Neidharts "Sommerlied 3" als Beispiel für die Neidhartsche Satire


Hausarbeit, 2009

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zur Biographie Neidharts

3 Das Sommerlied 3 – Übersetzung
3.1 Diskussion strittiger Textstellen

4 Analyse und Interpretation
4.1 Formale Aspekte
4.2 Zur Überlieferung
4.3 Inhaltliche Aspekte

5 Darstellung des Zusammenhangs von Natur und menschlichem Verhalten als Mittel der Parodie
5.1 Der Natureingang bei Neidhart
5.2 Die Parodie bei Neidhart
5.2.1 Parodistische Techniken

6 Schluss

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Neidharts Lieder dürften seit jeher eine große Faszination auf die Zuhörerschaft ausgeübt haben, dies zeigt sich in der Kopie der Neidhartschen Marnier durch die sogenannten „Nardhartianer“ und im häufigen Auftreten seines Namens in zeitgenössischer und später erschienener Literatur. Ohne Frage ist der Dichter der Sommer- und Winterlieder, bekannt unter den Namen Nîthart und der vom Riuwental, in der Verwendung seiner außer-gewöhnlichen Motive auch heute noch eine höchst interessante Figur der mittelhochdeutschen Lyrik und regt bis in die Gegenwart immer wieder zur Kontroverse an. Wer war dieser urkundlich nicht zu erfassende Dichter mit den verschiedenen Identitäten innerhalb seiner Lieder? Was bewog ihn zur Erschaffung des dörperlichen, also des dörflichen Milieus als Schauplatz seiner Lieddichtung, die doch für die höfische Gesellschaft geschrieben war? Diese zweite Frage führt zum Kernthema dieser Arbeit, nämlich der Abbildung des Neidhartschen Satirestils, der sicher zum Bekanntheitsgrad seiner Lieder beigetragen haben dürfte. Exemplarisch vorgestellt wird dieser Stil anhand des Sommerlied 3, das durch einige entscheidende Merkmale ein Paradebeispiel für das Sommerlied im Allgemeinen und für das „Altenlied“ im Speziellen abgibt. Nach der Übersetzung dessen werden eine Angaben zu den formalen Aspekten gemacht, bevor schließlich eine inhaltliche Analyse erfolgt, die die Brücke zum Thema der Parodie und Satire bei Neidhart schlägt. Das darauffolgende Kapitel setzt sich zunächst mit der Verwendung und Funktion des Natureingangs bei Neidhart auseinander und leitet – da unmittelbar damit verbunden – über zum finalen Teil dieser Arbeit: der Analyse und Bewertung der Neidhartschen Mittel des Verspottens und gezielten Übens von Kritik an der höfischen Gesellschaft. In einem Schlussteil werden alle Ergebnisse zusammengetragen und zu einem abschließenden Gesamteindruck gefasst.

Beginnen werde ich mit einigen Angaben aus der Biographie Neidharts, soweit diese heute nachvollziehbar ist.

In der verwendeten Forschungsliteratur habe ich mich zu großen Teilen auf das Werk von Ulrich Gaier gestützt, daneben konnte ich einige sehr interessante Angaben von Jutta Goheen, Jessica Warning und Petra Giloy-Hirtz in meine Arbeit aufnehmen, um eine „multiperspektivische“ Sichtweise zu den Themengebieten zu erhalten.

2 Zur Biographie Neidharts

Eine urkundliche Bezeugung zur Existenz des Dichters Neidhart gibt es nicht. Seine literarische Identität als Nîthart (Neidhart) von Riuwental erscheint erstmals im 15. Jahrhundert.[1] Aufgrund von Nennungen in Wolframs von Eschenbach Willehalm kann davon ausgegangen werden, dass her Nîthart (so sein sonstiger Dichtername) zwischen 1210 und 1220 ein bekannter Sänger war.[2]

Durch dichtungsimmanente Hinweise ist es möglich, Neidhart zumindest regional einzuordnen. So nennt der Dichter bayerische Ortsnamen wie Landshut in seiner mutmaßlich ersten, österreichische in der zweiten Schaffensphase und lässt sich damit im bairisch-österreichischen Raum ansiedeln.[3] Betreffend der Abwanderung von Bayern nach Österreich – vermutlich in den Salzburger Raum – ist aufgrund von Bitt-, Lob- und Dankstrophen an Herzog Friedrich II. den Streitbaren von einem Zeitpunkt nach dessen Regierungsantritt 1230 auszugehen.[4] Eine Rückkehr nach Bayern ist ungewiss. Während sich die Kriegsjahre unter Friedrich II. in Neidharts Dichtung widerspiegeln, findet der Tod seines Gönners 1246 keine Erwähnung, weshalb vom Ableben des Dichters vor dieser Zeit ausgegangen wird.[5] Das Ende seiner Schaffenszeit wird um 1240 datiert.[6]

Wie viele andere bedeutende Minnesänger lässt sich auch Neidhart ständisch nicht einordnen. Die Selbstbezeichnungen Nîtharts als herre und ritter besagen nach Wachinger zunächst nur, dass der Dichter seinen „armselig dotierten Riuwentaler die Rolle eines Mannes von Stand agieren lässt“.[7] Aus einer Reihe von Hinweisen (fehlende urkundliche Bezeugung, Auftreten in mhd. Dichterkatalogen, große Zahl von Liedern) kann geschlossen werden, dass Neidhart ein Berufssänger war. Es ist zudem von seiner Teilnahme an einem Kreuzzug von 1217 auszugehen (SL 11,12; WL 32*), der den Dichter zeitlich im zweiten Jahrzehnt sichert.[8] Unklarheit herrscht darüber, welches Verhältnis Neidhart zur höfischen Kultur und der Minneauffassung hatte und auf welcher Seite er – vor allem in geistiger Hinsicht – eigentlich stand: auf der des Rittertums oder auf der der vielbeklagten Bauern.[9] Doch hierzu mehr im Kapitel über die Parodie in Neidharts Liedern.

Kontroverse besteht auch betreffend der auffallend zur Liedaussage passenden Bedeutung der Namen Nîthart (neidischer Mensch; Teufel) und Riuwental (Jammer-, Schmerztal) und der daran anschließenden Frage nach biographischer Wirklichkeit oder poetischer Fiktion beider Namen, die dem Dichter auch als Masken gedient haben könnten (Nîthart in den Bauernstrophen, Riuwental in den Dichterstrophen).[10]

Im 19. Jahrhundert versuchte man in einer Art „Pauschal-Nobilitierung“, die Dichter des Minnesangs dem Adel zuzuweisen, so wurde im Falle Neidharts – abgeleitet aus seiner Lyrik – der künstliche Adelsname von Reuental geschaffen. Diese Überhöhung ist bereits als Tendenz des Spätmittelalters zu bemerken, als im Zuge der Verklärung des Hochmittelalters den Sängern in der Großen Heidelberger Liederhandschrift großzügig Wappen verliehen wurden. Im 19. Jahrhundert wurde dann verkannt, dass die Ausgestaltung der Handschrift der „mythischen Erhöhung einer vergangenen Epoche diente“[11] und keine realhistorische Dokumentation der Dichter darstellen konnte.

Nichtsdestotrotz kann Neidhart eine große Bedeutung als Lyriker seiner Zeit zugeschrieben werden, dies zeigt sich in der häufigen Verwendung seines Namens in epischen Werken wie Wolframs Willehalm (um 1215), im Tristan Heinrichs von Freiberg (um 1300) und im Helmbrecht von Wernher dem Gartenære (nach 1250). Insgesamt wird Neidhart namentlich sieben Mal erwähnt, in der sogenannten Streuüberlieferung (d.h. der meist anonymen Überlieferung einzelner, vermutlich besonders beliebter Lieder oder Strophen eines Autors) findet er sich in 24 Handschriften wieder, was Neidhart als einen der bekanntesten mittelhochdeutschen Lyriker auszeichnet.[12]

In den Frühlingsspielen des 14. und 15. Jahrhunderts und der spätmittelalterlichen Schwanksammlung Neidhart Fuchs erscheint er später als legendäre Ritterfigur. Insgesamt sind 150 Lieder unter dem Namen Neidhart tradiert, von denen heute aber meist nur 66 als „echt“ gelten, das heißt dem Neidhart des 13. Jahrhunderts zugeschrieben werden. Die übrigen Lieder stammten vermutlich von anonymen Autoren, sogenannten „Pseudo-Neidharten“ (oder „Neidhartianern“) des späten 13. und 14. Jahrhunderts, deren Texte dem Stil Neidharts nachempfunden waren oder ihn als „Bauernfeind“ auftreten lassen.[13]

[...]


*SL: Sommerlied, WL: Winterlied

[1] Wachinger 2001, S. 527.

[2] Hamm 2002, mediaevum.de.

[3] Schweikle 1995, S.104.

[4] Wachinger 2001, S. 529.

[5] ebd., S.530.

[6] Hamm 2002, mediaevum.de.

[7] Wachinger 2001, S. 530.

[8] ebd.

[9] Gaier 1967, S. 65

[10] Wachinger 2001, S. 528.

[11] Schweikle 1995, S. 107.

[12] ebd., S. 111f.

[13] Hamm 2002, mediaevum.de.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Neidharts "Sommerlied 3" als Beispiel für die Neidhartsche Satire
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Deutsche und Niederländische Philologie)
Veranstaltung
Liebeslyrik vom 13. bis zum 16. Jahrhundert
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
18
Katalognummer
V205728
ISBN (eBook)
9783656323563
ISBN (Buch)
9783656326090
Dateigröße
565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neidhart, Minnesang, Hohe Minne, Literatur des späten Mittelalters, Satire
Arbeit zitieren
Wiebke Hugen (Autor:in), 2009, Neidharts "Sommerlied 3" als Beispiel für die Neidhartsche Satire, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205728

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