Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das antidemokratische Denken
2.1. Sichtweise der Bevölkerung
2.2. In der Politik
3. Der Versailler Vertrag
3.1. Interessenslage der Hauptsiegermächte
3.2. Kernpunkte und Folgen des Versailler Vertrages
4. Die ökonomische Krise
4.1. Hyperinflation
4.2. Weltwirtschaftskrise
4.3. Massenarbeitslosigkeit
5. Die innenpolitischen Unruhen
5.1. Strukturschwäche der politischen Ordnung
5.2. Die Spaltung der Arbeiterbewegung
6. Der Aufstieg der NSDAP
7. Fazit
8. Auswahlbibliographie
9. Anhang
1. Einleitung
Am Ende des Ersten Weltkrieges wandelte sich Deutschland zur Republik. Der Kaiser, als Symbol des alten Reiches war zurückgetreten, die politische Führung übernahm nun eine parlamentarische Regierung. Wer aber in Deutschland auf eine Stabilisierung durch die neue Demokratie gehofft hatte, sah sich getäuscht.
Auch weiterhin übten die alten Eliten des Kaiserreiches einen großen Einfluss aus, sodass in den Mentalitäten, den Strukturen und den Institutionen der Weimarer Republik ein bemerkenswertes Beharrungsvermögen zu erkennen war. So hatten die meisten Parteien ihre Ideologie von ihren unmittelbaren Vorgängern der Monarchie übernommen. Aber auch Vertreter der Wirtschaft, des Militärs, der Justiz und der Verwaltung blieben nach der Staatserneuerung in ihren Ämtern. Damit kommt leicht die Frage auf, wo denn in der Republik die Republikaner waren? Noch deutlicher kann diese Frage mit der Wahl Paul von Hindenburgs zum Reichspräsidenten unterstrichen werden. Denn damit war der oberste Mann im Staat ein Repräsentant der Kaiserzeit, welcher ein erklärter Republikfeind war.
Durch die materiellen und sozialen Belastungen, die durch zahlreiche ökonomische Krisen gefördert wurden, kam es zu einer Polarisierung der Gesellschaft. Das Freund-Feind Denken spaltete die politischen Lager so weit auf, dass Kompromisse oftmals unmöglich wurden. Die Konflikte zwischen den politischen Richtungen entluden sich immer wieder in Gewaltausbrüchen, bis hin zu Umsturzversuchen. Die junge Republik wurde so zu jedermanns „Vorbehaltsrepublik“.
Auch in der Weimarer Verfassung wurden bereits erste Fehler gemacht, obwohl diese zu ihrer Zeit als eine der fortschrittlichsten überhaupt galt. Waren es diese Fehler, die sich unter anderem die Nationalsozialisten zu Nutze machten, die zum Scheitern der Weimarer Republik führten? Oder waren es vor allem die außenpolitischen Belastungen, die das neue Staatsgebilde ins Wanken brachten? Denn die außenpolitischen und –wirtschaftlichen Auflagen und Verluste durch den Versailler Vertrag beanspruchten die junge Republik enorm und belasteten sie von Anfang an. Hinzu kam ein in fast allen Schichten der Bevölkerung geteiltes Gefühl der Demütigung, durch die Zuschreibung der Alleinschuld am Krieg. Dadurch entwickelte und vertiefte sich ein, lang bestehend bleibender Gedanke der Feindschaft gegen die Siegermächte sowie dem Streben nach Revange.
Dadurch hatte die erste deutsche Demokratie von Anfang an mit vielfältigen innen- und außenpolitischen Konflikten zu kämpfen. Was davon war jedoch so bedeutsam, dass es zum Scheitern der Weimarer Republik führte?
Um diese Frage beantworten zu können, beleuchtet diese Seminararbeit die wichtigsten Probleme, mit denen das einstige deutsche Staatsgebilde zu ringen hatte. Gestützt wird sie dabei von Gedanken und Erläuterungen, historisch bedeutender Professoren wie Gunther Mai oder Eberhard Kolb. Besonders das von Kolb verfasste Buch „Die Weimarer Republik“ ist heute von vielen Historikern als die „kompakteste und informativste Einführung in die Geschichte der Weimarer Republik“[1] angesehen. Ebenso sind in dieser Arbeit Beiträge aus der Heftreihe „Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte“ zu finden. Diese Zeitschriftenreihe befasst sich mit Zeitgeschichte und gilt fachwissenschaftlich als sehr bedeutend in der Geschichtsforschung. Die weiteren benutzten Quellen entstammen zum einen, der „Bundeszentrale für politische Bildung“, die es sich als Behörde des „Ministerium des Inneren“ zur Aufgabe gemacht hat, beim Leser das „Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern“[2] . Zum anderen wurden Quellen benutzt, die vom „Deutsch Historischem Museum“ zur Verfügung gestellt wurden.
In der Geschichtsforschung gibt es heute zu einigen Aspekten Kontroversen. Beispielsweise, gibt es unterschiedliche Auffassungen über das Ereignis, das den Endpunkt der deutschen Republik markierte. Viele Historiker setzen diesen Punkt auf die Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933. Einige tendieren dabei eher auf das Inkrafttreten des „Ermächtigungsgesetzes“ am 24. März 1933. Sebastian Haffner wiederum setzt in seinen „Anmerkungen zu Hitler“ den Todestag der Republik mit dem Anfang der Regierung der Präsidialkabinette gleich, also bereits vor der Machtübernahme Hitlers. Auch über die Gewichtung der verschiedenen Gründe, die letztendlich zum Scheitern der Weimarer Republik geführt haben, gibt es unterschiedliche Meinungen. Die wichtigsten davon sind im Folgenden dargestellt und erläutert.
2. Das antidemokratische Denken
2.1. Sichtweise der Bevölkerung
Die Weimarer Republik entstand zu einem Zeitpunkt einer großen militärischen Niederlage. Diese ging Hand in Hand mit dem Zusammenbruch der alten traditionellen Staatsform, der Monarchie. Somit entstand die Demokratie der Weimarer Republik nicht aus einer großen Volksbewegung oder Revolution gegen die vorherrschende Staatsform und war insofern nicht ein unmittelbares Begehren vom Volk. Vielmehr wurde sie „ins Leben gerufen in einem Augenblick, in dem das deutsche Geistesleben noch entschiedener als bisher von der mit der Entwicklung der liberalen Demokratie verknüpften westeuropäischen Tradition der Aufklärung, des Liberalismus und des säkularen Naturrechtsdenkens abrückte und in einer vehementen Erneuerung romantischen Denkens und Fühlens einen eigenen Weg auch im Politischem suchte“[3] .
Da diese Staatsform nicht im Volk verwurzelt war, schien sie den Deutschen nun als etwas von außen Auferlegtes. Als Bedingung der Siegermächte, trug die Demokratie den Charakter als etwas Ausländisches und Aufgezwungenes. Viele Menschen verbanden die gesamte neue Situation, der Hypothek des verlorenen Krieges und der enormen Belastungen des Versailler Vertrages mit dem neu geschaffenen demokratischen Staatswesen. Politiker wie Matthias Erzberger[4] , die als Verständiger mit den ungeliebten Siegermächten galten und damit „Erfüllungspolitiker“ alliierter Bedingungen waren, stilisierten sich zu Feindbildern und zum Beitrag zu antidemokratischer Propaganda.
Auch das Bürgertum konnte wenig mit den neuen demokratischen Eigenschaften der neuen Staatsform anfangen. Als Gegner der Demokratie trauerten sie „den guten alten Zeiten“ hinterher. Sie waren eine Gesellschaftsschicht, die von dem autoritären Staat der Monarchie profitiert hatten. Durch ihren Großgrundbesitz genossen sie im Kaiserreich viele wirtschaftliche Vorteile und waren ebenso höher in der Gesellschaft angesehen. Aber auch politisch besaß das Bürgertum einige Privilegien. Dabei wurden sie in ihrer politischen Macht durch das Preußische Dreiklassenwahlrecht[5] sehr begünstigt.
Das zunehmende Radikalisierungspotenzial der Bevölkerung gegen die Staatsform der Weimarer Republik führte ebenso zur sogenannten „Kommunistenfurcht“. In der Sowjetunion hatte Stalin ab 1929 die bäuerlichen Einzelwirtschaften zu sogenannten „Kolchosen“ zwangskollektiviert. Das Land der Bauern befand sich nun in den Händen des Staates und auch die Leitung der Kolchosen wurde von Stalins Staatspartei, der KPdSU[6] übernommen. Den Bauern wurde dadurch ein Produktionssoll auferlegt, welches sie zu staatlich festgelegten Preisen abliefern mussten. Dies verstärkte auch die Angst der deutschen Bauern, die mögliche Enteignungen ablehnten, vor dem Kommunismus. Auch das Kleinbürgertum und die Großindustrie sahen sich in ihrer Existenz gefährdet. Durch die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln in einem sozialistischen System, würde die Großindustrie ihre Daseinsberechtigung verlieren. Folglich polarisierten sich Unternehmer, Bauern und andere Berufsgruppen mehr in Richtung rechts, in Richtung der Gegner der Demokratie.
2.2. In der Politik
Auch den Politikern fehlte es daran, die Bevölkerung von den positiven, erstrebenswerten Eigenschaften der Republik zu überzeugen. Durch Jahre der wirtschaftlichen Notlage, der sozialen Verelendung und der politischen Polarisierung war das deutsche Volk sehr misstrauisch und abgeneigt der Demokratie der Weimarer Republik gegenüber eingestellt. Ebenso wurden nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches, die antidemokratischen, alten Führungskräfte in ihren Positionen belassen[7] . So gab es auch in der Weimarer Republik im Bereich der Verwaltung Beamte mit Obrigkeitsstaatsempfinden. Auch in der Justiz wurden alte Elemente in ihrem Amt belassen. Infolgedessen ahndeten die national-konservativ eingestellten Richter die Verbrechen von rechtsradikalen Tätern milder, als die von Sozialdemokraten oder Kommunisten verübten Taten. Aber auch im Bereich der Wirtschaft und des Heeres hielt man an den alten Eliten fest.
Eine wichtige Rolle auf dem Weg des Scheiterns der Weimarer Republik spielte ebenfalls die Wahl Paul von Hindenburgs zum Reichspräsidenten. Der parteilose Weltkriegsfeldmarschall Hindenburg wurde 1925 und 1932 zum höchsten Mann des Staates gewählt[8] . Bei der Ausarbeitung der Verfassung, hatte man die Position des Reichspräsidenten mit vielen Kompetenzen ausgestattet. Dies entsprach dem Wunsch nach einem „starken Mann“, der die Republik vor Reichsfeinden schützen sollte. Hindenburg war allerdings selbst ein Feind der Republik und konnte somit diese Aufgabe keineswegs erfüllen.
Auch die Medien nahmen nun eine immer größer werdende Rolle in der Gesellschaft ein. Besonders zu erwähnen ist hierbei der Hugenberg-Konzern, der etwa die Hälfte der deutschen Presse kontrollierte. Der Medienkonzern um Geschäftsführer Alfred Hugenberg verbreitete in weiten Teilen der Deutschen Bevölkerung extrem nationalistische, antisemitische und antidemokratische Propaganda. Durch seine Mitarbeit und Sympathie für Adolf Hitler, trug er maßgeblich zum Aufstieg der Nationalsozialisten bei.
3. Der Versailler Vertrag
Am 11. November 1918 wurden die Kampfhandlungen des Ersten Weltkrieges offiziell eingestellt. Auf der Pariser Friedenskonferenz, die vom 18. Januar 1919 bis zum 20. Januar 1920 stattfand, sollten die Friedensbedingungen des beendeten Krieges festgelegt werden. Die Triple Entente[9] und deren Verbündete erarbeiten bis Mai 1919 den „Friedensvertrag von Versailles“, der Deutschland zu hohen Reparationszahlungen, Abrüstungen und Gebietsabtretungen verpflichtete. Schon bereits der Ort und das Eröffnungsdatum der Friedenskonferenz waren nicht zufällig gewählt worden und sorgten beim Deutschen Volk gewollt für Antipathie. Denn am 18. Januar 1871 wurde in Versailles die deutsche Kaiserproklamation vorgenommen und somit das Deutsche Kaiserreich gegründet.
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[1] Pyta, Wolfram: Die Weimarer Republik. Opladen 2004. S. 160.
[2] http://www.bpb.de/die_bpb/2DUQ26,0,Erlass_%FCber_die_Bundeszentrale_f%FCr_politische_Bildung.html
[3] Sontheimer, Kurt: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Jg. 5 (1957), Nr. 1, S.42.
[4] Als Zentrumspolitiker unterzeichnete Matthias Erzberger 1918 das Waffenstillstandsabkommen von Compiègne. Im Jahr 1921 wurde er von rechtsradikalen Attentätern ermordet.
[5] Das von 1850 bis 1918 in Preußen geltende Dreiklassenwahlrecht verstieß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Wahlbevölkerung wurde nach Einkommen und Steueraufkommen in drei Klassen eingeteilt, welche unterschiedliche Stimmenanteile besaßen. Die erste Klasse der am höchsten besteuerten umfasste lediglich 4% der Wähler, die dritte jedoch etwa 84 %. Trotzdem durfte die erste Klasse ebenso viele Wahlmänner wie die dritte Klasse aufstellen.
[6] Kommunistische Partei der Sowjetunion
[7] Haffner, Sebastian: Anmerkungen zu Hitler. 28.Auflage, München 2009. S. 65.
[8] Sturm, Reinhard: Weimarer Republik. In: Informationen zur politischen Bildung, Jg. 1 (2003), Nr. 26, S. 55.
[9] Die Triple Entente war ein 1907 gegründetes Militärbündnis, bestehend aus Frankreich, Russland und dem Vereinigten Königreich und diente als gegnerische Kriegspartei der Mittelmächte.