Quartaergeologischer Aufbau und Sedimentverteilung in der Kieler Foerde


Diplomarbeit, 2002

128 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zielsetzung

3 Einführung in das Kartiergebiet
3.1 Lage
3.2 Gliederung und Bathymetrie der Kieler-Förde
3.3 Hydrographische Verhältnisse
3.4 Anthropogene Einflüsse

4 Geologischer Rahmen
4.1 Das Präquartär Schleswig-Holsteins
4.2 Das Quartär
4.2.1 Das Pleistozän
4.2.2 Das Holozän
4.2.3 Quartäre Entwicklung des Untersuchungsgebietes
4.3 Quartäre Sedimente im Untersuchungsgebiet
4.3.1 Till
4.3.2 Schmelzwasserablagerungen
4.3.3 Beckenablagerungen
4.3.4 Limnische Sedimente
4.3.5 Marine Sande
4.3.6 Schlick
4.4 Kenntnisstand aus bisher durchgeführten Arbeiten

5 Methodik
5.1 Kartengrundlage
5.2 Schiffsgestützte Methoden
5.2.1 Durchführung der Ausfahrten
5.2.2 Navigation
5.2.3 Hydroakustische Grundlagen
5.2.4 Boomer-System
5.2.5 Seitensicht-Sonar
5.2.6 Echolot
5.2.7 Backengreifer
5.2.8 Vibrocorer
5.3 Labormethoden
5.3.1 Kernbeschreibung
5.3.2 Siebanalysen
5.4 Fremdbohrungen

6 Ergebnisse
6.1 Untergrund der Kieler Förde
6.1.1 Pleistozäne Tills „tm”
6.1.2 Spätpleistozäne Schmelzwasserablagerungen „ts“
6.1.3 Holozäne marine Sande „s”
6.1.4 Holozäne limnische Sedimente „l“
6.1.5 Holozäne Schlicke „u“
6.2 Oberflächensedimente der Kieler Förde
6.2.1 Schluff „a“
6.2.2 Sand „b“
6.2.3 Sand mit Kies und Steinen „c“
6.2.4 Schluff unter geringmächtiger Feinsanddecke mit Steinen „ar“
6.2.5 Schluffiger Sand mit Kies und Steinen „br“
6.2.6 Sand mit Kies und Steinen unter geringmächtiger Schluffdecke „cr“
6.2.7 Verteilung der Oberflächensedimente
6.3 Strander Grasberg
6.4 Heikendorfer Bucht
6.5 Profile

7 Diskussion

8 Zusammenfassung

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG 1 Symbolschlüssel für die Sedimentbeschreibung

ANHANG 2 Beschreibung der Backengreiferproben

ANHANG 3 Tabelle der Vibrocorerpositionen

ANHANG 4 Schichtenverzeichnis zu den Vibrocorerkernen

ANHANG 5 Siebkurven der Backengreifer- und Vibrocorerproben

ANHANG 6 Profilsäulen der Vibrocorersedimentkerne

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abb. 1: Lage des Untersuchungsgebietes

Abb. 2 Bathymetrische Karte der Kieler Förde nach Echolotdaten aller Ausfahrten im Rahmen der vorliegenden Arbeit

Abb. 3 Wasserstandsdaten vom Pegel A11 bei Kiel Holtenau, vom 16.11.01

Abb. 4 Geologisches Profil durch Schleswig-Holstein (aus: BEST et al., 1983).

Abb. 5 Tektonische Einheiten in Schleswig-Holstein (aus: PICARD, 1964).

Abb. 6 Quartärstratigraphie Schleswig-Holsteins nach PIOTROWSKI (1996).

Abb. 7 Nacheiszeitliche Entwicklungsstadien der Ostsee. a: Baltischer Eisstausee, b: Yoldiameer, c: Ancylussee, d: Litorinameer (aus: KÖSTER, 1996).

Abb. 8 Ausgewählte Kurven des holozänen Wasserspiegelanstiegs aus dem deutschen Küstenbereich (aus: WINN et al., 1986).

Abb. 9 Nord-Süd-Profil der stratigraphischen und lithologischen Verhältnisse der Gletschervorstöße der Weichselvereisung (aus: PIOTROWSKI, 1996). (1) Till, (2) glazifluviale Ablagerungen (Schmelzwassersande und –kiese, Anm. d. Autoren), (3) glazilimnische Ablagerungen (Beckenablagerungen, Anm. d. Autoren). Das Profil beginnt an der Ostseeküste des Dänischen Wolds und verläuft am Westufer der Kieler Förde entlang bis etwa auf die Höhe von Neumünster

Abb. 10 Geologisches Profil durch die Kieler Förde nach Bohrergebnissen (aus: SCHMIDT, 1996). Dieses Profil ist in stark vereinfachter Form, im Vergleich mit anderen West-Ost-Profilen in Abb. 50 dargestellt (s. 6.5).

Abb. 11 Schema der wichtigsten Tillablagerungsmilieus und Fazies; (1) Deformationstill, (2) Setztill, (3) subglazialer Fließtill, (4) supraglazialer Fließtill, (5) subaquatischer Fliesstill, (6) Abtropftill (aus: PIOTROWSKI, 1996).

Abb. 12 Verlandungsschema eines eutrophen Gewässers. HW: Hochwassergrenze, NW: Niedrigwassergrenze, 1: Characeen-Rasen, 2: Laichkrautgürtel, 3: Seerosengürtel, 4: Röhrichtgürtel, 5: Groß-Seggengürtel, 6: Erlenbruchwald, a: Tonmudde, b: Kalkmudde, c: Feindetritusmudde, d: Grobdetritusmudde, e: Schilftorf, f: Seggentorf, g: Erlenbruchwaldtorf (aus: OVERBEK, 1975).

Abb. 13 Bohrprofile nach TAPFER (1940) durch die ufernahen Sedimente am Ostufer der Kieler Innenförde bei Ellerbeck und Mönkeberg (aus: TAPFER, 1940).

Abb. 14 Hypothese zur Morphologie der Kieler Förde nach Abschmelzen der Weichsel-Gletscher nach SIMANOWSKY (1985) (aus: SIMANOWSKY, 1985).

Abb. 15 Lage der im Rahmen der vorliegenden Arbeit mit dem Boomer-System gefahrenen flachseismischen Profile

Abb. 16 Lage der im Rahmen der vorliegenden Arbeit gefahrenen Seitensicht-Sonar-Profile

Abb. 17 Positionen der Backengreiferproben, die für die vorliegende Arbeit genommen wurden

Abb. 18 Kernpositionen der mit dem Vibrocorer im Rahmen der vorliegenden Arbeit genommenen Kerne

Abb. 19 Frequenzspektrum eines Boomer-Systems nach ATZLER (1995).

Abb. 20 Eindringvermögen eines Boomer-Systems in Abhängigkeit von der Korngröße und der Schussenergie (umgezeichnet nach Ferranti ORE Unterlagen).

Abb. 21 Verbreitung des Beckeneffekts im Untersuchungsgebiet

Abb. 22 Die Energieverteilung des Schallsignals beim Seitensicht-Sonar (aus: FISH&CARR 1990). Das obere Bild zeigt die vertikale Verteilung, das untere die horizontale

Abb. 23 Rückstreuungsmodelle für das akustische Signal eines Seitensicht-Sonars (modifiziert nach: BLONDEL&MURTON 1997).

Abb. 24 Die Abhängigkeit des vertikalen Auflösevermögens akustischer Signale von der Impulslänge und der Entfernung zur Schallquelle, aus FISH und CARR (1990).

Abb. 25 Die Abhängigkeit des horizontalen Auflösevermögens akustischer Signale von der horizontalen Bündelung des Signals und der Entfernung zur Schallquelle. Bei wachsender Entfernung vom Schleppfisch nimmt die Breite des Signals zu und nahe beieinander liegende Objekte werden von demselben Signal angestrahlt (aus: FISH&CARR 1990).

Abb. 26 Mögliche Verzerrungen senkrecht zur Fahrtrichtung (aus: FISH&CARR 1990).

Abb. 27 Flussdiagramm zur Bearbeitung der Sedimentproben

Abb. 28 Positionen der Fremdbohrungen, die in die vorliegende Arbeit einbezogen wurden

Abb. 29 Ausschnitt aus dem Seismogramm 14120104 mit Interpretation und der Profilsäulendarstellung von Vibrocorerkern 09010204. Die Lage des Profilausschnitts ist in Abb. 15 dargestellt

Abb. 30 Ausschnitt aus dem Seismogramm 05100105 mit Interpretation und der Profilsäulendarstellung von Vibrocorerkern 09010203. Die Lage des Profilausschnitts ist in Abb. 15 dargestellt

Abb. 31 Säulenprofile der Vibrocorerkerne 09010204, 09010205 und 09010208

Abb. 32 Ausschnitt aus dem Seismogramm 13120101 mit Interpretation und der Profilsäulendarstellung von Vibrocorerkern 09010209 mit den dazugehörigen Siebkurven. Die Lage des Profilausschnitts ist in Abb. 15 dargestellt

Abb. 33 Säulenprofil des Vibrocorerkernes 09010201, südlich von Bülk, mit den dazugehörigen Ergebnissen der granulometrischen Untersuchungen

Abb. 34 Säulenprofile der Vibrobohrerkerne 09010211 und 09010212 aus der Heikendorfer Bucht

Abb. 35 Ausschnitt aus dem Seismogramm 02100103 mit Interpretation und der Profilsäulendarstellung von Vibrocorerkern 09010211 mit den dazugehörigen Siebkurven. Die Lage des Profilausschnitts ist in Abb. 15 dargestellt

Abb. 36 Mosaikdarstellung aller im Rahmen der vorliegenden Arbeit ausgewerteten Sonographien

Abb. 37 Siebkurve der Backengreiferprobe 18040226 aus einem Schluffbereich vor der Schwentinemündung. Der Ton- und Schluffanteil ist nicht fraktioniert worden und liegt zusammen bei 73 Gew.%.

Abb. 38 Ausschnitt aus der Sonographie 16110101. Deutlich ist der Übergang von der gering rückstreuenden Schlufffläche (b) zu der deutlich dunkleren Sandfläche (a) zu erkennen. Die schwarzen Punkte bei (c) sind Fischschwärme in der Wassersäule

Abb. 39 Siebkurve der Backengreiferprobe 19040205 aus einem Sandbereich vor der Mole des Tirpitz-Hafens bei Kiel-Wik

Abb. 40 Ausschnitt aus der Sonographie 15110102. Die dunklen Reflektoren mit den langen weißen Schallschatten (a) sind Steine von bis zu 2 m Höhe

Abb. 41 Siebkurve der Backengreiferprobe 19040201 vom Strander Grasberg. Der Feinanteil (< 0,063 mm liegt bei ca. 1 Gew.%).

Abb. 42 Ausschnitt aus der Sonographie 15110121. Der Ausschnitt zeigt bei (b) Schluff mit einer dünnen Sanddecke. Bei den Punkten (a) ist die Sanddecke grobkörniger und teilweise von kleinen Steinen bedeckt

Abb. 43 Ausschnitt aus der Sonographie 19020213. (c) Sedimenttyp „ar“, (a) schluffiger Sand mit Kies und Steinen, (b) Schluffinsel im Übergangsbereich, (d) Ankerspur

Abb. 44 Summenkurven der Backengreiferproben 18010208, 18010209, 18010217, 18010218 und 18010227 aus den Gebieten in denen der Sedimenttyp „br“ vorkommt

Abb. 45 Siebkurve der Backengreiferprobe 19040214 aus der Friedrichsorter Enge. Der Feinanteil (< 0,063 mm) liegt bei etwa 29 Gew.%.

Abb. 46 Ausschnitt aus der Sonographie 16110106. (c) Schluff-Gebiet, (a) Sandfläche mit Kiesen und Steinen, (b) Schluffläche

Abb. 47 Oberflächensedimentkarte der Kieler Förde

Abb. 48 Bathymetrische Karte, Karte der pleistozänen Oberfläche, Karte der Mächtigkeit der holozänen Sedimente, Blockbild mit Oberflächensedimenten des Strander Grasberg und vereinfachte geologische Profile

Abb. 49 Bathymetrische Karte, Karte der pleistozänen Oberfläche, Karte der Mächtigkeit der holozänen Sedimente, Blockbild mit Oberflächensedimenten der Heikendorfer Bucht und dazugehörige vereinfachte geologische Profile

Abb. 50 West-Ost-Profile durch die Kieler Förde. Die Profile 04100106 bis 04100109 sind auf der Grundlage von Boomer-Profilen erstellt worden, das Profil „Fördetunnel“ auf der Grundlage des geologischen Profils aus Abb. 10. Die Profile sind 22-fach überhöht

Abb. 51 Vermuteter Verlauf des spätpleistozänen Rinnensystems in der Kieler Förde. Grundlage für die Darstellung sind die Ergebnisse von SCHMIDT (1996), SAAD (1977), sowie die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit

Abb. 52 Morphologie der an die Kieler Förde grenzenden Gebiete. Die Datengrundlage ist ein DGM des Landesvermessungsamtes von Schleswig-Holstein

Tabelle 1 Kompressionswellengeschwindigkeiten (Vp) in unterschiedlichen Materialien (zusammengestellt aus ATZLER 1995 und HOLLER 1995).

1 Einleitung

Die Entstehung der Kieler Förde und ihre Entwicklung ist seit über einem Jahrhundert vielfach Gegenstand geowissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. Das Verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass die Stadt Kiel, deren Entwicklung eng mit der Kieler Förde verbunden ist, seit Mitte des 17. Jahrhunderts eine Universitätsstadt ist. Der Großteil dieser Untersuchungen wurde mit „traditionellen“ Untersuchungsmethoden wie Kernentnahmen und Oberflächenproben durchgeführt. Diese punktuellen Methoden lösen eine Vielzahl kleinräumiger Bereiche in der Kieler Förde sehr hoch auf und liefern wertvolle Informationen über die lokalen Sedimenttypen, deren Alter und Genese. Jedoch ist es schwierig, aus diesen lokalen Informationen auf ein Gesamtbild für die Kieler Förde zu schließen. Daher wurden bisher auch kaum Versuche unternommen, die Ablagerungen der Kieler Förde mit den z. T. umfangreichen Erkenntnissen aus der Umgebung zu korrelieren.

Ein erster Ansatz zu einer flächenhaften Untersuchung wurde im Jahre 1985 von KÖGLER und ULRICH verfolgt. Sie haben die Ablagerungen der Kieler Förde mit Hilfe eines Sedimentecholots und einiger weniger Oberflächensedimentproben kartiert. Als Ergebnis ihrer Untersuchungen haben sie Karten über die Verteilung der an der Oberfläche anstehenden Sedimente und der Mächtigkeit der spät- und postglazialen Weichsedimente erstellt. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen wurden jedoch in großen Teilen durch neue Erkenntnisse (SCHMIDT, 1996 u. a.) in Frage gestellt, und so existiert bis heute keine zusammenhängende Darstellung über den Untergrund der Kieler Förde und deren an der Oberfläche anstehende Sedimente.

Die vorliegende Arbeit ist der Versuch, mit einer Kombination aus punktuellen und flächenhaften Untersuchungsmethoden ein homogenes Bild der quartären Ablagerungen der Kieler Förde zu erstellen. Zu diesem Zweck wurden der Kartierungsteil und der Laborteil in einer zusammenhängenden Arbeit dargestellt.

2 Zielsetzung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, im Gegensatz zu den bereits vorhandenen punktuellen Untersuchungen eine zusammenhängende Darstellung der glazialen und postglazialen Ablagerungen der Kieler Förde mittels hydroakustischer und sedimentologischer Methoden zu erarbeiten. Auf der Grundlage dieser Daten und bereits vorhandenen Datenmaterials soll die pleistozäne und holozäne Genese dieses Landschaftsteils rekonstruiert werden.

- Dazu sollen die pleistozänen und holozänen Ablagerungen der Kieler Förde in unterschiedliche genetische Einheiten gegliedert werden. Aus der Gliederung soll eine Karte der Tiefenlage der pleistozänen Oberfläche erstellt werden.
- Die Pleistozängliederung der Kieler Förde soll mit der Gliederung der pleistozänen Ablagerungen aus der Umgebung der Kieler Förde hinsichtlich ihrer genetischen Zusammengehörigkeiten korreliert werden. Vorhandenes Datenmaterial soll gesichtet und mit den eigenen Untersuchungsergebnissen zusammengeführt werden.
- Die Gliederung der holozänen Ablagerungen der Kieler Förde soll in limnische und marine Phasen unterteilt werden. Anhand dieser Unterteilung sollen Aussagen über den Verlauf des holozänen Wasserspiegelanstiegs der Ostsee in der Kieler Förde abgeleitet werden.
- Die an der Oberfläche anstehenden Sedimente sollen in unterschiedliche Sedimenttypen gegliedert werden, und es soll eine Karte über deren Verteilung erstellt werden. Die unterschiedenen Sedimenttypen sollen den hydrologischen Einwirkungen zugeordnet werden.

3 Einführung in das Kartiergebiet

3.1 Lage

Das Kartiergebiet umfasst den Bereich der Kieler Innenförde und den Teil der Kieler Außenförde bis zum Hochwert H6036000 und dem Rechtswert R3580000. Die Lage des Kartiergebietes geht aus Abb. 1 hervor. Es wurde eine Fläche von ca. 27 km2 kartiert.

Die Gebietsgrenze im Bereich der Kieler Innenförde und die westliche Begrenzung in der Kieler Außenförde ist durch die 5m Isobathe gegeben. Im Bereich der Hafenbecken konnten keine Profile aufgenommen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Lage des Untersuchungsgebietes.

3.2 Gliederung und Bathymetrie der Kieler-Förde

Die in Abb. 2 dargestellte bathymetrische Karte wurde aus den Echolotdaten aller Ausfahrten erstellt und deckt den Bereich des Kartiergebietes bis zur 5m-Isobathe ab. Im Bereich der Hafenbecken, der Einfahrt des Nord-Ostsee-Kanals (N-O-K) und der Hörn, als südliches Ende der Kieler-Förde, liegen keine Daten vor.

Die Kieler Förde reicht vom südlichsten Ende, der sog. „Hörn“ in der Kieler Innenstadt, bis an eine gedachte Verbindungslinie zwischen den Orten Bülk im Westen und Stein im Osten. Sie ist in zwei etwa 9 km lange Areale mit unterschiedlicher Ausdehnung geteilt, die Kieler Innenförde und die Kieler Außenförde. Getrennt werden beide Bereiche von der nur etwa 1 km breiten Friedrichsorter Enge (vgl. Abb. 2).

Beide Areale werden von einer zentralen Längsrinne durchzogen, die in der südlichen Innenförde bei einer Wassertiefe von ca. 14 m u NN beginnt und sich erst auf der Höhe der Heikendorfer Bucht langsam bis ca. 18 m u NN vertieft. Diese Rinne mündet jenseits der Kieler Außenförde in die ca. 20 m u NN tiefe Beckenzone der Kieler Bucht.

Das Relief der südlichen Kieler Innenförde ist von drei bis zu 22 m u NN tiefen Mulden bestimmt. Die am Westufer gelegene ca. 22 m u NN tiefe „Wittlingskuhle“ ist natürlichen Ursprungs und wurde so bereits 1872 in der ersten preußischen Seekarte des Hafens mit einer Tiefe von 27 m verzeichnet (KORTUM, 2000). Die südlichste ca. 22 m u NN tiefe Mulde ist für die Norwegenfähren ausgehoben und somit, wie die sog. „Werftkuhle“, anthropogenen Ursprungs.

Im Bereich der Kieler Innenförde steigt der Boden von der Mittelrinne aus zu beiden Seiten hin auffallend langsam bis zur 12 m-Linie an. Zwischen der 12 m- und der 5 m-Linie existiert eine stärkere Bodenneigung von bis zu 10°. Eine Ausnahme davon bildet in der Kieler Innenförde der Flachwasserbereich der Heikendorfer Bucht. Das Flussbett der Schwentine schneidet tief in das Ostufer ein und mündet in ca. 12 m u NN Wassertiefe in die Innenförde.

Die Kieler Außenförde öffnet sich trichterförmig in die Kieler Bucht. Ihre Uferbereiche weisen eine erheblich größere Gliederung auf als die der Kieler Innenförde. Eine markante morphologische Erhebung ist der Strander Grasberg mit Wassertiefen stellenweise über 4 m u NN. Zwischen dem Strander Grasberg und dem Hafen von Strande reicht eine weitere kleine Erhebung in die Strander Bucht und schnürt zusammen mit dem Strander Grasberg einen kleinen buchtenförmigen Tiefwasserbereich vor dem Ort Schilksee ab. Der Meeresboden in den Uferbereichen zwischen Laboe und Stein sowie nordöstlich von Strande ist durch bis zu 3 km breite Flachwassergebiete bestimmt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Bathymetrische Karte der Kieler Förde nach Echolotdaten aller Ausfahrten im Rahmen der vorliegenden Arbeit.

3.3 Hydrographische Verhältnisse

Die Kieler Förde steht über eine ca. 7,5 km breite Öffnung mit der Ostsee in Verbindung. Außer der Schwentine im südlichen Teil der Kieler Innenförde münden nur unbedeutende Bäche in die Kieler Förde. Der Nord-Ostsee-Kanal liefert mit seinem brackigen Wasser keinen relevanten Süßwassereintrag. Nach KÄNDLER (1959) spiegelt die Kieler Förde somit mangels stärkeren Süßwassereintrags die Schichtungsverhältnisse der angrenzenden westlichen Ostsee wider, wobei die teilweise sehr salzreichen Bodenwässer der Beltsee, mit bis zu 33 ‰ Salzgehalt, nicht bis in die Kieler Förde vordringen (FENNEL, 1996). Dies ist nach KÄNDLER (1959) auf den morphologisch durch Barren und Rinnen vorgegebenen Weg des Bodenwassers durch den nur 15 m tiefen Gabelsflachkanal zurückzuführen. Durch die geringe Tiefe des Durchlasses können nur die weniger salzreichen Zwischenwasser, mit ca. 20 ‰, in die Kieler Förde eindringen (FENNEL, 1996).

Nach KORTUM (2000) zeigt der Wasserkörper der Kieler Förde in den Sommermonaten eine deutliche Schichtung. Das Oberflächenwasser mit Temperaturen bis 16 °C und einem durchschnittlichen Salzgehalt von 14 ‰ geht dabei in ca. 12 °C kaltes Tiefenwasser mit einem Salzgehalt von bis zu 21 ‰ über. In den Wintermonaten ist die Wassersäule mit ca. 2 °C gut durchmischt, mit einer dichtebedingten salinaren Schichtung.

Wasserstandsschwankungen durch Gezeiten spielen in der Ostsee und somit der Kieler Förde eine sehr untergeordnete Rolle. So bleibt nach LASS und MAGAARD (1996) die Summe der Amplituden halbtägiger und ganztägiger Gezeiten in der Ostsee stets unter 15 cm. Wasserstandsschwankungen in der Kieler Förde können dennoch unter normalen Bedingungen bis zu 2 m in 12 Stunden ausmachen (vgl. Abb. 3) und sind wind- und luftdruckbedingt (LASS&MAGAARD, 1996). Hochwasser werden durch die Eigenschwingung der Ostsee erzeugt. Wird das Wasser der westlichen Ostsee durch einen langanhaltenden Weststurm in den östlichen Teil der Ostsee gedrückt, entsteht ein Wasserdefizit im Westteil. Dieses Wasserdefizit wird durch aus dem Kattegatt einströmendes Bodenwasser ausgeglichen. Bei nachlassenden Winden schwappt das verdrängte Wasser aus dem Ostteil zurück, und es kommt zu einem Wasserüberschuss im Westteil der Ostsee. Ein abrupter Wechsel des Sturmes von West auf Ost verstärkt diesen Rückschwappeffekt, und es kommt zu Sturmhochwässern.

Die Kieler Förde ist durch die nur ca. 1 km breite Friedrichsorter Enge in zwei Bereiche geteilt (vgl. 3.2). Die Kieler Außenförde ist mit ihrer breiten Öffnung zur Kieler Bucht unmittelbar den Einflüssen der Ostsee ausgesetzt, und Welleneinwirkungen bestimmen hier die Sedimentationsräume. Die Kieler Innenförde ist durch die Friedrichsorter Enge von diesen Einflüssen weitestgehend abgeschirmt. Doch gerade in diesem schmalen Durchlass, wie auch in der übrigen Kieler Innenförde, prägen Ein- und Ausströmprozesse, angetrieben durch Wasserstandsschwankungen, die Sedimentationsräume der Kieler Innenförde (s. Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Wasserstandsdaten vom Pegel A11 bei Kiel Holtenau, vom 16.11.01.

Da keine Strömungsdaten für die Kieler Förde verfügbar sind, kann die folgende Überlegung einen Eindruck vermitteln, welche Strömungen bei Wasserstandsänderungen von 2 m in 12 Stunden in der nur 1 km breiten Friedrichsorter Enge auftreten können:

- Die Kieler Innenförde hat insgesamt eine Fläche von ca. 15 km2,
- bei 2 m Wasserstandserhöhung ergibt sich ein Wasserüberschuss von 30 × 106 m3,
- Der Querschnitt der Friedrichsorter Enge beträgt ca. 12.000 m2,
- das bedeutet es müssen in 12 Stunden ca. 2500 mal 12.000 m2 durch die Enge strömen,
- das ergibt eine Strömungsgeschwindigkeit von ca. 6 Zentimetern pro Sekunde.

Diese Strömungsgeschwindigkeit würde nach HJULSTRÖM (1939) reichen, um tonig-siltige Fraktionen, die durch die Sogwirkung der Schiffe aufgewirbelt wurden, in Suspension zu halten. Es kann jedoch von einer weit höheren Strömungsgeschwindigkeit ausgegangen werden, da der Ein- und Ausstrom in der Kieler Förde durch Bodenwässer bestimmt ist.

Die Welleneinflüsse am Westufer der Kieler Außenförde sind z. T. erheblich. An der Probstei, östlich der Mündung der Kieler Förde gelegen, wurden nach Nordoststürmen maximale Wellenhöhen von bis zu 4 m und Wellenlängen von bis zu 80 m gemessen (SCHWARZER, 1989). Das Westufer der Kieler Außenförde ist von diesen Einflüssen nicht durch morphologische Erhebungen im Küstenvorfeld abgeschirmt (vgl. 3.2), und so ist es bei Nordost-Winden ebenfalls einer verstärkten Erosion durch Welleneinwirkung ausgesetzt.

3.4 Anthropogene Einflüsse

Der Einfluss des Menschen auf das heutige Bild der Kieler Förde ist groß. Seit der Benennung der Stadt Kiel zum Reichskriegshafen 1872 wurden große Teile des Uferbereichs in der Kieler Innenförde befestigt oder zu Hafenbecken ausgebaut. Der Südzipfel der Hörn wurde 1876 bis 1880 mit Erdmassen zugeschüttet und ihre Ausdehnung um die Hälfte verringert. Im Jahre 1895 wurde der Nord-Ostsee-Kanal fertiggestellt.

Die direkten anthropogenen Einflüsse auf das Untersuchungsgebiet (vgl. 3.1) zeigen sich in erster Linie an den Oberflächensedimenten. Es wurden zwar im Bereich der Kieler Förde nie Vertiefungsmaßnahmen vorgenommen (frdl. mdl. Mitteilung Herr Röben, Wasser und Schifffahrtsverwaltung in Lübeck), doch finden sich besonders in den Randbereichen viele sandige Bereiche, die eindeutig als Aufschüttungen zu sehen sind. So wurde z. B. die natürliche Verengung bei Friedrichsort im Jahre 1627 durch Sandaufschüttungen auf ca. 1 Kilometer eingeengt, um den Wellenschutz in der Innenförde zu erhöhen (KORTUM, 2000).

Im Zuge der Industrialisierung wurde die Kieler Förde vermehrt als Kloake und Müllkippe der wachsenden Stadt Kiel und ihrer Häfen genutzt. Relikte der Dampfschifffahrtära finden sich in den Oberflächensedimenten der Kieler Förde in Form von Kesselschlacken. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurden große Teile der Stadt Kiel völlig zerstört. Die gesamt Trümmermenge betrug in Kiel ca. 5×106 m3 (ROTHE, 2000). Ein Teil dieser Trümmer wurde in der Nachkriegszeit in der Kieler Förde entsorgt und findet sich als Betonbrocken in den Oberflächensedimenten.

Die anthropogenen Veränderungen der Oberflächensedimente der Kieler Förde dauern bis in die heutige Zeit an. Schiffsinduzierte Verdrängungsströmungen führen im Nahbereich fahrender Schiffe zu einer permanenten Aufarbeitung der obersten Zentimeter des Sediments im Fahrwasser der Kieler Förde (frdl. mündl. Mitt. K. Uliczka, Bundesanstalt für Wasserbau, Hamburg). Da pro Jahr z. B. etwa 30.000-40.000 Schiffe die Abkürzung durch den Nord-Ostsee-Kanal nutzen (Quelle: Wasser- und Schifffahrtsamt Kiel Holtenau), ist dieser Effekt auf die Oberflächensedimente nicht zu vernachlässigen.

4 Geologischer Rahmen

4.1 Das Präquartär Schleswig-Holsteins

Die präquartären Ablagerungen Schleswig-Holsteins werden nahezu vollständig von bis zu 100 m mächtigen quartären Ablagerungen überdeckt. So sind präquartäre Formationen nur an wenigen Lokalitäten Schleswig-Holsteins an der Oberfläche aufgeschlossen. Diese Aufschlüsse sind auf salinar- und glazialtektonische Prozesse zurückzuführen (GRIPP, 1964).

Die Salinarstrukturen im Untergrund Schleswig-Holsteins sind halokinetische Bildungen der Rotliegend- und Zechsteinsalze (s. Abb. 4), die im Oberen Buntsandstein einsetzten und teilweise noch bis heute anhalten (JARITZ, 1973).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Geologisches Profil durch Schleswig-Holstein (aus: BEST et al., 1983).

Mobilisiert wurden die permischen Salinargesteine durch Druck und Temperaturänderungen im Zuge der Überlagerung durch mesozoische und känozoische Sedimente. Der Aufstieg der Salinargesteine ist wahrscheinlich auf tektonische Anstöße zurückzuführen (DUPHORN et al., 1995, BRINK, 1984).

Der Untergrund Schleswig-Holsteins lässt sich in vier großtektonische Einheiten gliedern (GRIPP, 1964, PICARD, 1964). Nach ihrer Lagestabilität und der Flächenausdehnung lassen sich der Westschleswig-Block, die Mittelholsteinische Scholle, der Ostholstein-Block und die Hamburger-Scholle unterscheiden (s. Abb. 5). Das Untersuchungsgebiet in der Kieler Förde liegt am Nordrand der Mittelholsteinischen Scholle, die neotektonisch größtenteils durch das Aufsteigen der Rotliegend- und Zechsteinsalze geprägt ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 Tektonische Einheiten in Schleswig-Holstein (aus: PICARD, 1964).

4.2 Das Quartär

Das jüngste stratigraphische System der Erdgeschichte ist das Quartär. Die Obergrenze zum Tertiär wird nach klimatischen Gesichtspunkten an den Beginn der Klimaverschlechterung 2,56 ´ 106 a BP gelegt. Nach der Internationalen Union für Quartärforschung (INQUA) wird die Grenze zwischen Tertiär und Quartär jedoch nach dem „Olduvai Event“ magnetostratigraphisch auf ein Alter von 1,78 ´ 106 a BP datiert.

Das Quartär wird in das von den Vergletscherungen der Nordhalbkugel geprägte Pleistozän und das nacheiszeitliche bis heute andauernde Holozän gegliedert. Die Grenze zwischen Pleistozän und Holozän wird in der Literatur einheitlich auf 10.000 a B. P. (kalibriertes 14C-Alter) gelegt (STEPHAN&MENKE, 1977, DUPHORN et al., 1995 u. a.). Die Gliederung des Quartärs geht aus Abb. 6 hervor.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6 Quartärstratigraphie Schleswig-Holsteins nach PIOTROWSKI (1996).

4.2.1 Das Pleistozän

Das Pleistozän ist durch schnelle Klimawechsel geprägt, die zu mindestens sechs großen Kaltzeiten (Glazialen) führten (WALTER, 1995). Nach MEYER (1991) kam es während des Cromer (Mittelpleistozän, vgl. Abb. 6) zu ersten Vereisungen im skandinavischen Raum, deren Gletscher jedoch nicht den Ostseeraum erreichten.

Erst das jüngere Pleistozän ist in Norddeutschland durch drei große Glaziale geprägt, die durch wärmere Zeitabschnitte (Interglaziale) voneinander abgegrenzt sind. Während der Kaltzeiten drangen Gletscher aus den Hochlagen Skandinaviens bis tief in den norddeutschen Raum vor und hinterließen beim Rückschmelzen markante Geländestrukturen, die als Eisrandlagen bezeichnet werden. Anhand dieser Eisrandlagen konnten die Eisvorstöße der einzelnen Kaltzeiten nach ihrer Ausdehnung und ihrer zeitlichen Folge rekonstruiert werden. Danach wird im norddeutschen Raum unterschieden zwischen dem Elster-Glazial, dem Saale-Glazial und dem Weichsel-Glazial, die durch die Warmzeiten des Holstein- und Eem-Interglazials begrenzt sind (s. Abb. 6).

Die Gletscher des Elster-Glazials drangen bis an den Rand der deutschen Mittelgebirge vor (WALTER, 1995). Es können dabei mindestens zwei Eisvorstöße unterschieden werden. Durch Schmelzwässer wurden bis zu 400 m tiefe Rinnensysteme im Untergrund angelegt (EHLERS, 1994). Im Zuge dieser Vorstöße wurde der Untergrund der Ostsee nur schwach modelliert und nur einige subglaziäre Erosionsrinnen angelegt (MEYER, 1991).

Das nachfolgende Holstein-Interglazial ist durch das Vordringen des Meeres in die elstereiszeitlichen Rinnen, bedingt durch einen eustatischen Meeresspiegelanstieg, geprägt. Das Holstein-Meer lagerte dort zuerst marine Tone ab, die von marinen Sanden und limnischen Mudden und Torfen gefolgt wurden (WOHLSTEDT&DUPHORN, 1974).

Während des Saale-Glazials wurde Schleswig-Holstein noch mehrmals vollständig von Gletschern überfahren (WALTER, 1995, PIOTROWSKI, 1996). PIOTROWSKI (1996) und DUPHORN und KABEL (1980) unterscheiden dabei drei saaleeiszeitliche Tills (qs1 bis qs3), so dass von drei großen Eisvorstößen ausgegangen werden kann. Nach MEYER (1991) erfolgten die Vorstöße von Nordosten bis Osten und erodierten großräumig den Untergrund im Gebiet der heutigen Ostsee. Der älteste Vorstoß (qs1) reichte bis in das südliche Niedersachsen (EHLERS, 1994). Er hatte die größte Erosionswirkung, so dass die Fließrichtung der beiden jüngeren Vorstöße bereits durch das Ostseebecken bestimmt war (MEYER, 1991).

Das Relief der von den saaleeiszeitlichen Gletschern überfahrenen Bereiche war nach deren Rückschmelzen durch eine Fülle von Geländemulden geprägt, in denen es im nachfolgenden Eem-Interglazial zu Moorbildungen kam (MENKE&STEPHAN, 1993). Bedingt durch einen eustatischen Meeresspiegelanstieg kam es erneut zu einer marinen Ingression. Das Eem-Meer nahm dabei das gesamte Gebiet der heutigen Ostsee und Teile der Nordsee ein, so dass die eemzeitlichen Vorläufer der Nord- und Ostsee wahrscheinlich durch einen schmalen Sund zwischen Rendsburg und Eckernförde miteinander verbunden waren (DUPHORN et al., 1995).

Mit einer erneuten Klimaverschlechterung begann das Weichsel-Glazial. Im Weichsel-Frühglazial wurde Norddeutschland noch nicht von Gletschern überfahren. Tundren- und Steppen-Stadiale wechseln sich mit wärmeren Interstadialen ab, die durch boreale Wälder gekennzeichnet sind (DUPHORN et al., 1995). Erst während des Weichsel-Hochglazials kommt es nach PIOTROWSKI (1996) zu insgesamt sechs Eisvorstößen (qw1 bis qw6). STEPHAN und MENKE (1993) unterscheiden hingegen nur vier Vorstöße (qw1 bis qw4), GRIPP (1964) sogar nur drei.

Der erste weichseleiszeitliche Vorstoß (qw1, Brügge-Vorstoß, s. Abb. 6) kam in Schleswig-Holstein etwa auf der Linie Dosenmoor-Schwale-Schönböken-Schmalensee-Teufelsberg zum Stillstand. Nach diesem Vorstoß zog sich der Gletscherrand nach Norden zurück, wobei er jedoch die heutige Küstenlinie der Ostsee nicht erreicht hat. Der qw2-Vorstoß (Bordesholm-Vorstoß) hatte die größte Ausdehnung der weichseleiszeitlichen Vorstöße und reichte bis zur Linie Neumünster-Boostedt-Bornhöved-Grimmelsberg. Die Gletscher des qw3-Vorstoßes (Blumenthal-Vorstoß) lagerten die prägnanteste Eisrandlage Schleswig-Holsteins ab, die Blumenthaler Moräne. Beim Rückschmelzen der Gletscher des qw3-Vorstoßes bildeten sich zwischen der Gletscherfront und der Eisrandlage große Eisstauseen (PIOTROWSKI, 1996). Die große Mächtigkeit der Beckensedimente des Löptiner Eisstausees (bis zu 10 m) und ihre räumliche Ausdehnung sprechen für eine längere eisfreie Zeit nach dem qw3-Vorstoß (CRAMER, 1993).

Der qw4-Vorstoß (Barmissen-Vorstoß) reichte vermutlich bis ca. 10 km südlich der Sehberg Moräne bei Kiel und überdeckt mit seinen Ablagerungen teilweise die Beckensedimente des Löptiner Eisstausees (CRAMER, 1993). Die Sehberg Moräne an sich ist die Eisrandlage des qw5-Vorstoßes (Sehberg-Vorstoß), dessen Eiskappe sich beim Rückschmelzen das erste Mal in das Innere der Ostseesenke zurückzog. Der letzte Vorstoß (qw6, Fehmarn-Vorstoß) hatte die geringste Ausdehnung und reichte in Schleswig-Holstein nur wenige Kilometer landeinwärts (PIOTROWSKI, 1996).

4.2.2 Das Holozän

Die holozäne Entwicklung der Ostsee und somit der Kieler Förde, als ein heutiger Teil der Ostsee, ist durch das Zusammenwirken verschiedener Prozesse bestimmt. Das Abschmelzen des fennoskandischen Inlandeises des Weichsel-Glazials, nach BJÖRK (1995) auf 13.500 a BP bis 13.000 a BP datiert (kalibrierte C14-Jahre), führte zu einer Entlastung der Erdkruste im Bereich Skandinaviens, die sich daraufhin zu heben begann (isostatischer Ausgleich). In den Randbereichen der Hebung kam es durch Ausgleichsbewegungen zu einem gleichzeitigen Absenken der Kruste. Im Zusammenspiel mit den eustatischen Meeresspiegeländerungen und lokalen tektonischen Bewegungen kam es so zu einem Wechsel von Süß-, Brack- und Salzwasserphasen im Bereich der heutigen Ostsee (s. Abb. 7).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7 Nacheiszeitliche Entwicklungsstadien der Ostsee. a: Baltischer Eisstausee, b: Yoldiameer, c: Ancylussee, d: Litorinameer (aus: KÖSTER, 1996).

Die Schmelzwässer der sich nach Norden zurückziehenden Gletscher des fennoskandischen Inlandeises bildeten in der jüngeren Dryas den sog. „Baltischen Eisstausee“. Die Verbindung zum Weltmeer war noch durch den Eisrand unterbrochen, und der Wasserspiegel des Eisstausees lag ca. 25 m über dem des Weltmeeres. Ein weiteres Rückschmelzen des Eises führte im Präboreal zu einem Durchbruch beim Billigen-Bergen in Mittelschweden, durch den der Baltische Eisstausee in das Weltmeer entwässerte.

Über diese Verbindung drang zwischen 10.300 a BP und 9.500 a BP salzreiches Wasser aus dem Weltmeer in den Eisstausee ein und führte zu marinen bis brackischen Verhältnissen. Nach der über Mittelschweden eingewanderten Muschel Yoldia arctica wird diese Phase als Yoldia-Meer bezeichnet. Die Südküste dieses Meeres lag nördlich von Bornholm, so dass der Bereich der Kieler Förde noch Festland war (BJÖRK, 1995).

Durch verstärkte isostatische Hebung Skandinaviens wurde die Verbindung zum Weltmeer erneut gekappt, und es kam zur Aussüßung des ehemaligen Yoldia-Meeres. Diese Phase zwischen 9.500 a BP und 8.200 a BP wird nach der Süßwasserschnecke Ancylus fluviatilis als Ancylussee bezeichnet. Der Wasserstand des Acylussees stieg durch den andauernden Schmelzwassereintrag erneut bis über den Weltmeeresspiegel, bis es zu einem Überlaufen durch den Sund und die Belte kam. Das ausfließende Wasser hinterließ dabei tiefe Abflussrinnen in den Gebieten der Darßer Schwelle, des Fehmarn Beltes und des Großen Beltes (LEMKE, 1998).

Während des postglazialen Klimaoptimums im Atlantikum kam es zu einem raschen eustatischen Meeresspiegelanstieg. Die Überflutung der Belte und des Øresundes ab 7.900 a BP führte bis 5.700 a BP zu einem schnellen Anstieg des Wasserspiegels, der als „Litorina-Transgression“ bezeichnet wird. Das so entstandene Litorina-Meer, benannt nach der Schnecke Littorina littorea, überflutete auch den westlichen Teil der Ostsee, in dem die Kieler Förde liegt. In der Zeit zwischen 7.900 a BP und 7.300 a BP wurden dabei maximale Anstiegsraten von 2,5 cm/a erreicht, und der Wasserspiegel stieg um 15 m. Nach der schnellen initialen Litorina-Transgression sanken die Anstiegsraten des Litorina-Meeres jedoch auf durchschnittlich 0,3 cm/a ab (LEMKE, 1998). Der Meeresspiegel lag zu diesem Zeitpunkt schon wenige Meter unter dem heutigen (s. Abb. 8). In dieser Zeit setzten durch den verlangsamten Anstieg des relativen Wasserspiegels Küstenausgleichsprozesse ein (DUPHORN et al., 1995).

Ab 2000 a BP nahm der Süßwasseranteil des Litorina-Meeres durch einen erhöhten Wassereintrag durch Flüsse zu. Diese Phase wird nach der Brackwasserschnecke Limnea ovata als Limnea-Meer bezeichnet. Etwa zwischen dem 16. Jh. und 17. Jh. ist die brackische Sandklaffmuschel Mya arenaria eingewandert. Nach ihr werden die letzten ca. 400 a als Mya-Meer bezeichnet (EHLERS, 1994).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8 Ausgewählte Kurven des holozänen Wasserspiegelanstiegs aus dem deutschen Küstenbereich (aus: WINN et al., 1986).

4.2.3 Quartäre Entwicklung des Untersuchungsgebietes

Die Grundstruktur der Kieler Förde wurde nach STEPHAN und MENKE (1977) im Pleistozän durch saaleeiszeitliche Gletscher angelegt und erhielt durch die Gletschervorstöße der Weichselvereisung ihre heutige Form. In Abb. 9 sind die einzelnen Eisvorstöße nach PIOTROWSKI (1996) in einem Nord-Süd-Profil dargestellt. Das Profil beginnt an der Ostseeküste des Dänischen Wolds und verläuft am Westufer der Kieler Förde entlang bis etwa auf die Höhe von Neumünster.

Auf der Grundlage von Bohrungen, die 1989 im Rahmen der Baugrunduntersuchungen für den Fernwärmetunnel unter der Kieler Förde durchgeführt wurden, konnte die quartäre Genese der Kieler Innenförde genauer untersucht werden. Das Bohrprofil in Abb. 10 zeigt die stratigraphischen Verhältnisse im Untergrund der Kieler Förde bis ca. 80 m u NN.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9 Nord-Süd-Profil der stratigraphischen und lithologischen Verhältnisse der Gletschervorstöße der Weichselvereisung (aus: PIOTROWSKI, 1996). (1) Till, (2) glazifluviale Ablagerungen (Schmelzwassersande und –kiese, Anm. d. Autoren), (3) glazilimnische Ablagerungen (Beckenablagerungen, Anm. d. Autoren). Das Profil beginnt an der Ostseeküste des Dänischen Wolds und verläuft am Westufer der Kieler Förde entlang bis etwa auf die Höhe von Neumünster.

Nach SCHMIDT (1996) ist die Grundstruktur der Kieler Förde ebenfalls aus saaleeiszeitlichen Geschiebemergeln (Tills, Anm. d. Autoren) aufgebaut, auf denen in den Randbereichen bis zu 14 m mächtige Vorschüttsande (Schmelzwasserablagerungen) des vermutlich dritten Vorstoßes der Weichselvereisung (qw3 bzw. Blumenthal-Vorstoß nach PIOTROWSKI, 1996) abgelagert wurden. Im Hangenden der Schmelzwasserablagerungen folgt der dazugehörige Geschiebemergel (qw3).

In der so entstandenen Hohlform lagerten sich Beckensedimente ab, was darauf schließen lässt, dass die Gletscherzunge des qw3-Vorstoßes noch zum Teil im Zungenbecken der Kieler Förde lag. Ein erneuter Gletschervorstoß (qw4 oder qw5 vermutlich, Anm. d. Autoren) lagerte im Hangenden der Beckensedimente erneut Geschiebemergel ab. Die Höhenzüge südlich und östlich des Fuchsberges auf der Ostseite der Kieler Förde und die Höhen bei Kiel Pries und Kiel Friedrichsort auf der Westseite sind auf Oszillationen des Gletschereises gegen Ende des qw4 Vorstoßes oder zu Beginn des qw5 Vorstoßes zurückzuführen (MENKE&STEPHAN, 1993).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10 Geologisches Profil durch die Kieler Förde nach Bohrergebnissen (aus: SCHMIDT, 1996). Dieses Profil ist in stark vereinfachter Form, im Vergleich mit anderen West-Ost-Profilen in Abb. 50 dargestellt (s. 6.5).

In dem so vorgeprägten Zungenbecken wurden anschließend erneut feinkörnige Beckensedimente abgelagert, deren Korngrößenspektrum sich im Westteil des Beckens zum Hangenden hin allmählich vergröbert und die Beckensedimente konkordant in die darüber abgelagerten Nachschüttsande (Schmelzwasserablagerungen) übergehen lässt. Die Beckensedimente des östlichen Teils des Zungenbeckens wurden hingegen erodiert und durch eine vergleichbar mächtige Folge von späteiszeitlichen grobkörnigen Nachschüttsanden und -kiesen ersetzt. Innerhalb der Schmelzwasserablagerungen herrschte eine bevorzugte Schüttungskomponente nach Süden bzw. Südwesten vor (SCHMIDT, 1996).

Die Rückschmelzphase des Vorstoßes qw5 reichte bis an den Dänischen Wohld, nordwestlich von Kiel, und führte zur Ablagerung von Fließ- und Abtropftills, überlagert von Beckensedimenten und bis zu 15 m mächtigen Schmelzwassersanden. Die gesamte Sequenz wurde anschließend durch den qw6 Vorstoß aufgeschoben und teilweise erodiert (PIOTROWSKI, 1996).

Die Gletscher der Weichselvereisung waren um ca. 14.000 a BP (kalibrierte 14C-Werte) abgeschmolzen, und in Senken und Mulden in der Kieler Förde kamen feingeschichtete limnische Mudden zur Ablagerung. In den Uferzonen der sich bildenden Seen wuchsen Verlandungsmoore. Das Umland der Kieler Förde wurde hauptsächlich durch die Schwentine in das Becken der Kieler Förde entwässert (SIMANOWSKY, 1985). Die Entwässerung der Kieler Förde erfolgte wahrscheinlich durch die heutige Stoller Grund-Rinne in die Eckernförder Bucht (TAPFER, 1940).

Mit dem Beginn der Litorina-Transgression, die SIMANOWSKY (1985) für die Kieler Förde auf 8670 a BP bis 7960 a BP datiert (kalibrierte 14C-Werte) und die TAPFER (1940) mit 7500 a BP (unkalibrierte 14C-Werte) ansetzt, wurden die Moore zum Teil aufgearbeitet, aber teilweise auch so schnell transgrediert, dass eine Aufarbeitung der limnischen Sedimente nicht stattfand.

Seit der Ingression der Ostsee in die Kieler Förde werden feinkörnige, stark organikhaltige Sedimente abgelagert. Dieser sogenannte „Ostseeschlick“ gleicht das pleistozäne Relief der Kieler Förde mit seinen Senken und Mulden aus.

4.3 Quartäre Sedimente im Untersuchungsgebiet

4.3.1 Till

Lithologisch betrachtet ist ein Till ein Gemisch aus relativ grobkörnigen Gesteins- und Mineralbruchstücken in einer bindigen, feinkörnigen und meist karbonathaltigen Matrix. PIOTROWSKI (1992) beschreibt Till als ein Sedimente mit diamiktischer, bimodaler bis polymodaler Verteilung. Die gröberen Komponenten des Tills können parallel zu den Geschiebelängsachsen verlaufende Kratzer und senkrecht dazu sichelförmige Absplitterungen aufweisen. Auch ist häufig eine Einregelung der länglichen Komponenten in Gletscherfließrichtung zu beobachten. Till ist in der Regel massig und ungeschichtet, wobei nach HINZE et al. (1989) stellenweise Fremdgesteinsschollen aus abweichenden, zum Teil geschichteten Material eingelagert sein können.

Nach PIOTROWSKI (1992) müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein, um ein Sediment als Till anzusprechen:

- Das Sedimentmaterial muss von einem Gletscher transportiert worden sein,
- anschließend muss es im engen räumlich-genetischen Zusammenhang mit dem Gletscher abgelagert worden sein,
- und es darf während der Ablagerung keine oder nur sehr geringe Sortierung durch Wasser auftreten.

PIOTROWSKI (1992) unterscheidet abhängig von der Genese Setz-, Deformations- Ausschmelz- und Fließtills (s. Abb. 11).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11 Schema der wichtigsten Tillablagerungsmilieus und Fazies; (1) Deformationstill, (2) Setztill, (3) subglazialer Fließtill, (4) supraglazialer Fließtill, (5) subaquatischer Fliesstill, (6) Abtropftill (aus: PIOTROWSKI, 1996).

Als Deformationstill werden Sedimente bezeichnet, die an der Gletschersole intensiv deformiert wurden. Sie zeichnen sich durch verformte primäre Sedimentstrukturen aus und weisen einen geringen Anteil an weit transportierten Geschieben auf.

Setztill entsteht beim Vorstoß des Gletschers an der Unterseite durch das Aufschmieren des glazialen Schutts auf den Untergrund. Als Synonym für Setztill wird in der älteren Literatur von Grundmoränenmaterial gesprochen. Das Sediment weist eine starke Einregelung der länglichen Bestandteile auf und umfasst das komplette Korngrößenspektrum von Blöcken bis zum Ton. Unterlagernde Strukturen sind häufig gekappt.

Ausschmelztill entsteht durch langsames Ausschmelzen der Gletscherfracht an der Basis eines Gletschers. Das Sediment ist oft deutlich geschichtet und weist wenig Belastungsmerkmale auf.

Schmilzt das Eis an einer geneigten Fläche ab, kommt es zur Bildung von Fließtill als Ablagerungen von Schlammströmen. Innerhalb der Schlammströme kommt es zu gravitativen Resedimentationen des mitgeführten Materials.

4.3.2 Schmelzwasserablagerungen

Als Schmelzwasserablagerungen (oder „glazifluviale Ablagerungen“) sind alle Sedimente zusammengefasst, die durch glaziale, fließende Schmelzwässer abgelagert worden sind. Nach HINZE et al. (1989) sind dies Sande und Kiese wechselnder Korngrößenzusammensetzung. Es werden dabei Sedimente unterschieden, die sich während der Vorstoßphase des Gletschers abgelagert haben (Vorschüttsande und -kiese) und solche die beim Rückschmelzen der Gletscherfront entstanden sind (Nachschüttsande und –kiese).

Die Ablagerung des transportierten Materials erfolgt gravitativ in Abhängigkeit von der Fließgeschwindigkeit. Mit wachsender Entfernung zum Gletscher nimmt die Fließgeschwindigkeit ab, und die Ablagerungen werden feinkörniger. Daher kann eine vertikale Sedimentabfolge, bei der die Sedimente im Hangenden immer feiner werden, als Rückzug des Gletschers gedeutet werden und ordnet die Abfolge den Nachschüttsanden zu. Im umgekehrten Fall schüttet der vorrückende Gletscher gröbere Sedimente über feinere, und die Abfolge kann als Vorschüttsand bzw. –kies angesprochen werden (EHLERS, 1994).

4.3.3 Beckenablagerungen

Beim Abschmelzen der Gletscher kam es zwischen Moränenwällen und dem Eisrand häufig zu einem Rückstau des Schmelzwassers und zur Bildung sog. „Eisstauseen“, in denen eine geringe Transportkraft des Schmelzwassers vorherrscht (CATT, 1992). Diese kaltzeitlichen Stillwasserseen sind die Ablagerungsräume von Beckenablagerungen (oder “glazilimnische Ablagerungen”).

Im Gegensatz zu den Schmelzwasserablagerungen zeichnen sich die Beckenablagerungen durch sehr feine Korngrößen im Ton- bis Feinsandbereich und das weitgehende Fehlen organischer Substanz aus (HINZE et al., 1989). Periodische Änderungen des Wasserzustroms, z. B. durch Schmelzwasseranfall im Frühjahr, können zu einem rhythmischen Wechsel der abgelagerten Korngrößen führen (Bänderton) (HINZE et al., 1989).

4.3.4 Limnische Sedimente

Limnische Sedimente bilden sich entweder unter der freien Wassersäule eines Sees als subhydrische Böden bzw. Mudden oder in dessen Verlandungszone unter ständiger oder periodischer Wasserbedeckung als Torfe. Die Verlandung eines Gewässers ist durch das Absterben der ufernahen Vegetation und der damit verbundenen Aufhöhung des Seebodens bedingt. Bei einem konstanten oder fallenden Wasserspiegel führt diese Aufhöhung zu einem Vordringen des Ufers zur Gewässermitte hin, bis der See vollständig verlandet ist (SCHEFFER et al., 1998). Ein solches Verlandungsschema ist in Abb. 12 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 12 Verlandungsschema eines eutrophen Gewässers. HW: Hochwassergrenze, NW: Niedrigwassergrenze, 1: Characeen-Rasen, 2: Laichkrautgürtel, 3: Seerosengürtel, 4: Röhrichtgürtel, 5: Groß-Seggengürtel, 6: Erlenbruchwald, a: Tonmudde, b: Kalkmudde, c: Feindetritusmudde, d: Grobdetritusmudde, e: Schilftorf, f: Seggentorf, g: Erlenbruchwaldtorf (aus: OVERBEK, 1975).

Mudden zeichnen sich durch einen sehr hohen Gehalt an organischen Substanz aus (mindestens 5 %) und stehen bei der Sedimentation unter partiellem bis vollständigem Sauerstoffabschluss. Unterteilt werden sie in mineralische und organische Mudden (EHLERS et al., 1989).

Zu den organischen Mudden werden Torf-, Detritus- und Lebermudde gezählt. Torfmudden entstehen dabei aus aufgearbeiteten und umgelagerten Torfen, die bei der Erosion von Torfufern größerer Seen anfallen. Sie sind bräunlich bis schwarz, mit deutlich erkennbaren Torfresten. Detritusmudden dagegen sind aus Pflanzenresten aufgebaut und eher bräunlich. Die Lebermudde, als eine Abart der Detritusmudde, besteht aus Algenresten. Sie hat eine elastische (leberartige) Struktur und ist grünlich, rötlich bis rotbraun (SUCCOW&JOSTEEN, 2001).

Als mineralische Mudden werden Seekreide und Kalkmudde bezeichnet. Beide bilden sich in kalkreichen Seen. Die Kalkmudde weist einen Karbonatgehalt von über 30 % auf und ist meist reich an Molluskenschalen. Sie hat eine gräuliche bis weiße Farbe. Die Seekreide hat einen Karbonatgehalt von über 90 %, ist wenig elastisch und ebenfalls reich an Schalenresten (SUCCOW&JOSTEEN, 2001).

Torfe bilden sich sedentär (aufwachsend) aus den unvollkommen zersetzten Resten abgestorbener Pflanzen. Sie weisen i. d. R. einen Anteil an organischer Substanz von über 30 % auf. Nach der Zusammensetzung ihrer Pflanzenreste werden Torfe in Holz-, Moos- und Riedentorfe unterteilt. Die Holztorfe sind dabei größtenteils aus Kiefern-, Birken- oder Erlenbruch aufgebaut. Diese Torfe führen Reste der Rinde, kleinerer Äste, aber auch ganze Stämme des ursprünglichen Holzes. Sie weisen je nach Zersetzungsgrad eine ähnliche Farbe wie das ursprüngliche Holz oder bei höherer Zersetzung eine dunkelbraune bis schwarze Farbe auf. Zu den Riedentorfen zählt unter anderem der Schilftorf. Er zeichnet sich durch eine braune amorphe Grundmasse aus, in der Rhizome von Phragmites australis eingebettet sind (SUCCOW&JOSTEEN, 2001).

4.3.5 Marine Sande

Marine Sande werden an den Steiluferabschnitten und Teilen des küstennahen Meeresbodens gebildet, die der marinen Abrasion unterliegen. Die granulometrische Zusammensetzung dieser Sande hängt von dem verfügbaren Ausgangsmaterial (Liefergebiet) und der Art, Intensität und Dauer der Umverlagerungsprozesse ab, wobei im Küstenbereich überwiegend gut sortierte Fein- bis Mittelsande abgelagert werden (KÖSTER&LEMKE, 1996).

4.3.6 Schlick

HINZE et al. (1989) definieren Schlick als weichplastische bis breiige marine Ablagerungen tonig-schluffigen Materials mit hohem Anteil an organischen Substanzen. Der Anteil von organischen Kohlenstoff kann im Schlick bis zu 10 % ausmachen. Die restlichen Prozente verteilen sich überwiegend auf klastische Bestandteile im Siltbereich mit veränderlichen Anteilen von Tonen und Feinsanden. Der sandige Anteil nimmt dabei mit wachsender Entfernung zum Festland ab. In den tiefsten Teilen der Mecklenburger Bucht z. B. liegt der Feinsandanteil noch bei 8,5 %. Im Bornholm-Becken liegt er nur noch bei 0,4 % (KÖSTER&LEMKE, 1996).

4.4 Kenntnisstand aus bisher durchgeführten Arbeiten

Erste umfassende Untersuchungen der holozänen Genese des Gebietes der Kieler Förde wurde von TAPFER (1940) durchgeführt. In Baugrundbohrungen der Kieler HDW-Werft und mit eigenen Sondierungen erfasste er Transgressionskontakte als Wechsel von limnischer zu mariner Sedimentation. Auf der Basis von Pollenanalysen an den limnischen Sedimenten stellte er eine Hypothese zum Verlauf der Litorina-Transgression in der Kieler Förde auf und kam zu dem Ergebnis, dass die Ostsee stufenweise in die Kieler Förde ingrediert sein müsse. Den Beginn der Transgression legte er auf ca. 8.750 a BP (unkalibriertes 14C-Alter) fest.

Am Ostufer der Kieler Innenförde vor dem Ort Mönkeberg konnte Tapfer in Bohrprofilen senkrecht zum Ufer die Tiefenlage der Schmelzwasserablagerungen bestimmen. Er deutetet eine morphologische Erhebung der Schmelzwasserablagerungen in ca. 145 m Uferentfernung als einen parallel zum Ostufer verlaufenden Os. Den ehemaligen sog. „Ellerbecker Haken“ südlich der Schwentinemündung sieht Tapfer nach Bohrergebnissen von WEBER (1905) als Verlängerung dieser Struktur an (s. Abb. 13).

Der Bereich südlich der Schwentinemündung wurde von SAAD (1974) auf der Grundlage von Baugrundbohrungen für das Marine-Arsenal genauer untersucht. Er konnte in diesem Bereich eine markante, Ost-West verlaufende Rinnenstruktur in der pleistozänen Oberfläche nachweisen, die er als alte Entwässerungsbahn der Schwentine deutet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 13 Bohrprofile nach TAPFER (1940) durch die ufernahen Sedimente am Ostufer der Kieler Innenförde bei Ellerbeck und Mönkeberg (aus: TAPFER, 1940).

SIMANOWSKY (1985) untersuchte zwölf Sedimentkerne aus dem Bereich der Kieler Innen- und Außenförde auf den Wechsel von limnischen zu marinen Verhältnissen. Die wichtigsten Ergebnisse seiner Untersuchung sind bereits im Abschnitt 4.2.3 dargestellt. In Verbindung mit den Ergebnissen von TAPFER (1940) stellt Simanowsky darüber hinaus eine Hypothese zur Morphologie der Kieler Förde nach Abschmelzen der Gletscher auf (s. Abb. 14).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 14 Hypothese zur Morphologie der Kieler Förde nach Abschmelzen der Weichsel-Gletscher nach SIMANOWSKY (1985) (aus: SIMANOWSKY, 1985).

[...]

Ende der Leseprobe aus 128 Seiten

Details

Titel
Quartaergeologischer Aufbau und Sedimentverteilung in der Kieler Foerde
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut fuer Geowissenschaften)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2002
Seiten
128
Katalognummer
V20668
ISBN (eBook)
9783638244893
Dateigröße
8609 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Teilweise sind Grafiken in DIN A 3
Schlagworte
Quartaergeologischer, Aufbau, Sedimentverteilung, Kieler, Foerde
Arbeit zitieren
Sören Themann (Autor:in), 2002, Quartaergeologischer Aufbau und Sedimentverteilung in der Kieler Foerde, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20668

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