930 wird noch eine Säule datiert, die aus vier vollen und zwei Halbelementen besteht. Sie ist 603 mal 61 mal 61 cm[23]. Im Hinblick auf die Entstehung so vieler Unendlicher Säulen mit unterschiedlichen Massen muss man darauf hinweisen, dass Brancusi der erste war, der auf den Gedanken der seriellen Plastik kam[24]. Nach einem Tonmodell, das ver-mutlich aus dem Jahre 1935 stammt[25], wo Brancusi den Auftrag für das Kriegerdenkmal in Tirgu Jiu bekam[26], folgt im Jahre 1937 die Unendliche Säule von Tirgu Jiu.

[...]


[1] Bach, Friedrich Teja, „Constantin Brancusi – Metamorphosen plastischer Form“. Köln 1987. S.333 - 348

[2] 1907, Bronze, 111,4 x 45,2 x 130 cm, heute im Muzeul de Arta in Bukarest

[3] 1907, mehrere Versionen in Gips, Bronze und Marmor, heute teils verschollen, teils in Museen in Bukarest oder Paris, siehe Pontus Hutten, S.278

[4] Giedion-Welcker, Carola, Constantin Brancusi. Basel 1958, S.12

[5] Giedion-Welcker, 1958, S.13

[6] Hulten, Pontus, Natalia Dumitresco und Alexandre Istrati: Brancusi. Stuttgart 1986, S.314

[7] Hulten, 1986, S.21

[8] Miller, Sanda, Brancusi’s „Column of Infinite“, in: The Burlington Magazine, 122, Nr. 928, Juli 1980, S.473

[9] Miller, 1980, S.473

[10] Hulten, 1986, S.314

[11] ebda.

[12] Bach, 1987, S.30

[13] Bach, 1987, S.57

[14] Bach, 1987, S.30 - 34

[15] Bach, 1987, S.30

[16] Hulten, 1986, S.24

[17] Bach, 1987, S.451

[18] ebda.

[19] Bach, 1987, S.454

[20] Bach, 1987, S.462

[21] Bach, 1987, S.477

[22] Bach, 1987, S.486

[23] Hulten, 1986, S.30

[24] Hulten, 1986, S.43

[25] Miller, 1980, S.473

[26] Hulten, 1986, S.20

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Constantin Brancusi - die endlose (unendliche) Säule
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Propädeutikum Begriffs- und Formenlehre der Skulptur und Plastik
Note
1 (sehr gut)
Autor
Jahr
2002
Seiten
21
Katalognummer
V20236
ISBN (eBook)
9783638241724
Dateigröße
551 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Constantin Brancusi ist ein leider wenig Bekannter Bildhauer des 20.Jahrhunderts, dessen Werke durch ihre hohe Poesie besonders nachhaltig beeindrucken. Die Seminararbeit dreht sich hauptsächlich um die Skulptur "die endlose Säule" und das Ensemble in Tirgu Jiu, aber auch als genereller Einblick in das Werk Brancusis ist die Arbeit geeignet. Inkl. 3 Seiten Handout.
Schlagworte
Constantin, Brancusi, Säule, Propädeutikum, Begriffs-, Formenlehre, Skulptur, Plastik
Arbeit zitieren
Tanja Ludwig (Autor:in), 2002, Constantin Brancusi - die endlose (unendliche) Säule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20236

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