Moderne Theorien des Multiversums: Eine Betrachtung ausgehend von David Lewis` Theorie der möglichen Welten


Bachelorarbeit, 2012

45 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I.) Einleitung

II.) David Lewis` mögliche Welten und modaler Realismus
II.1.) Die Traditionelle Modallogik
II.2.) David Lewis` Kritik an der traditionellen Modallogik
II.3.) David Lewis` Theorie der mögliche Welten und des modalen Realismus
II.4.) Vorteile des modalen Realismus von David Lewis

III.) Analytische Betrachtung – Mögliche Welten als reine Fiktion
III.1.) Der modale Ersatzismus
III.2.) Der Fiktionalismus

IV.) Physikalische Betrachtung – Mögliche Welten als physikalische Realität
IV.1.) Die Mikroebene – Mögliche Welten als Interpretation der Quantenmechanik
IV.2.) Die Makroebene – Mögliche Welten der Stringtheorie

V.) David Lewis` mögliche Welten – Reine Fiktion oder physikalische Realität

Literaturverzeichnis

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich bei der Anfertigung

dieser Bachelor - Thesis unterstützt haben.

Ein besonderer Dank gilt meinem Prüfer und Korrektor, PD Dr. Andreas Schmidt,

der mich durch seine hilfreichen Anregungen und seine Geduld immer wieder unterstützt hat, und mir immer mit Rat zur Seite stand.

Des Weiteren danke ich den Beratungsstellen des philosophischen Seminars und dem Prüfungsamt der philosophischen Fakultät, vor allem Dr. phil. Stefan Gerlach, für seine Bemühungen und seine ausführliche Beratung hinsichtlich der Bachelorarbeit.

Zudem möchte ich mich bei meinen Eltern bedanken, die mir mein Studium durch Ihre Unterstützung überhaupt erst ermöglicht haben.

Eberhard-Karls-Universität Tübingen

Philosophisches Seminar

HS: Existenz und Aktualität

Teilnehmerin/Verfasserin: Anna-Vanadis Faix

Bachelor Hauptfach: Philosophie, Nebenfach: VWL

Wintersemester 2011/12 (Semesterzahl:5)

David Lewis` mögliche Welten und modaler Realismus

Reine Fiktion oder physikalische Realität

I.) Einleitung

„This book defends modal realism: the thesis that the world we are part of is but one of a plurality of worlds, and that we who inhabit this world are only a few out of all the inhabits of all the worlds.“[1]

Mit diesen Worten leitet David Lewis eines seiner wichtigsten Werke zu seiner These des modalen Realismus ein, „On the Plurality of worlds“, in dem er diese These näher vorstellt und gegen alternative Theorien und Kritiken verteidigt, um so zu zeigen, dass seine Theorie wirtschaftlicher ist als andere. Deshalb gibt es nach David Lewis gute Gründe seine Theorie als wahr anzunehmen.

Der modale Realismus, den David Lewis durch die Annahme existierender möglicher Welten vertritt, soll im modalen Diskurs als Wahrmacher dienen und dieser stellt somit eine semantische Interpretation der modalen Logik dar, die sich durch die modalen Aussagen „möglich“ und „notwendig“ ergibt. Durch seine zentrale These, dass die möglichen Welten, die er annimmt, auch existieren, stößt David Lewis jedoch nicht nur auf Kritik, sondern vor allem auf ein sogenanntes „ungläubiges Staunen“[2]. Denn nach dem modalen Realismus gibt „[...]es für jede Weise, wie ein Universum [oder eine Welt] sein könnte, ein Universum […], das genau so ist.“[3] Dabei geht David Lewis davon aus, dass die Bezeichnung „aktual“ indexikalisch begriffen wird und uns quasi anzeigt, auf welcher Welt wir uns befinden. Es kann immer nur die Welt für uns aktual sein, auf der wir uns befinden, da die anderen Welten raumzeitlich und somit auch kausal von unserer Welt getrennt sind. Somit sind aus dem Standpunkt einer Person auf der unsrigen Welt w* alle anderen Welten, außer der Welt w*, nicht aktual, aber sie existieren. Jedoch ist für eine andere Person auf der Welt w` nur diese Welt w` aktual und die anderen Welten, auch w*, sind für sie unaktual.

Ausgehend von diesem ungläubigen Staunen sollen nun die genaueren Hintergründe verschiedener Alternativen zu David Lewis` Theorie aufgezeigt werden. Hierzu schlägt die vorliegende Arbeit zwei verschiedene Richtungen der Betrachtungsweise ein. Als erstes soll eine analytische Betrachtung vorgenommen werden, in der verschiedene Alternativen zum modalen Realismus aufgezeigt werden sollen. Hierbei wird im Großen und Ganzen versucht die Vorteile, die David Lewis aus seiner Theorie zieht, anderweitig, ohne die Existenz der möglichen Welten selbst, beizubehalten. Grob kann man hier von zwei verschiedenen Alternativen ausgehen, dem modalen Ersatzismus[4], in dem David Lewis` Welten durch andere bzw. „harmlosere“ Entitäten, wie zum Beispiel Satzmengen, ersetzt werden und dem Fiktionalismus, in dem bei der Interpretation der Sätze über mögliche Welten gar keine konkreten Entitäten zum Einsatz kommen. Nach David Lewis hat der Ersatzismus drei verschiedene Arten und „all three kinds posit the existence of abstract surrogates fit to play the same theoretical roles as the concrete possibilia that are rejected.“[5] Der Fiktionalismus dagegen behandelt die möglichen Welten „[...] on a par with talk of fictional objects, such as Sherlock Holmes.“[6] Jedoch ist zu erwähnen, dass diese Alternativen auch ihre Kosten bzw. Nachteile mit sich bringen, denn „man liefert nur einen Ersatz für Lewis` Welten in der Interpretation der Modaloperatoren [...]“ oder man versucht alternativ die Operatoren als primitiv zu akzeptieren, um dann „[...] mit ihrer Hilfe [die] Quantifikation über Welten loszuwerden.“[7] Nach David Lewis liegen die Nachteile darin, dass diese Theorien meist nicht die gesamte Vielfalt modaler Aussagen gewährleisten können und die Modalität als gegeben und als primitiv angesehen wird. Auf der anderen Seite, soll auf eine zweite Art der Betrachtungsweise von David Lewis` Theorie, die physikalische Grundlage zu anderen Welten (oder in der Physik, auch „Multiversen“), besprochen werden. Dies trägt zur Vervollständigung der Betrachtung zu David Lewis` Theorie im Allgemeinen bei und soll so zu einem besseren Verständnis der gesamten Theorie verhelfen. Hier gilt es grob wieder zwei verschiedene Interpretationswege aufzuzeigen, die sich im Laufe der Zeit herauskristallisiert haben. Zum einen soll die sogenannte Herangehensweise aus der Mikroebene, die auch als „mögliche Welten - Interpretation der Quantentheorie“ bezeichnet wird, besprochen werden. Hier entstehen, aufgezeigt als Lösung zu einem großen Problem in der Quantenmechanik, neue parallele Welten durch jede Entscheidungssituation in unserer Welt. Denn „the only way to avoid a contradiction is to take the next step and admit that quantum mechanics actually always describes an assemble of many real universes.“[8] Somit spaltet sich die aktuale Welt hier quasi stetig auf. Zum anderen wird die sogenannte Herangehensweise über die Makroebene besprochen, die man als mögliche Welten - Theorie der Stringtheorie bezeichnen kann. Hier stellt die Annahme von der Existenz jeder möglichen Welt, einen Problemlösungsansatz zur Stringtheorie dar, die sonst nicht interpretiert werden könnte. Aber hier „the megaverse […] is quite real. The pocket universe that fill it are actual existing places, not hypothetical possibilities.“[9]

Die Untersuchung der Arbeit richtet sich dabei stark auf den Aktualitätsbegriff, der in den analytischen Alternativen eingeschränkt und in den physikalischen Theorien ausgeweitet wird. Im ersten Fall werden die Theorien im Vergleich zu David Lewis so konstruiert, dass die Welten auf andere Entitäten (oder auch keine konkreten Entitäten) übertragen werden und so nicht mehr als an und für sich existierend anzunehmen sind. Im zweiten Fall sind sie zwar als existierend anzusehen, doch wie aufgezeigt werden soll, geht David Lewis` Konstruktion des Aktualitätsbegriffs verloren. Die vorliegende Arbeit will anhand dieser Betrachtung aufzeigen, dass David Lewis mit seiner These der Wirtschaftlichkeit seiner Theorie recht behalten wird und es deshalb mehr Vorteile bringt seine Theorie anzunehmen, denn „[...] the price is right, if less spectaculary so than in the mathematical parallel. The benefits are worth their ontological cost. Modal realism is friutful; that gives us good reason to believe that it is true.“[10] Es soll also gezeigt werden, dass die anderen Alternativen höhere Kosten, mit sich bringen und deshalb David Lewis` Theorie des modalen Realismus zu bevorzugen ist. Bevor sich die Arbeit nun jedoch diesen Vergleichen und Prüfungen auf David Lewis` Theorie widmen kann, ist es notwendig vorerst David Lewis` Theorie selbst im Detail näher vorzustellen.

II.) David Lewis` mögliche Welten und modaler Realismus

„There are so many other worlds, in fact, that absolutely every way that a world could possibly be is a way that some world is. And as with worlds, so is it with parts of worlds.“[11]

Wie bereits angedeutet ist eine von Lewis bekanntesten und umstrittensten Thesen die des modalen Realismus, nach dem es für David Lewis „[...] für jede Weise, wie ein Universum sein könnte, ein Universum gibt, das genauso ist.“ Im Folgenden soll nun erst dargelegt werden, wie die möglichen Welten von David Lewis im Einzelnen aufgebaut sind, welchen genaueren Zweck sie erfüllen und welche Vorteile daraus entstehen.

Das Anwendungsgebiet der möglichen Welten bei David Lewis ist sehr vielseitig, er verwendet sie u.a. in seiner Theorie von Eigenschaften und Ereignissen, in der Semantik geistiger Zustände und natürlicher Sprache, in der Wahrnehmungs-, Handlungs- und Entscheidungstheorie, für die Interpretation von Aussagen über Romane und für die Definition von Wissen, Supervenienz und Physikalismus.[12] Der nun bekannteste Gebrauch ist jedoch allgemein der in der Modalität. Denn bezüglich der Untersuchungen zu unserer Welt will man auch wissen, was passieren kann bzw. will man wissen, wie es wahr sein kann, dass bestimmte Dinge passieren würden, wenn die Bedingungen anders wären. Die Fragen darüber, was passiert und kontingent ist, über möglich oder unmöglich, sind modale Fragen. Modale Aussagen sind demnach Aussagen darüber, was sein könnte, was sein muss und was unter den und den Bedingungen der Fall wäre. Die Begriffe „möglich“ und „notwendig“ bieten hier in der Sprache, neben den Bezeichnungen „wahr“ und „falsch“ eine zusätzliche Möglichkeit an, Aussagen charakterisieren zu können. Der Satz „Manche Schwäne sind blau“ ist z.B. eine mögliche Aussage, auch wenn sie nicht wahr ist. Da hingegen ist z.B. die Aussage „Es gibt eckige Kreise“ unmöglich, also nicht möglich, da notwendig gilt, dass Kreise rund sind.[13] Dies ist „[…] the role that modal questions seems to play in a host or other philosophical puzzles. One set of puzzle involves a family of concepts, including causation, laws of nature, objective changes, dispositions and powers and conditional statements.“[14]

David Lewis` Theorie des modalen Realismus ist hier jedoch nicht die einzige Theorie zu modalen Aussagen und möglichen Welten, wie dies auch weiterführend in Kapitel drei veranschaulicht wird. Es ist deshalb an dieser Stelle hilfreich sich die allgemeinen Grundlagen der traditionellen modalen Logik klar zu machen, um nachvollziehen zu können, wie David Lewis zu seiner Theorie gelangt und wo die allgemeinen Vorteile seiner Theorie bezüglich der Modalität liegen. Deshalb werden diese Grundlagen und Probleme der modalen Logik im Weiteren besprochen.

II.1.) Die Traditionelle Modallogik

Traditionell werden modale Aussagen mit den sogenannten „Schachteln und Diamanten“ formuliert. Hierbei ist eine „Schachtel □“ ein Satzoperator für den Ausdruck „notwendig“ und eine „Diamant ◊“ ein Satzoperator für den Ausdruck „möglich“. Somit wird zum Beispiel aus „es könnte morgen die Sonne scheinen“: „◊ es scheint morgen die Sonne“. Somit bedeutet „◊p“, dass es möglich ist, dass p, und „p“, dass es notwendig ist, dass p. Der Ausdruck „◊p und nicht ◊p“ drückt dabei Kontingenz aus. Weiter ist zu beachten, dass sich Aussagen mit dem Möglichkeitsoperator in Aussagen mit dem Notwendigkeitsoperator übersetzen lassen und umgekehrt, weshalb zum Beispiel „◊ nicht p“ äquivalent ist zu „nicht p“ und „nicht ◊p“ zu „ nicht p“. Also ist z.B. „Es ist möglich, dass H. kein Präsident ist“ gleichbedeutend mit „Es ist nicht notwendig, dass H. Präsident ist“ und „Es ist nicht möglich, dass H. ein Ei ist“ ist gleichbedeutend mit „Es ist notwendig, dass H. kein Ei ist“. Weiter gilt, dass „◊p“ äquivalent ist zu „nicht  nicht p“ und „p“ zu „nicht ◊ nicht p“, wodurch sich der Möglichkeitsoperator durch den Notwendigkeitsoperator ausdrücken lässt und umgekehrt. Im Weiteren fehlt diesem Ansatz nun eine semantische Interpretation der gegebenen modalen Operatoren.[15]

Nach der Semantik von Saul A. Kripke konstruiert man z.B. hier einen Rahmen, der aus einer Menge von Welten besteht, und eine Relation zwischen den Welten definiert. Dies sind dann nach Kripke die „Zugänglichkeits-“ und „Möglichkeits-“ relationen. Die Welten werden nun dadurch mit Sinn gefüllt, indem jedem Prädikat in jeder Welt eine Extension zugeschrieben wird.[16] Also bezeichnet nun Allgemein eine mögliche Welt ein Modell, wie die Wirklichkeit beschaffen sein könnte. Eine Möglichkeitsaussage ist demnach wahr, wenn sie mindestens in einer möglichen Welt wahr ist und eine Notwendigkeitsaussage ist wahr, wenn sie in allen möglichen Welten wahr ist. Ein flexibles Mittel um Quantifikationsbereiche auf andere Möglichkeiten zu verschieben, sind nun kontrafaktische Konditionale, die allgemein folgende Form besitzen: „Wäre A, dann B“ oder anders ausgedrückt: „A□→ B“. Zum Beispiel würde der Satz „Hätte H. die Wahl gewonnen, dann wäre…“ einem kontrafaktischen Konditional entsprechen. Allgemein lassen sich kontrafaktische Aussagen in der Philosophie wie folgt sehen: Laut der Modallogik kann man sich, ohne jegliche Restriktion, viele kontrafaktische mögliche Welten vorstellen.[17] Hierbei heißen „Aussagen, die man über jene Welten ausspricht und die gegen die Fakten auf unserer aktualen Welt sprechen […] „kontrafaktische Aussagen“ oder „Kontrafaktuale“.“[18] Kontrafaktische Aussagen in der Philosophie, sind Aussagen im Irrealis, also Aussagen die den Wahrheitswert wahrer oder falscher Aussagen umdrehen, wie z.B. die Aussagen „Wenn J. Ratzinger nicht Papst geworden wäre, dann wäre ein anderer Papst geworden“. Mögliche Welten entsprechen so unseren alltäglichen Vorstellungen über Entscheidungen, Alternativen usw.. Dieses Modell kann nun als ein reines Gedankenspiel aufgefasst werden oder als existent.

II.2.) David Lewis` Kritik an der traditionellen Modallogik

Für David Lewis ist jedoch „the friend of boxes and diamonds […] in for a disappointment.“[19] Warum dies so ist führt David Lewis in „On the Plurality of Worlds“ in einigen Beispielen aus, von denen hier nun einige kurz besprochen werden, um besser nachvollziehen zu können, wieso David Lewis` Theorie anders aufgebaut ist.

David Lewis beginnt hier mit der Annahme, dass die angesprochenen modallogischen Formeln Quantoren über Welten darstellen, aus oben genannten semantischen Gründen. Dabei geht er als Beispiel von einer Person H. aus, die vielleicht die Wahl zum Präsidenten hätte gewinnen können, jedoch nicht gewonnen hat. Deshalb gilt die modale Form „möglich x gewinnt“, aber nicht die Form „x gewinnt“. Nun schlägt David Lewis weiter vor einen Diamanten der Standard Modallogik als Quantor über mögliche Welten zu verwenden. Dies bedeutet dann, dass es eine Welt w gibt, in der für H. gilt „x gewinnt“. Wie soll dies nun gehen, wenn H. nicht mal Teil von w ist? Man kann hier annehmen, dass H. nicht Teil der Welt w sein muss, um die modale Form dort zu erfüllen. Es könnte zum einen eine Welt geben in der er den Ausdruck irgendwie in Absentia erfüllt oder annehmen, dass das „möglich“ nicht nur eine Quantifikation über Welten ist, sondern auch über andere-Welten Individuen. Hierbei wird von Counterparts oder Ebenbildern[20] ausgegangen, die den diese-Welten Individuen ähneln, sie jedoch nicht selbst verkörpern. Im zweiten Fall erfüllt also ein Counterpart von H. auf der Welt w „x gewinnt“ und so wird keine Erfüllung des Ausdruckes in Absentia mehr benötigt. Die beiden Varianten stehen hier in keiner Konkurrenz. Das gleiche gilt, wenn man sagt, dass H. den Ausdruck „notwendig ist x ein Mensch“ erfüllt, wenn er keinen nicht-menschlichen Counterpart in irgendeiner Welt hat, wenn man davon ausgeht, dass im Fall der Diamanten und Boxen gilt, dass dasjenige notwendig der Fall ist, was nicht möglicherweise nicht der Fall ist.[21] Diese Beispiele funktionieren jedoch nur, weil sie richtig gewählt wurden. Ein bekanntes Problem für die Diamanten und Schachteln ergibt sich jedoch, wenn man annimmt, dass die Erfüllung H.`s in den modalen Formen etwas mit seiner Existenz zu tun hat. H. erfüllt „notwendig existiert x“ und scheitert daran „möglich x existiert nicht“ zu erfüllen, wenn er keinen Counterpart in irgendeiner Welt w hat, der nicht existiert. Es macht den Anschein, als würde H. „notwendig x existiert“ erfüllen und „möglich x existiert nicht“ nicht erfüllen. Dies ist aber falsch. Das Problem der Annahme der Diamanten und Boxen ist hier, diese mit den generellen Annahmen der modalen Formen in Übereinstimmung zu bekommen.[22]

Für David Lewis hat die alltägliche Sprache modale Ausdrucksweisen, die die Mittel der modalen Standardlogik überschreiten, und deshalb gilt für ihn: „[...] modality is not all diamonds and boxes.“[23] Dabei führt er ein weiteres Beispiel an, das der numerischen Quantifikation. Es könnte hier drei verschiedene Wege geben, wie z.B. ein sprechender Affe spricht, dargestellt anhand von Affen, die sehr verschieden voneinander sind und alle sprechende Affen sind. Hier benötigt man Entitäten über die man quantifiziert. Der modale Vergleich zeigt an dieser Stelle, dass die traditionelle Modallogik überschritten wird. Will man z.B. ausdrücken, dass ein rotes Ding einem orangenen Ding ähnlicher sein kann, als ein rotes Ding einem blauen Ding sein kann, hat man eine Analyse mit farbigen Dingen über mögliche Welten. Dies kann nicht mit der Standard Modallogik ausgedrückt werden, weil die Formeln hier relativ zu einer Welt bewertet werden und dies keinen Raum für Vergleiche über Welten zulässt.[24] Es gibt noch weitere Punkte, die von der Standard Modallogik eher schlecht gelöst werden, wie z.B. die Supervenience.[25] „We have supervenience when there could be no difference of one sort without differences of another sort.“[26] Das Problem hier ist, dass Modalität gebraucht wird, aber nicht der modale Operator. Dies wird dann problematisch, wenn das „könnte“ als Diamant gelesen wird. Der reale Effekt von „könnte“ scheint hier ein unbegrenzter Quantor zu sein, der sich normalerweise an diese-Welt Dingen ausrichtet. Aber entlang aller Welten oder aller Dinge in allen Welten, gibt es keinen Unterschied zwischen einer Sorte ohne einen Unterschied der anderen Sorte (egal ob die Dinge die sich unterscheiden Teil der gleichen Welt sind oder nicht).

Im Folgenden soll nun auf die eigene Theorie von David Lewis`, den modale Realismus und seine möglichen Welten-Theorie eingegangen werden. Um dessen Annahmen und Vorteile genauer zu analysieren, bevor diese mit den alternativen Theorien zu vergleichen ist.

II.3.) David Lewis` Theorie der mögliche Welten und des modalen Realismus

David Lewis sieht die möglichen Welten, wie bereits angedeutet, nun als existierend an. David Lewis` Theorie hierbei, um seine modale Realismus - Ontologie in eine mögliche Welten Semantik umzusetzen, ist die Counterpart - Theorie, wobei er die Zugänglichkeit durch eine Relation über Individuen interpretiert, durch die Counterpart - Relation.[27] Eine Relation an Ähnlichkeitsbeziehungen von Individuen dieser Welt mit anderen Welten-Individuen. Die Counterpart - Analyse hängt nun im genaueren damit zusammen, dass wir in David Lewis` Theorie nur eine Welt in der Menge von raumzeitlich isolierten Welten bewohnen. Nach der Counterpart Analyse von de re - Modalität[28] heißt das Beispiel: „Dass H. die Wahl hätte gewinnen können“, dass es Welten gibt, in denen jemand der H. nun hinreichend ähnelt, die Wahl gewinnt. H. selbst existiert jedoch nur ausnahmslos in unserer aktualen Welt, denn die H.`s in den anderen möglichen Welten sind nur H.`s Counterparts oder auch Stellvertreter. Counterparts oder Stellvertreter bedeutet für David Lewis, bezogen auf das Beispiel Individuen: Dass diese Individuen sind, die H. in der relevanten Sicht hinreichend ähneln. Nach der Counterpart-Theorie von David Lewis ist z.B. H. selbst (in der aktualen Welt) nun identisch zu der mereologischen Summe all seiner Vorgänger und Nachfolger, zeitlich betrachtet, und nicht identisch zu der merologischen Summe all seiner Counterparts.[29]

Die Beziehung zwischen dem Vorderglied und dem Hinterglied eines Konditionals ist in David Lewis` Theorie Kontingent. Durch die Frage danach, was nun unter den-und-den Bedingungen der Fall gewesen wäre oder der Fall wäre, wird das Interesse für alle möglichen Welten, in denen die Bedingungen erfüllt sind, ausgedrückt. Das Interesse besteht nur für die Welten, die unserer sehr ähneln. Die Verallgemeinerung einer kontrafaktischen Aussage „A → B“ heißt demnach (nach einer Analyse von David Lewis), dass in der nächsten möglichen Welt in der A der Fall ist, auch B der Fall ist. Der Ausdruck „nächst mögliche Welt“ oder auch „nächste Welt“ bezeichnet hierbei die Welt unter den A-Welten, die unserer am ähnlichsten ist bzw. am meisten ähnelt. Wenn es nun keine A-Welten gibt, dann ist A→ B immer wahr.[30] Nach David Lewis ist A → B genau dann wahr, wenn entweder A unmöglich ist oder mindestens eine Welt in der A und B beide der Fall sind, unserer aktualen Welt ähnlicher ist als eine Welt in der A, aber nicht B der Fall ist, denn „if some (A-and-C)-world is closer to our world than any (A-and-not-C)-world is, that`s makes the counterfactual true at our world.“[31] Somit ist das Konditional bei mehreren möglichen A-Welten nur wahr, wenn B in ihnen allen wahr ist. Hierbei muss es generell Ähnlichkeitslevel geben, innerhalb dessen es in allen A-Welten auch B gibt. Die Analyse ist hier eher vage, da es von der Gewichtung von Merkmalen, Unterschieden und Gemeinsamkeiten abhängt, wie sehr sich zwei Dinge ähneln.[32] David Lewis sieht an dieser Stelle jedoch keinen Nachteil für seine Theorie oder Analyse.

Hier liegt nun eine Ontologie an real-existierenden alternativen Welten zu Grunde, die gleichzeitig alles darstellen, was in jeweils anderen Welten möglich ist. Dabei existieren die Individuen auch als real und so existiert jedes Individuum nur in einer einzigen Welt. David Lewis sieht es nun als wünschenswert an, die semantische Interpretation nicht von der formalen Notation zu trennen, um die oben genannten Probleme zu vermeiden. Hierzu entwickelt er eine Erweiterung der Standard Prädikatenlogik, die aus vier Prädikaten und acht Postulaten besteht. Dies sind grob aufgeführt das Welten - Prädikat (Wx), das Enhaltensein - Prädikat (Ixy), das Aktualitäts - Prädikat (Ax) und das Counterpart - Pädikat (Cxy).[33] Hiermit können Ausdrücke von der Standard Logik nun in seine eigene mögliche Welten Sprache übersetzt werden.[34] Dabei entsprechen die Axiome der Modallogik nun in David Lewis` Theorie bestimmten Thesen über mögliche Welten. Durch sein Vorgehen kann David Lewis mögliche Welten im Weiteren völlig ohne modales Vokabular bestimmen. Der notwendige Operator wird ein universeller Quantor über mögliche Welten. Weiter sind Quantoren begrenzt durch das Gebiet der Welt (durch Bewertung): Alle Schwäne sind Vögel ist dann wahr, in dem Fall, dass alle Schwäne die eine Welt bewohnen, Vögel sind. Das modale Statement „möglich, dass es blaue Schwäne gibt“ wird dann analysiert als „auf einer möglichen Welt gibt es blaue Schwäne“. Der Möglichkeitsoperator wird hier ein Exitenzquantor über mögliche Welten.[35]

[...]


[1] Lewis, 1986, vii, Zeile: 1 – 3.

[2] Vgl. Heißler, 2010, S. 69.

[3] Schwarz, 2009, S. 41, Zeile: 1 – 3.

[4] Diese Bezeichnung stammt von David Lewis.

[5] Hawthorne, 2006, S.3, Zeile 5 – 6.

[6] Hawthorne, 2006, S.6, Zeile: 14 – 15.

[7] Schwarz, 2009, S.69, Zeile: 8 – 12.

[8] Mukahnov, 2007, S. 270, Zeile: 10 – 12.

[9] Susskind, 2006, S. 381, Zeile: 8- 9.

[10] Lewis, 1986, S. 4, Zeile: 38 – 41.

[11] Lewis, 1986, S. 2, Zeile: 23 – 26.

[12] Vgl. Schwarz, 2009, S. 41.

[13] Vgl. Meixner, 2008, S.12ff.

[14] Nolan, 2005, S.50, Zeile 12 – 16.

[15] Galvez, 1988, S. 194 – 197 & Lewis, 1986, S. 8 – 9.

[16] Vgl. Pokahr, 1998, S.2.

[17] Hier gibt es jedoch verschiedene Theorien zu den Welten, denn nicht in jeder Theorie müssen diese wie bei David Lewis als existierend und unter dem bei ihm beschriebenen Aktualitätsverständnis angenommen werden. Dies wird in dem nächsten Kapitel, der analytischen Betrachtung noch deutlicher hervorgehen.

[18] Heißler, 2010, S. 31, Zeile: 12 – 15.

[19] Lewis, 1986, S. 12, Zeile: 20 – 21.

[20] Die Counterpart-Theorie ist, wie später deutlicher gezeigt wird, hierbei die Theorie von David Lewis selbst.

[21] Vgl. Lewis, 1986, S. 9 – 10.

[22] Es gibt an dieser Stelle verschiedenen Lösungsvorschläge der traditionellen Modallogik, jedoch scheitern diese nach David Lewis alle. (Vgl. Lewis, 1986, S.10ff.).

[23] Lewis, 12986, S. 13, Zeile 4.

[24] Eine mögliche Lösung des Problems wäre es an dieser Stelle die ursprüngliche vergleichende Relation durch eine ausgefallenere Analyse z.B. in Termen von numerischen Messungen von Graden von Ähnlichkeit und Ungleichheit von diesen Graden zu ersetzten. Jedoch kritisiert David Lewis hier weiter, dass dies nicht die Art und Weise ist, wie es in der alltäglichen Sprache ausgedrückt wird, denn hier werden keine Ähnlichkeitsgrade eingeführt.

(Vgl. Lewis, 1986, S. 13 – 14).

[25] David Lewis sieht allgemein die Supervenience (humsche Supervenience) wie folgt: „All there is to the world is a vast mosaic of local matters of particular fast, just one little thing and then another. […] We have a geometry: a system of external relations of spatiotemporal distance between points. Maybe points of spactime itself, maybe point sized bits of matter or ether fields, maybe both. And the points have local qualities: perfectly natural intrinsic properties, which need nothing bigger than a point at which to be instantiated. For short: we have an arrangement of qualities. And that is all. […] All else supervenes on that.” (Lewis, 1999, ix, Zeile: 19 – x, Zeile: 17).

[26] Lewis, 1986, S. 14, 4 – 6.

[27] Im Näheren ist David Lewis Theorie von der von Kripke stark zu unterscheiden, denn Kripke trennt den Quantifiktionsbereich, die Individuen, von seiner semantischen Interpretation, den Welten, während David Lewis der Ansicht ist, dass Kripke eigentlich über Welten quantifiziert und versucht dies zu zeigen und in seiner eigenen Theorie weiter mit den angesprochenen Counterpart-Relationen verfährt. (Vgl. Pokahr, 1998, S.2 – 3).

[28] Modalität kann de dicto und de re untersucht werden, wobei „notwendig“ und „möglich“ entweder de dicto auf ganze Sätze oder de re auf die Gegenstände selbst, welche die Wörter bezeichnen, angewendet werden.

(Vgl. Heißler, 2010, S. 30 f.).

[29] Hier wird deutlich, dass die Beziehung von H.`s zeitlichen Teilen viel geordneter ist, als die Beziehung zu seinen Counterparts. Hier geht David Lewis von keinem „Vierdimensionalismus“ aus, indem H.`s gestriger Teil nicht mit seinem heutigen identisch ist und die Counterparts in anderen Welten entsprechen somit auch nicht direkt Vorgängern oder Nachfolgern von H. in anderen Zeiten.

[30] Die Analyse sagt an dieser Stelle jedoch nichts darüber aus was genau ist, wenn der Fall eintritt, dass es die nächste A-Welt nicht gibt, wenn z.B. mehrere A-Welten unserer aktualen Welt genau gleichermaßen ähneln.

[31] Lewis, 1986, S. 22, Zeile: 23 – 25.

[32] Vgl. Schwarz, 2009, S. 53 – 54.

[33] Vgl. Pokahr, 1998, S.3.

[34] So erhält man z.B. bezüglich der Existenz, die durch den Existenzquantor (­­ x1 ( x1 = x)) formuliert ist:

„⌐x1(x1 = x) und ◊ x1 (x1 = x)“ dies bedeutet so viel wie „x existiert nicht und es ist möglich, dass x existiert“. Nach David Lewis erhält man daraus folgende Übersetzung nach seiner möglichen Welten – Theorie:

„ ⌐x1(x1 = x) und y x2(Wy und Ix2y und Cxx2 und x1(x1 = x2))“ die Counterpart-Theorie fordert hier, damit die Existenz von x möglich ist, dass es eine Welt gibt, in der ein Counterpart von x existiert.

(Vgl. Pokahr, 1998, S.7).

[35] Vgl. Bricker, David Lewis, S. 3 – 4.

Ende der Leseprobe aus 45 Seiten

Details

Titel
Moderne Theorien des Multiversums: Eine Betrachtung ausgehend von David Lewis` Theorie der möglichen Welten
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
45
Katalognummer
V203285
ISBN (eBook)
9783656332008
ISBN (Buch)
9783656332299
Dateigröße
656 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
moderne, theorien, multiversums, eine, betrachtung, david, lewis`, theorie, welten
Arbeit zitieren
Anna-Vanadis Faix (Autor:in), 2012, Moderne Theorien des Multiversums: Eine Betrachtung ausgehend von David Lewis` Theorie der möglichen Welten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203285

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