Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Lebensgeschichte
3. Das Montessori-Kinderhaus „Casa dei Bambini“
4. Montessoris Hauptinteresse.
5. Montessori-Prinzipien
5.1 Das Kind ist Baumeister seiner selbst..
5.2 Hilf mir, es selbst zu tun.
5.3 Freie Wahl der Arbeit.
5.4 Normalisierung
5.5 Sensible Perioden
5.6 Polarisation der Aufmerksamkeit
5.7 Vorbereitete Umgebung..
6. Montessori-Material
7. Anforderungen an die Montessori-Pädagogin
8. Montessori-Pädagogik und Bildungspläne.
9. Schluss/Fazit
10. Bibliographie
1. Einleitung
Die Italienerin Maria Montessori ist wahrscheinlich die berühmteste Pädagogin des 20.
Jahrhunderts. Ihr pädagogisches Konzept ist auf der ganzen Welt verbreitet und spielt auch heute noch eine wichtige Rolle. Weltweit gibt es 66.400 Einrichtungen, die nach ihrem Handlungskonzept arbeiten. In Deutschland sind es mehr als 1.000 Schulen und Kindertagesstätten der Montessori-Pädagogik. Davon sind 350 Montessori Grundschulen, 80 Realschulen oder Gymnasien und 600 Montessori Kindertagesstätten.1 Der größte Teil der Einrichtungen befindet sich in freier Trägerschaft. Durch eine steigende Beliebtheit solcher Einrichtungen setzte bei den Schulen in den letzten 2 Jahrzehnten ein regelrechter „Montessori-Boom“ ein. Man kann in etwa sagen, dass jedes Jahr 50 neue Montessori Einrichtungen in Deutschland eröffnet werden, die sich über die gesamte Bundesrepublik verteilen.2
Nach ihrer Lehrtätigkeit in einer Anstalt für geistig Behinderte wurde Maria Montessori 1907 Leiterin eines Kinderhauses in Rom, wo sie ihre Theorien erstmals anwenden konnte. Montessori ging davon aus, dass die Erziehung gemäß der spezifischen inneren Fähigkeiten und Begabungen des Kindes zu erfolgen habe. Mit Hilfe von speziellem Arbeitsmaterial sollen Interessen ohne allzu starke Eingriffe seitens des Pädagogen gelenkt und die Entwicklung somit beschleunigt werden. Ihre Ideen fasste Montessori in mehreren Schriften zusammen.3
Die folgende Modulabschlussarbeit beschäftigt sich mit der wesentlichen Fragestellung: Wer war diese bewegende Frau und womit beschäftigt sich ihre berühmte Pädagogik, in der das Kind bzw. der Heranwachsende zur Selbständigkeit und Eigenaktivität erzogen wird? Als Erstes werde ich mich mit dem Leben von Maria Montessori beschäftigen: Wie ist ihr persönlicher Werdegang? Was hat sie zu so einer bewegenden Persönlichkeit gemacht? Dem anschließend gebe ich einen Einblick in das erste Montessori-Kinderhaus und seine
Geschichte. Darauf folgend werden ich nun zur Montessoripädagogik kommen und ihre Prinzipien anreißen. Besonders interessant ist auch, welches Material von Maria Montessori entwickelt wurde und wie man dies nutzen kann. Zum Schluss gebe ich eine kurzen Überblick über die Anforderungen einer Montessori-Pädagogin und erkläre was es mit der „neuen“ und „alten“ Erzieherin auf sich hat. Abschließen möchte ich meine Arbeit mit einem aktuellen Thema, indem ich die Montessori-Pädagogik verbunden mit den heutigen Bildungsplänen anspreche.
2. Lebensgeschichte
Maria Montessori wurde am 31. August 1870 als einziges Kind von Alessandro und Renilde Montessori im italienischen Chiaravalle bei Ancona geboren. Sie wuchs in einem guten Elternhaus auf. Ihr Vater war Beamter und ein Verwandter der Mutter ein bekannter Priester und Gelehrter. Mit drei Jahren war Florenz der Lebensort der Familie, bevor sie in Rom ihr Zuhause fand. Wegen ihres Interesses für Mathematik und Naturwissenschaften besuchte Maria eine technische Oberschule. Einige Jahre später (nach der Schulzeit) sollte sie als erste Frau in Italien, gegen den Widerstand ihres Elternhauses, die Zulassung zum Studium der Medizin erhalten und 1896, mit hervorragenden Ergebnissen, den Doktortitel bekommen. Während des Studiums beschäftigte sie sich sehr mit Embryologie und der Evolutionstheorie. Als praktizierende Ärztin gewann sie in den folgenden Jahren Einblick in die Lernfähigkeiten von Kindern - jede ihrer beruflichen Stationen wurde Baustein zu jener Theorie, die heute weltweit Verbreitung findet, der Montessori Pädagogik. Als wissenschaftliche Anthropologin widmete sie ihre Aufmerksamkeit vor allem dem Zusammenhang kindlichen Lernens und körperlicher Bewegung mit der Entwicklung der Sinne. Nach ihrem Studienabschluss hatte Maria Montessori, ab 1897 die Leitung der Kinderabteilung der Psychiatrischen Universitätsklinik Roms inne. Dort beobachtete sie, dass behinderte Kinder, die keine Spielsachen hatten, sich intensiv mit Brotbröseln beschäftigten. Beeinflusst durch die Arbeiten von Edouard Séguin und Jean Itard, zwei Pionieren im Bereich der Geistigbehinderten-Pädagogik, kam sie zu der Überzeugung, „ dass das Problem der geistig Zurückgebliebenen eherüberwiegend ein pädagogisches alsüberwiegend ein medizinisches Problem “ [sei und man] „ einen geeigneten Zugang zu den behinderten Kindern finden müsse, um ihnen dann mit Hilfe spezieller Methoden die Entwicklung der in ihnen schlummernden Fähigkeiten zu ermöglichen. “ 4
Basierend auf ihren Studien der Embryologie, wandte sich Montessori ihrem eigentlichen Interesse zu: Den Lernprozessen des Kindes. Die Erkenntnisse aus ihrer praktischen Arbeit, vor allem mit geistig behinderten Kindern, halfen ihr dabei.5 Montessoris Entdeckung, dass Kindern der Zugang zu Wissen durch sinnliche Erfahrungen erleichtert wird, öffnete den Weg zu neuen Lehrmethoden und Lernmöglichkeiten. Ein wichtiger Anfang war die „Scuola magistrale ortofrenica“: Das Institut entwickelte sich aus einer Vortragsreihe, die Montessori im Auftrag des Erziehungsministeriums gehalten hatte. 1898 wurde ihr unehelicher Sohn Mario geboren, den sie auf dem Land in Pflege gab, um seine Existenz zu verheimlichen. Als die Pflegemutter 1912 starb, nahm Maria Mario zu sich, der zu diesem Zeitpunkt bereits ein Jugendlicher war. Montessori war zwei Jahre als Direktorin in ihrem Institut tätig, bis sie 1902 das Studium der Anthropologie, Psychologie und Erziehungsphilosophie begann.6
Im Jahre 1909 schrieb ihr erstes pädagogisches Buch „Die Methode der wissenschaftlichen Pädagogik, angewandt in der Erziehung des Kindes in der Casa dei Bambini“. In den folgenden Jahren verbreitete sich die Montessori-Pädagogik in zahlreichen Ländern Europas, Nord- und Südamerikas und in Indien. Ihre Methode wurde in englischen, argentinischen, in italienischen und schweizer Schulen eingeführt und praktiziert. In Paris, New York und Boston entstanden einige Modellschulen.
1916 zog sie von Rom nach Barcelona, um dort ein Montessori-Zentrum zu gründen. Dort entstanden neben einem Kinderhaus und einer Schule, eine Ausbildungsstätte, die Lehrer und Erzieher ausbildete, die die Montessori-Pädagogik verbreiten wollen. Montessori behielt sich das Recht vor, Vorträge alleine zu halten, um die Erzieher auszubilden. Zu der Ausbildung gehörten die pädagogisch-theoretische Ausbildung durch Vorträge, eine Einführung in das spezielle Material, Hospitationen in anerkannten Ausbildungseinrichtungen und praktische Übungen mit Kindern.7
Abgeschlossen wurde die Ausbildung, wie heute immer noch, mit dem Diplom nach erfolgreicher Ablegung von mündlichen, schriftlichen und praktischen Prüfungen. Das Diplom berechtigt einen, in einer Montessori Einrichtung mit Kindern zu arbeiten oder eine solche Einrichtung zu gründen und diese mit dem Namen „Montessori“ zu versehen. Aufgrund des zweiten Weltkrieges und der Herrschaft von Benito Mussolini musste Maria Montessori nach Indien ins Exil gehen. Dort fasste sie ihre Erkenntnisse zu den Grundsätzen, die bis heute die Montessori Pädagogik bestimmen, zusammen. Respekt vor den sensiblen Gleichgewichten der Natur, vor dem Hintergrund des Bewusstseins, dass der Mensch dank des technischen Fortschritts erstmals eine Phase erreicht hatte, in der er sich und andere Arten ausrotten könnte. Montessoris Ziel war eine Pädagogik, die das Kind als Teil der Einheit im göttlichen Schöpfungsplan sieht. Der Weg dorthin erfolgt durch freies und kreatives Lernen. Für Jugendliche entwarf den „Erdkinderplan“, eine Erziehungsrichtung, die dem Heranwachsenden den Übergang in die Welt der Erwachsenen erleichtern sollte. Maria Heute ist die Arbeit der Reformpädagogin ein Konzept, nachdem weltweit Montessori-Schulen begründet wurden. Das didaktische Material, das Maria Montessori mit ihrem Sohn Mario entwickelt hatte, hat sich auch außerhalb der Montessori Pädagogik als wertvolle Unterstützung zum Vermitteln von Lerninhalten, in Kindergärten und Schulen ebenso wie für den privaten Gebrauch etabliert.
Am 6. Mai 1952 starb Maria Montessori im niederländischen Nordwijk aan Zee. Zwei von vielen wichtigen Jubiläen sollte sie noch miterleben - den 40. Jahrestag der Gründung des ersten Kinderhauses 1947, und ihren 80. Geburtstag auf einer internationalen Konferenz in Amsterdam.8
3. Das Montessori-Kinderhaus „Casa dei Bambini“
„Casa“ bedeutet im Deutschen soviel wie „Heim/Zuhause“. Das Casa die Bambini sollte ein Ort sein, an dem sich die Kinder geborgen und wohl fühlen. Im Jahre 1906 wurde Maria Montessori gebeten, eine solche Einrichtung für junge sozial schwache Kinder in einem Arbeiterviertel in Rom aufzubauen. Am 6. Januar 1907 eröffnete sie in San Lorenzo ihr erstes Kinderhaus, das „Casa dei Bambini”. Die Einrichtung diente hauptsächlich zur Betreuung von Familien, in denen auch die Mutter beruflichen und vor allem häuslichen Pflichten nachging. In diesem „Haus der Kinder” entwickelte Maria Montessori ihre Methode der Vorschul- Pädagogik. Hier hatte sie auch ein „Schlüsselerlebnis", das später zum grundlegenden Phänomen ihrer Erziehungsarbeit wurde: Maria Montessori beobachtete ein dreijährigen Mädchens, das völlig selbstversunken in seine Beschäftigung mit Einsatzzylinderblöcken war und das sich auch durch massivste Ablenkungen nicht stören ließ. Den Ausdruck konzentrierter Aufmerksamkeit, den Montessori an diesem Kind beobachten konnte, bezeichnete sie später als „Polarisation der Aufmerksamkeit“. Das Kinderhaus sollte „einen Raum der steten Aufforderung zum hingebungsvollen Tun sein und eine Welt verpflichtender Situationen darstellen“9. Dies hat zur Folge, dass die Einrichtung (Möbel und Haushaltsgeräte) speziell auf die Anforderungen der Kinder abgestimmt ist und den Körperkräften der kleineren Kinder entspricht. Besonders die Selbstständigkeit der Kinder wird durch das Material angereizt. In der Einrichtung wurden „Übungen des praktischen Lebens“ betrieben, zu welchen Hände waschen, Blumen pflegen, Tiere füttern, Umgangsregeln etc. zählen. Grundsätzlich herrschte jedoch das Prinzip der Wahlfreiheit vor, was bedeutete, dass die Kinder sich individuell mit dem ihnen zur Verfügung stehenden „Sinnesmaterial“ beschäftigen konnten. Die jeweiligen Sinnesübungen wurden von der Erzieherin eingeführt und baten die Möglichkeit der Selbstkontrolle.
Auffallend war, dass die Kinder eigenaktiv arbeiteten und nicht von der Erzieherin zur Arbeit motiviert werden mussten. Durch die individuelle Arbeit wurden sie selbstsicher, ausgeglichen und sozial verträglich. Durch diese Beobachtungen kam Maria Montessori zu der Erkenntnis, dass kleine Kinder nicht unkonzentriert und zappelig sind und nicht immer angeregt werden müssen, sondern „vielmehr eine Kraft in sich haben, ihre eigene Entwicklung vorwärts zu treiben. Setze man die Kinder in eine ihnen entsprechende Umwelt, so arbeiten sie freiwillig und motiviert. Sie fordern auch Ruhe und Ungestörtheit auf ihrem Weg“10.11
Es gilt also einen neuen Weg der Pädagogik einzuschlagen, die Bedingungen einer geeigneten Umgebung herauszufinden und notwendiges Entwicklungsmaterial zu konzipieren und zu erstellen. Die Aufgabe der Erzieher im Erziehungsprozess sollte neu bestimmt werden. Die Grundlage für eine neue Pädagogik ist die vorbereitete Umgebung, das Material und die Erzieherin gleichsam.
Im Laufe der Jahre entwickelte Maria Montessori eine Vielzahl von Arbeits-Materialien. Sie sollten eine Hilfe für Kinder sein, sich zu einer freien, selbstständigen Persönlichkeit zu entwickeln. Bei der Betreuung übertrug sie dann die Hilfsmittel, die sie für die Förderung geistig behinderter Kinder entwickelt hatte, auf die Kinder der armen Leute.12
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1 Jaszus, Büchin-Wilhelm, Mäder-Berg, Gutmann: Sozialpädagogische Lernfelder für Erzieherinnen. 2008. S. 591.
2 Herbst, Roger: „Montessori Einrichtungen", in: Montessori Informationen, URL: http://www.montessori- information.de (28.07.2010).
3 Vierecke, Andreas: „Maria Montessori“, in: Encarta Enzyklopädie 2005.
4 Hebenstreit, Sigurd: „Maria Montessori. Eine Einführung in ihr Leben und Werk.“, Herder Verlag. Freiburg, 1999. S.25.
5 Vgl. http://www.montessori-material.de/content/maria-montessori/ (28.07.2010)
6 Vgl. http://www.montessori-material.de/content/maria-montessori/ (29.07.2010)
7 Waldschmidt, Ingeborg: Maria Montessori: Leben und Werk. S. 10 ff.
8 Herbst, Roger: „Montessori Einrichtungen", in: Montessori Informationen, URL: http://www.montessori- information.de (28.07.2010).
9 Hebenstreit, Sigurd: „Maria Montessori. Eine Einführung in ihr Leben und Werk.“, Herder Verlag. Freiburg, 1999. S.32.
10 Hebenstreit, Sigurd: „Maria Montessori. Eine Einführung in ihr Leben und Werk.“, Herder Verlag. Freiburg, 1999. S.35.
11 Hebenstreit, Sigurd: „Maria Montessori. Eine Einführung in ihr Leben und Werk.“, Herder Verlag. Freiburg, 1999. S.32 ff.
12 Vgl. http://www.casadeibambini.net/index1.html (28.07.2010).