In Teil II dieser Arbeit war schon die Rede von eindimensionalen bzw. funktionalen Figuren, die keinen Einfluss auf das dramatische Geschehen der Erzählung haben, aber im Rahmen der Handlung eine bestimmte Funktion erfüllen. In diesem Teil geht es nun um mehrdimensional angelegte Figuren und um wichtige Handlungsträger im
dramatischen Geschehen. Dabei ist es aber keineswegs so, dass es sich im psychologischen Sinne um gerundete Charaktere handelt, sondern um Figuren, die unterschiedliche, widerstrebende Tendenzen verkörpern, d. h. um ironisch gebrochene Figuren, die zu sich selbst im Widerspruch stehen. Sie bilden insofern ein Pendant zu den angesprochenen unterschiedlichen Erzählwirklichkeiten des Textes, zwischen denen sie sich hin- und herbewegen. Klein Zaches selbst nimmt im Rahmen dieser Figurenkonstellation einen besonderen Rang ein. Er tritt uns gleich zu Beginn der Erzählung als missgestaltetes Wesen gegenüber. Er wird von seiner Mutter als „Wechselbalg“ bezeichnet, d. h. mit einem Ausdruck beschrieben, der wie „Alräunchen“ auf ein Wesen dämonischen oder magischen Ursprungs hindeutet. Andererseits besitzt er als „mißgestalteter Junge“ aber auch menschliche Züge, die sich mit tierischen Eigenschaften
(„Spinnenbeinchen“) und Verhaltensweisen (er „knurrt und miaut, statt zu reden, wie eine Katze“) zu vermischen scheinen. Diese Eindrücke werden durch gegenständliche („ein seltsam verknorpeltes Stückchen Holz“) und pflanzliche Begriffe („wie ein gespaltener Rettich“) ergänzt. Somit erscheint Klein Zaches von Anfang an als merkwürdiges Zwischen- oder Zwitterwesen, bei dem offensichtlich
übernatürliche Kräfte ihre Hände im Spiel haben.
Inhaltsverzeichnis
- Die Figurenkonstellation in „Klein Zaches"
- Klein Zaches als Katalysator und Midasfigur
- Weitere Figuren und Figurenpaare der Erzählung
- Balthasar und Fabian
- Balthasar und Candida
- Professor Mosch Terpin als Zentralgestalt des aufgeklärten Naturwissenschaftlers und seine Komplementärfigur, der weise Doktor Prosper
- Kammerdiener und andere „Nebenfiguren"
- Zusammenfassende Betrachtung
- Anmerkungen
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der erzählerischen Gestaltung der Romantik, insbesondere mit Ironie und Humor. Sie analysiert die Erzählung „Klein Zaches genannt Zinnober" von E. T. A. Hoffmann, um zu zeigen, wie diese beiden Prinzipien in der Literatur der Romantik eingesetzt werden.
- Die ironische Brechung der Figuren in „Klein Zaches"
- Die Darstellung der „Verkehrten Welt" in der Erzählung
- Die Rolle des Wunderbaren und des Übernatürlichen in der romantischen Literatur
- Die Auseinandersetzung mit den Idealen der Aufklärung
- Die Verwendung von Humor als Mittel der erzählerischen Gestaltung
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Arbeit analysiert die Figurenkonstellation in „Klein Zaches". Dabei wird besonders auf die Figur des Klein Zaches eingegangen, der als Katalysator und Midasfigur dargestellt wird. Er besitzt keine eigene Identität, sondern wird von außen mit bestimmten Eigenschaften versehen. Klein Zaches wirkt als Parasit, der von den Leistungen anderer profitiert und seine eigene Minderwertigkeit in Gold verwandeln kann.
Der zweite Teil der Arbeit widmet sich weiteren Figuren und Figurenpaaren der Erzählung. Balthasar, der typische Vertreter des romantischen Protagonisten, steht im Kontrast zu Klein Zaches. Er ist ein schwärmerischer, empfindsamer junger Mann, der die Wunder der Natur wahrnimmt und sich in die Welt des Übernatürlichen verliebt. Fabian, Balthasars Freund, ist hingegen ein realistischer und vernunftgeleiteter Mensch, der die Welt der Feen und Zauberer skeptisch betrachtet.
Candida, das Objekt von Balthasars Liebe, wird vom Erzähler mit einem ironischen Porträt dargestellt. Sie ist ein heiteres, unbefangenes Wesen, das durch ihren Vater in die Gesellschaft der Getäuschten und Geblendeten gerät. Professor Mosch Terpin, Candidas Vater, ist ein Vertreter des aufgeklärten Naturwissenschaftlers, der die Natur in handliche Einheiten zerlegt und sie ihrer Wunder beraubt. Prosper Alpanus, der weise Doktor, ist hingegen ein Doppelwesen, das sowohl in der irdischen als auch in der überirdischen Welt der Feen und Zauberer beheimatet ist.
Der dritte Teil der Arbeit behandelt die Rolle der „Nebenfiguren" in der Erzählung. Der Kammerdiener des Fürsten Paphnutius, Andres, wird zum Sprecher des Volkes und fordert die Einführung der Aufklärung. Durch die ironische Umkehrung der Verhältnisse wird die Situation ins Groteske gesteigert. Das Personal im Hause des Ministers verharrt in seinen gewohnten Denkweisen und erkennt Klein Zaches nicht in seiner wahren Gestalt. Die Mutter des Klein Zaches ist hingegen die Vertreterin des gesunden Menschenverstandes, die sich nichts vormachen lässt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Ironie, den Humor, die romantische Literatur, die Erzählung „Klein Zaches genannt Zinnober", E. T. A. Hoffmann, die Figurenkonstellation, die „Verkehrte Welt", das Wunderbare, das Übernatürliche, die Aufklärung, die Naturwissenschaft, die Feen, die Zauberer, die Gesellschaft, die Liebe, die Entzauberung und die Harmonisierung.
- Arbeit zitieren
- Hans-Georg Wendland (Autor:in), 2012, Ironie und Humor in der Literatur der Romantik am Beispiel von 'Klein Zaches genannt Zinnober' von E. T. A. Hoffmann (Teil III), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203359