„Wie sieht Kinderalltag zwischen grauen Mietskasernen aus?“, ist eine der Fragen, die sich stellt, wenn man an die Kinder aus der Arbeiterklasse denkt. Vor 90 Jahren sah dieser Alltag grundlegend anders aus als heute, wo die Kinder vor dem Fernseher oder dem PC geparkt werden, wenn die Eltern arbeiten müssen.
Nach dem ersten Weltkrieg gestaltete sich dies für die Kinder aus der Arbeiterklasse anders. Wenn die Eltern sozialdemokratisch geprägt waren, wurde zumeist versucht die Kinder nicht sich selbst zu überlassen, sondern sie anderweitig unterzubringen, wie z.B. in Arbeiterturnvereinen oder den ersten Elterninitiativen, die sich nach dem Krieg entwickelt hatten. Dies geschah, da sich im sozialdemokratischen Milieu die Position durchsetzte, dass es wichtig sei, einen Gegenpol zur bürgerlichen Schule und deren Folgen zu setzen.
„Nicht nur für, sondern auch wie das Leben sollten wir lernen “, ist eine der bekanntesten Aussagen Löwensteins bezüglich der Bewegung der Kinderfreunde. Die Aussage macht die Zielsetzung der Bewegung deutlich: die „Untergliederungen“ der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde stellten das gemeinsame Erleben in den Vordergrund, um den Kindern und Jugendlichen einen Gegenpol zu den Erlebnissen in der bürgerlich geprägten Schule, den grauen Mietskasernen und der Großstadt zu bieten. Ebenso bezweckten die Gründer der Kinderfreunde den Kindern und Jugendlichen, zumeist aus den Großstädten, Freiräume zur altersgerechten Entwicklung zu ermöglichen.
Um das pädagogische Konzept der „Kinderfreundebewegung“ in Deutschland nachvollziehen zu können, werde ich zunächst die gesellschaftliche Situation in der Nachkriegszeit nach dem ersten Weltkrieg bis 1933 (einschließlich der „Abwicklung der Kinderfreunde“) skizzieren, um im Anschluss daran die Entstehung der „Kinderfreundebewegung“ erläutern zu können und letztlich kritisch deren pädagogisches Konzept betrachten zu können. Zugunsten der Übersicht werde ich die männliche Form bei Subjekten verwenden und meine damit stets beide Geschlechter, außer es ist explizit erwähnt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gesellschaftliche Situation
- „Kinderfreundebewegung“
- Ursprung und Entwicklung
- Entwicklung in Braunschweig
- Pädagogisches Grundverständnis
- Lernort Kinderrepubliken der RAG
- Entwicklung Richtung Falken
- Kinderfreunde während der NS-Zeit
- Schlussgedanke
- Anhang
- Biografische Angaben zu Kurt Löwenstein
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Entstehung und Entwicklung der Kinderfreundebewegung in Deutschland zwischen 1919 und 1933. Die Zielsetzung ist es, das pädagogische Konzept der Bewegung vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Situation in der Weimarer Republik zu beleuchten.
- Die gesellschaftliche Situation in der Weimarer Republik und ihre Auswirkungen auf die Arbeiterklasse
- Die Entstehung und Entwicklung der Kinderfreundebewegung, insbesondere ihre pädagogischen Grundsätze
- Das Konzept der Kinderrepubliken als Lernort und Ausdruck des sozialistischen Erziehungsverständnisses
- Die Rolle der Kinderfreundebewegung in der NS-Zeit und ihre Abwicklung
- Die Bedeutung der Kinderfreundebewegung für die Entwicklung der Jugendhilfe und der sozialistischen Erziehung
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel stellt die gesellschaftliche Situation nach dem Ersten Weltkrieg dar und betont die schwierige Lage der Arbeiterklasse.
- Das zweite Kapitel beschreibt die Entstehung und Entwicklung der Kinderfreundebewegung. Es wird auf die unterschiedlichen Gruppierungen und die Rolle von Kurt Löwenstein eingegangen.
- Das dritte Kapitel widmet sich dem pädagogischen Grundverständnis der Kinderfreundebewegung, insbesondere der Betonung von Gemeinschaftserziehung, Koedukation und Selbstverwaltung.
- Das vierte Kapitel befasst sich mit dem Konzept der Kinderrepubliken als Lernort. Es wird die Organisation der Kinderrepubliken und ihre pädagogischen Ziele erläutert.
- Das fünfte Kapitel betrachtet die Entwicklung der Kinderfreundebewegung in Richtung der Roten Falken und die Differenzierung der Gruppenstruktur.
- Das sechste Kapitel beschreibt das Schicksal der Kinderfreundebewegung während der NS-Zeit. Es wird auf die Verbotsmaßnahmen, den Widerstand und die Flucht ins Exil eingegangen.
Schlüsselwörter
Kinderfreundebewegung, Sozialistische Erziehung, Arbeiterklasse, Weimarer Republik, Kinderrepubliken, Selbstverwaltung, Kurt Löwenstein, NS-Zeit, Widerstand, Exil.
- Arbeit zitieren
- Anja Schüler (Autor:in), 2011, Das Konzept der "Kinderfreundebewegung" in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204835