Der englische Philosoph John Locke (1632 – 1704) entwirft in seinem politischen Hauptwerk „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ („Two Treatises on Government“, veröffentlicht 1689) seine Gesellschafts- und Staatstheorie. Er versucht eine Staatsform zu entwickeln, die der zu seiner Zeit herrschenden absoluten Monarchie als vorzuziehende Alternative gegenübertritt. Locke konzipiert als Erster eine politische Theorie der Gewaltenteilung, die die gewählte Regierung in Judikative, Legislative und Exekutive aufgliedert. Zu Beginn seiner zweiten Abhandlung versucht er vor allem, der von ihm befürworteten staatlichen Verfassung zu einer ursächlich erklärenden Legitimation zu verhelfen.
Im Folgenden sollen zuerst die von Locke verwendeten Begriffsbestimmungen des Naturzustandes und -rechts, des Kriegszustandes und der Sklaverei zusammenfassend erklärt werden. Damit soll die Basis für einen anschließenden Diskurs geschaffen werden, welcher die Staatslegitimation anhand einer kritischen Auseinandersetzung, insbesondere mit den Begriffen des Naturrechts und der Vernunft, einer Prüfung unterziehen möchte.
Einleitung
Der englische Philosoph John Locke (1632 – 1704) entwirft in seinem politischen Hauptwerk „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ („Two Treatises on Government“, veröffentlicht 1689) seine Gesellschafts- und Staatstheorie. Er versucht eine Staatsform zu entwickeln, die der zu seiner Zeit herrschenden absoluten Monarchie als vorzuziehende Alternative gegenübertritt. Locke konzipiert als Erster eine politische Theorie der Gewaltenteilung, die die gewählte Regierung in Judikative, Legislative und Exekutive aufgliedert. Zu Beginn seiner zweiten Abhandlung versucht er vor allem, der von ihm befürworteten staatlichen Verfassung zu einer ursächlich erklärenden Legitimation zu verhelfen.
Im Folgenden sollen zuerst die von Locke verwendeten Begriffsbestimmungen des Naturzustandes und -rechts, des Kriegszustandes und der Sklaverei zusammenfassend erklärt werden. Damit soll die Basis für einen anschließenden Diskurs geschaffen werden, welcher die Staatslegitimation anhand einer kritischen Auseinandersetzung, insbesondere mit den Begriffen des Naturrechts und der Vernunft, einer Prüfung unterziehen möchte.
1 Der Naturzustand & das Naturgesetz
Um ein Verständnis für die von John Locke in seinen „Two Treatises on Government“ entwickelte Legitimation eines Staatswesens zu erlangen, bedarf es zunächst der Betrachtung seiner Auffassung vom Naturzustand („state of nature“), dem dort herrschenden Naturgesetz („law of nature“) und den sich daraus ergebenden Naturrechten („natural rights“). Der Naturzustand kann als ein ursprünglicher Ausgangspunkt angesehen werden, der sämtlichen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen vorhergeht. Locke konstituiert den Begriff des Naturzustandes, um den Zusammenschluss der in ihm lebenden Menschen zu einer staatlichen Gemeinschaft ursächlich erklären zu können.
Er bezeichnet den Naturzustand als einen „Zustand vollkommener Freiheit“[1] und zudem als „Zustand der Gleichheit“[2].
Locke entwickelt folgende Definition der Freiheit im Naturzustand:
„Die natürliche Freiheit des Menschen bedeutet, daß er frei ist von jeder höheren Gewalt auf Erden und nicht dem Willen oder der gesetzgebenden Gewalt eines Menschen untersteht, sondern allein das Gesetz der Natur zu seinem Rechtsgrundsatz erhebt“ [3]
Das Weiteren sollen die Menschen, die sich im Naturzustand befinden, in zweierlei Hinsicht als gleich begriffen werden. Erstens im biologischen Sinne: Laut Locke sind alle Menschen von Geburt an mit denselben Potentialen ausgestattet. So kann es keine naturgegebene Rangordnung geben, die es einem Menschen erlauben würde, über andere zu herrschen oder in irgendeiner Weise über sie zu verfügen.[4] Damit wendet sich Locke offen gegen den englischen Politik-Theoretiker Sir Robert Filmer, der in seinen Schriften („Patriarcha, or the Natural Power of Kings“, veröffentlicht 1680) versuchte, die zu seiner Zeit bestehende absolut monarchische Regierung mithilfe von ausgewählten Bibelzitaten zu legitimieren. Dieser glaubte, dass die Macht eines Herrschers als Nachkomme von Adam, als dem ersten König, durch die Erbfolge gottgegeben und somit unantastbar sei. So wie der Vater Macht über seine Kinder habe, besitze der Herrscher Macht über seine Untertanen.
Lockes erste Abhandlung kann als Polemik gegen Filmers Theorie gelesen werden. Er trennt - ebenfalls mit dem Verweis auf die Bibel - die Familienverhältnisse von den politischen und weist außerdem darauf hin, dass eine Erbfolge bis zu Adam überhaupt nicht zurückzuverfolgen sei und enthebt Filmers Argumentation somit jeglicher Grundlage.[5]
Zweitens besitzen nach Locke alle Menschen die gleichen Rechte. Das einzige im Naturzustand herrschende Gesetz bildet das Naturrecht, welches sich aus der menschlichen Vernunft ableitet und nach dem das menschliche Handeln ausgerichtet sein soll. Locke definiert das Naturrecht als das Recht eines jeden Menschen auf Selbsterhaltung. Das schließt die Verteidigung seines Lebens, seiner Gesundheit, seiner Freiheit und seines Besitzes gegen Angriffe von außen mit ein. Das Naturrecht verpflichtet den Menschen außerdem, soweit möglich, zur Erhaltung der gesamten Menschheit beizutragen. Letzteres wird theologisch dadurch begründet, dass die Menschheit Gottes Werk und somit sein Eigentum sei. Gott kann offenbar auch von seinem Naturrecht auf Schutz des Besitzes Gebrauch machen und hat somit als einziger die Macht, zu entscheiden, wann ein Mensch oder die Menschheit als Ganzes nicht mehr existieren soll.[6]
[...]
[1] Locke, S. 5, § 4
[2] Locke, S. 5, § 4
[3] Locke, S. 19, § 22
[4] ebd.
[5] vgl. Locke, S. 3f., § 1, 2 und 3
[6] Locke, S. 6, § 6
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- Kim Lang (Autor), 2012, Naturzustand, Kriegszustand und Sklaverei nach John Locke, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203735