Freud nahm grundsätzlich an, dass Angst eine biologisch ererbte Basis hat. Er war also der Auffassung, dass der menschliche Organismus die angeborene Fähigkeit habe, mit den psychologischen und physiologischen Manifestationen zu reagieren, die wir Angst nennen. Diese Fähigkeit hat eine entscheidende Funktion für das Überleben des Einzelnen. Freud stellt keine Überlegungen an über den Grundursprung oder die Natur der Angst, vielmehr über ihre Bedeutung und ihren Platz im psychischen Leben des Menschen und ihre pathologischen Formen.
Er schrieb in der Reihe „Neue Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“, Angst sei „ein Affektzustand, also eine Vereinigung von bestimmten Empfindungen der Lust-Unlust-Reihe mit den ihnen entsprechenden Abfuhrinnervationen und deren Wahrnehmung, wahrscheinlich aber der Niederschlag eines gewissen bedeutungsvollen Ereignisses, durch Vererbung einverleibt.“ [Freud, S., G. W., Bd. 15, S. 87 f.].
In den Anfängen der Psychoanalyse hält Freud Angst für die Folge eines rein biologischen Prozesses. „Dies sind überhaupt nicht Vorgänge psychischer Natur, sondern physische Vorgänge“ mit „psychische[n] Folgen“ (Freud, S., G.W., Bd.1, S 67). Er postuliert die Ansicht, Angst trete in der Neurose aufgrund einer Störung der Abfuhr von Sexualspannung auf, resultierend aus einer Anhäufung unabgeführter Libido, die unmittelbar in Angst umgewandelt wird. Auch in dieser ersten Phase der Theorieentwicklung hat Freud allerdings schon die Vorstellung, dass ein geringes Maß an Unlust (Angst) als Signal zur Vermeidung weiterer Unlust wirke.
Später, nach dem Jahr 1923, lässt Freud in seinem Strukturmodell der psychischen Funktionen seine vorangegangene Hypothese fallen, denn sie erklärte zwar das Vorhandensein der Angst in den Angst- oder Aktualneurosen, nicht jedoch die Angst in den Psychoneurosen (Zwangsneurosen, Phobien), bei denen der Einfluss psychischer Ereignisse nicht auszuschließen ist. Er begründete die Ursache für eine Anhäufung von Spannung bei den Aktualneurosen physisch (z. B. Koitus interruptus) und nahm an, dass die Ursache der Psychoneurosen in der Verdrängung läge.
In seiner neuen, abgeänderten Theorie zur Angst unterscheidet Freud nun automatische Angst und die in den Psychoneurosen zentral wirkende Signalangst. Angst gilt nun als Ich-Funktion, Affekte sind keine Sicherheitsventile mehr, sondern werden vom Ich in Signale umgewandelt.
Inhaltsverzeichnis
- Biographie Sigmund Freuds
- Angstauffassung im historischen Überblick
- Konzepte der Angsttheorien
- Angsttheorie I [1895]
- Die Drei Instanzen der menschlichen Psyche: Strukturhypothese [1923]
- Angsttheorie II [1926]
- Angsttheorie II/Teil 1
- Angsttheorie II/Teil 2
- Verschiedene Angstquellen
- Helfer des Ichs gegen bedrohliche Angstimpulse: Abwehrmechanismen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Referat befasst sich mit Sigmund Freuds psychoanalytischem Angstkonzept. Ziel ist es, Freuds Entwicklung seiner Angsttheorien nachzuvollziehen und die zentralen Aspekte seiner Konzepte darzustellen. Dabei wird sowohl auf die historische Entwicklung seiner Ansichten als auch auf die Struktur seiner Theorien eingegangen.
- Entwicklung von Freuds Angsttheorien im Laufe seiner Karriere
- Die Rolle der Angst im psychischen Leben des Menschen nach Freud
- Freuds Strukturmodell der Psyche im Zusammenhang mit Angst
- Unterscheidung zwischen verschiedenen Angsttypen bei Freud
- Die Bedeutung von Abwehrmechanismen im Umgang mit Angst
Zusammenfassung der Kapitel
Biographie Sigmund Freuds: Der Abschnitt skizziert Leben und Werk Sigmund Freuds, von seiner Geburt bis zu seinem Tod im Exil. Besonderes Augenmerk liegt auf seiner Ausbildung, seiner frühen Karriere als Nervenarzt und dem Einfluss von Charcot und Breuer. Die Entwicklung der Psychoanalyse wird nachgezeichnet, einschließlich der Herausforderungen und Widerstände, denen Freud begegnete. Die Gründung der „Mittwochsgesellschaft“ und die zunehmende internationale Anerkennung seiner Arbeiten werden ebenfalls hervorgehoben. Die Beschreibung seines Todes unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs und die spätere, zunehmende Anerkennung seiner Theorien runden die Biographie ab.
Angstauffassung im historischen Überblick: Dieser Teil beleuchtet die Entwicklung von Freuds Verständnis von Angst. Zunächst wird Freuds Annahme einer biologischen Basis von Angst erläutert, wobei die Bedeutung der Angst für das Überleben betont wird. Der Abschnitt differenziert zwischen frühen Konzepten, die Angst als Folge biologischer Prozesse darstellen, und späteren Modellen, die die Angst als Ich-Funktion im Kontext seines Strukturmodells der Psyche verstehen. Die Unterscheidung zwischen automatischer und Signalangst wird herausgestellt, sowie die Abkehr von der frühen Auffassung, Angst sei eine direkte Umwandlung unabgeführter Libido.
Schlüsselwörter
Psychoanalyse, Sigmund Freud, Angst, Angsttheorie, Strukturmodell der Psyche, Ich, Es, Über-Ich, Abwehrmechanismen, Libido, Aktualneurosen, Psychoneurosen, Signalangst, automatische Angst, historische Entwicklung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Sigmund Freuds Angstkonzept
Was ist der Inhalt dieses Dokuments?
Dieses Dokument bietet einen umfassenden Überblick über Sigmund Freuds psychoanalytisches Angstkonzept. Es beinhaltet eine Biografie Freuds, einen historischen Überblick über seine Angstauffassung, detaillierte Erklärungen seiner Angsttheorien (inklusive der Unterscheidung zwischen Angsttheorie I und II, sowie der Drei-Instanzen-Hypothese), eine Zusammenfassung der verschiedenen Angstquellen und Abwehrmechanismen, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte des Textes sowie ein Kapitel mit Schlüsselbegriffen.
Welche Aspekte von Freuds Angsttheorien werden behandelt?
Das Dokument verfolgt die Entwicklung von Freuds Angsttheorien über seine Karriere hinweg. Es beleuchtet die Rolle der Angst im psychischen Leben, Freuds Strukturmodell der Psyche (Es, Ich, Über-Ich) im Zusammenhang mit Angst, die Unterscheidung verschiedener Angsttypen (z.B. Signalangst und automatische Angst), und die Bedeutung von Abwehrmechanismen im Umgang mit Angst. Es wird auch auf die historische Entwicklung seiner Ansichten eingegangen, von frühen Konzepten, die Angst als biologischen Prozess sahen, bis hin zu späteren Modellen, die Angst als Ich-Funktion verstehen.
Wie ist das Dokument strukturiert?
Das Dokument ist in mehrere Abschnitte gegliedert: eine Biografie Sigmund Freuds, einen historischen Überblick über die Angstauffassung, eine detaillierte Darstellung der verschiedenen Angsttheorien Freuds (Angsttheorie I, Angsttheorie II mit ihren Teilen und die Drei-Instanzen-Hypothese), eine Erläuterung verschiedener Angstquellen und Abwehrmechanismen, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte des Referats sowie eine Liste der Schlüsselwörter.
Welche Schlüsselbegriffe werden im Dokument behandelt?
Schlüsselbegriffe umfassen: Psychoanalyse, Sigmund Freud, Angst, Angsttheorie, Strukturmodell der Psyche, Ich, Es, Über-Ich, Abwehrmechanismen, Libido, Aktualneurosen, Psychoneurosen, Signalangst, automatische Angst, historische Entwicklung.
Welche Rolle spielt die Biografie Freuds im Verständnis seiner Angsttheorie?
Die Biografie skizziert Freuds Leben und Werk, von seiner Ausbildung bis zu seinem Tod. Sie betont den Einfluss von Charcot und Breuer auf seine Entwicklung und zeigt, wie seine Erfahrungen und die Herausforderungen, denen er begegnete, seine Theorien beeinflussten. Dieses Verständnis des biografischen Kontextes hilft, die Entwicklung seiner Angstauffassung nachzuvollziehen.
Wie unterscheidet sich Freuds frühe von seiner späteren Angstauffassung?
Freuds frühere Konzepte betrachteten Angst primär als Folge biologischer Prozesse, während seine späteren Modelle Angst als Ich-Funktion im Kontext seines Strukturmodells der Psyche (Es, Ich, Über-Ich) verstehen. Er differenzierte auch zwischen automatischer und Signalangst und verwarf die frühere Auffassung, Angst sei eine direkte Umwandlung unabgeführter Libido.
Welche Bedeutung haben Abwehrmechanismen in Freuds Angsttheorie?
Abwehrmechanismen werden als Strategien des Ichs beschrieben, um mit bedrohlichen Angstimpulsen umzugehen. Sie spielen eine zentrale Rolle in Freuds Theorie, da sie erklären, wie das Individuum versucht, Angst zu bewältigen und psychische Konflikte zu lösen.
- Arbeit zitieren
- Katharina von Lingen (Autor:in), 2001, Psychoanalytisches Angstkonzept nach Sigmund Freud - ein kurzer Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20610