Der Teilungsartikel - Kontrastive Betrachtungen des Teilungsartikels im Französischen und Italienischen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung in die kontrastive Linguistik

2 Der Teilungsartikel im Französischen
2.1 Darstellung in wissenschaftlichen Grammatiken
2.1.1 „Le bon usage“ von Grevisse/Goosse
2.1.2 „La nouvelle grammaire du français“ von Dubois/Lagane
2.2 Darstellung in Lernergrammatiken
2.2.1 „Grammatik des heutigen Französisch“ von Klein/Kleineidam
2.2.2 „Grammaire explicative“ von Confais

3 Der Teilungsartikel im Italienischen
3.1 Darstellung in wissenschaftlichen Grammatiken
3.1.1 „Grande grammatica italiana di consultazione“ von Renzi
3.1.2 „Grammatik der italienischen Sprache” von Schwarze
3.2 Darstellung in Lernergrammatiken
3.2.1 „Praktische Grammatik der italienischen Sprache“ von Reumuth/ Winkelmann
3.2.2 „Große Lerngrammatik Italienisch“ von Da Forno/Manzini-Himmrich

4 Weitere kritische Auseinandersetzungen

5 Zusammenfassung

Bibliographie

1 Einführung in die kontrastive Linguistik

„In der kontrastiven Linguistik werden zwei oder mehrere Sprachen in einem bestimmten theoretischen Rahmen analysiert und miteinander verglichen.“ (Vater 1999: 295) Zweck der Gegenüberstellung von zwei oder mehreren Sprachen ist es, Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszufinden. Die Vergleiche schließen alle Ebenen der Sprache ein: die Semantik, die Syntax, die Morphologie und die Phonologie.

Entstanden ist die kontrastive Linguistik während des Strukturalismus der Fünfzi- ger Jahre. „Das Interesse der [kontrastiven Linguistik] lag zunächst vor allem auf system- bezogenem Sprachvergleich, insbes[ondere] im Hinblick auf […] Fremdsprachendidaktik und […] Sprachtypologie.“ (Bußmann 2002: 377) Im Zuge der Spracherwerbsforschung und der kontrastiven Pragmatik oder Soziolinguistik, „die kontextbezogen Sprachver- wendung zwischen Angehörigen unterschiedlicher Sprach- und Kulturgemeinschaften untersucht“ (Bußmann 2002: 377) gewann sie neue Motive für ihre Analysen.

Zu ihrem Interessenfeld gehört auch die Betrachtung von Wortarten. Wörter können insbesondere nach ihrer Form oder nach ihrer Verwendung im Satz eingeteilt werden. Deshalb gehören zu den Wortarten unter anderem auch die Artikel, die in Ver- bindung mit einem Nomen stehen. „Das aus dem Lateinischen entlehnte Wort Artikel bedeutet soviel [sic!] wie Gelenkwort und bezeichnet eine Wortart, die identifiziert.“ (Stuttgarter Unikurier 20071 ) Man unterscheidet zwischen dem bestimmen Artikel (der, die, das), dem unbestimmten Artikel (ein, eine) und dem Nullartikel (Ø Geld leihen). In der urindoeuropäischen Sprache, die Basis für die heutigen indogermanischen Sprachen ist, zu der u.a. auch das Deutsche, das Französische und das Italienische zählen, gab es keine Artikel. Erst im modernen, aus dem Germanischen entstandenen Deutsch und in den romanischen Sprachen haben sich die drei Arten von Artikel herausgebildet. Andere Sprachen, wie z.B. das Russische und Georgische, aber auch das Chinesische sind dage- gen artikellose Sprachen (vgl. Stuttgarter Unikurier 2007), die die Bestimmtheit durch die Wortstellung o.ä. ausdrücken können.

Eine Besonderheit in der französischen und italienischen Sprache ist der sog. Tei- lungsartikel, ein Artikel zur Bezeichnung einer unbestimmten Menge von unzählbaren Dingen. Die deutsche Bezeichnung Teilungsartikel ist dabei jedoch nicht zutreffend, da mit dem Teilungsartikel auf unbestimmte Teilmengen einer Gesamtheit Bezug genom- men wird und nichts geteilt. Gebildet wird er mit einer Präposition (fr. de oder it. di) und dem jeweiligen bestimmten Artikel.

Diese Arbeit soll den Teilungsartikel im Französischen und Italienischen verglei- chen und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausarbeiten. Auch soll die konkrete Darstellung des Teilungsartikels in den unterschiedlichen Grammatiken angesprochen werden und inwieweit eine widerspruchsfreie Darstellung vorliegt. Dabei werden exemp- larisch sowohl jeweils zwei der gängigsten wissenschaftliche Grammatiken als auch je- weils zwei bekannte Lernergrammatiken analysiert. Angeführte Beispiele sind aufgrund der Einfachheit aus den untersuchten Grammatiken entnommen. Am Ende soll noch ein Blick auf kritische Auseinandersetzungen einiger Linguisten mit dem französischen und italienischen Teilungsartikel geworfen werden.

2 Der Teilungsartikel im Französischen

Im folgenden Kapitel wird erst die Darstellung des französischen Teilungsartikels in den wissenschaftlichen Grammatiken von Grevisse/Goosse und Dubois/Lagane untersucht und dann die Veranschaulichung in den Lernergrammatiken von Klein/Kleineidam und Confais damit verglichen.

2.1 Darstellung in wissenschaftlichen Grammatiken

2.1.1 „Le bon usage“ von Grevisse/Goosse

Bei Maurice Grevisse und André Goosse in ihrer Grammatik „Le bon usage“ ist der Teilungsartikel „n’est autre chose, pour la valeur, qu’un article indéfini employé devant un nom […].’’ (Grevisse 2008: 745) Er wird verwendet, wenn es sich um eine unbestimmte Mengenangabe von nicht zählbaren Dingen handelt. Auch bei abstrakten nicht zählbaren Nomen wird er benutzt, wie in den Beispielen (1) und (2).

(1) Boire du vin.

(2) Avoir du courage.

In besonderen Fällen können zählbare Nomen als nicht zählbar gesehen werden, wie in Beispiel (3):

(3) Manger du cheval (= de la viande de cheval).

Laut Grevisse sagen einige Linguisten, dass der Teilungsartikel im Singular ein Subjekt begleiten kann, das dem Verb voraus geht:

(4) Dans chaque cour de ferme, du bois avait é t é accumul é pour l ’ hiver.

Dieser Grammatik zufolge unterscheidet man nur im Singular zwischen dem unbestimm- ten Artikel und dem Teilungsartikel, im Plural sind beide Formen gleich, wie die Beispiele

(5) und (6) zeigen:

(5) Boire de la bi è re/ du vin/ de l ’ eau.

(6) J ’ ai mang é des pommes/ des ananas/ des confitures.

Mit einigen pluralia tantum und mit Nomen die im Singular und Plural unterschiedslos angewendet werden, generell ausgedrückt mit nicht zählbaren Dingen, hat des partitiven Wert:

(7) manger des rillettes/ d é poser des archives (8) renverser des cendres

Beachten sollte man nach Grevisse/Goosse, dass man den article partitif nicht mit dem zusammengezogenen Artikel verwechselt:

(9) La r é colte du bl é . (10) La cime des arbres.

Es ist aber schwierig zu unterscheiden, wann genau de der unbestimmte Artikel ist und wann Teilungsartikel. Des Weiteren machen sie darauf aufmerksam, dass sich nach de die französischen Artikel du, de la, de l', des und de nach den Regeln der Haplologie reduzieren und verschwinden.

Wenn dem Nomen ein Attribut vorausgeht, gilt, dass im Plural des in geschriebe- ner Sprache und gehobener gesprochener Sprache durch de ersetzt wird. Des überwiegt jedoch in der gesprochenen Sprache und breitet sich immer mehr auch in der geschriebe- nen Sprache aus. Vor dem Adjektiv petit wird besonders häufig des verwendet, z.B. bei des petits yeux oder des petits cris de rats. Wenn Adjektiv und Nomen eine Redewendung bilden, gebraucht man des, z.B. bei des bon mots oder des faux pas. Bei vorangehendem Attribut im Singular ist de zwar noch gebräuchlich, die Verwendung von du, de la und de l ′ aber Stan- dard.

(11) Un jardin d ’é t é [ … ], o ù on entendrait de la tr è s bonne musique.

Bei Adverben, die als indefinite Determinanten verwendet werden (z.B. assez, beaucoup, combien, moins, plus, trop, etc.), steht immer de, bei bien jedoch immer nur du/de la/de l ′, wie in Beispiel (12):

(12) Je vous souhaite bien du plaisir, bien de la joie, bien de l ’ amusement.

Nur wenn man betonen will, dass es sich um etwas Präzises oder Bestimmtes handelt, insbesondere, wenn dies durch eine Ergänzung oder eine Präposition unterstützt wird, verwendet man du/de la/de l ′. Diese Erscheinung tritt besonders im Zusammenhang mit beaucoup auf, z.B. bei

(13) Beaucoup des amies de Marguerite sont venues à l ’é glise.

Bei Negationen und nach der Präposition sans/sans que wird der Teilungsartikel, der ein direktes Objekt oder ein Subjekt begleitet, durch de ersetzt:

(14) Il boit du vin.Il ne boit pas de vin, … jamais de vin, … plus de vin.

Hat der Satz positiven Sinn oder richtet sich die Negation nicht auf das Nomen oder steht dem negierten Syntagma ein anderes derselben Funktion gegenüber, bleibt der Teilungsartikel erhalten, wie in Beispiel (15).

(15) Elle n ’ a pas demand é du vin, mais de la bi è re.

Alle Angaben und Beispiele sind dem Werk „Le bon usage“ auf den Seiten 745 bis 751 entnommen.

2.1.2 „La nouvelle grammaire du français“ von Dubois/Lagane

Dubois/Lagan nennen den Teilungsartikel in einer Reihe mit dem definiten und dem indefiniten Artikel: „Selon leur forme et leur emploi, on distingue l’article défini, l’article indéfini et l’article partitif. “ (Dubois/Lagane 2008: 60). Sie zeigen, dass zwischen Beispielsatz (24) und (25) ein Bedeutungsunterschied besteht.

(24) Il mange du fromage. (25) Il mange le fromage.

In Satz (24) ist ein Teil der „Materie“ gemeint, in Beispiel (25) ist ein konkreter, eindeutig bestimmter Käse gemeint. Der Bedeutungsunterschied hängt damit vom Gebrauch von du oder de ab.

Für Dubois/Lagane ist der Zusammenschluss aus der Präposition de und dem definiten Artikel „([une partie] du fromage)“ (Dubois/Lagane 2008: 61) daher ein weiterer eigenständiger Artikel, der article partitif.

Der indefinite Pluralartikel des und der Teilungsartikel im Singular haben für sie aber die gleiche Bedeutung: beide drücken einen Teil von etwas Ganzem aus. Die unter- schiedliche Verwendung der beiden Artikel führen sie darauf zurück, dass der indefinite Artikel grundsätzlich zählbare Nomen begleitet und der article partitif bei nicht-zählbaren Nomen steht. Einige zählbare Nomen können u.U. aber zu nicht-zählbaren Nomen wer- den und umgekehrt.

Bei Nomen, die nur in der Pluralform existieren, haben der indefinite Pluralartikel und der Teilungsartikel fast dieselbe Bedeutung und es ist mitunter schwer, sie zu unterscheiden, wie Beispiel (26) und (27) zeigen.

(26) Il a repris des rillettes.

(27) Il a repris des champions.

In Satz (26) ist des partitiver Artikel, da rilettes nur im Plural existiert und daher nicht zählbar ist. In Beispiel (27) kann des sowohl partitiver Artikel als auch indefiniter Artikel sein, weil Champions als ein Gericht nicht zählbar sind, aber zählbar im Sinn von essbare Pflanzen. (vgl. Dubois/Lagane 2008: 62)

Weggelassen werden kann der Artikel allgemein z.B. bei Eigennamen, Verbaloder Nominalphrasen (faire gr â ce, prendre soin), Appositionen, Attributen, die die Rolle eines Adjektivs einnehmen (Pierre est ing é nieur.), oder in Verbindung mit Wortgruppen, die das Nomen bestimmen und denen eine Präposition vorausgeht (un collier en argent, marcher avec peine, voyager par avion). (vgl. Dubois/Lagane 2008: 58-59)

Zusammenfassend kann man sagen, dass in den wissenschaftlichen Grammatiken keine Einigkeit darüber besteht, ob der französische Teilungsartikel ein eigenständiger Artikel ist oder ob er als eine Unterart des indefiniten Artikels gesehen werden sollte, wie bei Grevisse/Goosse. Einig sind sie sich jedoch darüber, dass er vor abstrakten nicht zählbaren Nomen stehen muss. Nur Grevisse/Goosse sprechen in ihren Betrachtungen das Verhältnis des Teilungsartikels in gesprochener und geschriebener Sprache an, andere Grammatiken vernachlässigen diese Gegenüberstellung völlig.

2.2 Darstellung in Lernergrammatiken

2.2.1 „Grammatik des heutigen Französisch“ von Klein/Kleineidam

Die Lernergrammatik von Hans-Wilhelm Klein und Hartmut Kleineidam unterscheidet den bestimmten und den unbestimmten Artikel und nennt als dritte Form der Determinanten des Nomens den Partitiv. (vgl. Klein/Kleineidam 2009: 33)

Kennzeichen des Partitivs ist die Präposition de. Der Partitiv hat laut Klein/Kleineidam keine Pluralform und ihm entspricht im Deutschen der Null-Artikel. Er bezeichnet ebenso wie der unbestimmte Artikel „zusammen mit dem jeweiligen No- men unbestimmt gelassene, nicht näher identifizierte Lebewesen oder Dinge“

[...]


1 < http://www.uni-stuttgart.de/hkom/publikationen/uni-kurier/uk99/studieren/sl43.html> [Zugriff am 25.09.2011].

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Der Teilungsartikel - Kontrastive Betrachtungen des Teilungsartikels im Französischen und Italienischen
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Morphosyntax Italienisch/Französisch kontrastiv
Note
2,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
22
Katalognummer
V203391
ISBN (eBook)
9783656295112
ISBN (Buch)
9783656295280
Dateigröße
573 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Romanistik, Sprachwissenschaft, Italienisch, Französisch, kontrastive Linguistik, Grammatik, Klein, Kleineidam, Confais, Grevisse, Renzi, Schwarze, Dubois, Reumuth, Winkelmann, Da Forno, Manzini-Himmrich, Lagane, Goosse, Morphosyntax, Wortart, Artikel, Nullartikel, unbestimmter Artikel, bestimmter Artikel, Teilungsartikel
Arbeit zitieren
B.A. Katja Wintergerst (Autor:in), 2011, Der Teilungsartikel - Kontrastive Betrachtungen des Teilungsartikels im Französischen und Italienischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203391

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