Das Wort >Nationalismus< hat seit geraumer Zeit einen schlechten Klang. Eine Untersuchung
[...] wird sich immer vor Augen halten müssen, wie sehr Europa und Europäertum durch
nationalistische Zersetzung beeinträchtigt worden sind." (1)
Was heute zumeist unter dem Begriff des Nationalismus geführt wird, ist nicht der zu betrachtende,
romantische Nationalismus, sondern vielmehr ein Abstraktum dessen, sich auf die selben Wurzeln
beziehend. Besonders Deutschland leidet noch heute unter Nachwirkungen, die der Nationalismus
gebracht hat, denn Männer wie Dr. Joseph Göbbels haben die einst friedlichen und liberalen Ideale
mit Füßen getreten und für sich umgemünzt, um ein totalitäres System zu rechtfertigen.
So ist das Bild des Deutschen viele Jahre das eines Kriegstreibers und preußischen Kasernentyps
gewesen.
Wie bereits angedeutet, war der Nationalismus nicht immer unterwandert von Diktatoren und
Ausbeutern. Einst war er etwas neues, gutes, das die Menschen geeint hat.
Ein Lichtblick in finsteren Zeiten, eine Gespinst, so dünn, dass nur ein grober Hauch gereicht hätte,
um es verschwinden zu lassen. Das Ideal eines völkischen Liberalismus, aufgebaut auf Werten wie
Menschlichkeit und Gleichheit.
Es war beinahe revolutionär, im Anblick einer totalitären Obrigkeit und eines zersplitterten Staates
an ein geeintes Deutschland zu denken.
Möglich gemacht wurde dies durch die im 17. und 18. Jahrhundert aufkommende Notwendigkeit,
den Buchdruck auf die Vielfalt der gesprochenen Sprachen auszuweiten. Dadurch bildeten sich
allmählich Schriftnationen, die den Grundstein für ein Nationalbewusstsein im Staate legten.
So schickten sich um 1806, also am Höhepunkt der Frühromantik auch viele junge Autoren und
gebildete Bürger an, einen Nationalismus nach ihren Vorstellungen zu kreieren.
Deshalb wurde der romantische Nationalismus durch eine nationale Romantik und Philosophie
unterstützt, blieb jedoch stets mehr Idealbild als Realität und wurde im Lauf der Geschichte von
einer radikalisierten Form seiner selbst verdrängt.
Schon im 18. Jahrhundert entdeckte man die Gesamtheit des einfachen Volkes als Motor des
politischen Fortschritts. (2)
"Die Romantiker machten aus dieser Relativierung des kulturellen Führungsanspruches der
Bildungsschichten ein Programm: Wahre Poesie war für sie nur bei unverbildeten Menschen zu
finden - beim einfachen Volk und bei den Kindern.[...]
Inhaltsangabe
1.) Einleitung
1.1.) Rückblick auf den historischen Nationalismus
2.) Der romantische Nationalismus
2.1.) Die Entstehung eines nationalen Bewusstseins
2.2.) Eigenheiten seiner selbst
2.3.) Die Entwicklung bis und nach 1848
3.) Schlussbemerkungen
4.) Literaturangabe
1.) "Das Wort >Nationalismus< hat seit geraumer Zeit einen schlechten Klang. Eine Untersuchung [...] wird sich immer vor Augen halten müssen, wie sehr Europa und Europäertum durch nationalistische Zersetzung beeinträchtigt worden sind." 1
Was heute zumeist unter dem Begriff des Nationalismus geführt wird, ist nicht der zu betrachtende, romantische Nationalismus, sondern vielmehr ein Abstraktum dessen, sich auf die selben Wurzeln beziehend. Besonders Deutschland leidet noch heute unter Nachwirkungen, die der Nationalismus gebracht hat, denn Männer wie Dr. Joseph Göbbels haben die einst friedlichen und liberalen Ideale mit Füßen getreten und für sich umgemünzt, um ein totalitäres System zu rechtfertigen. So ist das Bild des Deutschen viele Jahre das eines Kriegstreibers und preußischen Kasernentyps gewesen.
Wie bereits angedeutet, war der Nationalismus nicht immer unterwandert von Diktatoren und Ausbeutern. Einst war er etwas neues, gutes, das die Menschen geeint hat.
Ein Lichtblick in finsteren Zeiten, eine Gespinst, so dünn, dass nur ein grober Hauch gereicht hätte, um es verschwinden zu lassen. Das Ideal eines völkischen Liberalismus, aufgebaut auf Werten wie Menschlichkeit und Gleichheit.
Es war beinahe revolutionär, im Anblick einer totalitären Obrigkeit und eines zersplitterten Staates an ein geeintes Deutschland zu denken.
Möglich gemacht wurde dies durch die im 17. und 18. Jahrhundert aufkommende Notwendigkeit, den Buchdruck auf die Vielfalt der gesprochenen Sprachen auszuweiten. Dadurch bildeten sich allmählich Schriftnationen, die den Grundstein für ein Nationalbewusstsein im Staate legten. So schickten sich um 1806, also am Höhepunkt der Frühromantik auch viele junge Autoren und gebildete Bürger an, einen Nationalismus nach ihren Vorstellungen zu kreieren. Deshalb wurde der romantische Nationalismus durch eine nationale Romantik und Philosophie unterstützt, blieb jedoch stets mehr Idealbild als Realität und wurde im Lauf der Geschichte von einer radikalisierten Form seiner selbst verdrängt.
Schon im 18. Jahrhundert entdeckte man die Gesamtheit des einfachen Volkes als Motor des politischen Fortschritts. 2
"Die Romantiker machten aus dieser Relativierung des kulturellen Führungsanspruches der Bildungsschichten ein Programm: Wahre Poesie war für sie nur bei unverbildeten Menschen zu finden - beim einfachen Volk und bei den Kindern. Sie bemühten sich um die Bewahrung der durch den Modernisierungs- und Zivilisationsprozess gefährdeten Volkssprache und -Überlieferung und betrieben einen Kult des Natürlichen und Ursprünglichen, der ein ständiger Begleiter des Nationalismus wurde." 3
1.1.) Thomas Nipperdey beschreibt den Nationalismus als Bewegung, in der die Nation eine Großgruppe ist, der jeder vorrangig angehört.
Die Bindung an die Nation und eine gewisse Loyalität ihr gegenüber stehen an oberster Stelle und sind gleichzeitig Recht und Pflicht eines jeden treuen Bürgers. 1 Noch heute ist der Nationalgedanke weit verbreitet, doch er wurde nicht erst vor wenigen hundert Jahren entworfen. Der Primatsanspruch der Nationalität ist eine sehr alte Menschheitserwägung, die sich bis in die Gegenwart bei Menschenaffen, natürlich auf kleinere Gruppen bezogen, beobachten lässt. 2
Aber "[...] erst in der neuesten Zeit versucht das Nationalgefühl sich zum höchsten Wert zu machen und alle Gebiete des menschlichen Denkens und Handelns, sogar die Wissenschaft, zu durchdringen [...]." 3
Nirgendwo hat der Nationalismus solch einen pompösen und kometenhaften Aufstieg und solch einen erschütternden Niedergang erlebt, wie in Deutschland zwischen 1815 und 1945. In einigen Kreisen gab es ihn natürlich schon vorher und auch im Nachhinein verschwand er nie gänzlich aus den Köpfen der Bevölkerung. Ein besonderes Beispiel dafür ist der Zwist, den der >Fall Kappler< im Jahre 1977 ausgelöst hat.
So stand auch im Land der Deutschen stets die Nation selbst, verkörpert durch einen "[...] aus der mittelalterlichen Pluralität hervorgegangenen Teilfürsten, [dem es gelang] die Alleinherrschaft auf dem gesamten oder annähernd gesamten Gebiet einer ethnischen Gruppe zu erringen [...]" im Vordergrund. 4
Dieser Mensch verkörperte und verfestigte eine Sprach-, Kultur- oder Geschichtsgruppe, die staatenübergreifend als >Vaterland< zusammengefasst und akzeptiert wurde. 5
Es ist bemerkenswert und gleichzeitig verwunderlich, wie ausdifferenziert sich die neuzeitlichen Völker Mitteleuropas stets sahen. Sie bekämpften sich mit einer unbändigen Leidenschaft, fochten jedoch alle für das selbe Ziel.
So ist auch die Verblendung ganzer Völker eine Kunst und ein Machtinstrument, dessen sich der neuere Nationalismus gern bedient hat.
Diese Ausarbeitung soll sich nun auf eine spezielle, bereits recht früh in Vergessenheit geratene Form des Nationalismus beziehen, die von einer handvoll zielstrebiger Schriftsteller unterstützt wurde, aber am Ende nicht hinterlistig genug war, um gegen die radikalisierte und instrumentalisierte Evolution seiner selbst zu bestehen.
Den romantischen Nationalismus.
2.) "Der Sache nach kann man auch von >kulturellem Nationalismus< sprechen; die beiden Grundannahmen, die das Wirklichkeitsverständnis hier ausmachen kann, lauten: Alle Kultur ist national und national zu verstehen; und: Eine Nation ist definiert durch die Gemeinsamkeit ihrer Kultur. Wir unterscheiden diesen Typus des Nationalismus vom politischen Nationalismus, der die Nation demokratisch auf Staatsbürgerschaft und Volkssouveränität gründet; [...] oder der die Nation liberal aus dem Willen der Einzelnen herleitet; [...] oder sie, wie am Ende des Jahrhunderts, integralistisch-imperial von ihrer Funktion im Machtkampf der Welt her bestimmt. Insbesondere mit dem liberalen Typus des politischen Nationalismus ist der romantisch-kulturelle Nationalismus eng verflochten.
Romantischer Nationalismus ist darum eigentlich ein >Idealtypus<" 1
So treffend und pointiert umschreibt Nipperdey den romantischen Nationalismus, doch einige Fragen bleiben offen.
War der romantische Nationalismus von Anfang an ein nicht realisierbares Geflecht, das an der Unbildung im Volk scheitern musste oder wurde er, wenn auch nur kurz, wirklich praktiziert? Und wenn dem so war, auf einer breiten Basis oder nur von einzelnen, ausgesuchten Menschen? Beginnen wir erst einmal mit einem Blick auf die Anfänge des Deutschen Nationalismus, als dieser noch einem einheitlichen Pangäa glich, alle Formen im Keim beinhaltend und dennoch recht homogen.
2.1.) Während die Französische Revolution zwar politische, aber keine ernsthaften nationalbildenden Einflüsse auf das zersplitterte, im Auflösen begriffene Heilige Römische Reich Deutscher Nation hatte, änderte sich mit der Besatzung Deutschlands durch den jakobinisch-nationalen Fremdherrscher Napoleon alles. 2
So gestaltete sich der langjährige Kampf von 1806 bis 1813 zu einer entscheidenden und identitätsstiftenden Phase in der Geschichte des Deutschen Nationalismus.
Doch zu dieser Zeit blieb der Nationalismus noch einer gewissen, etwas breiter gefächerten Elite zugeschrieben, denn das Volk musste Befehle ausführen und das Handeln ist der Feind der Gedanken.
Schriftsteller wie Görres und Fichte wurden recht bald zu großen, später auch vielzitierten, aber dennoch recht frühen Vertretern ihrer Gattung und begeisterten immer mehr Menschen, junge wie alte, für ihre gemeinsamen Ziele.
Gewiss lief nicht alles friedlich ab. Vor allem gegen Frankreich und auch gegen die Vorherrschaft der lateinischen Sprache in Fachbüchern wurde starke Hetze betrieben und einige Autoren übersetzten ausländische Lyrik ins Deutsche, um sie möglichst vielen zugänglich zu machen.
[...]
1 Gollwitzer, Seite 166
2 Vgl. Jansen/Borggräfe, Seite 37
3 Jansen/Borggräfe, Seite 38
1 Vgl. Nipperdey, Deutsche Geschichte, Seite 300
2 Vgl. Theimer, Seite 358-359
3 Theimer, Seite 358
4 Theimer, Seite 359
5 Vgl. Theimer, Seite 360-371 und Nipperdey, Deutsche Geschichte, Seite 302
1 Nipperdey, Nachdenken über die Deutsche Geschichte, Seite 110
2 Vgl. Nipperdey, Deutsche Geschichte, Seite 302 ff - Der jakobinisch-radikale Nationalismus nimmt stets totalitäre Züge an; der Kollektivwille der Nation muss auch mit Zwang gegen Andersdenkende durchgesetzt werden -> man ist sogar militant gegenüber zB dem Machtanspruch der Kirche, des Pluralismus und des Föderalismus.
- Arbeit zitieren
- Sebastian Güther (Autor:in), 2012, Der romantische Nationalismus - Ein kurzer Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/206668