Irreguläre Zuwanderer in Europa und die historische Entwicklung der Migration in Italien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Klärung relevanter Begrifflichkeiten
2.1 Das Konzept der irregulären Migration
2.2 Irreguläre Zuwanderer

3 Das Beispiel Italien
3.1 Historische Entwicklung der Migration in Italien
3.2 Kausalität der irregulären Zuwanderung
3.3 Die Situation der illegalen Albaner und Polen im Raum Florenz

4 Fazit

5 Bibliographie

1 Einleitung

Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa leben normalerweise etwa 4500 Menschen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Öffentlichkeit nicht von einem weiteren, überfüllten Boot mit Flüchtlingen afrikanischer Herkunft erfährt, dessen Destination die etwa 20 km² große pelagische Insel ist. Über 5000 irreguläre Migranten beherbergt die kleine Insel und ein Abreißen des Flüchtlingsstroms vor allem mit Blick auf die politisch angespannte Situation in den Staaten Nordafrikas scheint nicht absehbar. Lampedusas Fischer blockieren mit ihren Booten den Hafen, die Bewohner rebellieren und fürchten, dass die Situation unkontrollierbar wird. Nach Meinung der Betroffenen billigt die italienische Regierung die Zustände um an der kleinen Insel ein Exempel zu statuieren, sodass auf Grund der desaströsen Lage keine weiteren Immigranten die Insel ansteuern werden. Mittlerweile reagierte das italienische Innenministerium und droht mit Abschiebungen (Kleinjung 2011, o.S.). Auch anhand dieses plakativen und medial omnipräsenten Beispiels von Lampedusa wird sichtbar, dass der Begriff der Migration längst Einzug in die aktuelle tagespolitische und gesellschaftliche Debatte gefunden hat. Es gilt zunächst zu klären, was irreguläre Zuwanderung bedeutet, welche Ursachen sie hat und anhand der geringen Anzahl verfügbarer Daten zu ermitteln wie die Situation der irregulären Zuwanderer ist.

Bevor eine allgemeine Begriffsdefinition und Erläuterung der verschiedenen Typen der irregulären Zuwanderung gegeben wird, geht der Verfasser auf die historische Entwicklung und Prägung des Terminus der irregulären Migration ein. Der Hauptteil dieser Arbeit befasst sich mit der irregulären Migration am Beispiel Italien. Im speziellen wird die Situation der illegal eingewanderten polnischen und albanischen Bevölkerung beleuchtet und deren Gründe und Motivationen hinterfragt. Als Grundlage für die Erhebung von Daten und für die Anfertigung von aussagefähigen Statistiken dienen verschiedene Interviews, die mit irregulären Zuwanderern im Norden Italiens geführt wurden. Im Fazit werden die Kernaussagen nochmals aufgegriffen und kontrovers diskutiert.

2 Klärung relevanter Begrifflichkeiten

2.1 Das Konzept der irregulären Migration

Das Thema der irregulären (Anm.: die Wörter irregulär und illegal werden im Folgenden, so wie auch in der deutsch- und englischsprachigen Literatur, als Synonyme verwendet) Zuwanderung ist heutzutage ein so fester Bestandteil des öffentlichen Diskurses, dass man den Eindruck gewinnen könnte, dass es sich um ein altes Phänomenen handelt. Historisch betrachtet ist dies jedoch nicht der Fall, vielmehr handelt es sich um ein relativ neuartiges Problem (Düvell 2006, S. 21).

Bis etwa 1870 war die Migration von Völkern oder einzelnen Individuen ein größtenteils unregulierter Prozess mit sehr wenigen staatlichen Interventionen und Beschränkungen. Ende des 19. Jahrhunderts wurden erste Gesetze formuliert, die sich weniger gegen die Migration im Allgemeinen als vielmehr gegen einzelne Individuen oder moralisch unerwünschte Gruppen richteten wie den „Chinese Exclusion Act“ von 1882 aus den USA oder den „Aliens Restriction Act“ von 1905 aus Großbritannien (Düvell 2006, S. 22). Erst in den 1930er Jahren wurde der Begriff der „illegalen Migration“ zum ersten Mal von der britischen Kolonialverwaltung benutzt, „um unerwünschte jüdische Einwanderung nach Palästina zu denunzieren“ (Düvell 2007, S. 3).

Einige Jahre später sprach man von „spontaner Migration“. Gemeint waren Migranten, die aus Selbstmotivation, also nicht auf das Werben von Regierungen hin auswanderten. In den 1980er und 1990er Jahren wurde dann verstärkt der Begriff der „illegalen Migration“ geprägt, da nun zunehmend Zuwanderungsbeschränkungen auch als Regulativ für hiesige Arbeitsmärkte eingeführt wurden. Man kann also schlussfolgern, dass erst Regularien und gesetzliche Bestimmungen aus Migration irreguläre Migration machen und es sich hierbei um eine juristische und politische Konstruktion handelt (Düvell 2007, S. 4).

2.2 Irreguläre Zuwanderer

Zunächst gilt es zu klären, was oder wer irreguläre Migranten sind und anhand welcher Merkmale diese zu klassifizieren sind. Der deutsche Wissenschaftler Franck Düvell schlägt eine viergliedrige Unterscheidung vor, nach der sich irreguläre Migranten wie folgt definieren:

- eine Person übertritt unerlaubt eine Staatsgrenze, hält sich dort auf und arbeitet oder auch nicht.
- eine Person reist regulär in ein Land ein, überschreitet aber die gültige Aufenthaltsdauer und arbeitet oder auch nicht.
- eine Person reist regulär in einen Staat ein, hält sich dort auf und arbeitet entgegen den visumsrechtlichen Bestimmungen.
- eine in einem Land irregulär lebende Person bringt ein Kind zur Welt, welches ebenfalls irregulär in dem Land ist, obwohl es niemals eine Staatsgrenze überschritten hat.

In der Realität sind diese Klassifizierungen allerdings nicht immer trennscharf. Allein die selbst in Europa von Staat zu Staat teils sehr stark variierenden gesetzlichen Grundlagen verkomplizieren eine klare Definition. So konnten in den Niederlanden bis 1999 illegal eingereiste Migranten, die sog. „weißen“ Illegalen, zwar ohne gültige Aufenthaltserlaubnis sein, jedoch einer Arbeit nachgehen und regulär Steuern bezahlen. In Italien wurden durch zahlreiche Amnestieprogramme aus irregulären Zuwanderern legale Migranten (Düvell 2007, S. 4).

Darüber hinaus kann sich der Status einiger Migranten ändern. Eine Person reist beispielsweise illegal in ein Land ein und regularisiert ihren Status in dem sie einen Asylantrag stellt und so nachträglich eine Aufenthaltsgenehmigung erhält. Andere wiederum gefährden ihre legale Genehmigung indem sie entgegen der Auflagen einer Arbeit nachgehen.

Ungeachtet davon haben auch politische Entscheidungen Einfluss auf die Status von Zuwanderern. Im Zuge der EU-Osterweiterung 2004 wurde ehemals irregulären Migranten nun quasi über Nacht eine Aufenthaltserlaubnis erteilt um diese schrittweise durch Arbeitsgenehmigungen zu erweitern (Düvell 2007, S. 5)

Die Gründe für irreguläre Migration sind sehr vielseitig und verschieden. So haben manche die Motivation nur für kurze Zeit etwas Geld im Ausland zu verdienen um entweder zu Hause eine eigene Existenz aufzubauen oder der Familie daheim Geld zu schicken und scheuen den bürokratischen Aufwand. Für manche steht in einigen Fällen einfach kein legaler Weg zur Verfügung und bei anderen wiederum besteht kein Bewusstsein darin, dass sie etwas Illegales tun, da ihre Arbeit ja durchaus nachgefragt wird. Letzteres ist meist auch das Argument, wenn sie mit Behörden zu tun haben (Düvell 2007, S. 5).

Empirische Fallstudien zeigen, dass die Vielzahl der von irregulären Migranten angenommenen Arbeit in den Sektoren des Gaststätten und Hotelgewerbes, im Bereich der Landwirtschaft und vor allem im niedrig qualifizierten tertiären Sektor (e.g. Reinigungskräfte, Haushaltshilfen,…) besteht.

Befragungen haben ergeben, dass bestimmte Charakteristika wie eine hohe Frustrationsgrenze und Mobilität, eine solide Lernbereitschaft, Flexibilität und Risikobereitschaft, sowie der Verzicht auf Freizeit auf viele irreguläre Einwanderer zutreffen (Düvell 2007, S. 6).

3 Das Beispiel Italien

Der Prozess und das Produkt der irregulären Migration werden vom Verfasser auf Grund einiger Besonderheiten die das Land Italien ausmachen verdeutlicht. Zum einen ist Italien wegen seiner geographischen Lage, auf Grund der Gesetzgebung hinsichtlich Migrationsfragen und wegen der wirtschaftlichen Gegebenheiten interessant. Diese Korrelationen zwischen Ursachen und Resultaten der irregulären Migration werden in den folgenden Punkten vertieft.

3.1 Historische Entwicklung der Migration in Italien

Historisch betrachtet, handelt es sich bei Italien um ein Auswanderungsland. Bis zu den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wanderten mehr Italiener aus als

Menschen nach Italien zuwanderten. Erstmals 1973 war die Auswanderungsquote negativ. Für diese Entwicklung waren verschieden Faktoren wie die Abschottung vieler nördlicher Arbeitsmärkte vor Immigranten, die weltweite Ölkrise 1973 und die daraus resultierende Rezession als auch das starke Wirtschaftswachstum in Italien beginnend in den 1960er Jahren maßgebend (Fasani 2010, S. 167).

Gemessen an den anderen Ländern der Europäischen Union wie Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden ist der Anteil der immigrierten Arbeiter mit etwa 2,5 Mio. an der Gesamtbevölkerung mit ca. 57 Mio. Einwohnern relativ gering. Zu diesen 4,4 % Migranten zählen auch etwa 700 000 ehemals irreguläre Migranten, die ihren Status mit Hilfe des sog. „Amnestieprogramms“ der italienischen Regierung im Sommer 2002 legalisiert haben (Triandafyllidou und Kosic 2005, S. 107).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Herkunftsländer der Immigranten in Italien (Quelle: nach Daten von Caritas 2002. In: Triandafyllidou und Kosic 2005, S. 108)

Der Komposition der Herkunftsländer der Immigranten ist sehr durchmischt, wie aus Abb. 1 ersichtlich wird, allerdings spielt hier die geographische Nähe eine große Rolle. Im Jahr 2008 stellten mit 47,1 % die Osteuropäer die größte Zuwanderungsgruppe gefolgt von Migranten aus Afrika bzw. Nordafrika (23.2 %) und EU-Mitgliedsstaaten (22,6 %) (Fasani 2010, S. 167).

[...]

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Details

Titel
Irreguläre Zuwanderer in Europa und die historische Entwicklung der Migration in Italien
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Humangeographie
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
13
Katalognummer
V204073
ISBN (eBook)
9783656309024
ISBN (Buch)
9783668107311
Dateigröße
480 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zuwanderer, irregulär, illegal, Immigranten
Arbeit zitieren
Tjark Liedtke (Autor:in), 2011, Irreguläre Zuwanderer in Europa und die historische Entwicklung der Migration in Italien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204073

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