Wie verändert das Internet die Werbung?


Diplomarbeit, 2001

51 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Gliederung

0. Einleitung

1. Werbung als Form der Marktkommunikation
1.1 Kommunikation und Werbung
1.2 Elektronische Kommunikation
1.3 Formen der Marktkommunikation
1.3.1 Symbolische Kommunikation und Wirtschaftswerbung
1.3.2 Massenkommunikation
1.3.3 Individualkommunikation
1.3.4 Elektronisch mediatisierte Kommunikation

2. Klassische Werbung
2.1 Werbeträger klassischer Werbung
2.2 Werbemittel klassischer Werbung

3. Nicht-klassische Werbung
3.1 Neue Medien
3.1.1 Multimedia-Kommunikation und Internet
3.1.2 Die Medien-Evolution
3.2 New Economy und Werbewirtschaft
3.3 Interaktive Werbung
3.3.1 Interaktivität, Hypermedialität
3.3.2 Formen interaktiver Werbung
3.3.2.1 Die Webseite eines Unternehmens
3.3.2.2 Das Werbebanner
3.3.2.3 Electronic-Mailing (E-Mail)
3.3.2.4 Mobile Werbung

4. Das dynamische Wechselverhältnis von klassischer Werbung und Online-Werbung
4.1 Der Einfluß klassischer Werbung auf Online-Werbung
4.2 Der Einfluß der Online-Werbung auf klassische Werbung

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Eidesstattliche Erklärung

0. Einleitung

Wer sich im Rahmen einer Diplomarbeit dem Thema Werbung nähert, sieht sich einer Unmenge von Veröffentlichungen sowie einer Fachsprache gegenüber, die eine Vielzahl von neuen Begriffen umfaßt. Das Thema dieser Diplomarbeit in Form einer ebenso verkürzten wie banal gestellten Frage suggeriert unbewußt, daß es als Tatsache in der Behauptung schon eingeschlossen ist, ohne die Berechtigung seiner Voraussetzungen zu prüfen. Außerdem impliziert die Frage unter Umständen eine Vollständigkeit in ihrer Beantwortung, die aber auf keinen Fall gewährleistet werden kann. Das hat auf einer allgemeinen Ebene auch damit zu tun, daß die Entwicklung der Werbung mit der des technischen Fortschritts eng zusammenhängt und niemals abgeschlossen sein wird. Es soll nicht die Diskussion über grenzenloses Wachstum und dem Sinn menschlichen Wirtschaftens geführt werden, zumal diese auch mehr den Bereich der Volkswirtschaftslehre tangiert, aber ein Aspekt sei an dieser Stelle erwähnt: Das Wissen der Menschheit wächst unendlich und damit entwickeln sich auch deren Kommunikationsmöglichkeiten immer weiter.

Fast alle Autoren fassen Werbung als eine Form der Kommunikation auf (u.a. Schweiger/Schrattenecker, 2001, Pepels, 1999, Meffert, 2001, u.a.). Werbung als Form von Marktkommunikation zu begreifen, wird im Gliederungspunkt 1 dieser Diplomarbeit behandelt. Die Änderungen der Kommunikationsmöglichkeiten durch die explosionsartige Entwicklung zur Informationsgesellschaft sind gewaltig. Damit verwandelt sich Werbung, aber auch der Rezipient dieser Werbung. Innerhalb einer Generation vervierfacht sich das Kommunikationsangebot, aber nicht die menschliche Kapazität zur Verarbeitung einer solchen Informationsflut. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Werbung. Die Informationsflut, zu der Werbung gehört, wird selektiert.

Schwierig gestaltete sich die exakte Einordnung des Internets. Die sogenannten „Neuen Medien“ im Sinne von Kabel-, Funk- und Audiovisionsmedien (Pflaum/Bäuerle, 1991) als Abgrenzung zu den klassischen Werbemitteln existieren schon mehrere Jahrzehnte. Einen Vergleich der gegenseitigen Beeinflussung von klassischen und nicht-klassischen Werbemittteln vorzunehmen erscheint nicht sinnvoll, da beide Formen nebeneinander schon zu lange existieren. So gibt es Fernsehwerbung in Deutschland seit den frühen fünfziger Jahren und ist seit dem Aufkommen des privaten Fernsehens ein bedeutender Wirtschaftsfaktor geworden. Damit kann man Fernsehwerbung in der Grundbedeutung seines Wortes als Klassiker sehen. Diese Feinheiten helfen bei der Einordnung des Internets und der Verbreitung der Multimediatechnik nicht weiter. Es ist aus den genannten Gründen nicht sinnvoll, weitere Begriffe wie Neuere Medien oder Postmoderne Medien o.ä. einzuführen. Deshalb wird das Internet unter dem Begriff der Neuen Medien subsumiert, wobei auf den im Kapitel 1 geklärten elektronisch-mediatisierten Kommunikationsbegriff zurückgegriffen wird und das Prinzip der Interaktivität und Hypermedialität seine Beachtung findet. Punkt 3 in dieser Arbeit beschäftigt sich mit diesen Gesichtspunkten.

Die Veränderung von Werbung unter den Aspekten der aktuellen technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen sind das Thema dieser Arbeit. Ein Abgleich dazu findet im Gliederungspunkt 4 seine Bearbeitung. Es wird herausgearbeitet, wie die Werbewelten der klassischen Werbung und der Internetwerbung zunehmend miteinander vernetzt werden. Online- und Offline-Werbestrategien wachsen damit zu einer Ökonomie zusammen, die die Grenzen von New und Old Economy verschwinden lassen.

1. Werbung als Form der Marktkommunikation

1.1 Kommunikation und Werbung

Kommunikation ist von dem lateinischen Wort „communis“ abgeleitet und bedeutet „gemeinsam“. Wer kommuniziert, stellt mit anderen Menschen eine Gemeinsamkeit her. Die Voraussetzung für Kommunikation sind demnach andere Menschen, um mit ihnen in Beziehung zu treten. Informationen und Gedanken auszutauschen, ist offenbar dem Menschen ein ureigenes Bedürfnis und soll nicht weiter in seinen psychologischen Ursachen ergründet werden. Lasswell hat folgendes Paradigma der Kommunikation aufgezeigt (zit. nach Schweiger/Schrattenecker, 2001, S. 7):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieses Paradigma ist natürlich sehr abstrakt. Kommunikation und Kommunikationsmodelle auch nur annähernd umfassend zu beschreiben, würde über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. Das Paradigma von Lasswell ist deshalb interessant, weil es in seiner Prägnanz nicht nur jeden Kommunikationsprozeß allgemein, sondern eben auch die Elemente für den Kommunikationsprozeß Werbung darstellt. Es ist das letztendliche Ziel jeder Werbung, Menschen (also Empfänger oder Rezipienten) zu einer Konsumhandlung anzuregen. Die Anbieter der Produkte und Dienstleistungen für diese Konsumhandlung sind die Marktteilnehmer (also Sender und Empfänger). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, spricht man von Marktkommunikation. Um schlußendlich die Perspektive Werbung und Internetwerbung zu betrachten, soll noch angemerkt werden, daß es Unsicherheiten in der Abgrenzung und den Definitionsversuchen von Kommunikation gibt und oft Konzepte und unterschiedliche Ansätze vermischt werden.

So könnte man den Begriff Kommunikation auch allgemeiner fassen. „Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Watzlawick zit. nach Henecke, 1999). Kommunikation ist demnach nicht nur eine Eigenschaft, die auf eine Mitteilung gerichtet ist, sondern verbindet sich mit dem Kriterium einer Intention. Jede Mitteilung ist also mit einem zielgerichteten Zweck verbunden. Allein die Tatsache, wie jemand sich kleidet, welche Sprache jemand spricht usw. ergibt Bedeutungen, die Menschen ein Orientierungssystem in die Hand geben. Es ist allgemein akzeptiert, daß Menschen sich in verstärktem Maße zu Selbstdarstellern entwickeln, die ihr Leben inszenieren und patchworkartig zusammensetzen. Geht man davon aus, daß das Internet ein öffentlicher Raum der (anonymen) Selbstinszenierung ist, so hat dies natürlich auch Auswirkungen auf das Werbemedium Internet, beispielsweise auf die Umgangsformen von Kommunikation im Netz oder auf die Sprache. „Bin ich drin?“ lautet die Frage, die Boris Becker vergangenes Jahr den Deutschen stellte. Auch die Schnelligkeit von Werbung bei Schnittfolgen von Filmen ändert sich. Informationen müssen durch den stetigen technischen Wandel sekundenschnell bereit sein. Nach einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Emnid aus dem Jahr 2000 sind 37 Prozent der Internet-Vielnutzer im Leben schneller geworden, 17 Prozent sagen, daß sie ungeduldiger sind (zit. nach Kneip, Wer nicht drin ist, ist draußen. In: Spiegelreporter, Nr. 8/2001, www.spiegel.de/reporter).

Werbung wird oft in einen negativen Zusammenhang gebracht. Skeptisch wird die Gefahr der Verführung betrachtet. Dieser Umstand wird von der Werbeindustrie ohne weiteres zugegeben. „Die Aufgabe der Werbung ist es, den Konsumenten zu seinen verborgenen Erwartungen hinzuführen. Indem sie diese aufdeckt, erschafft sie erst die Lust, den wahren Motor unserer Konsumgesellschaft“ (Jacques Séguéla, Chef der Werbeagentur Euro-RSCG, zit. in Toscani, 1996, S. 25). Toscani führt weiter aus: „Warum spricht man von einer weltweiten Krise der Werbebranche? Weil sich die Werbung nicht mehr erneuert; sie denkt nicht mehr nach.“ (a.a.O.). Es fällt schwer, diesen Pessimismus zu teilen. Einerseits ändern sich die Möglichkeiten von Werbung allein schon durch die Neuen Medien. Diese sind zwar kein Ersatz für Kreativität, die den Kern einer jeden guten Werbung bildet, fordert aber eine völlig neue Denkweise in bezug auf die Konsumenten. Andererseits ist Werbung zu einem Bestandteil unseres Lebens geworden. Die Einflüsse auf unsere Sprache, Kultur, Handlungsweisen und unser allgemeines Lebensgefühl sind weder wegzudenken noch isoliert als einzelne Wirkungsursachen zu sehen.

Die o.g. Gefahr der Verführung ist oft in den Zusammenhang mit Manipulation gebracht worden. Menschen zu manipulieren, sie zu beeinflussen ist immer ein kritische Tätigkeit, nicht nur in der Wirtschaft. An dieser Stelle wird aber Werbung überbewertet. In der Praxis handelt es sich um nichts weiter als einen kleine „Täuschung“ oder einen Traum, den man mit dem großen Wort Manipulation einen gefährlichen Anstrich gibt. Selbst das Wort Täuschung impliziert vielleicht noch zu viel Schlechtigkeit. Es ist eher augenzwinkernd im Sinne von „Jeder weiß es ja“ gemeint. Der Konsument, der am Ziel seiner Konsumbedürfnisse stehend das Produkt in den Händen hält, kann auf solche kleinen Tricks, auch auf unlautere Versprechen hereinfallen, aber das Produkt muß letztendlich seine Bedürfnisse befriedigen. Die Macht des Konsumenten ist seine Finanzkraft und man kann darüber streiten, ob der Durchschnittsbürger klug genug ist, ein nicht gehaltenen Werbeversprechen auf Dauer zu durchschauen. Durchaus positiv denkend, kann der Mensch für mündig genug gehalten werden, sein reales Leben und das der Werbewelt auseinanderzuhalten.

1.2. Elektronische Kommunikation

Der Aspekt der elektronischen Kommunikation ist in bezug auf Werbung und Internet natürlich sehr interessant. Der Mensch kommuniziert durch die Möglichkeiten der Elektronik soviel wie noch nie in seiner Geschichte. Es sind eine Unmenge neuer Techniken auf dem Kommunikationsmarkt, die in den Formen des Umgangs miteinander für Verwirrung sorgen. Der Umgang mit digitalen Kommunikationstechniken prägt die Verhaltensweisen von Menschen. Dabei macht sich das Fehlen sozialer Normen für diesen Umgang bemerkbar. Ist oben von selbstinszenierten Menschen gesprochen worden, die mit einer offensichtlichen Selbstsicherheit das Leben der Gesellschaft ändern, so ist das Fehlen der sozialen Norm beim Kommunizieren mit den Neuen Medien für uns nur die andere Seite derselben Medaille. Es wird hiermit die These vertreten, daß gerade jener Mangel im Umgang mit den Neuen Medien durch ein Zuviel an Inszenierung kompensiert wird. Diese These hat nun z.B. in bezug auf das Thema insofern Bedeutung, als daß das Werbemedium Internet im Vergleich zu anderen Werbemedien in einer Bilanz des Deutschen Werberates besonders viele Beschwerden wegen geschmackloser und anstößiger Werbung verzeichnen mußte (www.interverband.com/n-img/69392/home_neu/htm).

Das nahezu klassische Beispiel für die Verunsicherung im Umgang mit Neuen Medien ist das Mobiltelefon. Seit seinem massenhaften Aufkommen Anfang der neunziger Jahre ruft es in der Öffentlichkeit Unwillen hervor. In vielen öffentlichen Gebäuden wie Theater, Restaurants, Kirchen usw. ist der Einsatz inzwischen untersagt. Entnervte Professoren weisen ihre Studenten auf das Abschalten ihrer Handys hin. Anbieter von Mobiltelefon geben ihren Kunden Broschüren mit, die zum richtigen Telefonieren anleiten sollen. Die Firma „Alcatel“ versuchte in Frankreich durch Werbespots, rücksichtslose Telefonierer zu erziehen. Es ist nicht zu übersehen, daß die Eroberung des Öffentlichen Raumes durchs Telefonieren und damit der Zwang auf den Mitmenschen zum Mittelefonieren inzwischen Gegenbewegungen hervorruft. So gründete sich in den USA eine Anti-Funktelefonbewegung, die aufdringlichen Telefonierern die Handys entwindet und die Strafaktion per Video dokumentiert und zur Warnung ins Internet stellt.

Die E-Mail, die von der gedachten Verwendung völlig diskret in ihrem Umgang ist, fördert aber die Verunsicherung der Menschen bei den Kommunikationsnormen noch mehr. Mündliche und schriftliche Kommunikation haben jeweils ihre Vorteile. Sie miteinander zu verbinden, ist in der analogen Zeit weder durch Anrufbeantworter noch durch Faxgeräte ganz gelungen. Kommunikation kann synchron oder asynchron sein, flüchtig bleiben oder dauerhaft festgehalten werden. Schrift überwindet Zeit, mündliche Rede aber den Raum, die beiden Dimensionen unserer Existenz. Die E-Mail vereint die Vorteile beider Formen, so daß sie als bedeutendste Kommunikationsinnovation seit dem Buchdruck angesehen wird.

Dementsprechend schnell setzt sich dieses Medium durch. Folgende Zahlen sollen dies verdeutlichen:

- 1969: erste E-Mail in Kalifornien (USA)
- 2000: in den USA sind zwei Drittel aller Bürger seit 12 Jahren online, das sind 335 Millionen E-Mail-Adressen, es wurden 6,9 Trillionen Nachrichten versendet, gegenwärtig ungefähr 300 Millionen pro Tag
- 26 Prozent der US-Manager telefonieren, aber 36 Prozent mailen lieber zuerst
- 5 Prozent der Gerichtsverfahren in den USA ziehen E-Mails als Beweismittel heran

(nach c’t 12/2000, S. 92 ff.).

Damit ist die E-Mail das primäre Kommunikationsmittel, zumindest in den USA. Europa wird diesen Trend mit Verzögerung nachholen.

Diese Tendenz muß natürlich ihre Auswirkungen auf zwischenmenschliche Umgangsformen haben. Zunächst gilt es in vielen Branchen als Belästigung, unangemeldet anzurufen. Anderen die eigene Zeit fernmündlich aufzudrängen, ist zunehmend ungebührlich. Die E-Mail untergräbt durch ihre Anwendung Hierarchien und Bürokratie. Dies sollten nicht überbewertet werden, dennoch beschleunigt digitale asynchrone Kommunikation Abläufe und flacht herkömmliche Hierarchien aus der industriellen Epoche ab. Das Telefonat ist eine veraltete Herrschaftsform der Kommunikation. Dies ist zumindest die Hoffnung. Man blockierte oder selektierte mit Hilfe technischer Mittel oder Kräfte Anrufe und zeigt so seine Machtstellung. Allerdings zerstört die Krise der New Economy, die geprägt war durch das Fehlen einer hierarchischen Ordnung, diese Hoffnung wieder. Auf das Beharrungsvermögen von Bürokratie soll nicht weiter eingegangen werden.

Durch die E-Mail transformiert sich nach dem Lasswellschen Paradigma nicht nur die Frage nach Sender und Empfänger (also Wer mit Wem) und die Frage des Kanals (also Wie, mit welchem Medium) auf eine qualitativ neue Ebene, sondern auch die des Inhalts (die Frage nach dem Was, also die Botschaft) und damit auch seine Wirkung. Sender und Empfänger neigen dazu, unmittelbarer und offen zu sein. Diese Ehrlichkeit hat natürlich seine Schattenseiten. Der Umgangston beim E-Mail-Verkehr wird rüder. Das Nebeneinander von Unmittelbarkeit und Dauerhaftigkeit ist ungewohnt. Einerseits fordert das Entstehen von Datenspuren eine Vorsicht im Umgang mit Informationen, andererseits ermöglicht die E-Mail einen höheren Grad an Reflexion.

Summarisch und transistorisch läßt sich jedoch feststellen, daß der Bereich der digitalen Kommunikation an Bedeutung zunimmt und die asynchrone der synchronen Kommunikation vorzuziehen ist.

1.3. Formen der Marktkommunikation

1.3.1 Symbolische Kommunikation und Wirtschaftswerbung

Der Zusammenhang von Kommunikation und Information ist bereits dargestellt. Bei der Kommunikation von Anbietern und Nachfragern für Produkte und Dienstleistungen wird von Marktkommunikation gesprochen. Mit dieser Kommunikation sollen also die Austauschprozesse von Waren und Dienstleistungen beeinflußt werden.

Im folgenden wird die Kommunikation in der Sache, bei der es um die beschriebenen Informationen geht, von der des Zwecks abgegrenzt. Sachkommunikation vermittelt wertfreie, neutrale Informationen. Primat hat hier die Information (Pepels 1999).

Zweckorientierte Werbung beeinflußt dagegen den Rezipienten hinsichtlich seiner Meinung bewußt oder unbewußt. Dies wird durch die Art der Gestaltung erreicht. Man untergliedert die Zweckkommunikation wie folgt:

1. für politische Zwecke (politische Werbung, früher auch als Propaganda bezeichnet)
2. für religiöse und kulturelle Zwecke (religiöse und kulturelle Werbung)
3. für wirtschaftliche Zwecke (Wirtschaftswerbung, früher auch als Reklame bezeichnet)

Wie im Gliederungspunkt 4 noch darzulegen sein wird, ist diese Diplomarbeit deduktiv aufgebaut. Nachdem die Begriffe Kommunikation und E-Kommunikation allgemein beleuchtet wurden, verzweigt sich das Thema in Äste, von denen hier nur der Teil der Wirtschaftswerbung betrachtet werden soll.

Schweiger/Schrattenecker (2001) unterteilen die Formen der Markkommunikation in

- Symbolische Kommunikation
- Produktinformation.

Auf die Form der Produktinformation braucht nicht weiter eingegangen zu werden, weil darunter jene Kommunikationsprozesse verstanden werden, bei denen das Produkt selbst Träger und Übermittler der Information ist. Das Produkt oder die Dienstleistung muß bei der Produktinformation, die auch signifikante Kommunikation genannt wird, physisch greifbar sein. Es werden in dieser Arbeit jedoch Medien behandelt, die das Produkt auf irgendeine Weise darstellen.

Die symbolische Kommunikation, bei der das Produkt oder die Dienstleistung eben nicht physisch greifbar ist, beinhaltet jene Kommunikationsprozesse, die diese in Worte und Bilder (allgemeiner in Zeichen und Symbolen) darstellt. Sie kann die Formen der

- Massenkommunikation
- Individualkommunikation

annehmen.

Bevor auf die beiden Punkte Massen- und Individualkommunikation eingegangen wird, soll der Abgrenzungsgedanke des Kommunikationsbegriffs von Pepels nach einmal aufgegriffen werden.

Wie eingangs erwähnt differenziert er die Marktkommunikation in Sach- und Zweckkommunikation. Innerhalb der Wirtschaftswerbung (in Abgrenzung zur Propaganda und Reklame) subsumiert er die klassische und nicht-klassische Werbung (auch als Below the Line Advertising und Above the Line Advertising bezeichnet) nur für die Erscheinungsform Absatzwerbung. Er definiert die Wirtschaftswerbung wie folgt:

„Wirtschaftswerbung ist die bewußte Beeinflussung von marktwirksamen Meinungen mittels Instrumentaleinsatz und mit der Absicht, die Meinungsrealität im Markt den eigenen Zielvorstellungen darüber anzupassen.“ (Pepels, 1999, S. 19).

Diesen Definitionsansatz der klassischen und nicht-klassischen Werbemittel nur auf die Absatzwerbung zu fokussieren, engt weitere Möglichkeiten ein. Werbung um öffentliches Vertrauen, Imagekampagnen, wie die prämierte BSR-Werbung in Berlin und Public Relations werden dabei nicht erfaßt. Auch geht es nicht nur darum, konkrete Angebote im Sinne von Absatzwerbung zu machen (wenn auch unumstritten ist, das dies das Ziel jeder wirtschaftlichen Handlung sein sollte). Um überhaupt noch das knappe Gut Aufmerksamkeit zu bekommen, wird Werbung, ob klassisch oder nicht-klassisch bzw. in der Verbindung (Marketing-Mix) beider zunehmend rätselhafter oder funktioniert in mehreren Schüben. Oft wird im ersten Schub ein Rätsel gestellt oder auch nur die Frage, wie ein neues Produkt ausgesprochen wird (Werbung bei Einführung der Automarke „Daewoo“), um es dann einige Zeit später aufzulösen. Es vermischen sich vielfach der definitorische Ansatz mit den Inhalten von Werbung. Wird aber nach den Inhalten

- Angebotswerbung
- Leistungswerbung
- Ideenwerbung

unterschieden, so lassen sich hier die genannten Erscheinungsformen kategorisieren.

1.3.2 Massenkommunikation

Als Form der symbolischen Kommunikation stellt die Massenkommunikation den Bereich der Marktkommunikation dar, die Kommunikationsprozesse

- indirekt mit technischen Verbreitungsmitteln
- an ein heterogenes Publikum
- ohne Feedback, d.h. auf dem Kanal Sender è Empfänger einseitig

ablaufen läßt.

Die wichtigsten Erscheinungsformen der Massenkommunikation sind:

- Werbung
- Public Relations
- Verkaufsförderung
- Verbraucherinformation
- Messen/Ausstellungen
- Sponsoring
- Event-Marketing.

Es ist somit leicht zu erkennen, daß der Abgrenzungsgedanke von Pepels, wie oben beschrieben, die Möglichkeiten einschränkt. Klassische und nicht-klassische Werbung als Teil der Absatzwerbung und diese wiederum als Teil der Wirtschaftswerbung zu sehen, ist damit zu speziell. Schweiger/Schrattenecker verstehen unter Werbung „die beabsichtigte Beeinflussung von marktrelevanten Einstellungen und Verhaltensweisen ohne formellen Zwang unter Einsatz von Werbemitteln und bezahlten Medien“ (Schweiger/Schrattenecker, 2001, S. 9). Zwar impliziert Pepels mit seinem „Instrumentaleinsatz“ die Instrumente des Kommunikationsmixes im Marketing, die Frage stellt sich aber, warum er diesen Gedanken nicht generalisiert.

Wirtschaftswerbung hat ihrerseits folgende Erscheinungsformen:

- Werbung für wirtschaftspolitische Ziele eines Staates (wirtschaftspolitische Werbung)
- Werbung für die Ziele eines Betriebes als Ganzes (Firmenwerbung)
- Werbung für die Teilfunktionen eines Betriebes
- Werbung zur Förderung des Absatzes (Absatzwerbung)
- Werbung zur Förderung der Beschaffung (Beschaffungswerbung,

beinhaltet Materialbeschaffung, Kapitalbeschaffung)

- Werbung zur Gewinnung von Mitarbeitern (Personalwerbung).

1.3.3 Individualkommunikation

Im Gegensatz zur Massenkommunikation stellt die Individualkommunikation eine Form der Kommunikation dar, die

- direkt
- zweiseitig, d.h. mit Feedback oder Rückkopplungsmöglichkeiten

zwischen Kommunikationspartnern stattfindet. Sie hat aufgrund der Reaktionsmöglichkeit des Empfängers zwar die größere Wirkung, ist aber durch die Struktur der Märkte, durch die Anonymisierung der Marktkontakte nicht das Hauptmittel für die Marktkommunikation.

Eingesetzt wird die Individualkommunikation insbesondere bei

- Direktwerbung (Werbebrief) und persönlichem Verkauf
- persönlicher Kommunikation.

Beide Formen zielen darauf ab, persönlich, durch ein Gespräch oder Werbebrief mit persönlicher Anrede, Kunden zu einer Kauf- oder Konsumhandlung anzuregen.

1.3.3 Elektronisch-mediatisierte Kommunikation

Auf das Verhältnis von Kommunikation in bezug auf das Verhältnis zur Internetwerbung wird insbesondere im Gliederungspunkt 3 eingegangen. Im Vorgriff dessen kann für Internetwerbung auch der Begriff Online-Werbung verwendet werden. Bei den Erscheinungsformen Massen- und Individualkommunikation nimmt die Online-Werbung jedoch eine Zwitterstellung ein. Das Internet ist ein öffentlicher Versammlungsplatz, und daher ein legitimer und angemessener Ort der Werbung. Signifikant sind besonders die Merkmale des technischen Verbreitungsmittels Computer sowie das heterogene Zielpublikum. Bei Werbung in Newsgroups wird aufgrund der demografischen Charakteristika einer Gruppe dieses Merkmal der Heterogenität wieder aufgeweicht. Auch die Rückkopplungsmöglichkeiten durch das Prinzip der Interaktivität ist eine Besonderheit der Individualkommunikation.

„Diese Einschätzung (nämlich daß Kommunikation über Internet eine Form der Massenkommunikation darstelle) ist inzwischen einer differenzierten Betrachtung gewichen. Zunächst einmal integriert das Internet sowohl Massen- als auch Individualkommunikation. Mehr noch: Kommunikation via Internet bewegt sich im Dreieck zwischen one-to-many-Kommunikation (www), many-to-many-Kommunikation (Usenet) und der interpersonalen one-to-one-Kommunikation (E-Mail). (...) Um das Internet zum Gegenstand kommunkationswissenschaftlicher Untersuchungen zu machen, bedarf es also eines modifizierten Kommunikationsbegriff, der sich vom dominierenden Einfluß massenmedialer Kommunikation und ihrer Charakteristika – disperses Publikum, Öffentlichkeit löst. Gleichzeitig muß der Begriff für alle genannten Formen der via Internet möglichen Kommunikation offen sein.“ (Olaf A. Schulte, 1999, S. 5). Schulte schlägt unter Berufung auf andere Autoren u.a. den Begriff der „elektronisch mediatisierten Kommunikation“ (a.a.O.) vor. Dieser ist sehr praktikabel, weil er das Internet zur Grundlage der Kommunikationsprozesse macht, aber generell auch ohne das Internet z.B. durch ein System von Mailboxen, funktionieren würde. Mit dem Begriff der „elektronisch mediatisierten Kommunikation“ bekommt also die oben erwähnte Zwitterstellung der Online-Werbung als Form der Marktkommunikation eine adäquate Darstellung.

Eine Auswirkung hat dieser Kommunikationsbegriff auf das bisher eindeutige Verhältnis von Sender und Empfänger. Das Lasswellsche Paradigma funktioniert so nicht mehr. Schon aus technischer Sicht ist über das Internet kein einseitiger Kommunikationsablauf möglich: Informationen können eben gesendet und empfangen werden. Aber der Umgang damit hat mit der Rolle des Empfängers zu tun. Das Internet kann, muß aber nicht, als Kommunikationsprozeß im Lasswellschen Sinne funktionieren. Es bildet gewissermaßen nur die Voraussetzung für einen zweiseitigen Kommunikationsprozeß. Kommt dieser zweiseitige Prozeß zustande, indem der Empfänger reagiert, so spricht man von Interaktivität. Dieses Prinzip in bezug auf Online-Werbung beschäftigt noch den Gliederungspunkt 3.3.

[...]

Ende der Leseprobe aus 51 Seiten

Details

Titel
Wie verändert das Internet die Werbung?
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Berlin)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
51
Katalognummer
V20268
ISBN (eBook)
9783638242004
ISBN (Buch)
9783638939317
Dateigröße
629 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Internet, Werbung
Arbeit zitieren
Oliver Knaute (Autor:in), 2001, Wie verändert das Internet die Werbung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20268

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Wie verändert das Internet die Werbung?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden