Die Berichterstattung der deutschen Medien zu Europa konzentrierte sich
in den letzten Wochen auf zwei Themen. Zum einen wurde über die
Fertigstellung des Entwurfes eines Vertrages über eine Verfassung für
Europa durch den Konvent, seine Übergabe an den Europäischen Rat in
Thessaloniki und die Kritik einiger Mitgliedsstaaten an Details des
Entwurfes im Vorfeld der Regierungskonferenz berichtet. Zum anderen
steht die Europäische Kommission wegen der sogenannten „Eurostat -
Affäre“, bei der es um Unregelmäßigkeiten und den Missbrauch von
Steuergeldern im Statistischen Amt der Europäischen Union geht, im
Mittelpunkt des Medieninteresses. Die drei verantwortlichen Kommissare
Pedro Solbes (Wirtschaft, Währungsangelegenheiten), Neil Kinnock
(Verwaltungsreform) und Michaele Schreyer (Haushalt) stehen unter
erheblichem öffentlichen und politischen Druck1, seit sie die jahrelangen
Missstände bei Eurostat zwar zugegeben, persönliche Konsequenzen
aber abgelehnt haben. Die nicht selten vorgetragenen Forderungen nach
Transparenz, Effizienz und Legitimität erweisen sich also nicht nur für die
EU als ganzes, sondern insbesondere auch für die Kommission als ihrem
supranationalen Organ einmal mehr als berechtigt. Gerade das
Funktionieren der Kommission ist wegen ihrer elementaren Rolle als
„Hüterin des Gemeinschaftsrechts“ und als „Motor der Integration“ und
wegen der damit verbundenen vielfältigen Aufgaben (Wachen über die
Einhaltung des Gemeinschaftsrechts, Gewährleistung des
ordnungsgemäßen Funktionierens und der Entwicklung des
Gemeinsamen Markts) und Kompetenzen (Initiativmonopol,
Durchführungsentscheidungen, Sekundärrechtsetzung, Ausführung des
EG-Haushaltes) von essentieller Bedeutung für die Zukunft der
Europäischen Union.2 [...]
1 „Prodi soll Affäre um Eurostat aufklären“, in: FAZ vom 29.08.2003, S.6; „ ,Die
Verantwortlichen für die Eurostat-Affäre müssen gehen’ – Keine Nachsicht mehr für
Mängel in der EU-Kommission/ Gespräch mit Hans-Gert Pöttering“, in: FAZ vom
25.08.2003, S.11; „Wieder sind Millionen verschwunden. Der Eurostat-Skandal weckt
Zweifel an der Brüsseler Reformfähigkeit“, in: Die Zeit 31/2002, S.26.
2 „The EU’s largest central administration and main policy manager, but also a source of
political and policy direction.” Diese Feststellung von Peterson, College, S.71, macht die
Vielfalt der Anforderungen an die Kommission deutlich.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Konvent und die Frage der Kommissionsreform.
- Die Nizza-left-overs“ als Ausgangspunkt für den Konvent
- Die Frage der Kommissionsreform im Verlauf der Konventsarbeit.
- Die Reformvorschläge des Konvents und ihre Bewertung .…………………..
- Der Bestimmungsmodus des Kommissionspräsidenten
- Kleine, aber wichtige Demokratisierungsschritte ....
- Die Machtbefugnisse des Kommissionspräsidenten- Zwischen Machtzuwachs und Ämterkonkurrenz.
- Die Zusammensetzung der Kommission - Verkleinerung nur um den Preis der ungewissen Zweiteilung
- Das neue Amt des Außenministers der Union Eine sinnvolle Ämterfusion mit großem Potential ....
- Nach dem Konvent - Ausblick auf die Regierungskonferenz und die Vertragsratifikation....
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Reformvorschläge des Konvents zur Europäischen Kommission im Kontext des Entwurfs eines Vertrages über eine Verfassung für Europa. Im Fokus steht insbesondere die Frage, inwiefern die vorgeschlagenen Reformen die Demokratie, Transparenz und Effizienz des Systems stärken und die Rolle der Kommission als Exekutivorgan der Union weiterentwickeln.
- Die "Nizza-left-overs" als Ausgangspunkt für die Kommissionsreform
- Der Verhandlungsverlauf und die Ergebnisse des Konvents in Bezug auf die Kommission
- Bewertung der Reformvorschläge im Hinblick auf Demokratie, Transparenz und Effizienz
- Die Rolle der Kommission als Exekutivorgan der Union
- Ausblick auf die Regierungskonferenz und die Vertragsratifikation
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung beschreibt die aktuelle Situation der Europäischen Kommission im Kontext der "Eurostat-Affäre" und stellt die Notwendigkeit einer Kommissionsreform dar, die auf Transparenz, Effizienz und Legitimität abzielt. Die Kommission als "Hüterin des Gemeinschaftsrechts" und "Motor der Integration" spielt eine entscheidende Rolle für die Zukunft der Europäischen Union.
- Der Konvent und die Frage der Kommissionsreform: Dieses Kapitel untersucht die "Nizza-left-overs" als Ausgangspunkt für die Kommissionsreform. Die "Erklärung zur Zukunft der Europäischen Union" aus Laeken (2001) fordert eine demokratischere, transparentere und effizientere Union. Der Konvent zur Zukunft Europas, der im Jahr 2000 die Charta der Grundrechte der EU erarbeitete, wird mit der Aufgabe betraut, Reformvorschläge zu erarbeiten.
Schlüsselwörter
Europäische Kommission, Kommissionsreform, Konvent, Vertrag über eine Verfassung für Europa, Demokratie, Transparenz, Effizienz, Exekutivorgan, Gewaltenteilung, Regierungskonferenz, Vertragsratifikation, Eurostat-Affäre.
- Arbeit zitieren
- René Schlott (Autor:in), 2003, Die Perspektiven der Europäischen Kommission Verhandlungsverlauf und Reformvorschläge des Konvents, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20269