Zweiseitige Märkte: Regulierung von Telekommunikationsmärkten und die Auswirkungen auf den Telekommunikationsmarkt


Seminararbeit, 2012

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zweiseitige Märkte - Anwendung der Theorie auf den Telekommunikationsmarkt

3 Regulierung von Telekommunikationsmärkten
3.1 Notwendigkeit von Regulierung in monopolistischen Telekommunikationsmärkten
3.2 Der Wasserbetteffekt - Ergebnis exogener Terminierungsentgelte

4 Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Kritische Masse (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 2: Preissetzungsverhalten der Telekommunikationsanbieter bei Regulierung (Quelle: Eigene Darstellung)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Zwischen 2004 und 2011 stieg die Zahl der Teilnehmer in deutschen Mobilfunknetzen von 76,1 Mio. auf 114,13 Mio.1 Im gleichen Zeitraum verbuchte Facebook einen 900-fachen Nutzerzuwachs. Diese Zahlen sind beeindruckend, aber einfach zu erklären. Sowohl die Mobilfunknetze als auch Facebook sind Anbieter, die Plattformen für die Kommunikation zwischen Menschen bereitstellen. Je mehr Teilnehmer auf einer Plattform interagieren, desto größer ist der Nutzen für jeden einzelnen Teilnehmer. Kommt auf der einen Seite also ein Nutzer hinzu, profitieren auf der anderen Seite alle bereits existierenden Nutzer.

Diesejunge Disziplin der zweiseitigen Märkte beschreibt und untersucht seit einer Dekade die Theorie von der optimalen Preissetzung der Plattformen über die ideale Regulierung bis hin zur Effizienz. Um das Konzept der zweiseitigen Märkte zu erklären, haben Evans und Schmalensee2 ein einfaches Beispiel gewählt, welches ich hier einleitend aufgreifen werde. Eine Diskothek bietet heterosexuellen Frauen und Männern eine Plattform an, um sich kennen zu lernen. Da Frauen einerseits von der Anwesenheit von Männern und Männer von der Anwesenheit von Frauen profitieren, muss die Diskothek also sowohl Frauen als auch Männer auf die Tanzfläche locken. Die Preissetzung der Diskothek ist eine Möglichkeit zur Kontrolle der Anzahl teilnehmender Personen. Stellt der Diskothekenbetreiber eine nicht ausreichende Anzahl von Frauen im Club fest, so werden aus der wartenden Menge die Damen herausgepickt und bevorzugt in die Diskothek gelassen. Aber auch Freigetränke oder niedrigere Preise für die potentielle weibliche Kundschaft sind beliebte Anreize.3 Anhand dieses Beispiels lassen sich alle relevanten Themenbereiche von zweiseitigen Märkten zusammenfassen.

In der hier vorliegenden Arbeit wird auf die Telekommunikationsmärkte und im speziellen auf die Notwendigkeit und Auswirkung von Regulierung auf die Wohlfahrt eingegangen. Der Spezialfall Telekommunikationsmarkt unterscheidet sich leicht von anderen zweiseitigen Märkten. Wie im Diskothekenbeispiel beschrieben, wählt der Intermediär je nach Gegebenheit die Preise für beide Seiten des Marktes. Im Telekommunikationsmarkt herrschen jedoch Markteintrittsbarrieren in Form von versunkenen Kosten für die Errichtung der notwendigen Netzinfrastruktur. Jeder Netzbetreiber ist somit Monopolist für die Terminierung von Telefonaten in seinem Netz. Diese Tatsache führt in der standardwirtschaftlichen Theorie zu einer Notwendigkeit der Regulierung dieses Marktes und folglich zu einer Beschneidung der Preissetzungsmöglichkeiten der Incumbents bei den Terminierungsentgelten. Die exogene Festsetzung von F2M- Terminierungsentgelten (Festnetz-zu-Mobilnetz) hat aufgrund der Komplementarität beider Marktseiten folglich eine Auswirkung auf die Verbraucherpreise. Die hier aufgegriffene Studie von Genakos und Valetti4 zeigt einen negativen Zusammenhang von Terminierungsentgelten und Verbraucherpreisen. Sinken also die F2M-Terminierungsentgelte, so steigen die Verbraucherpreise.

Die Fragestellung dieser Arbeit ist daher die Auswirkung einer Regulierung der Terminierungsentgelte auf die Verbraucherpreise und damit auch auf die Gesamtwohlfahrt darzustellen. Im zweiten Kapitel stelle ich zunächst die Theorie der zweiseitigen Märkte mit Bezug auf den Telekommunikationsmarkt dar. Das dritte Kapitel ist in zwei Unterpunkte gegliedert, von denen im ersten Unterpunkt die Notwendigkeit für die Regulierung des Telekommunikationsmarktes im Allgemein anhand eines formalen Modells gezeigt wird. Der zweite Unterpunkt beschreibt den formalen Rahmen zur Eruierung der Auswirkung der Regulierung auf die Verbraucherpreise.

2 Zweiseitige Märkte - Anwendung der Theorie auf den Telekommunikationsmarkt

Zweiseitige Märkte wurden erstmalig 2003 von Jean-Charles Rochet und Jean Tiróle im Paper „Platform Competition in Two-Sided Markets“ identifiziert.5 Sie sind durch die Existenz einer oder mehrerer Plattform(en) zur Interaktion von Teilnehmern dieser Plattformen definiert.6 Die Betreiber dieser Plattformen bieten den Nutzern die Möglichkeit, durch Bezahlung oder kostenfrei miteinander zu interagieren. Telekommunikationsmärkte sind gute Beispiele für kostenpflichtige Plattformen. In diesem Markt befinden sich zwei Typen von Konsumenten. Sowohl die Nutzer, die Anrufe tätigen als auch jene, die angerufen werden möchten. In der Regel ist gegen eine Gebühr - Pro-Minuten-Preis oder Flatrate­Preis - die Kommunikation untereinander möglich. Relevant für die Bestimmung des Nutzens der Konsumenten von Telekommunikationsdienstleistungen ist neben dem Preis, auf den im weiteren Verlauf dieser Arbeit eingegangen wird, auch die Anzahl der Teilnehmer im Netzwerk. Je mehr Teilnehmer ein Netzwerk hat, desto größer sind die Möglichkeiten, den gewünschten Gesprächspartner zu erreichen. Dieser Aspekt ist entscheidend bei der Betrachtung von zweiseitigen Märkten. Im Gegensatz zu T-Shirts oder Nahrungsmitteln steigt der Nutzen der Teilnehmer mit der Gesamtanzahl der Teilnehmer auf der jeweiligen Plattform. Diese Netzwerkexternalität wird als direkter Netzwerkeffekt bezeichnet.7 Mit der Auktionierung und Einführung der UMTS-Standards und der daraus entstandenen Möglichkeit, das mobile Internet zu nutzen, hat sich auch die zweite Form von Netzwerkexternalitäten im Telekommunikationsmarkt etabliert. Diese indirekten Netzwerkeffekte bezeichnen den durch die erhöhte Anzahl an ergänzenden Produkten (z.B. Applikationen für mobile Betriebssysteme) gesteigerten Nutzen für die Konsumenten.8 Je mehr Applikationen also für ein mobiles Betriebssystem existieren, desto größer ist der Nutzen. Zum einen aufgrund der hohen Vielfalt für die Konsumenten, zum anderen bietet ein weit verbreitetes Betriebssystem einen Anreiz zur erhöhten Produktion von Applikationen für die Entwickler.

Der Telekommunikationsmarkt steht exemplarisch für einen zweiseitigen Markt mit hohen Netzwerkeffekten. Der Nutzen der Konsumenten ist demnach stark von der Größe des Netzwerks abhängig und weniger von der Differenzierung der Netzwerke.9 Aus diesem Grund ist der Markteintritt für ein Telekommunikationsunternehmen nur schwerlich zu bewältigen, da dieses Unternehmen auf beiden Seiten des Marktes - Anrufende und Angerufene - eine gewisse Anzahl an Teilnehmern, die kritische Masse, zur beständigen Existenz seines Netzwerkes benötigt, um positive direkte Netzwerkeffekte für die Konsumenten zu generieren.10 Der Punkt der kritischen Massel”1 ist ein nicht­stabiles Nash-Gleichgewicht. Befanden sich im Netz des potentiellen Entrants bei gegebenem Preis p* also zu wenig Teilnehmer**, resultiert ceteris paribus ein Rückgang der Teilnehmerzahl, da deren Zahlungsbereitschaft geringer ist als der gesetzte Preis des Unternehmens. Der Eintritt lohnt sich in diesem Falle nicht, da die kritische Masse nicht erreicht wird. Hätte der potentielle Entrant jedoch eine größere Anzahl an Teilnehmern**1 als die notwendigen zur Aufrechterhaltung des Netzwerkes, so würde, bei gegebenen Preis p*, eine höhere Anzahl von Konsumenten an dem Netzwerk teilnehmen, da deren Zahlungsbereitschaft größer ist als der gegebene Preis. In diesem Fall wäre ein Eintritt lohnenswert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Kritische Masse (Quelle: Eigene Darstellung)

Neben der kritischen Masse ist zum Eintritt in den Telekommunikationsmarkt auch die Netzinfrastruktur relevant. Für die Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen ist eine ausreichend hohe, flächendeckende Verfügbarkeit der Netze notwendig. Allerdings lohnt sich für einen potentiellen Entrant der Aufbau eines eigenen Netzes aufgrund der subadditiven Kostenstruktur nicht. Beim Aufbau eines Netzes fallen erhebliche Investitionskosten an, die als versunkene Kosten bezeichnet werden. Diese kann der potentielle Entrant bei Marktaustritt nicht liquidieren. Somit existiert im Markt der Übertragungsnetze ein resistentes natürliches Monopol, da zum einen weder eine Bereitstellung des Netzes durch ein Unternehmen bzw. wenige Unternehmen zu minimalen Kosten möglich ist und zum anderen keine Bestreitbarkeit des Marktes vorliegt.11 Ein resistentes natürliches Monopol definiert ein natürliches Monopol, bei dem nach Baumol, Willig und Panzar12 keine Bestreitbarkeit des Marktes besteht, also Markteintrittsbarrieren existieren. Dieses ist der Grund, warum üblicherweise zwei bis vier Netzbetreiber pro Land auf dem Telekommunikationsmarkt agieren. Da eine monopolistische Marktstruktur unter der Annahme, dass eine vollkommene Preisdiskriminierung nicht möglich ist, sowohl zu allokativen als auch produktiven Ineffizienzen führt, ist eine Nutzung der bestehenden Netzinfrastruktur durch einen potentiellen Entrant wohlfahrtsökonomisch wünschenswert.13

Der Aufbau und die Wartung der Netzinfrastruktur zieht hohe Investitions- bzw. Wartungskosten für die Netzbetreiber nach sich, sodass die übrigen Netzbetreiber für die Nutzung der bestehenden Netzinfrastruktur Terminierungsentgelte an jenen Netzbetreiber zahlen, der das initiierte Gespräch in seinem Netz terminiert. Kommuniziert ein Teilnehmer des Netzbetreibers A also mit einem Teilnehmer des Netzbetreibers B, so muss A für die Terminierung des Gesprächs durch B ein Entgelt an B zahlen und vice versa.14 Da im Telekommunikationsmarkt die Gespräche üblicherweise von den Anrufenden bezahlt werden (Calling Party Pays), herrscht kein Preiswettbewerb bei den Terminierungsentgelten.

[...]


1 Bundesnetzagentur 2011, S. 84

2 Schmalensee und Evans 2005

3 Schmalensee und Evans 2005, S. 153

4 Genakos und Valletti 2011b

5 Rochet und Tirole 2003

6 Rochet und Tirole 2006, S. 1

7 Birke und Swann 2004, S. 1

8 Birke und Swann 2004, S. 1

9 Birke und Swann 2004, S. 17

10 Organisation for Economic Co-operation and Development 2009, S. 116

11 Haucap und Coenen 2010, S. 6

12 Baumol et al. 1982

13 Haucap und Coenen 2010, S. 6

14 Baumoletal. 1982, S. 16

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Zweiseitige Märkte: Regulierung von Telekommunikationsmärkten und die Auswirkungen auf den Telekommunikationsmarkt
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
21
Katalognummer
V202394
ISBN (eBook)
9783656285878
ISBN (Buch)
9783656287865
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zweiseitige Märkte, Regulierung, Two-sided markets, Netzwerkökonomik, Mikroökonomik, Mobilfunk, Volkswirtschaftslehre, VWL, Social Media
Arbeit zitieren
Patrick Mutert (Autor:in), 2012, Zweiseitige Märkte: Regulierung von Telekommunikationsmärkten und die Auswirkungen auf den Telekommunikationsmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/202394

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