Anders sein bei der Polizei - Problem oder Vorteil?


Essay, 2010

10 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Einführung

Der Schutzmann, der für Recht und Ordnung sorgt, ist der klischeehafte Inbegriff des Polizisten. Er ist, wie der Name schon sagt, männlich, ein respektabler Ansprechpartner für den Bürger auf der Straße und er ist Deutscher, wie es bis 1990 auch faktisch der Fall sein musste.

In diesem Essay werde ich mich mit den Abweichungen von diesem klischeehaften „Idealbild“ des Polizeibeamten beschäftigen: Etwas mehr als ein Drittel der neu eingestellten Beamten sind Schutzfrauen und auch die zunehmende Zahl der Polizeibeamten mit Migrationshintergrund weichen das oben skizzierte Bild des klassischen Schutzmannes auf. Mehr noch: Das Bild des guten Schutzmannes wirkt überholt und wenig beeindruckend beim Anblick einer martialisch auftretenden Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE).

Es war bis in die 1980er Jahre nicht selbstverständlich, dass Frauen Zugang zur Berufssparte Polizei haben[1] und bis in die 1990er Jahre, wie bereits erwähnt, sogar per Gesetz unmöglich, dass Migranten Teil dieser Organisation sein können[2]. Auch waren Sondereinheiten wie die BFE, Inbegriff der Durchsetzung des Gewaltmonopols des Staates, bis 1985 unbekannt[3]. Die Polizei hat sich weiter entwickelt und es gibt mittlerweile viele Arten, den Beruf des „Schutzmannes“ auszuüben.

Aber was bedeutet es, innerhalb der Polizei anders zu sein? Was bedeutet es, Polizeibeamtin, Polizeiangehörige/r mit Migrationshintergrund oder eben Mitglied einer BFE zu sein?

Die BF-Einheiten - Wenn Anders sein Programm ist!

Die erste Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit wurde 1985 in der Hessischen Polizei gebildet. Diese Art Polizeieinheit wurde notwendig, da die gängigen Vorgehensweisen bei gewalttätigem Verhalten einzelner Personen in der Masse der Demonstranten sehr häufig zur Eskalation der Lage beitrug. Die Polizei war in solchen Fällen gezwungen, gegen die Gruppe als Ganzes vorzugehen. So mussten Unbeteiligte oft die Konsequenzen der Taten anderer mittragen, die beispielsweise aus den hinteren Reihen der Demonstranten Steine auf die Polizeikräfte warfen.

Diese Problematik wurde auch im Bockdorfbeschluss des Bundesverfassungsgericht thematisiert, der die Polizei verpflichtete, in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit möglichst lange nicht einzugreifen, auch wenn von einzelnen Gewalttätigkeiten aus der Menge heraus begangen werden, solange der Gesamtverlauf der Demonstration als friedlich anzusehen ist. Außerdem war mit der bis dato gezeigten Taktik eine Beweissicherung zur Verurteilung der Straftäter annähernd unmöglich[4]. Dies führte zur Gründung vom spezialisierten Einheiten. Seit 1995 kann von einem bundesweit einheitlichen Standard für diese Einheiten gesprochen werden. Die BFE soll bei gewalttätigen Versammlungen unter Beachtung der Vorgaben des BVerfG Straftäter „beweissicher“ der Strafverfolgung zuführen. Die BFE steht für das Durchsetzten des staatlichen Willens, wenn erforderlich auch unter Einsatz von Zwang.

Wie stellt sich aber das dienstliche Leben eines Angehörigen einer BFE dar? Es beginnt damit, dass der Polizeibeamte sich einem Auswahlverfahren stellen muss um in einer BFE aufgenommen zu werden. Damit werden die Anwärter, immerhin alles ausgebildete Polizisten und Polizistinnen, selektiert und ihr „Besonders-Sein“ wird betont. Auch die neue dienstliche Aufgabe mit dem Schwerpunkt Bewältigung besonderer Lagen, unterstreicht die Selektion vom „normalen“ Polizeidienst. Glücklicherweise sind die Einsätze, auf die diese Einheiten spezialisiert sind, nicht tägliches Geschäft. Das spricht für die Sicherheit in Deutschland und unterstreicht gleichzeitig die Besonderheit der „Sondereinheiten“.

BFEs werden bundesweit eingesetzt, so nehmen sie alle „besonderen“ Einsätze wahr und werden ihrem Aufgabenspektrum entsprechend auch eingesetzt. Das stellt einen wichtigen Legitimationsfaktor dar. Außerdem ist das Aufgabenspektrum der BFE über die Jahre stark erweitert worden. Heute werden diese Einheiten immer dann eingesetzt, wenn effektives und handwerklich hochwertiges Arbeiten benötigt wird. Das ist beispielsweise bei Durchsuchungsaktionen mit überraschendem Eindringen in die zu durchsuchende Lokalität notwendig[5]. Es ist wichtig, dass dabei das Besondere der Einheit erhalten bleibt: Sie ist eine Sondereinheit - das bayerische Pendant zur BFE, das USK, wird sogar als Spezialeinheit geführt[6] - und darf als solche nicht in die Alltagsroutine rutschen bzw. ihre Routine muss sich wenigstens von der der „normalen“ Polizeiarbeit abheben. Eine BFE hat wenig Kontakt zum normalen Bürger. Das polizeiliche Gegenüber einer solchen Einheit zeichnet sich im Durchschnitt durch höhere kriminelle Energie und höhere Gewaltbereitschaft sowie der Bereitschaft zum Widerstand gegen Polizeimaßnahmen aus. Überzogen formuliert könnte man sagen, es geht weniger um die Arbeit für den Bürger als die Arbeit gegen Gegner - dies aber für den Bürger. Wer Mitglied einer solchen Einheit wird, der muss sich nicht nur bewusst dafür entscheiden, sondern sowohl in Auswahlverfahren als auch Ausbildung innerhalb der Einheit größeres Engagement zeigen. Der Aufbau der BF-Einheiten war politisch und von der Polizeiführung gewollt. BFEn werden im originären Tätigkeitsfeld wie auch im erweiterten Aufgabenspektrum dauerhaft benötigt. Viele „normale“ Polizeibeamte beneiden den Status einer BFE, da diese Einheit „den Kampf gegen das Böse der Welt“[7] vermittelt. Allerdings genau dieser Mythos erzeugt auch Probleme: So mancher „Standard-Polizist“ fühlt sich für seine Aufgabenwahrnehmung zu wenig gewürdigt. Schließlich ist die BFE für besondere Lagen ausgebildet. Also tut die BFE nur das, was sie soll - so wie jeder andere Polizeiangehörige auch. So entsteht bei manchen Kollegen Neid und Missgunst. Weiterhin sind werden BFEn als Vertreter des verhassten Staates vom schwarzen Block und dessen Milieu als undemokratisch und nazigleich dargestellt.

[...]


[1] Vgl. Wilde / Rustemeyer, S. 315.

[2] Vgl. Behr, 2007, S. 291.

[3] Vgl. Behr, 2006, S. 54.

[4] Vgl. Behr, 2006, S. 54.

[5] Vgl. Behr, 2006, S. 57.

[6] Die Bezeichnung Spezialeinheit ist sonst nur dem SEK und dem MEK vorbehalten. Das Wissen über die Einstufung des USK als Spezialeinheit stammt vom Autor; er war von 2001 bis 2008 Mitglied im Bayerischen Unterstützungskommando (USK), der BFE Bayerns. Ausschließlich Bayern hat eine andere Bezeichnung für BFE.

[7] Behr, 2006, S. 53.

Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
Anders sein bei der Polizei - Problem oder Vorteil?
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Juristische Fakultät)
Veranstaltung
Masterstudiengang Kriminologie und Polizeiwissenschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
10
Katalognummer
V205815
ISBN (eBook)
9783656327318
ISBN (Buch)
9783656712930
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Polizei, anders sein, Besonderheit
Arbeit zitieren
M. A. Florian Paul (Autor:in), 2010, Anders sein bei der Polizei - Problem oder Vorteil?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205815

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