Der Einsatz von Hörbüchern im Deutschunterricht


Hausarbeit, 2012

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Rahmen: Hörbücher im Deutschunterricht
2.1 Definition ,Hörbuch'
2.2 Das Hörbuch im Berliner Rahmenlehrplan
2.3 Vorteile und Nutzen von gehörter Literatur im Deutschunterricht
2.4 Mögliche Risiken und Schwierigkeiten beim Einsatz von Hörbüchern

3. E. T. A. Hoffmann: Der Sandmann
3.1 Einordnung in die Epoche: (Spät)Romantik
3.2 Sachanalyse
3.3 Bedeutung der Erzählung im Deutschunterricht

4. Literatur hören und hörbar machen: die konkrete Umsetzung im Unterricht
4.1 Das Hörbuch Der Sandmann
4.2 Literatur hörbar machen

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Gibt man bei dem bekannten Online-Buchhandel Amazon[1] den Begriff „Hörbücher" ein, so werden circa 140000 Ergebnisse angezeigt. 2009 wurden insgesamt 13,38 Millionen Hörbücher in Deutschland verkauft. Darunter finden sich Hörbücher aus allen Genres und für jede Altersstufe. Die gekauften Hörbücher werden dann an jedem beliebigen Ort zu fast jeder Zeit gehört - ob im Auto, beim Sport, kurz vor dem Einschlafen oder sogar beim Putzen.[2] Besonders beliebt sind dabei Hörbücher aus dem Bereich der Belletristik (46,9%), danach folgen Kinder- und Jugendhörbücher (36,1 %).[3] Letztere werden bereits von einem Drittel der Kinder im Vorschulalter täglich genutzt.[4] Ein entsprechendes Kompetenzniveau im Bereich Hören und Zuhören kann somit als essenziell für Schüler[5] jeden Alters gelten. Zudem ist der Nutzen von Hörbüchern im Bereich des Literaturunterrichts sowie für die Förderung weiterer Kompetenzen, in den Bereichen Lesen, Kommunikation, Schreiben und Sprachbetrachtung, in der Literatur hinreichend dargestellt worden.[6] Trotzdem werden die zahlreich vorhandenen Quellen an Hörbüchern im schulischen Bereich kaum genutzt. Diese Tatsache, die bereits von mehreren Zeitschriften für den Deutschunterricht kritisiert wird[7], gibt Anlass für die vorliegende Arbeit. Im Folgenden wird der Begriff „Hörbuch" zunächst differenziert, die Vorteile und der Nutzen des Einsatzes von Hörbüchern im Deutschunterricht beschrieben und Risiken genannt, die mit dem Gebrauch einhergehen. Daran anschließend soll die Verankerung von Hörbüchern im Berliner Rahmenlehrplan erörtert werden. Da im weiteren Verlauf der Arbeit beispielhafte

Umsetzungsmöglichkeiten von Hörbüchern beschrieben werden, wird zunächst eine kurze Besprechung von der romantischen Erzählung „Der Sandmann" von E.T.A. Hoffmann vorgenommen. Das Prosawerk dient dann im folgenden Kapitel als unterrichtspraktisches Beispiel für den Einsatz von Hörbüchern im Deutschunterricht. Hierbei werden zum einen die Anwendung eines Hörbuchausschnittes und zum anderen ein handlungs- und produktions­orientierter Unterricht, mit dem Ziel einer Eigenproduktion eines Hörbuches seitens der Schüler, erläutert.

2. Theoretischer Rahmen: Hörbücher im Deutschunterricht 2.1 Definition .Hörbuch'

Der Begriff .Hörbuch', der vom amerikanischen .Audiobook' abgeleitet wird, ist erst seit den 1990er Jahren etabliert. Zuvor waren die Bezeichnungen .Hörspiel' und seit den 70er Jahren auch .Kinderhörkassette' geläufig. Später fanden auch die Ausdrücke .Musikkassette', .Sprachkassette' sowie .CD' Eingang in den Sprachgebrauch. Auch wenn unter .Hörbuch' zumeist eine vorgelesene Aufnahme eines Buches verstanden wird, umfasst der Begriff Sprachaufnahmen jeglicher Art, „die allein oder in Kombination mit Musik und Geräuschen auf Tonträgern (wie z. B. MC, CD oder DVD) angeboten werden".[8] Dazu gehören das Original-Hörbuch, die Lesung, der Live-Vortrag, das Hörspiel, das Feature, die Collage, die Archivaufnahme bzw. das Tondokument, die CD-ROM bzw. das Multimediaprodukt, die Ergänzung zum Buch und der Soundtrack mit Dialogen.[9]

Da im Fokus des vierten Kapitels dieser Arbeit die Lesung sowie das Hörspiel stehen, erfolgt für diese beiden Untergruppen des Hörbuchs jeweils eine nähere Definition: Die Lesung wird nochmals differenziert in eine Lesung im Studio und eine Live-Lesung. Bei Erstgenanntem wird ein bereits veröffentlichtes literarisches Werk von dem Autor oder einem Schauspieler in einem Tonstudio vorgelesen und aufgenommen. In einer Live-Lesung wird das Buch im Rahmen einer Veranstaltung ebenso von dem Autor oder einem Schauspieler vorgelesen. Die Aufzeichnung des Vortrages bildet dann die Basis für das Hörbuch. Beide Lesungen können zusätzlich mit Musik versehen werden.

Die Aufnahme des Hörspiels erfolgt meist mit mehreren Sprechern. Ferner wird die sprachliche Vorlage bearbeitet, unter Umständen gekürzt und mit Musik und einer Geräuschkulisse versehen. Mit diesen Mitteln soll das Hörerlebnis aufgewertet werden.

Da diese beiden Formen des Hörbuches[10] auf einer literarischen Vorlage beruhen, können sie, etwa im Gegensatz zum Original-Hörbuch[11], zur Bearbeitung der textlichen Grundlage herangezogen werden.[12]

2.2 Das Hörbuch im Berliner Rahmenlehrplan

Sowohl im Rahmenlehrplan der Sekundarstufe I als auch der Sekundarstufe II erscheint der Begriff ,Hörbuch' nicht.[13] Allerdings wird das Hörspiel als ein möglicher Inhalt im Kompetenzbereich Lesen der Doppeljahrgangsstufe 7 und 8 genannt. Hier geht es darum, dass das Hörspiel als Medium für das Verständnis von literarischen sowie fiktionalen Texten eingesetzt werden kann. Zudem wird das Hörspiel für die Erprobung unterschiedlicher Sprechweisen und dem Vergleich dieser, in Bezug auf die Eignung für bestimmte Intentionen, im Kompetenzbereich Sprechen und Zuhören vorgeschlagen.[14]

Auch wenn in den oben genannten Kompetenzbereichen das Hörspiel explizit als Inhalt genannt wird, so ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten das Hörbuch und seine verschiedenen Ausprägungen mit den Vorgaben des Rahmenlehrplans zu verknüpfen.

In der Sekundarstufe I lassen sich Hörbücher zusätzlich für die Förderung der Kompetenz Schreiben nutzen. Hier fällt der Fokus auf den produktions­orientierten Unterricht, indem die Schüler Texte umschreiben, weiterschreiben sowie Leerstellen füllen und das kreative Schreiben üben, um so beispielsweise ein Hörspiel zu entwickeln.[15] Diese Optionen können auf einem höheren Niveau auch in der Sekundarstufe II durchgeführt werden.[16]

Im Rahmen der Sekundarstufe II sollen die Schüler nicht nur durch Lesen sondern auch über das Hören die Vielfalt von literarischen und pragmatischen Texten wahrnehmen, „Textsorten in ihren Varianten und Gestaltungs­möglichkeiten [...] erkennen und ihre Strukturmerkmale in deren Funktion [...] analysieren"[17]. Desweiteren kommt dem Hörbuch im Bereich ,Sprechen, Präsentieren und Zuhören' eine Bedeutung zu. Die Schüler sollen „künstlerische Texte als individuelle Interpretationsangebote wirkungsvoll [...] und in vielfältiger Art präsentieren"[18] sowie diese Texte bewusst hören und anschließend diskutieren. Hier bietet sich wiederum eine produktionsorientierte Vorgehensweise an, indem ein lyrischer, epischer oder dramatischer Text von den Schülern in ein Hörbuch oder ein Hörspiel transformiert wird.

2.3 Vorteile und Nutzen von gehörter Literatur im Deutschunterricht

In Unterrichtszeitschriften für den Deutschunterricht finden sich viele Argumente, die für den Einsatz von Hörbüchern sprechen. Die Hauptpunkte werden im Folgenden zusammengetragen und näher erläutert.

Aus der Perspektive der Schüler ist das Anhören von Literatur in erster Linie ein „ästhetischer Genuss"[19]. Insbesondere ausgebildete Sprecher, zum Beispiel Synchronsprecher, können beim Rezipienten ein „künstlerisches, sinnliches Erlebnis"[20] schaffen, welches etwa durch Musikelemente verstärkt wird. Zudem werden während des Hörprozesses unter Umständen Verbindungen zur eigenen Kindheit geschaffen. Denn „authentische[] Vorlesesituationen"[21] laufen bereits im Kleinkindalter ab und verlieren auch bei älteren Kindern und Jugendlichen nicht ihren Reiz. Diese beiden Aspekte sind ausschlaggebend für die Motivation der Schüler und fördern eine hohe Beteiligung am Unterricht.

Das allein ist aber keine Begründung für die Verwendung von Hörbüchern. Im Kontext des Literaturunterrichts wird jedoch die Bedeutung dieses Mediums präsent, denn es besteht ein hoher Unterschied zwischen dem Hören und dem Lesen eines Textes.[22] Mit der Transformation des Textes in eine auditive Form geht immer eine Interpretation des Textes seitens des Sprechers einher. Durch die Betonung der Wörter und Sätze, eingesetzte Pausen, das Tempo, die Lautstärke usw. deutet der Vorlesende den Text. Dies kann unbewusst oder durch eine vorangegangene Analyse der Textgrundlage geschehen. Der Zuhörer auf der anderen Seite nimmt diese verschiedenen Sprecherdeutungen wahr und diskutiert sie. Im Deutschunterricht ist es von daher eine sinnvolle Option den Schülern verschiedene Vortragsweisen vorzuspielen und eine Diskussion anzuregen.[23]

Schließlich werden leseschwache Schüler unterstützt, da sie durch zusätzliche Informationen in Form von Musik, Geräuschen und/oder unterschiedlichen Stimmen einen leichteren Zugang in die Lektüre erhalten.[24]

2.4 Mögliche Risiken und Schwierigkeiten beim Einsatz von Hörbüchern

Ein mögliches Risiko beim Abspielen von Hörbüchern und ähnlichen Medien besteht darin, dass die Schüler unter Umständen überfordert werden. Denn Zuhören erfordert motivationale sowie kognitive Aktivität. Eine Interpretation des Gehörten erfolgt ebenfalls wie beim Lesen eines Textes, allerdings unter Bedingungen der auditiven Rezeption. Das heißt für Schüler in der Unterrichts­situation, dass sie das Gehörte in Sätze und Wörter segmentieren, was bei unbekannten Begriffen erschwert ist. Auch ein nochmaliges Anhören bei Verständnisschwierigkeiten, vergleichsweise mit dem wiederholten Lesen eines Textes, oder die sofortige Aufklärung dieser ist nicht immer möglich. Aus diesem Grund müssen in den didaktischen Vorüberlegungen die Fähigkeiten der Schüler berücksichtigt und genau bedacht werden. Ein Beispiel ist etwa die Länge des zu hörenden Ausschnittes.[25]

Eine weitere Problematik betrifft die emotionale Komponente der Schüler. Soll eine objektive Einschätzung des Textes erfolgen, so kann diese eventuell nur schwer erreicht werden, da die Schüler sich zu stark mit dem Gehörten identifizieren. Das Risiko besteht vor allem bei jüngeren Schülern. Dies kann zwar auch beim Lesen geschehen, jedoch „ist zu beachten, dass bei Hörwahr­nehmungen höhere emotionale Anteile wirksam sind als beim stillen Lesen und direkter emotionale Tiefenschichten angesprochen werden".[26]

Wie in der Einleitung kurz dargestellt wurde, gibt es eine hohe Anzahl an Hörbüchern, die mit der Zeit immer weiter zunimmt und somit einen Überblick über den Buchmarkt unmöglich macht. Allerdings ist es ebenso wichtig eine didaktische Begründung über die für den Unterricht ausgewählten Hörbücher zu treffen wie bei der Schullektüre oder verwendetem Filmmaterial. Kriterien, die dies erleichtern, gibt es für den schulischen Bereich jedoch nur wenige.[27] Eine Orientierung für die Auswahl bietet zum Beispiel eine genauere Betrachtung von Hörbuchpreisen. Ein Beispiel ist der ,Deutsche Hörbuchpreis' des Westdeutschen Rundfunks, der nach spezifischen Auswahlkriterien vorgeht.[28] Im schulischen Bereich müssen zudem Charakteristika der Lerngruppe, wie etwa das Alter der Schüler, und unterrichtspraktische Aspekte, wie die Einteilung des Hörbuchs in Tracks, bei der Auswahl mit einbezogen werden.

[...]


[1] URL: www.amazon.de (05.09.2012).

[2] URL: http://www.goethe.de/wis/med/dos/hoe/hob/de6755791.htm (05.09.2012).

[3] URL: http://www.boersenverein.de/de/portal/Hoerbuch/158293 (05.09.2012).

[4] URL: http://www.goethe.de/wis/med/dos/hoe/hob/de6755791.htm (05.09.2012).

[5] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird das maskuline Genus für beide Geschlechter verwendet, meint aber die weibliche und die männliche Form gleichermaßen.

[6] Müller, 2007; vgl. auch mit den Ausführungen in Kapitel 2.2.

[7] Zum Beispiel: Ankermann, 2004; Müller, 2007; Seibert, Hachenberg, 2004.

[8] Haupt, 2002, S. 323.

[9] Ebd.

[10] In den weiteren Ausführungen werden die Begriffe Hörspiel und Lesung unter dem Oberbegriff Hörbuch zusammengefasst.

[11] Ein Original-Hörbuch ist ein Text, der nur auf einem Tonträger veröffentlicht ist. Eine Werkrezeption ist somit nur über das Hören möglich (Haupt, 2002).

[12] Wermke, 2004.

[13] Die Vorgaben und Richtlinien hinsichtlich von Hörbüchern im Grundschulbereich werden an dieser Stelle vernachlässigt. Explizit wird das Hörspiel jedoch in den Jahrgangsstufen 3 und 4 im Rahmen der Entwicklung von Schreibinteresse genannt (Rahmenlehrplan Grundschule, Deutsch, 2004).

[14] Rahmenlehrplan Sekundarstufe I, Deutsch, 2006.

[15] Ankermann, 2004.

[16] Müller, 2004.

[17] Ankermann, 2004.

[18] Müller, 2004.

[19] Ebd., S. 8.; Müller gibt in ihrem Artikel die Suizid-Thematik in Texten (,Werther-Effekt') als Beispiel an.

[20] Ebd., S. 11.

[21] Folgende Kategorien werden dafür mit einbezogen: Dramaturgie, die Verknüpfung von Szenen, die Gestaltung des Aufbaus, stimmlich-klangliche Interpretation, Musik, Geräusche, u. a. (Meyer-Kahrweg, 2007).

[22] Jeßing, Köhnen, 2007.

[23] Kaiser, 2010.

[24] Praz, 1963.

[25] Miiller, 2004.

[26] Ebd., S. 8.; Miiller gibt in ihrem Artikel die Suizid-Thematik in Texten (,Werther-Effekt') als Beispiel

[27] Ebd., S. 11.

[28] Folgende Kategorien werden dafur mit einbezogen: Dramaturgie, die Verknupfung von Szenen, die Gestaltung des Aufbaus, stimmlich-klangliche Interpretation, Musik, Gerausche, u. a. (Meyer-Kahrweg, 2007).

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Der Einsatz von Hörbüchern im Deutschunterricht
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Deutsche Philologie)
Veranstaltung
Textkompetenz
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
21
Katalognummer
V204163
ISBN (eBook)
9783656313229
ISBN (Buch)
9783656313359
Dateigröße
459 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hörbücher, Der Sandmann, Hoffmann, E.T.A. Hofmann, Romantik, Spätromantik, Hörspiel, Unterricht, Deutschunterricht, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II, Sekundarstufe, Vorteile Hörbücher, Augenmotiv, Automatenmotiv
Arbeit zitieren
Bianca Reinisch (Autor:in), 2012, Der Einsatz von Hörbüchern im Deutschunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204163

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