Teilnehmerorientierung nimmt als Leitprinzip didaktischen Handelns im Zuge der „reflexiven Wende“ seit den 80er Jahren in der Erwachsenenbildung einen bedeutenden Stellenwert ein.
Mit ihren Bedeutungselementen Antizipation der Teilnehmenden in der didaktischen Planung, Partizipation der Teilnehmenden an der Bildungsveranstaltung Identitätsbezug, dem Abbau von Gefälle zwischen Lehrenden und Lernenden und einem selbstgesteuertes Agieren der Lerngruppe lenkt sie die Aufmerksamkeit auf den Teilnehmenden als Subjekt und signalisiert eine stärkere Individualisierung in der Erwachsenenbildung mit der Betrachtung vom Teilnehmenden her. Teilnehmerorientierung ermöglicht darüber hinaus aus system- konstruktivistischer Sicht das Anschlusslernen, also ein Anknüpfen an bestehende kognitive Strukturen und davon ausgehend ein Fortführen des Lerngegenstandes.
In der Praxis der gesetzlich reglementierten Weiterbildungsangebote werden zwar Seminarveranstaltungen didaktisch zunehmend teilnehmerorientiert geplant und durchgeführt, Prüfungen als möglicher Bestandteil dieser Veranstaltungen in ihrer didaktischen Funktion allerdings wenig in diese Planungen einbezogen. Dies mag einerseits den formalen Prüfungsanforderungen geschuldet sein, andererseits jedoch auch einem nicht hinreichenden Forschungsgeschehen im Hinblick auf die Wirkungen von Prüfungen auf den Lernprozess selbst, weder auf das der jeweiligen Prüfung zeitlich vorangehende Lernen noch auf die daran anknüpfenden Lernprozesse. Letztendlich beeinflusst aber kaum ein anderes didaktisches Element den Lernprozess so nachhaltig, wie das Format der daran anschließenden Prüfungen, da Lernende ihren Lernprozess eben auf das erfolgreiche Absolvieren dieser Prüfungen hin ausrichten.
Dieser Situation der wenig Widerhall findenden Theoriediskussion zu Teilnehmerorientierung in Prüfungssituationen wird sich die Verfasserin praxisorientiert zuwenden.
Als Leiterin einer Weiterbildungsstätte für Gesundheitsfachberufe beschreibt sie nachfolgend ihre auf dieser Problematik basierenden Überlegungen zu einer teilnehmerorientierten Konzeption einer zertifizierten Zwischenprüfung in der staatlich anerkannten, modularisierten Weiterbildung zur Fachkraft für sozialpsychiatrische Betreuung (FSB)in deren veränderter Auswirkung auf den Lernprozess der Teilnehmenden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Bezüge
- Teilnehmerorientierung in der EB
- TNO und ihre Bedeutungselemente
- Risiken der Teilnehmerorientierung
- Chancen von Teilnehmerorientierung
- TNO in Seminar- und Prüfungsgestaltung
- Prüfungen als Teil des Lernprozesses
- Allgemeine Funktionen von Prüfungen
- Bedeutung der didaktischen Funktion von Prüfungen
- Teilnehmerorientierung in der EB
- Teilnehmerorientierte Prüfungsgestaltung in der modularisierten Weiterbildung zur Fachkraft für sozialpsychiatrische Betreuung
- Weiterbildung zur Fachkraft für sozialpsychiatrische Betreuung (FSB)
- Ziele der Weiterbildung
- Aufbau, Teilnehmer und Inhalte
- Teilnehmerorientierte Seminargestaltung
- Diskrepanz in der TNO zwischen Seminar- und Prüfungsgestaltung
- Bisherige Gestaltung der Zwischenprüfung im zweiten Modul
- Ziele didaktischer Ausgestaltung der Prüfungssituation für den Lernprozess
- Konzeption der Zwischenprüfung unter Einbezug von Bedeutungselementen der TNO
- Vorüberlegungen in der praktischen Umsetzung
- Konzept der neuen Zwischenprüfung
- Prüfungsgestaltung
- Prüfungsverlauf der ersten Gruppe: „Villa Grün“
- Prüfungsverlauf der zweiten Gruppe: „Haus Landliebe“
- Reflexionsgespräche zur Prüfung und Prüfungsabschluss
- Auswertung der Prüfung
- Auswertung der Prüfung in Bezug auf die Strukturqualität
- Auswertung der Prüfung in Bezug auf die Prozessqualität
- Auswertung der Prüfung in Bezug auf die Ergebnisqualität
- Weiterbildung zur Fachkraft für sozialpsychiatrische Betreuung (FSB)
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Bedeutung der Teilnehmerorientierung in der Erwachsenenbildung, insbesondere im Kontext von Prüfungen. Ziel ist es, die Auswirkungen einer teilnehmerorientierten Prüfungsgestaltung auf den Lernprozess zu analysieren und zu beurteilen, ob diese Form der Prüfung nachhaltigeres Lernen und höhere Motivation bei den Teilnehmern fördert. Die Autorin, die Leiterin einer Weiterbildungsstätte ist, schildert ihre Erfahrungen mit der Neukonzeption einer Zwischenprüfung in der Weiterbildung zur Fachkraft für sozialpsychiatrische Betreuung (FSB) und die Ergebnisse der Evaluation.
- Teilnehmerorientierung in der Erwachsenenbildung
- Die Bedeutung und Funktion von Prüfungen im Lernprozess
- Neukonzeption einer teilnehmerorientierten Prüfung
- Auswertung der Prüfungsergebnisse und Reflexion der Erfahrungen
- Entwicklung von Empfehlungen für die zukünftige Gestaltung von Prüfungen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in die Thematik der Teilnehmerorientierung in der Erwachsenenbildung ein und beschreibt die Relevanz des Themas im Kontext von Prüfungen. Kapitel 2 beleuchtet die theoretischen Bezüge und die Bedeutungselemente der Teilnehmerorientierung. Es werden auch die Risiken und Chancen dieser Herangehensweise diskutiert. Kapitel 3 beschreibt die Gestaltung der Weiterbildung zur Fachkraft für sozialpsychiatrische Betreuung, die konzeptionellen Überlegungen zur Neukonzeption der Zwischenprüfung und den tatsächlichen Ablauf der Prüfung. Kapitel 4 fasst die Ergebnisse der Auswertung der Prüfung zusammen und zieht Schlussfolgerungen für die zukünftige Gestaltung von Prüfungen in der Erwachsenenbildung.
Schlüsselwörter
Teilnehmerorientierung, Erwachsenenbildung, Prüfungsgestaltung, Weiterbildung zur Fachkraft für sozialpsychiatrische Betreuung, didaktische Funktion von Prüfungen, Lernprozess, Nachhaltigkeit, Motivation, Auswertung, Reflexion, empirische Forschung.
- Quote paper
- Cordula Schweiger (Author), 2012, Teilnehmerorientierte Prüfungen zur Gestaltung von Lernprozessen bei der Zwischenprüfung im Rahmen der staatlich anerkannten Weiterbildung zur Fachkraft für sozialpsychiatrische Betreuung (FSB), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202377