Die von der britischen Autorin Joanne K. Rowling verfasste Romanreihe um den jungen Zauberschüler Harry Potter erfreut sich nun seit über einem Jahrzehnt größter Beliebtheit bei Lesern aller Altersklassen. Dass es sich bei der sieben Bände umfassenden Reihe allerdings nicht um bloße Unterhaltungsliteratur für Kinder und Jugendliche handelt, bezeugt die politische und soziale Dimension der Texte.
Durch den für literarische Fantastik typischen Einbruch einer fantastischen Welt in die reale, kommt es zu unerwarteten Konfrontationen mit fantastischen Wesen und mit einer völlig anders organisierten und zusammengesetzten Gesellschaft, als Menschen, die aus der nichtmagischen Welt stammen, sie gewohnt sind.
Durch die Kindheitsgeschichte Harrys, die bereits im ersten Band erzählt wird, kommt die Sprache schon zu Anfang auf ein totalitäres Regime, das in der magischen Welt einige Jahre für Angst und Schrecken gesorgt hat. Bereits dieser erste Einblick in die politische Geschichte der magischen Gemeinschaft lässt erahnen, welches Ausmaß die sozialen und politischen Konflikte annehmen, auf die Harry und seine Freunde Hermine und Ron stoßen und die sie letzten Endes gemeinsam überwinden müssen. Sie werden schließlich zu politischen und sozialen Akteuren.
Inhaltsverzeichnis
I Einleitung
II Hauptteil
1 Wertebegriffe und Wertedefinitionen
1.1 Literatur und Werte
1.2 Was sind politische und soziale Werte?
1.2.1 Freiheit
1.2.2 Gleichheit
1.2.3 Brüderlichkeit und Solidarität
2 Die Harry-Potter-Reihe im Horizont einer Wertedebatte
2.1 Die Harry-Potter-Romane und ihr Bezug zu außerliterarischen Wertevorstellungen
2.2 Freiheit und Unfreiheit
2.3 Gleichheit und Ungleichheit
2.4 Brüderlichkeit und Solidarität
2.5 Der Umgang mit Rassismus und Nationalsozialismus in der Harry-Potter-Reihe
III Schlusswort
Quellennachweis
I Einleitung
Die von der britischen Autorin Joanne K. Rowling verfasste Romanreihe um den jungen Zauberschüler Harry Potter erfreut sich nun seit über einem Jahrzehnt größter Beliebtheit bei Lesern aller Altersklassen. Dass es sich bei der sieben Bände umfassenden Reihe allerdings nicht um bloße Unterhaltungsliteratur für Kinder und Jugendliche handelt, bezeugt die politische und soziale Dimension der Texte. Durch den für literarische Fantastik typischen Einbruch einer fantastischen Welt in die reale, kommt es zu unerwarteten Konfrontationen mit fantastischen Wesen und mit einer völlig anders organisierten und zusammengesetzten Gesellschaft, als Menschen, die aus der nichtmagischen Welt stammen, sie gewohnt sind. Durch die Kindheitsgeschichte Harrys, die bereits im ersten Band erzählt wird, kommt die Sprache schon zu Anfang auf ein totalitäres Regime, das in der magischen Welt einige Jahre für Angst und Schrecken gesorgt hat. Bereits dieser erste Einblick in die politische Geschichte der magischen Gemeinschaft lässt erahnen, welches Ausmaß die sozialen und politischen Konflikte annehmen, auf die Harry und seine Freunde Hermine und Ron stoßen und die sie letzten Endes gemeinsam überwinden müssen. Sie werden schließlich zu politischen und sozialen Akteuren.
Auf der oberflächlichen Ebene der Geschichte scheint die Hauptthematik lediglich die Konfrontation von guten und bösen Mächten zu sein, die einander bekämpfen, bis letztlich eine dieser Mächte als Sieger hervorgehen muss. Wer sich an diese Interpretation hält, lässt allerdings einen großen Teil der politischen und sozialen Dimension außer acht, die in der Romanreihe verhandelt wird. Denn neben den Kämpfen zwischen Gut und Böse tritt vor allem die Konfrontation zweier Welten und zweier politisch-sozialer Grundeinstellungen in den Vordergrund. In der Begegnung der magischen und nichtmagischen Wesen wird schließlich nicht nur dargestellt, wie schwer die Integration der anders erzogenen Menschen in die neue Umgebung sich gestalten kann oder welche Konflikte zwischen Guten und Bösen ausgefochten werden müssen, es wird auch ein besonderes Augenmerk auf Unterschiede in politischen und sozialen Sphären gerichtet.
Die politische und soziale Organisation der fantastischen Welt wird über alle sieben Bände der Romanreihe hinweg detailliert beschrieben, sodass die politischen Probleme dieses Systems für jeden Leser ersichtlich werden. Von der politischen Beschaffenheit der realen Welt, in die die fantastische einbricht, wird nur wenig preisgegeben. Da aber mit Hogwarts, dem Sankt Mungo Hospital und dem Zaubereiministerium die wesentlichen Institutionen der magischen Welt in London liegen und da auch Harry in einer englischen Kleinstadt aufwächst, ist klar, dass die Romanhandlung im modernen England angesiedelt ist. Die politische Realität, von der man ausgehen muss, um die fantastische Welt mit dieser zu kontrastieren, ist also jene der parlamentarischen Monarchie des modernen Großbritanniens. Eine politische Welt, die durch vom Volk durch Mehrheitswahlrecht gewählte Vertreter unter der Leitung eines Premierministers bestimmt ist und sich einem rechtlichen Grundsatz verschrieben hat, der die Anerkennung der Menschenrechte garantiert, wird also mit einer solchen konfrontiert, in der weder grundlegende Rechte gesichert sind, noch eine direkte Einflussnahme der Bürger auf die Regierung gegeben ist. Besonders den Schülern, die aus diesem System stammen und die mit ihrer Annahme in Hogwarts Zugang zur fantastischen Welt der Zauberer haben, müssen sich erst mit diesem neuen politischen und sozialen System arrangieren. Dies erweist sich bereits insofern als schwierig, als deren verinnerlichte Wertvorstellungen und moralische Handlungs-grundsätze häufig der gängigen Praxis im Alltag der Zaubererwelt widersprechen. Während sich die Kinder relativ schnell an die meisten Grundlagen des Alltags, wie beispielsweise die Schuluniformen, den Umgang miteinander oder die Währung, gewöhnen, stellt die Umgewöhnung bezüglich der politischen und sozialen Gefüge häufig ein Problem dar, das auch noch über das erste Jahr in Hogwarts hinaus besteht. Die Wertebegriffe, die besonders von muggelstämmigen Schülern und auch von Lesern der Harry-Potter-Reihe – hier muss zwischen britischen Lesern und den Lesern der deutschen Übersetzung nicht grundsätzlich unterschieden werden, da zwar gravierende Unterschiede in der politischen Organisation beider Länder vorliegen, da aber in den wichtigsten Bezugspunkten, den Wertebegriffen und der Einhaltung der Menschenrechte ein Konsens vorhanden ist und da die Leerstellen bezüglich der politischen Systeme in der realen Welt allen Lesern gleichermaßen die Möglichkeit geben ihre eigene Lebenswelt mit der magischen Welt zu vergleichen – an die fantastische Welt der Magier herangetragen werden, werden häufig demontiert. Das Unbehagen, das durch diese grundlegenden Unterschiede der Wertebegriffe in der magischen und der nichtmagischen Welt ausgelöst wird, sowie das wiederholte Aufkommen rassistischen Gedankenguts in der magischen Gemeinschaft, lenken den Fokus auf die Bedeutung von politischen und sozialen Werten für ein friedliches Zusammenleben in einer Gemeinschaft.
Diese Dimension der Harry-Potter-Reihe kann zumindest von jugendlichen und erwachsenen Lesern erkannt werden, die die Hauptadressaten zu sein scheinen. Die Komplexität der Handlungszusammenhänge und der Relationen zwischen den Figuren, sowie die erhebliche Gewalt, die immer wieder zu Tage tritt, machen deutlich, dass die Reihe nicht für sehr junge Leser verfasst ist, sondern für jugendliche Leser und Erwachsene. Durch die teils subtile Diskussion von Werten wie Freiheit, Gleichheit und Solidarität, kann Einfluss auf Leser in einer Altersgruppe genommen werden, die sich in einer Entwicklungsphase befinden, in der sich politisches Bewusstsein bildet. Insofern ist es von entscheidender Bedeutung für die Wirkung der Harry-Potter-Reihe, die Frage zu klären, ob es sich hier um eine Romanreihe handelt, die sich eindringlich mit politischen und sozialen Werten befasst. Auf diese Thematik wird in der kommenden Arbeit eingegangen werden.
Um der Frage nach der politischen und sozialen Relevanz der Harry-Potter-Reihe nachzugehen, wird zunächst erläutert werden, wie Literatur im Allgemeinen mit Werten umgehen kann und welche Werte für die vorliegende Arbeit von Bedeutung sind. Nachdem die grundlegenden Definitionen geleistet sind, auf denen die Interpretation und Analyse der Harry-Potter-Reihe aufbaut, wird erläutert werden, auf welche Weise Joanne K. Rowling Freiheit, Gleichheit und Solidarität in ihren Texten aufgreift. Aufbauend auf diesem Teil der Arbeit wird schließlich in einem weiteren Abschnitt erläutert werden, inwiefern die Harry-Potter-Reihe Rassismus und die Erfahrungen des Nationalsozialismus verarbeitet und diese mit Freiheit, Gleichheit und Solidarität in Verbindung setzt.
II Hauptteil
1 Wertebegriffe und Wertedefinitionen
1.1 Literatur und Werte
Die Definition der einzelnen Werte, die im Folgenden untersucht werden sollen, reicht jedoch nicht aus, um die theoretischen Grundlagen abzudecken, die dieser Analyse vorausgehen müssen. Neben einer Definition ist es entscheidend zu klären, welche Beziehung von Werten und Literatur im Allgemeinen vorausgesetzt werden kann.
Literatur entsteht immer vor dem Hintergrund einer bestimmten außerliterarischen kulturellen Wirklichkeit, auf die sich die Texte auf unterschiedliche Art und Weise beziehen können.[1] Es wird folglich davon ausgegangen, dass die in der Gesellschaft existierenden Werte und Normen bereits im Schreibprozess Einfluss auf Texte nehmen können und letztere nicht losgelöst vom Wertebegriff der entsprechenden Gesellschaft betrachtet werden können. Es ergeben sich daher unterschiedliche Möglichkeiten zur Verarbeitung von Wertebegriffen im Text, sodass nicht nur die etablierten und somit gültigen Werte wiedergegeben werden, sondern auch alternative Werte Eingang in den Text finden und somit bestimmend für diesen werden. Liegen einem literarischen Werk gar sanktionierte oder gesellschaftlich verachtete Wertvorstellungen zu Grunde, besteht so die Möglichkeit eine Welt zu entwerfen, in der diese Werte Gültigkeit haben und die eine Alternative zur realen Welt darstellt, die als Gedankenexperiment aufgefasst werden kann[2]. Ebenso können demnach auch utopische Welten entworfen werden, in denen die bereits anerkannten Werte aus der außerliterarischen Realität vollkommen durchgesetzt werden, und in denen demzufolge ein Idealzustand erreicht ist. Die Entwicklung solcher Utopien oder Dystopien, solcher alternativen Gesellschaften und Wertegefüge in der Literatur kann wiederum Einfluss auf die außerliterarische Welt nehmen und somit zu einer Änderung des gegebenen Wertebegriffs oder der etablierten Normen in der Gesellschaft, aus der der Leser stammt, führen. Literatur kann folglich zur Kritik an Wertegefügen, zum Entwurf alternativer Wertebegriffe, im negativen wie positiven Sinne, und zur Anregung von realen Veränderungen außerhalb des literarischen Stoffes dienen.
Welche Position die „Harry Potter“-Serie in diesem System einnimmt und inwiefern sie real anerkannte soziale und politische Werte aufgreift und einen Wertewandel in der außerliterarischen Welt bewirken will, wird im Folgenden erläutert werden.
1.2 Was sind politische und soziale Werte?
Es stellt sich nun die grundlegende Frage, wie der Begriff Wert zu definieren ist und welche Aspekte erfüllt werden müssen, damit von politischen oder sozialen Werten gesprochen werden kann. Generell kann bei der Definition des Wertebegriffs zwischen den beiden wesentlichen Klassen der wirtschaftlichen oder merkantilen Werte (Tauschwerte, Produktwerte, Preise und ähnlichem) und der philosophischen oder moralischen Werte unterschieden werden. Letztere umfassen moralische und ethische Aspekte, weswegen diese im Zentrum politischen und sozialen Denkens stehen. Der philosophische und ethische Wertediskurs befasst sich vorwiegend mit der Frage danach, was als Wert bezeichnet werden kann und inwiefern Werte losgelöst vom Menschen in einem „Reich der Werte“ existieren oder ob sie aus menschlichen Bedürfnissen entstehen und dem Menschen somit qua Verlangen empirisch zugänglich sind. Werte können zunächst als Zustände definiert werden, die befördert und angestrebt werden müssen. Für die Diskussion politischer und sozialer Werte ist es sinnvoll vorauszusetzen, dass Werte aus menschlichen Bedürfnissen hervorgehen und dem Menschen als Mangel bewusst werden, den es aus der Welt zu schaffen gilt, wenn diese nicht durchgesetzt werden. Der wesentliche Vorteil dieser nicht-ideologischen Wertekonzeption besteht darin, dass sich die Definition nicht bloß auf einen Idealzustand konzentriert und sich auf diesen beschränken muss. Eine Wertedefinition, die auf das Verlangen nach der Etablierung von Werten wie Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit zurückgeht, denkt die menschliche Psyche und das Verlangen nach Sicherheit und Zufriedenheit mit, sodass diesem Wertebegriff ein praktisches Moment immanent ist. Es wird automatisch die geplante Realisierung der Werte in den Gedankengang integriert, Erwägungen über die Umsetzbarkeit, die Realisierung und über die Wahl der passenden Mittel sind ebenfalls eng mit dieser Definition verbunden[3].
Im Rahmen eines solchen Wertediskurses können unterschiedliche Werte zum Tragen kommen. Klassischerweise würde sich für die Analyse einer fantastischen Romanreihe mit einer Struktur, wie sie bei Joanne K. Rowlings „Harry Potter“-Serie vorliegt, der Fokus auf das Spiel von Gut und Böse oder Tugend und Verfehlung anbieten. Eine genauere Lektüre der Romane macht allerdings deutlich, dass es hier nicht vorrangig um eine einfache Gegenüberstellung von Gut und Böse geht und dass diese Fronten nicht klar zu trennen sind. Die instinktive Einteilung der Charaktere in diese Lager kann nicht konsistent aufrecht erhalten werden, da Rowling eine Reihe von Figuren entwickelt, die zwischen den Polen wechseln und zudem auch deren Motivationen und Denkweisen aufzeigt, wodurch sie deutlich macht, dass die Charaktere nicht immer aus freien Stücken oder aus bloßer Überzeugung in der Position sind, in der sie sich befinden. So lassen sich beispielsweise Draco Malfoys Verhalten und seine rassistisch geprägte Denkweise weitestgehend durch die Erziehung im Hause seine Eltern und durch Angst vor Bestrafung und Gesichtsverlust erklären. Es setzt bei ihm letztlich ein Zögern und Überdenken ein, sodass dem Leser signalisiert wird, dass er nicht als ausschließlich böswilliger Mensch zu verstehen ist. Ähnlich verfährt Rowling auch mit Severus Snape und sogar mit Lord Voldemort, worauf aber im Verlauf der Analyse genauer eingegangen werden wird. Ebenso wie Rowling die Figuren der „dunklen Seite“ mit positiven Charaktereigenschaften, Motiven und handlungserklärenden Hintergründen ausstattet, werden ihre Helden – allen voran Harry Potter, Hermine Granger und Ronald Weasley – immer wieder von negativen Gefühlen übermannt und lassen sich zu Fehlverhalten verleiten. Auch dieser Aspekt wird im Folgenden noch genauer betrachtet werden. So stark die Gesellschaft der Menschen, Zauberer und der magischen Wesen also auch durch die Spannung zwischen den Polen Gut und Böse bedroht oder beeinflusst sein mag, sind es dennoch nicht diese Aspekte, die sich für eine politische und soziale Lesart der Romanreihe als die wesentlichsten erweisen. Dies gilt auch für das tugendhafte Verhalten und die Verfehlungen der verschiedenen Figuren. Es scheint ein aristotelischer Tugendbegriff zu Grunde gelegt zu sein. Im Vordergrund steht es also stets die Mitte zwischen zwei extremen Polen zu treffen, was besonders an den beiden wesentlichsten Tugenden deutlich wird, die in der Romanreihe verhandelt werden: Mut und Treue. Besonders Harry Potter muss immer wieder aufs Neue Mut beweisen, der offensichtlich darin besteht, weder feige zu sein, noch waghalsig und übermütig zu agieren. Weicht eine Figur vom rechten Mittelweg ab und nähert sich einem der Extreme zu sehr an, folgt in der Regel Tadel oder Korrektur. Selbiges gilt auch im Bezug auf die Tugend der Treue, die darin besteht weder zu misstrauisch noch zu vertrauensselig zu sein. Diese und andere Tugenden werden von Rowling im Romanverlauf immer wieder aufgegriffen und es wird ebenfalls wiederholt aufgezeigt, dass es der menschlichen Natur entspricht, nicht immer die gute Mitte treffen zu können, was durchaus verzeihlich zu sein scheint. Wenn auch ein Tugenddiskurs in der „Harry Potter“-Serie zu erkennen ist und zur politischen und sozialtheoretischen Lesart der Texte beiträgt, werden im Zentrum der folgenden Analyse andere politische und soziale Werte stehen.
Ähnlich wie bereits John Ronald Reuel Tolkien in seiner „Der Herr der Ringe“-Trilogie oder Clive Staples Lewis in seinen „Narnia“-Romanen, kreiert Joanne K. Rowling ein fantastisches Universum, in dem nicht nur Menschen sondern auch andere mythische Kreaturen leben, die sich in wesentlichen physischen und psychischen Eigenschaften von einfachen Menschen unterscheiden, auch wenn letztere sich ebenfalls in dieser Welt bewegen oder einen Einblick in diese erhalten können. Durch die Mischung verschiedenartiger Wesen in einer gemeinsamen Welt werden Probleme, die schon für menschliche Gemeinschaften bestehen, in überspitzter Weise aufgeworfen. Es gilt ein Leben in einer Gemeinschaft zu ermöglichen, das friedlich und sicher ist, sodass auch in einer solchen fantastischen Welt das menschliche Streben nach Sicherheit berücksichtigt und befriedigt werden kann. Auch wenn alle drei Autoren Welten mit fantastischen Wesen entwerfen und deren solidarische Zusammenarbeit zur Erreichung gemeinsamer Interessen in den Vordergrund stellen[4], besteht zwischen Tolkiens und Lewis' Werk im politischen Sinne ein wesentlicher Unterschied zur Arbeit Joanne K. Rowlings. Bei Tolkien wird ein monarchisches Regime reinstalliert, die das friedliche Leben in Mittelerde garantieren soll. So ist es letztlich der Mensch Aragorn, der als rechtmäßiger Thronfolger seine Herrschaft antritt und für Frieden sorgt, während die Elben zu einer anderen Welt aufbrechen und sich die Hobbits wieder in das Auenland zurückziehen. Bei Tolkien zerfällt also die Gemeinschaft der verschiedenen Wesen nach Erreichung des Ziels wieder in einzelne Splittergesellschaften, die zwar freundschaftlich verbunden bleiben, jedoch unabhängig voneinander existieren und nicht politisch voneinander abhängig sind. Auch Lewis, als stark von christlichem Denken geprägter Autor, löst die Probleme in der Welt Narnia auf, ohne dass es zu einem politischen Zusammenleben der verschiedenen Wesen in einer gemeinsamen Gesellschaft kommt. Der Löwe Aslan, der als Schöpfergott zu verstehen ist, zerstört letztlich das Reich Narnina, das nicht gerettet werden kann und das sich letztlich als Scheinwelt entpuppt, um die Protagonisten im wahren Reich Narnia, einer jenseitigen und idealen Welt, die ein Äquivalent zum christlichen Himmelreich darstellt, wieder zusammenzuführen. Folglich besteht die Solidarität zwischen den verschiedenen Gruppen bei diesen beiden Autoren nur für kurze Zeit und bleibt nicht auf Dauer erhalten, während Joanne K. Rowling sich dieser Problematik deutlich ausführlicher widmet und versucht aufzuzeigen, welche Werte für ein Zusammenleben der verschiedenen Wesen in einer gemeinsamen friedlichen Gesellschaft bestehen und von allen Beteiligten anerkannt werden müssen.
Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um jene drei bedeutenden Werte, die schon für die politischen und sozialen Kämpfe der französischen Revolution grundlegend waren: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Welche Definitionen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – oder im weiteren Sinne Solidarität – zu Grunde gelegt sind, wird im Folgenden erläutert werden.
1.2.1 Freiheit
Im Wertespektrum, das in Rowlings Romanen vorhanden ist, spielt Freiheit eine nicht unwesentliche Rolle. Der Begriff kann auf unterschiedliche Weisen interpretiert werden und wird in verschiedenen Zusammenhängen auf ebenso verschiedene Arten verwendet. Insofern gilt es an dieser Stelle zu klären, welche Freiheitsbegriffe für die vorliegende Textanalyse verwendet werden.
Die Unterscheidung zwischen positiven und negativen Freiheitsbegriffen ist im Zusammenhang mit den Handlungsfortgängen in der Harry Potter-Serie besonders bedeutsam. Des Weiteren sind einerseits Willensfreiheit und andererseits Handlungsfreiheit von großer Wichtigkeit für das Kommende.
Willensfreiheit kann sowohl einer positiven als auch einer negativen Definition von Freiheit entstammen, da diese im Gegensatz zu Handlungsfreiheit, nicht ausschließlich als Freiheit von bestimmten Faktoren definiert werden muss. Der Begriff der Willensfreiheit, wie er sich in der Philosophie Kants als praktische Vernunft niederschlägt, bezeichnet vorrangig das Vermögen eines Individuums reflektiert die eigenen Neigungen, Sehnsüchte und Wünsche abzuwägen und sich folglich selbstbestimmt eigene Ziele zu setzen. Sie begründet im Wesentlichen die Autonomie eines Individuums. Negativ definiert ist Willensfreiheit jedoch insofern, als die erfolgreiche Selbstbestimmung immer auch die Freiheit von den Einflüssen der eigenen Triebe und Bedürfnisse bedeutet. Infolge einer gelungenen Selbstbestimmung, die laut Rousseau als Merkmal von Menschlichkeit zu verstehen ist[5], muss das Individuum zudem zu einer Selbstgesetzgebung kommen, die sich in Form moralischer Regeln zeigt, welche einen „ adäquate[n] Ausdruck “ der gelungenen Selbstbestimmung darstellen[6]. Diese Facette des Freiheitsbegriffs wird im Folgenden zum einen durch ihre Definition als grundlegende menschliche Eigenschaft bedeutsam werden, zum anderen durch ihre enge Verbindung mit moralischen Gesetzen und Richtlinien, die für die behandelte Romanreihe und deren soziale und politische Aspekte von großer Bedeutung sind.
Neben der Willensfreiheit kommt der Handlungsfreiheit eine wesentliche Rolle im Wertegefüge der Harry-Potter-Reihe zu. Dieser negative Freiheitsbegriff bezeichnet im Wesentlichen die Freiheit von äußeren Einschränkungen und Zwängen, die das Handeln der Individuen behindern würden. Handlungsfreiheit ist folglich genau dann gegeben, wenn dem Handelnden das Recht und die Möglichkeit zukommen nach eigener Bestimmung und Überlegung zu handeln, ohne an diesen Handlungen gehindert zu werden. Diese Dimension von Freiheit ist in der fantastischen Welt um Harry Potter sehr präsent und wird in verschiedenen Zusammenhängen diskutiert, weswegen sie in dieser Arbeit Beachtung finden wird.
Entscheidende Bedeutung kommt des Weiteren der Unterscheidung von subjektiver und objektiver Freiheit zu, die besonders in Verbindung mit Hermine Grangers „BelfeR“[7] -Bewegung und der Reaktion ihrer Umwelt auf diese Aktion von großem Gewicht ist. Objektive Freiheit ist losgelöst von den subjektiven Empfindungen eines Individuums, während sich die subjektive Freiheit auf diese Empfindungen konzentriert. Man kann diese Unterscheidung mit einem Gedankenexperiment anschaulich machen. In einer Welt, in der es zehn verschiedene Handlungsoptionen gibt, herrscht ein Tyrann, der seiner Bevölkerung acht dieser Handlungsoptionen verbietet. Die Bevölkerung allerdings nimmt dieses Verbot nicht als Einschränkung wahr, da es sich ohnehin für die beiden verbleibenden Optionen entschieden hätte. Betrachtet man diese Konstruktion mit Fokus auf die subjektive Freiheit, müsste man anerkennen, dass die Bevölkerung maximal frei ist, da sie keine Einschränkung wahrnimmt und sich entsprechend absolut frei fühlt. Aus dem Winkel der objektiven Freiheit betrachtet allerdings muss man erkennen, dass diese Welt durchaus von Unfreiheit geprägt ist, auch wenn die Bewohner dieser Welt sie nicht wahrnehmen und sich entsprechend nicht unfrei fühlen. Setzt man voraus, dass Freiheit ein politischer und sozialer Wert ist, der erhalten und gefördert werden sollte und orientiert man sich an einem objektiven Freiheitsbegriff, müsste man sich gegen den Tyrann wenden, um die Freiheit in dieser Welt zu vergrößern und den Bewohnern alle zehn Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Für die Analyse der Bedeutung von Freiheit als politischem und sozialem Wert in der Harry-Potter-Reihe wird ein negativ-objektiver Freiheitsbegriff angewendet werden. Dieser kann die Probleme eingeschränkter Autonomie anhand verschiedener Faktoren erklären. Hier jedoch muss noch eine letzte wichtige Unterscheidung getroffen werden.
Es kann Einschränkungen von Freiheit und Autonomie geben, die ein Mensch oder Individuum selbst verantwortet und auslöst, sowie solche Einschränkungen, die von außen herangetragen und von anderen Personen ausgelöst werden. Freiheit kann in diesem Sinne einerseits als relationaler Begriff betrachtet werden, sodass Freiheit oder Unfreiheit in der Verbindung mehrerer Individuen in einer Gruppe entstehen und wirken kann, zum anderen müssen die Freiheits- und Autonomieeinschränkungen, die von einem Individuum selbst ausgehen, wie beispielsweise Unvernunft und Triebhaftigkeit oder ideologische Verblendung, in Erwägung gezogen werden.
Die Bedeutung der Relationalität von Freiheit ist für deren politische und soziale Wirkung besonders wichtig. Das Zusammenleben mehrerer Individuen in einer Gruppe, einer Gesellschaft oder auch einer Kleingruppe, wie der der Zauberer in Plot von Harry Potter, setzt eine grundlegende Übereinstimmung über Regeln und Beschränkungen voraus, die die individuelle Freiheit in einem bestimmten Rahmen beschränken, um das Wohl der Gruppe zu befördern. Innerhalb eines solchen Systems kann eine solche Definition von Freiheit angeführt werden, wie sie im Denken von John Locke prominent ist. Eine Person kann dann als frei betrachtet werden, wenn sie eine Handlung ausführen kann, die im Sinne des Naturrechts[8] rechtlich erlaubt ist. Insofern ist einer solchen Freiheitsdefinition ein gewisses Maß an Zwang und Einschränkung immanent. Es kann und muss nicht davon ausgegangen werden, dass ein Mensch nur dann frei ist, wenn er willkürlich und absolut uneingeschränkt handeln kann. Es ist bedeutsam für das gesellschaftliche Zusammenleben, dass ein Mensch – oder im Falle der Charaktere in der Romanreihe ein vernunftbegabtes Wesen – Einschnitte in die eigene Handlungsfreiheit duldet, um die Sicherheit, die das Zusammenleben in einer Gesellschaft bieten kann, als Gegenwert zu erhalten[9]. Inwiefern Freiheit von politischer und sozialer Bedeutung für die Romanreihe ist, wird an späterer Stelle ausführlich erarbeitet werden.
1.2.2 Gleichheit
Ähnlich wie Freiheit kann auch Gleichheit im Hinblick auf verschiedene Faktoren definiert werden. Strittig ist auch in welchem Maße Gleichheit an sich einen Wert darstellt. Betrachtet man sie als Wert an sich, können in der Folge einige Probleme auftreten. Konstruiert man das Beispiel eines Bettlers und eines reichen Mannes, die nebeneinander existieren und setzt man voraus, das Gleichheit per se ein gültiger Wert ist, müsste es eine gute und moralisch richtige Handlung sein, dem reichen Mann sein Vermögen zu nehmen. Als Konsequenz wären beide Personen arm und somit gleich, womit der Forderung nach Gleichheit in vollem Maße erfüllt wäre. Dennoch würde man intuitiv erkennen, dass in diesem Fall falsch oder zumindest ungerecht gehandelt worden ist, sodass man zur Erkenntnis kommen muss, dass Gleichheit nicht der einzig wichtige Faktor sein kann. Die Durchsetzung von Gerechtigkeit, mit Rücksicht auf Nutzen und des Wohlergehen, ist in diesem Beispiel übergangen worden, weshalb im Großen und Ganzen ein negativer Effekt erzielt worden ist. Setzt man neben Gleichheit also voraus, dass ein möglichst großer Nutzen für alle Beteiligten entstehen soll, müsste man das Vermögen des reichen Mannes teilen, sodass beide Personen über ein ausreichendes Vermögen verfügen und auf diese Art gleich sind. Die Frage von Gleichheit im Bezug auf den Lebensstandart verschiedener Gruppen, Familien und Personen wird zwar von Rowling auch verhandelt, steht aber nicht im Vordergrund ihrer Gleichheitsdebatte.
Von größerem Gewicht ist die Bedeutung von Gleichheit im Bezug auf Rechte und Pflichten, die innerhalb von Gesellschaften und Gruppen bestehen und die sich auch in der fantastischen Welt der Harry-Potter-Reihe auftun – sowohl in der Welt der nichtmagischen Menschen, als auch in der Welt der Zauberer und all jener Wesen, mit denen diese in Berührung kommen.
Wie bereits bei der Definition von Freiheit angesprochen, ist die Bedeutung von Rechtssystemen und Regelgefügen innerhalb einer Gesellschaft wichtig für den Umfang, in dem die hier relevanten Werte zum Tragen kommen können. Auch hier spielt das Naturrecht eine große Rolle. Die Rechte, die einem Individuum qua Naturrecht zukommen, setzen sich über alle Faktoren, wie Alter, Geschlecht oder Abstammung, hinweg, die einzelne Glieder der Gesellschaft unterscheiden mögen und macht diese vor dem Recht gleich. Gleichheit ist demnach eine normativ bestimmte und angeborene Eigenschaft, die sich mit dem Naturrecht begründen lässt. Diese philosophische Definition bezieht sich allerdings bloß auf Menschen und muss erst an die Charaktere in Rowlings Romanreihe angepasst werden, die nicht durchweg menschlich sind. Übertragen auf die fantastischen Wesen in der Harry-Potter-Reihe scheinen also alle vernunftbegabten, oder auch alle selbstbestimmten Wesen vor dem Naturrecht gleich. Die Frage danach, welchen Wesen ein menschenähnlicher Status und somit ein Anspruch auf Gleichbehandlung zukommt, ist in der Zauberergemeinschaft durchaus eine Streitfrage. Aus dieser Problematik heraus entstehen wiederholt Diskussionen über die Gleichheit verschiedener Kreaturen in ihrer Wertigkeit und ihren Rechten, die sich durch alle Romane verfolgen lassen und die an späterer Stelle verhandelt werden.
Aus der Debatte um die Gleichheit verschiedener Wesen entstehen auf mehreren Ebenen sozial und politisch bedeutsame Problemstellungen. Zum einen tritt eine Diskussion über Rassismus auf, die einen zentrale Stellung in der Erzählung einnimmt und die sich stringent durch die komplette Romanreihe entwickelt. Die Ideologie Lord Voldemorts und seiner Gefolgsleute wird zum Dreh- und Angelpunkt für Rowlings deutliche Rassismuskritik und für ihr Plädoyer für Gleichheit. Zum anderen wird eine ethische Diskussion geführt, die ebenfalls auf dem Wert der Gleichheit aufbaut. Es gilt zu definieren, ab wann ein Lebewesen Anspruch auf bestimmte Rechte hat. Es wird ein Diskurs eröffnet, der sich auf den Wert von Leben bezieht und der insofern ebenfalls eng mit der Debatte um Rassismus und Faschismus verwoben ist. Das Spektrum der Wesen in der fantastischen Welt um Harry Potter beschränkt sich, wie bereits erwähnt, nicht nur auf Menschen, sondern umfasst ebenfalls Kreaturen wie Riesen, Zentauren, Hauselfen oder Kobolde, die alle auf verschiedene Weise mit der Gesellschaft der Zauberer, die als verborgene Splittergruppe der menschlichen Gesellschaft betrachtet werden kann, in Verbindung stehen. Da all diese Wesen interagieren und mit unterschiedlichen physischen und psychischen Eigenschaften ausgestattet sind, wirft sich zwangsläufig die Frage auf, welche von ihnen voll in die Zauberergemeinschaft integriert werden können und entsprechend von deren Rechten und deren Schutzmechanismen profitieren und welche ausgeschlossen oder nur in kleinem Rahmen beteiligt werden können, sodass ihnen auch nur ein beschränkter Zugriff auf die Vorteile des gesellschaftlichen Lebens möglich ist.
In Rowlings Romanen sind unterschiedliche Aspekte von Gleichheit bedeutsam. Es stehen normative, materiale und proportionale Elemente der Gleichheit[10] im Fokus, zudem muss bemerkt werden, dass Gleichheit als politischer oder sozialer Wert immer darauf zurückgeht, dass den grundsätzlich verschiedenen Individuen in einer Gesellschaft der gleiche Wert zukommt. Gleichheit ist von Natur aus nicht gegeben, da alle Wesen und Individuen mit verschiedenen Fähigkeiten, Eigenschaften und Möglichkeiten geboren werden. Insofern ist ein Mangel an natürlicher Gleichheit gegeben, sodass der Wert Gleichheit als ausgleichendes Element zu verstehen ist, das die unterschiedlich ausgestatteten Individuen auf eine gleiche Stufe stellt[11]. Unter normativer Gleichheit ist die bereits angesprochene Form von Gleichheit zu verstehen, die auf das Naturrecht zurückgeht, angeboren ist und allen Menschen Gleichwertigkeit garantiert. Materiale Gleichheit hingegen bezieht sich weniger auf den immanenten Wert des einzelnen Menschen und dessen Lebens, sondern stellt die Forderung nach Chancengleichheit. Es wird davon ausgegangen, dass trotz ihrer Gleichwertigkeit alle Individuen unterschiedlich sind und dass allen die gleichen Möglichkeiten offen stehen sollten, um sich zu verwirklichen. Das proportionale Element der Gleichheit besteht darin, dass die Ungleichheit der Personen im Bezug auf ihre Fähigkeiten und ihre Vermögen ausgeglichen wird, um die Forderung der normativen Gleichheit nach Gleichwertigkeit und Gerechtigkeit zu erfüllen oder ihrer Durchsetzung zumindest möglichst nahe zu kommen. Diese drei Elemente sind die wesentlichen Eigenschaften von Gleichheit in ihrer Funktion als politischem und sozialem Wert, die in der Analyse der Romane zum Tragen kommen werden.
Des Weiteren steht ein Spannungsverhältnis im Vordergrund, in dem sich Gleichheit stets befindet. Sie steht zwischen individueller Freiheit und dem Anspruch auf Solidarität in einer Gesellschaft. Es gilt also abzuwägen welcher der Werte in welchem Maße bedeutsam ist, um ein Wertegefüge aufrecht zu erhalten, das den Personen innerhalb einer Gemeinschaft ein möglichst gutes Leben garantiert. Es steht folglich zur Debatte, wie viel individuelle Freiheit zugunsten der Gleichheit und der Solidarität in der Gesellschaft eingebüßt werden sollte und in welche Relation die Werte zueinander zu setzen sind.
1.2.3 Brüderlichkeit und Solidarität
Im Wertehorizont der Harry-Potter-Reihe steht neben Freiheit und Gleichheit ebenfalls Brüderlichkeit oder Solidarität. Der Begriff der Brüderlichkeit ist hier einerseits als solcher zu verstehen, der ein „ Beziehungsverhältnis von Gleichen “[12] bezeichnet und der zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen beiträgt. Andererseits kann Solidarität als Ergebnis eines gesellschaftlichen Zusammenlebens verstanden werden, das darin besteht, dass alle Mitglieder der Gesellschaft füreinander haften und Ungleichheiten ausgleichen, unter denen Individuen unverschuldet zu leiden haben.
Als Brüder im politischen und sozialen Sinne können Individuen verstanden werden, die eine politische Ideologie und moralische Denkweise teilen und die gemeinsame Ziele verfolgen. Dieses Konzept findet in großem Maße Eingang in Rowlings Harry-Potter-Romane. Brüderlichkeit ist jedoch ein enger gefasster Begriff als Solidarität, die ebenfalls auf die Utopie von Gleichheit einzelner Individuen oder Gruppen in der Gesellschaft zurückgeht und die den Begriff der Brüderlichkeit ab dem 19ten Jahrhundert weitgehend ablöst[13]. Émile Durkheim unterscheidet in seiner Schrift „Über soziale Arbeitsteilung“[14] zwischen mechanischer und organischer Solidarität, die in verschiedenen Gesellschaftsformen und unter den entsprechend verschiedenen Umständen entsteht. Während mechanische Solidarität vor allem in Gesellschaften vor der Industrialisierung durch äußeren Zwang gebildet wird, entwickelt sich organische Solidarität in modernen Gesellschaften durch die moralische Beschaffenheit des gesellschaftlichen Lebens. Beide Solidaritätskonzepte können im Bezug auf die Welt der Harry-Potter-Romane zur Anwendung kommen, da die Gesellschaft, die Joanne K. Rowling entwirft, sowohl moderne als auch vorindustrielle Elemente enthält und da sich Solidarität in dieser Gesellschaft sowohl aus moralischen Konzepten modernen Lebens als auch aus einem äußeren Zwang speist.
Während Brüderlichkeit sich des Weiteren im Wesentlichen auf die Utopie der Gleichheit von Ungleichen beschränkt, geht Solidarität über diese Definition hinaus und beinhaltet zusätzlich ein Moment der Verpflichtung einzelner Personen in der Gesellschaft zur Unterstützung der anderen. Im Zentrum der Solidarität steht aufgrund dieses Bewusstseins wechselseitiger Abhängigkeit der Individuen und der Gesellschaft, sowie der einzelnen Individuen untereinander, die Forderung füreinander einzustehen und sich für die Schwächeren in der Gesellschaft stark zu machen. Auch hier wird die enge Verbindung der drei wesentlichen Werte Freiheit, Gleichheit und Solidarität deutlich. Solidarität setzt Gleichheit voraus und fordert vom Individuum in der solidarischen Gesellschaft erneut eine freiwillige Beschneidung der individuellen Freiheit zugunsten der Solidarität und somit der Sicherheit und des besseren Lebens für alle Gesellschaftsmitglieder.
2 Die Harry-Potter-Reihe im Horizont einer Wertedebatte
2.1 Die Harry-Potter-Romane und ihr Bezug zu außerliterarischen Wertevorstellungen
Joanne K. Rowlings Harry-Potter-Reihe befasst sich über sieben Bände hinweg durchgängig mit Werten, vor allem mit politischen und sozialen Werten, wie sie im vorangegangen Teil der Arbeit bereits definiert wurden. Zu Beginn des ersten Bandes wird der Leser Zeuge einer eigenartigen Szenerie, in der Harry Potter als Baby bei der nichtmagischen Familie seines Onkels Vernon und seiner Tante Petunia ausgesetzt wird, da Lord Voldermort, ein schwarzer Magier in der Position eines tyrannischen Herrschers, ihn zum Vollwaisen gemacht hat. Diese kurze Szene zu Beginn der Romanreihe gewährt bereits einen ersten flüchtigen Einblick in die Welt der Zauberer und legt offen, dass es dem Tyrannen nicht gelungen ist den Säugling Harry zu töten und dass dessen Macht an ihm zerbrochen ist. Es herrscht offensichtliche Erleichterung über den Sturz des Tyrannen und es wird in einem Gespräch zwischen Minerva McGonagall und Albus Dumbledore eine erste Debatte über Werte eingeleitet. Sie diskutieren darüber, ob Harry bei den Dursleys gut aufgehoben ist und ob das Verhalten der Zauberer – ihre überschwängliche Freude und die ausgelassenen Feste aufgrund des Sturzes Voldemorts – der Situation angemessen oder doch unvorsichtig sind[15]. Die beiden Diskutierenden stehen im harschen Kontrast zu den biederen, spießbürgerlichen Dursleys, bei denen der Junge letztlich seine Kindheit verbringen muss, ehe er die Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei besuchen und dort leben darf. Bereits in dieser kurzen Handlungssequenz wird die Spannung zwischen Zauberer- und Muggelwelt deutlich, die auf die Bedeutung von Gleichheit als politischem Wert anspielt und die im Verlauf der Romanreihe noch wesentlich intensiver ausgeführt werden wird. Joanne K. Rowling beginnt also ihre Texte bereits mit der Eröffnung eines Wertediskurses, wodurch deutlich wird, wie zentral Werte für die komplette Reihe sind.
Während man zu Beginn des ersten Bandes mit der Ungleichheit zwischen magischen und nichtmagischen Menschen, sowie der Debatte um die moralische Verwerflichkeit von Mord konfrontiert wird, erwachsen im Laufe der Handlung noch wesentlich komplexere Zusammenhänge und Diskussionen um die verschiedensten Werte. Wie die immer wiederkehrende Mahnung an die getöteten und gefolterten Opfer des schwarzen Magiers Voldermort, sowie die freundschaftlichen Bande zwischen den drei grundverschiedenen Hauptfiguren Hermine Granger, Ronald Weasley und Harry Potter belegen, orientiert Rowling sich durchaus an gesellschaftlich etablierten Werten und Normen. Freundschaft und Solidarität, sowie die Unantastbarkeit menschlichen Lebens, scheinen für die Autorin von großer Wichtigkeit zu sein. Dass Mord nicht geduldet werden kann, dass Liebe dazu fähig ist, Böses zu bezwingen und dass Freundschaften über alle Verschiedenartigkeiten von Individuen erhaben sein sollen, sind durchaus salonfähige und anerkannte Wertvorstellungen. Beschränkt man sich auf diese plakativen Grundwerte, kann der Eindruck von Eindimensionalität entstehen. Ein Urteil, das der Reihe allerdings bei weitem nicht gerecht wird. Rowling beschränkt sich nicht auf eine klare Trennung von Gut und Böse, von richtig und falsch und weist stattdessen wiederholt auf die Grauzonen der anerkannten Wertebegriffe, die sie der realen Welt entlehnt, hin. Unschärfen in den Definitionen der einzelnen Werte wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit oder auch Ehrlichkeit, Treue und Vertrauen werden dabei ebenso als Problemquellen identifiziert wie die psychische Beschaffenheit der Menschen und menschenähnlichen Wesen. So stehen oft persönliche Interessen, Begierden und Bedürfnisse oder auch Emotionen und Triebe im Konflikt mit der Umsetzung einer richtigen – also den Wertvorstellungen entsprechenden – Handlung. So sind es vor allem Ron Weasleys älterer Bruder Percy, dessen Vorgesetzter Cornelius Fudge und die Inquisitionsleiterin von Hogwarts, Dolores Umbridge, die im Laufe der Bände „Harry Potter und der Feuerkelch“ und „Harry Potter und der Orden des Phönix“ zu eindrucksvollen Beispielen für Personen mit fehlgeleitetem Verhalten werden. Cornelius Fudges Sucht nach Ansehen und seine Angst vor Kontrollverlust, Percy Weasleys Ordnungssehnsucht und überspitzte Korrektheit, sowie Dolores Umbridges rassistisch geprägte Denkweise und ihr übermäßiger Machthunger treiben die jeweiligen Charaktere zu Handlungen, die mit vielen der gängigen Werte, die von Joanne K. Rowling vorausgesetzt werden, im Konflikt stehen. Fudge und Umbridge beschneiden auf unhaltbare Weise die Freiheit der Hogwartsschüler, sowie einiger anderer Menschen und Wesen, die von Beschlüssen des Zaubereiministeriums betroffen sind. Percy Weasley bricht mit dem Gebot der Brüderlichkeit und wendet sich von Freunden und Familie ab, um seinen Namen rein zu waschen und sich ganz seiner Aufgabe im Ministerium zu widmen, ja er rät sogar seinem jüngeren Bruder Ron die Freundschaft mit Harry zu beenden[16]. Und auch die moralische Gültigkeit von Gleichheit wird durch Dolores Umbridges Forderung nach Ungleichbehandlung verschiedener Wesen[17] verletzt. Joanne K. Rowling beschränkt sich auch hier nicht auf eine simple Trennung von scheinbar guten Akteuren, denen es gelingt ihre persönlichen Interessen zugunsten moralischen Handelns zurückzustellen, und scheinbar bösen, deren Handlungen sich an eben diesen orientiert. So gelingt es Percy letztlich sich zu überwinden und sich wieder auf die Seite seiner Familie und Freunde zu stellen, sodass er solidarisch mit ihnen gegen Voldemort kämpft[18]. Doch nicht nur die Anhänger der guten Seite – die Verwendung des Begriffs gut ist in diesem Zusammenhang insofern angebracht, als der Orden des Phönix und dessen Verbündete sich klar gegen das Terrorregime der Todesser und Voldemorts aussprechen und für die als moralisch gut definierte Sache, also für Gleichheit, Freiheit und Solidarität kämpfen, wenn auch mit brutalen Mitteln – unterliegen Versuchungen, die sie an die Grenzen ihrer Ideologien führen. So geraten vor allem Narzissa Malfoy und ihr Sohn Draco immer wieder in massive innere Konflikte, wenn sie Aufträge für Voldemort ausführen sollen. Dracos Angst und jugendliche Unsicherheit, sowie moralische Instinkte treiben ihn an den Rand seiner Handlungsfähigkeit und die Liebe seiner Mutter zu ihm führt letztlich dazu, dass sie ihren Meister belügt, um ihren Sohn zu retten und so Voldemorts endgültigen Sturz ermöglicht[19].
In welchem Maß und auf welche Art die jeweiligen Werte in der Romanreihe verhandelt werden, welche sozialen und erzieherischen Einflüsse für die Etablierung von Wertevorstellungen von Bedeutung sind und welche Verbindungen zwischen der psychischen Beschaffenheit der Wesen und deren Handeln bestehen, wird im Folgenden ausführlich dargelegt werden.
2.2 Freiheit und Unfreiheit
Freiheit und Unfreiheit spielen in der fantastischen Welt um die Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei eine große Rolle und werden auf verschiedenste Weisen verhandelt. Grundlegend gilt es festzustellen, dass sowohl in der magischen als auch in der nichtmagischen Gemeinschaft Freiheit als Wert anerkannt ist. Durch die Einblicke in das Leben der Dursleys und deren Nachbarschaft, die Herkunft von Hermine Granger und die einiger anderer Hogwartsschüler, die aus Muggel-Familien stammen, weist die Autorin die Bedeutung des Wertes in der Muggel-Welt nach. Auch die Welt der Zauberer und Hexen, in die der Leser Einblick erhält, propagiert Freiheit als bedeutsamen Wert mit normativem Anspruch. Vor allem die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Hogwarts lernen durch den Freiheitsentzug, der ausgehend von Dolores Umbridge, Einzug in in ihrer Lebenswelt hält, den Wert von Freiheit zu schätzen. In „Harry Potter und der Orden des Phönix“ und „Harry Potter und der Feuerkelch“ wird dieser Wert am intensivsten und ausführlichsten verhandelt, sodass diese Bände im Zentrum dieses Abschnitts meiner Arbeit stehen werden.
Im Fokus der Handlung, die in „Harry Potter und der Orden des Phönix“ erzählt wird, stehen eine im Verborgenen gegen das Regime Voldemorts und das zunehmend rassistische Zaubereiminsterium arbeitende Widerstandsgruppe – der Orden des Phönix – sowie die Einflüsse von Medien und Politik auf die Mitglieder der magischen Gemeinschaft. Die Stellung der Medien ist insofern wichtig, als ihre enge Verwebung mit politischen Institutionen und deren verfälschende Berichterstattung zur Wiederkehr Voldemorts beitragen. Dessen Erstarkung hat es ihm zu diesem Zeitpunkt bereits ermöglicht, ehemalige Anhänger um sich zu scharen und so Einfluss auf verschiedene bedeutende Institutionen innerhalb der Zauberergemeinschaft zu gewinnen, wodurch auch die Freiheit der in dieser Gemeinschaft lebenden Menschen bedroht wird. Doch nicht nur der direkte Einfluss der Todesser auf das Zaubereiministerium und die Redaktion des Tagespropheten haben Folgen, auch die bereits angesprochene enge Verwebung der Institutionen miteinander und die Interessenlage in der Politik wirken sich negativ auf die Freiheit in all ihren Facetten aus.
Professor Dolores Umbridge, Mitglied der Regierung der Zauberergemeinschaft, wird von Zauberereiminister Cornelius Fudge nach Hogwarts geschickt, da dieser eine Verschwörung gegen die Regierung wittert, die von Schulleiter Albus Dumbledore auszugehen scheint und die er zu unterbinden plant. Seine Angst vor Entmachtung und Kontrollverlust machen ihn blind für die Wahrheit, sodass er die Gefahr, die von Voldemort ausgeht, nicht zu erkennen vermag.[20] Im Gegenteil hält er Dumbledore und Harry, die die Hexen und Zauberer warnen und von der Wiederkehr des dunklen Lords in Kenntnis setzen wollen, für Lügner und will mit allen Mitteln verhindern, dass deren Geschichte publik wird. Dieser Wunsch bringt ihn dazu, Einfluss auf den Tagespropheten zu üben und so die Glaubwürdigkeit Dumbledores und Harrys auf medialem Wege zu untergraben. Er versucht alle ihm möglichen Mittel zu ergreifen, um die Verbreitung der Nachricht zu verhindern und zudem ist es sein Ziel die Schule durch Dolores Umbridge unter seine Kontrolle zu bringen. Die ihm direkt unterstellte Obersekretärin macht es ihm möglich, die Vorgänge in der Schule im Auge zu behalten und durch sie direkten Einfluss auf das Bildungssystem auszuüben. In diesem Verhalten tritt der relationale Aspekt von Freiheit im politischen Rahmen deutlich zu Tage. Die Erweiterung der Macht und der persönlichen Freiheit Fudges führt zu massiver Beschneidung der Freiheit anderer Mitglieder der Zauberergemeinschaft. Diese Einschränkungen werden in vielen Facetten und Stärken deutlich und sind somit nicht allen Betroffenen bewusst.
Die am stärksten wahrgenommenen Freiheitseinschräkungen für die Lehrer und Schüler in Hogwarts sind jene, die durch die Großinquisitorin Dolores Umbridge und deren Erlässe eingeführt werden. Das Amt der Großinquisitorin wird von Cornelius Fudge installiert, der auf diese Weise die Möglichkeit gewinnt direkten Einfluss auf die Schule und somit auf die Bildung der jungen Zauberer und Hexen zu nehmen. Umbridge steht Fudge treu zur Seite, vertritt die gleichen Interessen und Ideologien und ist in vielerlei Hinsicht sogar noch extremer und drastischer in ihren Ansichten und deren Durchsetzung. Auch ihr Vorgehen ist wesentlich für den Begriff von Freiheit, da sie augenscheinlich absolute Freiheit genießt. Sie ist die neue Spitze in der Hierarchie der Schulangestellten und kann einzig von Dumbledore in ihren Taten beschränkt werden. Da Fudge und somit die Regierung ihr aber die Erlaubnis erteilen, frei und ungehindert das Regelwerk der Schule zu verändern, kann der selten anwesende Schulleiter kaum Einfluss auf sie ausüben, sodass sie förmlich über absolute Handlungsfreiheit verfügt, die ihre Willkürherrschaft an der Schule erst ermöglicht. Ihr Amt tritt sie bereits mit einer Rede an, die zwar kaum Gehör bei den Schülern findet, die aber bereits erkennbar macht, welche Denkweise sie vertritt, was somit auf die Schüler und Lehrer zukommt und wie sie vorzugehen plant. Mit dieser Rede macht sie nicht zuletzt dadurch ihren Geltungsdrang deutlich, dass sie Dumbledores jährliche Ansprache zum Schuljahresbeginn unterbricht um sich selbst zu Wort zu melden und somit beweist, dass sie keinerlei Respekt vor dem gegenwärtigen Oberhaupt der Schule hat.
„Das Zaubereiministerium hat der Ausbildung junger Hexen und Zauberer immer größte Bedeutung beigemessen. Die seltenen Gaben, die Sie von Geburt an besitzen, könnten verkümmern, wenn wir sie nicht durch sorgfältige Anleitung fördern und hegen würden. Die uralten Fähigkeiten, die der Gemeinschaft der Zauberer vorbehalten sind, müssen von Generation zu Generation weitergegeben werden, wenn wir sie nicht für immer verlieren wollen. […] Jeder Schulleiter, jede Schulleiterin von Hogwarts hat etwas Neues zu der schweren Aufgabe beigetragen, diese geschichtsträchtige Schule zu führen, und das ist auch gut so, denn ohne Fortschritt treten Stillstand und Verfall ein. Und doch muss dem Fortschritt um des Fortschritts willen eine Absage erteilt werden, denn häufig bedürfen unsere erprobten und bewährten Traditionen nicht des Herumstümperns.“[21]
[...]
[1] Vgl. Sibylle Baumbach, Herbert Grabes, Ansgar Nünning (Hrsg.). Literature and Values. Literature as a Medium for Representing, Disseminating and Constructing Norms and Values. Trier, 2009. S. 4.
[2] Ebd. S. 5.
[3] Vgl. Peter Prechtl, Franz-Peter Burkhard (Hrsg.) Metzler Lexikon Philosophie. 3. Auflage. Stuttgart und Weimar, 2008. S. 677. Im Folgenden „Metzler Lexikon Philosophie“.
[4] Die Zerstörung des Rings und Entmachtung Saurons soll in der „der Herr der Ringe“-Trilogie das Ende einer Terrorherrschaft besiegeln und Frieden unter den Völkern Mittelerdes errichten, die Befreiung Narnias von bösen Mächten und die Wiedereinsetzung Prinz Kaspians als rechtmäßigen Herrscher über das Reich verfolgt ein ähnliches Ziel und auch der Sturz Voldemorts durch Harry Potter und seine Freunde soll ein friedliches Leben in der Zaubererwelt garantieren. In allen drei Fällen verbünden sich Menschen und andere Wesen zur Erreichung ihrer Ziele und überwinden so Vorurteile, Unterschiede und andere Hürden.
[5] Rousseau vertritt die These, dass eine Selbstbestimmung nur gelingen kann, wenn das Individuum über eine Seele verfügt und ihm rationale Handlungen zugeschrieben werden können. Selbstbestimmung kann folglich nur einem Menschen, nicht etwa einem Tier gelingen.
[6] Metzler Lexikon Philosophie. S. 188.
[7] „BelfeR“ steht für „Bund für Elfenrechte“. Es handelt sich um eine von Hermine Granger ins Leben gerufene Gruppe, die für die Befreiung der Hauselfen kämpft, welche in vielen Zaubererfamilien und auch in Hogwarts die Hausarbeit erledigen. Sie werden für ihre Arbeit nicht entlohnt und dürfen ihre „Meister“ nur verlassen, wenn diese ihnen Kleidung schenken, wodurch sie freigelassen werden. Hermine setzt den Status der Hauselfen in der Zaubererwelt mit Sklaven gleich, die unter Zwang arbeiten müssen, auch wenn die Hauselfen selbst zufrieden mit ihrem Leben zu sein scheinen und sich nicht unfrei fühlen.
[8] Das Naturrecht kann als eine Form des Rechts verstanden werden, die unabhängig von staatlichen Rechtssystemen und diesen übergeordnet ist. Naturrechte kommen jedem Individuum zu, unabhängig von dessen Status in einer Gesellschaft, seines Geschlechts, seines Alters und anderer unterscheidender Faktoren. Das Naturrecht ist, wenn man sich an Immanuel Kants Darstellung hält („Vernunftrecht“), von jedem Menschen durch Vernunft einsehbar. Die Idee des Naturrechts ist eng verwoben mit der Grundidee der Menschenrechte, die ebenfalls einen Satz an Rechten umfassen, die per Definition überstaatlich, unabhängig und unantastbar sind.
[9] Diese Theorie geht unter anderem auf die des Gesellschaftsvertrages zurück, die Thomas Hobbes in „Leviathan“ zurück, wobei Hobbes allerdings als wesentlichen Bestandteil seiner Theorie einen Souverän vorsieht, auf den qua Vertrag die Macht übertragen wird und der die Glieder der Gesellschaft voreinander schützt. Ein solcher Souverän, dem alleine alle Macht zukommt und dessen Stürzung als Hochverrat zu verstehen ist, ist in einer demokratischen Gesellschaft nicht vorgesehen, auch wenn die Grundidee der Einschränkung individueller Freiheit zugunsten von Sicherheit und gesellschaftlichen Vorteilen auf eine solche übertragen werden kann.
[10] Vgl. Metzler Lexikon Philosophie. S. 220.
[11] Entspricht proportionaler Gleichheit.
[12] Metzler Lexikon Philosophie. S. 86.
[13] Ebd.
[14] Durkheim, Émile. Über soziale Arbeitsteilung.Studie über die Organisation höherer Gesellschaften. Frankfurt am Main, 1992.
[15] Rowling, Joanne K. Harry Potter und der Stein der Weisen. Hamburg, 1998. S. 14 ff. Im Folgenden: Harry Potter und der Stein der Weisen.
[16] Rowling, Joanne K. Harry Potter und der Orden des Phönix. Hamburg, 2003. S. 349ff. Im Folgenden: Harry Potter und der Orden des Phönix.
[17] Ebd. S. 356 f.
[18] Rowling, Joanne K. Harrs Potter und die Heiligtümer des Todes. Hamburg, 2007. S. 743. Im Folgenden: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes.
[19] Ebd. S. 734.
[20] Rowling, Joanne K. Harry Potter und der Feuerkelch. Hamburg, 2000. S.734 ff. Im Folgenden: Harry Potter und der Feuerkelch.
[21] Harry Potter und der Orden des Phönix. Hamburg, 2003. S. 251.
- Arbeit zitieren
- Rebecca Wismeg (Autor:in), 2012, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit? Die Harry-Potter-Reihe im Horizont einer Wertedebatte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204210
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