Motorsport und NSKK im Dritten Reich


Hausarbeit, 2011

21 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Einführung in die Gründungsgeschichte des NSKK

3. Die Stellung des NSKK im Dritten Reich

4. Die Wichtigkeit des Motorsports für das „Dritte Reich“

5. Die „ONS“

6. Abhängigkeit der deutschen Automobilindustrie

7. Verdrängung der Juden aus Motorsport und Automobilindustrie

8. Internationale Sicht auf den deutschen Motorsport

9. Fazit

10. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Motorsport der dreißiger Jahre in Deutschland hat, ähnlich wie die Organisation der SS, einen mythischen Charakter. Er diente im verbrecherischen System der Nationalsozialisten als Brutstätte für Heldenmut und produzierte Motorsportidole deren Namen teilweise bis heute bei Kennern des Rennsports einen hohen Bekanntheitsgrad halten können. Rudolf Caracciola, Hans Stuck und Bernd Rosemeyer sind Persönlichkeiten einer scheinbar unpolitischen Parallelwelt, die für die brutale Diktatur oft als Deckmantel vor dem Ansehen der Welt diente. Durch die Propaganda der Nationalsozialisten wurden eben jene Helden und Mythen erschaffen, die bis heute als Teile, fern jedweder Rassenpolitik, überlebt haben.

Profitiert haben davon nicht nur die Rennfahrer und das nationalsozialistische Regime, sondern auch die Konzerne. Von Hitlers Automobilfreundlichkeit wird später nicht nur die automobile Bundesrepublik profitieren. Durch staatliche Subventionen „rettet“ er, nach den von Krisen erschütterten zwanziger Jahren, den deutschen Automobilkonzernen das Überleben. Mercedes Benz und Audi können bis heute den Mythos vom „Silberpfeil“ aufrechterhalten und erzählen gerne die Geschichte von der schicksalsumwobenen Nacht, in der man eilig die weiße Farbe von den Wagen schliff, um diese vor dem Rennen leichter zu machen.

Neben der Propaganda der Nationalsozialisten sah sich eine bestimmte Organisation des Regimes in der Aufgabe betraut den Motorsport für das Dritte Reich gerecht werden zu lassen. Die ONS übernimmt nach der Machtergreifung die vollständige Kontrolle über den Motorsport und bildet zusammengesetzt aus den Mitgliedern des NSKK eine Nebenorganisation außerhalb der NSDAP.

Bei der Betrachtung des Umstandes, dass die ONS ausschließlich aus Mitgliedern des NSKK zusammengesetzt ist, stellen sich zwangsläufig die Fragen wie weit die Machtausdehnung der Nationalsozialisten in den deutschen und internationalen Motorsport reicht, wie sich dieser auf den Sport auswirkte und wie international darauf reagiert wurde.

In der Beantwortung dieser Fragen waren zwei, in der jüngsten Forschung um das Dritte Reich entstandenen, Werke besonders Hilfreich. Federführend im Bereich NSKK ist die Dissertation von Dorothee Hochstetter aus dem Jahre 2005 mit dem Titel „Motorisierung und „Volksgemeinschaft“ – Das NSKK 1931-1945“. Ihre Arbeit findet sich bei Recherchen rund um das Thema häufig und wird oft zitiert. Im Bereich Rennsport fand das Werk „Hitlers Rennschlachten-Die Silberpfeile unterm Hakenkreuz“ von Eberhard Reuß aus dem Jahre 2006 besondere Anwendung.

Die Arbeit beginnt mit der Geschichte der Organisation NSKK und dessen Stellung in Hitlers Deutschland. Danach wird die Wichtigkeit des Rennsports für das Dritte Reich erörtert und die daraus resultierende Wechselwirkung zwischen Industrie und Staat, die sich letztendlich in der Verdrängung der Juden äußert. Nach Behandlung der internationalen Wirkung die diese Umstände hervorrufen, werden die Ergebnisse in einer Schlussbetrachtung zusammengefasst.

2. Einführung in die Gründungsgeschichte des NSKK

Der Ursprung des Nationalsozialistischen Kraftfahr-Korps, kurz „NSKK“, liegt in den frühen Anfangsjahren der nationalsozialistischen Bewegung und wird sich bis Mitte des zweiten Weltkrieges zu einer wichtigen der Organisationen des Regimes herausbilden. Anfangs stellt diese Organisation, die mehrere Namenswechsel durchläuft, nicht mehr als eine Transportabteilung der Obersten SA-Führung dar. Im Jahre 1922, zwei Jahre nach der Gründung der NSDAP[1], wird diese Transportabteilung von Christian Weber, der ein Amt in der Parteileitung bekleidet[2], ins Leben gerufen. Zu Beginn verfügt das Transportwesen der Partei noch über keine eigenen Fahrzeuge, die benötigten Transportmittel werden von Sympathisanten des Nationalsozialismus und SA-Mitgliedern geliehen[3].

Erst nach dem Parteitag 1929 wird der Vorläufer des NSKK, das sogenannte „NSAK“, das Nationalsozialistische Automobil-Korps, geformt. Der Nutzen einer strukturierten Kraftfahrabteilung wurde erkannt. Theodor Oppermann, seines Zeichens Verleger und Parteimitglied, beschreibt im Nachhinein das Mitwirken der Transportabteilung am Hitler-Putsch als „geradezu mitentscheidend“[4]. Dort beförderten Kraftfahrzeuge die SA-Staffeln zum Bürgerbräukeller nach München, um das Handeln der Putschisten abzusichern. Der Transport von hunderten Männern in SA Uniform demonstrierte nicht nur die Unabhängigkeit und Mobilität der Bewegung, sondern sollte ebenso als propagandistisches Mittel und Machtdemonstration dienen[5].

Verfasser der ersten Satzung des ersten Kraftfahrkorps der Partei ist Martin Bormann. Bormann ist zu dieser Zeit „Verwalter der Hilfskasse und Organisator des Transportwesens“[6] der NSDAP und wird sich im Laufe der Zeit zu Hitlers treuestem Mann und Privatsekretär hocharbeiten[7]. Im Dezember 1930 erhält das neu geformte Korps seine vorerst letzte Spitze, den ehemaligen Major der Reichswehr und Hitler-Putschisten Adolf Hühnlein[8], der bis zu seinem Tod 1942 den Kopf des Korps bildet[9]. Bis zum Jahre 1933 bleibt er jedoch noch Ernst Röhm, dem Führer der SA unterstellt[10] und übernimmt erst 1934 die absolute Korpsführung als Hitler sich ihn und das NSKK selbst direkt unterstellt. Sogar in dem Stadium einer parteieigenen Organisation verfügt das NSAK nur über wenige eigene Fahrzeuge und ist weiterhin abhängig von Leihfahrzeugen[11].

Die Mitglieder dieser Organisation bilden zumeist Automobilbesitzer. Sie sind in der Lage mit ihren Lastwagen und Personenkraftfahrzeugen das Mobilitätsbedürfnis der Partei abzudecken und Aufgaben, wie der öffentlich wirksame Transport von Parteifunktionären oder SA-Einheiten, auszuführen. Mit der Betitelung „Automobilkorps“ grenzt sich die zumeist etwas besser betuchte Gemeinschaft der Automobilbesitzer jedoch von den Übrigen Mitgliedern der Parteiorganisationen ab[12]. Das Automobil gilt als Exklusivität und Luxusgut, die Mitglieder der NSDAP rekrutieren sich aber zum größten Teil aus der Arbeiterklasse. Parallel zum NSAK existieren die eigenen Motorstürme der SA und der SS. Die Motorstürme setzen sich aus eben dieser Arbeiterklasse zusammen, die bei der Wahl des persönlichen Verkehrsmittels tendenziell eher auf die weitaus günstigeren Motorräder zurückgreifen muss[13]. Aus diesem Grund und auf Wunsch Hitlers ändert man den Namen des Korps am 20. April 1931 zukünftig auf „Nationalsozialistisches Kraftahrkorps“ und versucht somit die unterschiedlichen Kraftfahrzeugtypen unter dem Banner der SA zu vereinen[14]. Dies gelingt aber nur mit mäßigem Erfolg, da die Klassenunterschiede zwischen den Gruppierungen faktisch zu groß sind. Die Mitglieder des NSKK sind, unter anderem, wenig angetan vom „proletenhafte(n) Ruf“[15] der SA, wohingegen höhere Mitgliedsbeiträge sowie fehlendes „Biertisch“ - Verhalten[16] der NSKK-Angehörigen einen Übertritt von der SA wenig lohnend erscheinen lassen.

Neben den parteiinternen Aufgaben entwickeln sich mit dem Erstarken der Partei, das schließlich in der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 31. Januar 1933 gipfelt, neue Aufgabenfelder, wie die nationale verkehrstechnische Ausbildung oder Pannenhilfs- dienstleistungen. Bis zum Kriegsende 1945 wird sich das NSKK nicht nur der Verkehrserziehung im Reich, einem vorteilhaft erscheinenden Clubleben und dem Austragen von großen Motorsportevents widmen, sondern auch der Deportation von Juden und der Bereitstellung einer Hilfspolizei in den von Hitler besetzten Gebieten[17].

3. Die Stellung des NSKK im Dritten Reich

Allgemein gilt das NSKK in der deutschen Nachkriegszeit als ungefährliche Organisation in Hitlers Deutschland, da hierin nur ein harmloser Automobilclub gesehen wird, der, die von deutscher Technik Begeisterten, im Reich zusammenführt. Zeitzeugen bilden die Legende vom harmlosen Autoclub und rücken das NSKK somit immer weiter aus dem Licht der geschichtlichen Aufarbeitung der Nazizeit. So ist es kein Wunder, dass nach dem Zweiten Weltkrieg ehemalige Mitglieder unbehelligt politische Ämter in der Bundesrepublik ergreifen können, darunter beispielsweise Kurt Georg Kiesinger und Franz Joseph Strauß[18].

Die Entscheidung des alliierten Tribunals das NSKK als „nicht verbrecherische Organisation“[19] einzustufen, bedeutet daher für rund eine halbe Million Mitglieder des Kraftfahrkorps den Freispruch vom Nationalsozialismus. So wird ein hoher NSKK– Dienstrang schnell als „Mitläufertum“ eingestuft und es muss allerhöchstens mit einer „Sühnemaßname“[20] in Form einer Geldstrafe gerechnet werden. Auch die in der Diktatur erschaffene Rennfahrerprominenz übersteht die Kriegsjahre nahezu unbehelligt. Persönlichkeiten wie Hans Stuck oder Manfred von Brauchitsch werden in den Nachkriegsjahren weiterhin ihre Runden auf deutschen Rennstrecken drehen[21].

Ein Blick auf das NSKK in der Blütezeit des Nationalsozialismus der dreißiger Jahre zeigt, dass die Vorstellung eines harmlosen Automobilclubs nicht abwegig ist. Bereits zu dieser Zeit lästert der Volksmund gerne über das NSKK mit „Nur Säufer, keine Kämpfer“[22]. Sich selbst definiert das NSKK aber als „politische, sportliche und paramilitärische Schulungs- und Erziehungstätte“[23]. Die Führung des NSKK, allen voran Adolf Hühnlein, kämpft lange Zeit um die Akzeptanz in der Bevölkerung, und noch wichtiger, in der Partei. Um sich innerhalb der NSDAP neben der SA und SS einen Platz zu sichern, betont Hühnlein immer wieder die Wichtigkeit seiner Organisation für die Motorisierung der Bewegung und stellt klar, dass die nationalsozialistische Idee für das NSKK immer noch die treibende Kraft ist. Diese Definition wird jedoch von den übrigen Parteiorganisationen, allen voran der SA und SS, mehr oder weniger absichtlich, missverstanden. Trotz Hühnleins Bemühungen, dem NSKK innerhalb der NSDAP mehr Ansehen zu verschaffen, kann er nicht voll und ganz überzeugen und das Korps wird immer wieder als praktische Transport-Einheit oder Autofahrer-Stammtisch betrachtet[24]. Hühnleins „politische Soldaten Adolf Hilters“[25] werden zu LKW– Fahrern degradiert. Die Spannungen, die zwischen den Organisationen SA, SS, NSKK und sogar der DAF[26] entstehen, münden in einen Konkurrenzkampf, der sich durch die gesamte Regierungszeit des Nationalsozialismus zieht[27]. Gründe hierfür sind hauptsächlich die gegenseitige Abwerbung von Mitgliedern und der Wunsch nach politischer Anerkennung innerhalb des Systems. Ein Beispiel ,welches Dorothee Hochstetter erläutert, zeigt eindeutig, in welcher Weise das Geltungsbedürfnis unter den Führern der Gruppierungen in der Partei zum Ausdruck kommen kann. Im Jahre 1936 fordert SA-Führer Lutze die Umbenennung seines Amtes von „Stabschef der SA“ in „Stabschef des Führers“ und erregt somit den Ärger von NSKK und SS, die unter allen Umständen verhindern wollen, dass der Eindruck entsteht, sie wären der SA-Führung unterstellt[28]. Hitler lehnt die Umbenennung des Amtes letzten Endes ab. Der „Führer“ selbst teilt die Begeisterung über das Korps. Als passionierter Automobil-Liebhaber[29] und Vertreter des motorisierten Fortschritts, begrüßt er die Existenz des parteieigenen Kraftfahrkorps, der „Kavallerie der Zukunft“[30], und unterstützt vor allem den deutschen Rennsport mit finanziellen Staatsmitteln[31].

[...]


[1] Vgl. Williamson: Die SS, S.14.

[2] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.22.

[3] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.24.

[4] Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.22.

[5] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.24.

[6] Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.22.

[7] Ebd.

[8] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.23.

[9] Hühnlein stirbt nach schwerer Krankheit am 18.06.1942; vgl. Reuß: Hitlers Rennschlachten, S.146.

[10] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.67.

[11] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.25.

[12] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.24 - 25.

[13] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.31-33.

[14] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.25.

[15] Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.26.

[16] Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.27.

[17] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.461.

[18] Vgl. Reuß: Hitlers Rennschlachten, S.100.

[19] Reuß: Hitlers Rennschlachten, S.99.

[20] Reuß: Hitlers Rennschlachten, S.333.

[21] Ebd.

[22] Neumärker: Wolfsschanze, S.216.

[23] Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.148.

[24] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.97-99.

[25] Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.98.

[26] „Deutsche Arbeitsfront“; vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.144.

[27] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.144.

[28] Vgl. Ebd.

[29] Vgl. Reuß: Hitlers Rennschlachten, S.42.

[30] Hitlers Äußerung zu einem Aufmarsch von Motor SA und NSKK mit rund 3000 Fahrzeugen anlässlich des „SA Westfalen Treffens“ vom 08.-09. Juli 1933 in Dortmund; vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volks- gemeinschaft“, S.100.

[31] Vgl. Hochstetter: Motorisierung und „Volksgemeinschaft“, S.291.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Motorsport und NSKK im Dritten Reich
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Note
2,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
21
Katalognummer
V205901
ISBN (eBook)
9783656332190
ISBN (Buch)
9783656332510
Dateigröße
492 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
NSKK, Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps, Motorsport im "Dritten Reich", Drittes Reich, Motorsport, Bernd Rosemeyer, Hans Stuck, ONS
Arbeit zitieren
Dennis J. Sennekamp (Autor:in), 2011, Motorsport und NSKK im Dritten Reich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/205901

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