Denk.mal - Der Sozialraum als Handlungsfeld feministischer Sozialer Arbeit


Seminararbeit, 2012

20 Seiten


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Vorwort – Von Soldatendenkmälern und Salzachgeishas

Einleitung

Der Sozialraum als Handlungsfeld feministischer Sozialer Arbeit
1. Feministische Soziale Arbeit
2. Sozialraumorientierte Soziale Arbeit
3. Feministische Sozialraumorientierung

Fazit

Nachwort – Von reflexiven Texttafeln und ReWOLLutionären

Literatur

Vorwort – Von Soldatendenkmälern und Salzachgeishas

„Denkmäler sind die Lesezeichen der Geschichte.“

(Pierre Gaxotte 1895-1982)

„Das Vaterland dankt seinen Helden!“ – Inschriften wie diese finden sich auf unzähligen Kriegerdenkmälern des zweiten Weltkrieges in Stadt und Land Salzburg.

Denkmäler wurden wohl seit jeher dazu benutzt, die Leistungen ihrer Erbauer im Licht ideologischer Färbung darzustellen. Ein trauriges Beispiel für die Wiederbelebung solcher architektonischen Relikte der Heldenverehrung ist das alljährliche Zusammenkommen der Soldatenvereinigung Kameradschaft IV an Allerheiligen beim Salzburger Kommunalfriedhof. Besagter Verein, dem vorwiegend Mitglieder der ehemaligen Waffen-SS angehören, legt seit Ende des zweiten Weltkriegs einen Kranz mit der Inschrift „Zum Gedenken an die gefallenen Kameraden der Waffen-SS“ am Kriegerdenkmal des Kommunalfriedhofs nieder. (http://www.menschenrechte.ac.at/orig/01_1/VfGHB1613_99.pdf; Zugriff am 11.11.2011). Trotz regelmäßiger Widerstände durch die Salzburger Bürgerliste und den bekannten Aktionskünstler Wolfram Kastner (u.a. durch das Abschneiden der Schleife) wurde diesem fragwürdigen Ritual bis heute kein Einhalt geboten (vgl. ebd.).

Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass die Leistung der (Trümmer-)Frauen, die ihren Alltag und den ihrer Kinder unter widrigsten Umständen gemeistert und dadurch das Weiterbestehen der Gesellschaft ermöglicht haben, kaum Würdigung erfährt. Bezeichnenderweise ergaben erste Recherchen keine Hinweise für die Existenz eines Trümmerfrauendenkmales im Bundesland Salzburg.

Auch die Traumatisierung der (weiblichen) Bevölkerung durch Vergewaltigung und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen durch die Besatzungsmächte (vgl. Burgsteiner 2010) findet im öffentlichen Raum keinen Platz.

Die gesellschaftliche Ächtung jener Frauen, die damals – teils käufliche – Beziehungen zu den alliierten Soldaten führten, als „Dollarflischterl“ und „Salzachgeishas“ (vgl. ebd., S. 76) wird bis heute totgeschwiegen, die damit verbunden gesundheitlichen und sozialen Folgen für die Frauen und ihre Kinder ebenso.

Das Fehlen von Frauen in der Geschichtsschreibung wirkt sich zweifellos negativ auf das Selbstbild der weiblichen Genusgruppe aus. Indem Frauen ihrer Vergangenheit beraubt werden, wird ihnen das Bewusstsein über ihre gegenwärtige Situation verwehrt und damit die Möglichkeit, ihre Unterdrückung wahrzunehmen und sich dagegen stark zu machen (vgl. Lerner, S. 295f.).

Der Ärger über die androzentrische Denkmallandschaft Salzburgs, die Wut über die dahinterstehende Ignoranz gegenüber Frauen und ihren Leistungen und die Trauer über das Verschweigen von sexueller Gewalt an Frauen und Mädchen hat mich dazu bewegt, mich im Rahmen dieser Seminararbeit über feministische Ansätze sozialräumlicher Sozialer Arbeit zu informieren.

Einleitung

Räume sind mehr als geografische Orte: Sie sind Lebenswelten, Spiegel gesellschaftlicher Strukturen und Indikatoren für soziale Verhältnisse:

„Räume können für gesellschaftliche Gruppen unterschiedlich relevant werden. Sie können unterschiedlich erfahren werden. Sie können Zugangschancen und Ausschlüsse steuern. Sie können zu Auseinandersetzungen im Kampf um Anerkennung werden. Somit werden über Raumkonstitutionen meist auch Macht- und Herrschaftsverhältnisse ausgehandelt“ (Löw/Sturm 2005, S. 45).

Besonders markant stellen sich Hierarchien in Bezug auf das geschlechterspezifische Gesellschaftsverhältnis dar. Während die weibliche Genusgruppe dem privaten Raum zugewiesen wird, wird der öffentliche Raum traditionell der männlichen zugeschrieben, wobei diese sphärische Trennung mit einer Abwertung der weiblich zugeschriebenen Raumbedürfnissen einhergeht (vgl. ebd.).

Die Annahme, die Gestaltung des öffentlichen Raumes sei Aufgabe feministischer Sozialer Arbeit, liegt also nahe, weshalb die zu bearbeitende Forschungsfrage folgendermaßen lautet: „ Inwiefern ist der Soziale Raum relevant für die feministische Soziale Arbeit?“ Sozialraum wird hierbei nicht als rein physischer, sondern – obigem Zitat gemäß- als belebter, bzw. erlebter Raum verstanden.

Zur Bearbeitung des Themas werden zunächst die generellen Merkmale und theoretischen Grundlagen feministischer Sozialer Arbeit erläutert, wobei auch auf die unterschiedlichen Ansätze feministischer Theorie eingegangen wird.

Danach wird die Sozialräumliche Soziale Arbeit definiert und verschiedene Verständnisse des zentralen Begriffes „Sozialraumorientierung“ werden aufgezeigt.

Daraufhin werden letztlich die Kernelemente feministischer Sozialraumorientierung beschrieben.

Im abschließenden Fazit erfolgen Beantwortung und Diskussion der Forschungsfrage indem die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst und Schlussfolgerungen daraus gezogen werden.

Der Sozialraum als Handlungsfeld feministischer Sozialer Arbeit

1. Feministische Soziale Arbeit

„Frauen beraten Frauen“ (Großmaß/Schmerl 2003, S. 30) – feministische Soziale Arbeit zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sowohl Klientin, als auch Beraterin dem weiblichen Geschlecht angehören. Als zentrale Postulate feministischer Sozialer Arbeit gelten dabei gemeinsame Betroffenheit – die gemeinsame Erfahrung von Unterdrückung und patriarchalen Strukturen - und Parteilichkeit – die grundsätzliche Vertretung der Interessen der Klientinnen (vgl. Brückner 2002, S. 370).

Die klassischen Handlungsfelder feministischer Sozialer Arbeit bilden Frauenhäuser und Frauen- bzw. Mädchenberatungsstellen, der bekannteste Arbeitsschwerpunkt befasst sich mit Gewalt gegen Frauen und Mädchen (vgl. Brückner 2002, S. 372).

Die ideelle Grundlage frauenspezifischer Sozialer Arbeit bildet feministische Theorie. Diese befasst sich grundsätzlich mit der Benachteiligung von Frauen, beinhaltet allerdings sehr unterschiedliche Ansätze, weshalb in der Literatur auch von mehreren Feminismen gesprochen wird. Im Folgenden werden die drei wesentlichsten feministischen Strömungen dargestellt.

- Gleichheitsfeminismus

Der Gleichheitsfeminismus hat seine Ursprünge in der bürgerlichen Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts, die sich für die Teilhabe der Frauen an Ausbildung, Beruf und Politik einsetzte: „Rechtliche Gleichstellung, Frauenwahlrecht, gleiche Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten“ (Bendl u.a. o.J., S. 38).

Dabei wird eine naturhafte Zweigeschlechtlichkeit als gegeben angenommen. Nicht diese, sondern Zugangsbeschränkungen und Diskriminierungen von Frauen innerhalb eines androzentrischen Systems werden kritisiert: „Als Rezept gegen Unterdrückung wird die Überwindung und Beseitigung der Verhinderungen und dadurch Anpassung von Frauen an die männliche Norm gesehen“ (ebd.).

Aktuelle Maßnahmen der Gleichstellungspolitik wie rechtliche Veränderungen zur Herstellung von Gleichheit und Fördermaßnahmen - z.B. Quotenregelungen - entsprechen dem feministischen Gleichheitsparadigma (vgl. Bendl u.a. o.J., S. 54ff.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Denk.mal - Der Sozialraum als Handlungsfeld feministischer Sozialer Arbeit
Hochschule
Fachhochschule Salzburg  (Soziale Arbeit)
Autor
Jahr
2012
Seiten
20
Katalognummer
V203274
ISBN (eBook)
9783656298311
ISBN (Buch)
9783656299592
Dateigröße
494 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Soziale Arbeit;, Feminismus, Sozialraum;
Arbeit zitieren
Karin Gschnitzer (Autor:in), 2012, Denk.mal - Der Sozialraum als Handlungsfeld feministischer Sozialer Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203274

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