Dieses Buch befasst sich mit der Frage, welche Ansprüche Frauen heutzutage an Partner und Partnerschaft haben und ob diese möglicherweise die Suche nach einem Partner und das Führen einer zufriedenen und stabilen Beziehung immer mehr erschweren.
Diese Frage ist deshalb interessant, weil sich in den letzten Jahrzehnten viel für die Gesellschaft, am meisten aber für die Frauen, verändert hat.
Diese Veränderungen betreffen vor allem die immense Vergrößerung der individuellen Lebensspielräume und die Steigerung der Wahlmöglichkeiten bezüglich des Lebensstils, die vor allem mit der Emanzipation und der Individualisierung zusammenhängen.
Durch diese Freiheiten werden die Frauen immer wählerischer, was das Finden
eines Partners und das Führen einer guten Beziehung immer schwerer macht.
Es wird beschrieben, worauf Frauen bei der Partnerwahl achten und was Frauen von einem Partner erwarten, damit sie mit der Beziehung zufrieden sind.
Inhalt
1) Einleitung
2) Partnerwahl und Partnerschaft analysiert auf der der Individualisierung
2.1) Neue Erwartungen an Beziehungen durch
Individualisierung
2.2) Zwischen Ich-Bezogenheit und Einsamkeit
2.3) Gestiegene Ansprüche
3) Theorien zur Partnerwahl
3.1) Körperliche Anziehung und Attraktivität
3.2) Rationale Theorien zur Partnerwahl
3.3) Kulturalistische Ansätze
3.4) Studien zur Partnerwahl
3.4.1) Alter
3.4.2) Bildung
3.4.3) Gelegenheiten
3.4.4) Ähnlichkeit
3.5) Gestiegene Ansprüche durch Veränderungen von Partnerwahlprozessen
4) Dimensionen der Ansprüche in Paarbeziehungen
4.1) Dimension „Geld“
4.2) Dimension „Nähe“
4.2.1) Vertrauen
4.2.2) Selbstöffnung
4.2.3) Interdependenz
4.2.4) Commitment
4.2.5) Füreinander sorgen
4.2.6) Gemeinsam verbrachte Zeit
4.3) Dimension „Freiräume“
4.3.1) Eigene Zeit
4.3.2) Autonomie
4.3.3) Selbstverwirklichung
4.3.4) Exkurs: Eigener Raum
4.3.5) Fazit: Verhältnis von Nähe und Freiraum
4.4) Dimension „Sexualität“
4.4.1) Sexuelle Revolution
4.4.2) Ansprüche an die partnerschaftliche Sexualität
4.5) Veränderungen der Ansprüche an Beziehungsqualität
5) Fazit
6) Quellenangaben
1) Einleitung
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, welche Ansprüche heterosexuelle Frauen heutzutage an Partner und Partnerschaft haben und ob diese möglicherweise die Suche nach einem Partner und das Führen einer zufriedenen und stabilen Beziehung immer mehr erschweren.
Diese Frage ist deshalb interessant, weil sich in den letzten Jahrzehnten viel für die Gesellschaft, am meisten aber für die Frauen, verändert hat.
Diese Veränderungen betreffen vor allem die immense Vergrößerung der individuellen Lebensspielräume und die Steigerung der Wahlmöglichkeiten bezüglich des Lebensstils, die vor allem mit der Emanzipation und der Individualisierung zusammenhängen. Individualisierung wird hier so definiert, dass es zu einer Erweiterung von Handlungsspielräumen gekommen ist und man auf diese Art seinen Lebenslauf freier und offener gestalten kann (Beck 1990: S.73).
Durch diese Form der Modernisierung hat sich einiges geändert, da vor allem Frauen sich langsam ihrer Freiheit bewusst werden und die Möglichkeit nutzen wollen, diese auch auszuleben, wodurch sie unzählige Wahlmöglichkeiten haben, vor allem auch im Kontext der Partnerwahl und Partnerschaft.
Da sie mittlerweile die Möglichkeit haben, und vor allem auch nutzen, sich eine eigene Karriere aufzubauen und sich damit selbst finanziell abzusichern, rücken ökonomische Aspekte bei der Partnerwahl immer mehr in den Hintergrund (Nave-Herz 1994: S. 19), obwohl diese früher das ausschlaggebende Kriterium waren, damit die Frau sicher sein konnte, dass sie und ihre Kinder dauerhaft versorgt werden können.
Diese Veränderungen auf der Makroebene haben zwangsläufig dazu geführt, dass sich auf der Mikroebene die Qualität von Paarbeziehungen anpassen und verändern konnte.
In diesem Kontext wird auch insbesondere auf die Emanzipation der Frau eingegangen, da diese ein ausschlaggebender Punkt für die Veränderungen bei der Partnersuche ist, die die Individualisierung mit sich bringen, denn obwohl noch in den 50er Jahren Frauen ihr Leben weniger frei gestalten konnten und es eher ihre Aufgabe war, sich selbst für die Familie zurückzunehmen, gleichen sich die Handlungsspielräume der Frauen immer mehr denen der Männer an (Beck-Gernsheim 1983: S.308f).
Durch diese Freiheiten werden die Frauen immer wählerischer, was das Finden eines Partners und das Führen einer guten Beziehung immer schwerer macht. Ob dieser Tatbestand etwas an den Ansprüchen der Frauen verändert hat, soll Hauptbestandteil dieser Arbeit sein. Es soll herausgestellt werden, worauf Frauen bei der Partnerwahl achten und was Frauen von einem Partner erwarten, um mit der Partnerschaft zufrieden zu sein.
Um in dieser Fragestellung zu einem Ergebnis zu kommen, wird zunächst näher auf die Emanzipation und die Individualisierung der Frauen eingegangen, um zu sehen, was der Grund für diese Veränderungen ist und wo hier die Schwierigkeiten liegen.
Es soll also aufgezeigt werden, wie sich die Kriterien der Partnerwahl und die der Beziehungsqualität mittlerweile zusammensetzen.
Dafür wird im Folgenden noch näher auf die verschiedenen Partnerwahltheorien eingegangen, um einen Überblick über diese Thematik zu bekommen. Hierbei werden verschiedenen Forschungsstränge beleuchtet, wie die Anziehungsforschung, der utilitaristische und der kulturalistische Ansatz, sowie Studien zur Partnerwahl, bei denen der Einfluss sozialstruktureller Merkmale auf die Partnerwahl untersucht wird.
Danach werden die verschiedenen Dimensionen, die als Parameter für weibliche Beziehungszufriedenheit gesehen werden können, näher beleuchtet und analysiert. Die betrachteten Dimensionen sind Attraktivität (in diesem Kapitel wird auf physische Attraktivität sowie auf den sozialen Status eingegangen), Geld (in diesem Kontext wird es um den gewünschten Einfluss auf Kaufentscheidungen gehen), Nähe (hier werden die wichtigsten Merkmale von Nähe genauer erläutert, wie z.B. Selbstöffnung, Vertrauen oder das Verbringen gemeinsamer Zeit) , Freiraum (in diesem Kapitel wird es um die eigene Zeit, Autonomie und Selbstverwirklichung gehen) und das letzte Kapitel wird sich mit den veränderten Ansprüchen an die Sexualität beschäftigen. Diese Dimensionen wurden ausgewählt, weil sich in ihnen im Laufe der Zeit und durch die Emanzipation am meisten verändert hat und weil man davon ausgehen kann, dass sich in ihnen die zentralen Merkmale der Ansprüche von Frauen an Paarbeziehungen finden. Am Ende wird es ein Fazit geben, in dem die zentralsten Ergebnisse noch
einmal zusammengefasst werden und in dem geklärt werden soll, was die behandelten Veränderungen für moderne Beziehungen bedeuten und ob die Ansprüche, die sich entwickelt haben, überhaupt realistisch sind, und wenn nicht, inwiefern genau diese Ansprüche überhaupt noch die Möglichkeit lassen, eine zufriedene Beziehung zu führen.
2) Partnerwahl und Partnerschaft analysiert auf der Basis der Individualisierung
Die Individualisierung hat, wie schon angedeutet, historisch betrachtet viele Veränderungen mit sich gebracht: Der Übergang von der Normalbiographie zur Wahlbiographie eröffnete für alle Akteure ganz neue Möglichkeiten. Plötzlich war man eher in der Lage, sein Leben offen, autonom und durch wenig Fremdzwänge bestimmt zu gestalten (Beck/Beck-Gernsheim 1990: S.12f).
Diese Veränderungen haben gravierende Auswirkungen auf die Partnersuche, da die Gleichstellung dazu führt, dass Männer, und eben mittlerweile genauso Frauen, ihren Partner immer freier und nach subjektiven Kriterien auswählen können. Diese Kriterien und die neuen Prioritäten könnten Partnerfindungsprozesse und das Zufrieden-sein mit der eigenen Beziehung erheblich erschweren. Wie es zu diesen neuen Möglichkeiten gekommen ist, soll in einem kurzen, historischen Abriss erläutert werden:
Durch die Individualisierung stehen allen mittlerweile ganz neue Möglichkeiten offen, Entscheidungen können immer freier getroffen werden und man kann seine eigene Biographie immer freier gestalten.
Vor allem bei den Frauen hat sich in vielen Bereichen einiges getan: Bis Ende des 19. Jahrhunderts hatten Mädchen nahezu keine Bildungschancen und zu ihren Lernzielen gehörte nicht etwa fundierte Bildung, sondern ihnen wurde viel eher beigebracht, wie man eine gute Ehefrau und Mutter ist. Erst 1896 gab es die ersten Abiturientinnen, da ihnen vorher der Zugang zu Gymnasien verwehrt war. Diese Maßnahmen waren die ersten Schritte hin zur Gleichstellung von Männern und Frauen im Bildungssystem, allerdings erlitt der Versuch durch die nationalsozialistische Übernahme einen herben Rückschlag und auch nach Ende des 2. Weltkrieges verbesserte sich die Lage kaum (Beck-Gernsheim 1983: S. 311).
Erst in den 60er Jahren, während der Bildungsexpansion, wurde der Versuch erneut aufgenommen, so dass 1981 bereits 49,7% der gymnasialen Oberstufen aus Mädchen bestanden und sie machten 41,6% der Hochschulanfänger aus (ebd. S. 312), was eine erhebliche Verbesserung der Bildungschancen für Frauen darstellte.
Das brachte auch mit sich, dass die Lerninhalte nicht mehr auf das pure Nachvollziehen ausgerichtet waren, sondern es wurde für alle Schüler gleichermaßen die Evaluation und Reflexion gefördert, so dass die Schüler und Schülerinnen in die Lage versetzt wurden, sich mit der eigenen Lage selbstständig auseinanderzusetzen, was den Frauen vor der Bildungsexpansion so gut wie gar nicht möglich war (ebd. S. 313).
Auch das Berufsleben der Frauen musste sich starken Veränderungen unterziehen. Während im Bürgertum die Berufstätigkeit bis zur Heirat befristet war und ab den 50er Jahren bis zur Geburt des ersten Kindes, haben Frauen „den Spieß mittlerweile einfach umgedreht“. Sie heiraten später oder nie, bekommen durchschnittlich weniger Kinder und sehen die Berufstätigkeit auch nicht mehr als Zwischenphase zwischen Erwachsenwerden und dem Dasein als Mutter. Vor allem Frauen wollen aus ihrer zugeschriebenen Rolle als Mutter und Hausfrau ausbrechen und beanspruchen immer öfters das Recht, die Familie ernähren zu können. Nicht erwerbstätig zu sein ist viel eher zur Ausnahme geworden. Dazu kommt, dass 1977 die traditionelle Rollenverteilung durch eine Wahlfreiheit ersetzt wurde, die Paaren die Möglichkeit gab, ihre Aufgaben in der Familie und im Berufsleben freier untereinander aufzuteilen (ebd. S.317).
Die steigende Zahl der berufstätigen Frauen hat somit zur Folge, dass immer mehr Frauen über ihr eigenes Geld verfügen und nicht nur Geld von ihrem Mann zugeteilt bekommen. Dieses eigene Geld kann man als eine Befreiung aus der Abhängigkeit sehen, es öffnet den Frauen so gesehen alle Türen und trägt dazu bei, dass sie ihre Wünsche selbst verwirklichen können und ein größeres Mitspracherecht in der Gestaltung ihrer Ehe und der Familie haben.
Für Männer hat sich wenig verbessert, die Emanzipation bedeutet für sie viel eher mehr Konkurrenz im Berufsleben, kein gegebenes Recht mehr auf die Durchsetzung der eigenen Karriere und sogar mehr Hausarbeit (Beck 1986 S. 173).
2.1) Neue Erwartungen an Beziehungen durch Individualisierung
Ein Phänomen, das die Individualisierung im Laufe der Zeit mit sich gebracht hat, sind steigende Ansprüche, die die Partnersuche und das Führen von Partnerschaften verkomplizieren und erschweren. Vor der Individualisierung war für alle das Wichtigste, eine intakte Familie zu haben. Das bedeutet, dass es den Männern wichtig war, ihre Familie finanziell abzusichern und den Frauen, ihre Männer dabei bestmöglich zu unterstützen. An diesen Werten wurde auch größtenteils der soziale Status festgemacht. Aber Prioritäten werden mittlerweile anders gesetzt, als vor der Individualisierung. Zwar hat die Familie immer noch einen sehr hohen Stellenwert, aber andere Prioritäten, wie die eigene Karriere beider Partner, machen dem Wert der Familie immer mehr Konkurrenz.
Was diese Problematik noch mehr verkompliziert, ist die Emanzipation, die zuvor im historischen Abriss schon genauer beleuchtet wurde. Natürlich nicht zwangsläufig im negativen Sinne, aber dadurch, dass nicht nur Männer, sondern jetzt auch Frauen Wert auf ihre Selbstverwirklichung und die Behauptung ihrer eigene Identität legen, ist es für Paare umso schwerer geworden, ein gemeinsames Leben zu führen.
Man kann also nicht über Partnerschaften reden, ohne auf Individualmerkmale wie Bildung, Geld und Mobilität einzugehen (Beck 1986: S. 162), da all diese Bereiche mittlerweile doppelt miteinander verstrickt sind, seitdem nicht nur Männer, sondern genauso Frauen individuelle Karrieren anstreben. Man kann es doppelt verstrickt nennen, da nicht nur der Berufsstatus des Mannes von Wichtigkeit für die Beziehung ist, sondern jetzt die Status beider Partner für die Partnerschaft von Bedeutung sind. Nicht nur, weil man sich jemanden mit einem bestimmten Status wünscht, sondern auch, weil beide Lebensstile miteinander harmonieren müssen, damit es zu einer erfüllenden Partnerschaft kommen kann. Vor allem aber, weil beide für die Bedürfnisse des Anderen Verständnis haben müssen, und zu den Bedürfnissen kann nun mal auch ein zeitintensiver beruflicher Werdegang gehören, also viel individueller Freiraum, der eventuell wenig Zeit für die Partnerschaft übrig lässt.
So lange nur der Mann einen Anspruch auf die Individualisierung hatte, gab es
diese Probleme noch nicht, weil die Karriere des „Versorgers“ von den Ehefrauen normalerweise anerkannt und vor allem unterstützt wurde, da diese den Lebensunterhalt für die Familie sicherte und die Frau, sowie die Kinder, davon abhängig waren. Also kann man sagen, dass die weibliche Individualisierung der Hauptgrund für die Schwierigkeiten ist: Plötzlich treffen zwei Menschen aufeinander, die beide die individuelle Selbstverwirklichung und oft auch eine individuelle Karriere für sich in Anspruch nehmen wollen (Beck/Beck-Gernsheim: 1990 S.85), was ein gemeinsames Leben, für das Kompromnisse unabdingbar sind, deutlich erschweren kann.
Bei vielen ist mittlerweile also vor allem die Karriere immer stärker in den Vordergrund gerückt, da diese für viele Menschen der Dreh- und Angelpunkt des Lebens geworden ist. Die Planung der Lebensbiographie beruht oftmals auf den beruflichen Plänen und die anderen Lebensaspekte müssen sich an diesen Plänen orientieren und auf sie abgestimmt werden, wozu auch der Partner gehören kann (ebd. S.74).
Und da viele autonome Frauen heutzutage auch zeitintensive Karrieren in Anspruch nehmen, bedeutet das, dass Frauen sich nicht mehr auf ihren Ehemann verlassen wollen, sondern ihren Status und ihre Finanzen selbst kontrollieren und in der Hand haben wollen, und dass viele der Meinung sind, dass man sich nicht darauf verlassen kann, einen Partner das ganze Leben lang an seiner Seite zu haben. Es gibt heutzutage nicht umsonst den Begriff „Lebensabschnittsgefährte“, die Scheidungsrate spricht für sich. Familienbeziehungen sind immer austauschbarer geworden: In vielen Fällen gibt es nicht nur die eine Familie im Leben, viele wechseln von der einen Familienform zur Anderen: „Jede(r) durchlebt jeweils phasengebunden mehrere Teilfamilienleben und auch familienfreie Lebensformen und gerade deswegen mehr und mehr sein eigenes Leben“ (Beck 1986: S. 189).
Dieses Phänomen ist vor allem kein Geheimnis, sondern allgemeiner bekannt. Niemand, der eine Beziehung eingeht, kann sich sicher sein, dass diese ewig hält. Im Gegenteil: Die meisten Beziehungen, die man eingeht, scheitern, und das ist auch den meisten bewusst, gerade weil es zur Norm gehört, für Männer und auch für Frauen, im Leben mehrere Partner gehabt zu haben.
Um also keinem möglichen Kontrollverlust oder einer großen Enttäuschung in einer Partnerschaft zu erliegen, scheint es also eine Alternative zu sein, sich auf
den eigenen beruflichen und sozialen Aufstieg zu konzentrieren, der sowieso als Einzelpersonen um einiges einfacher ist, denn ein Partner kann möglicherweise einen solchen Aufstieg erschweren, was ein gewisses Risiko mit sich bringt.
Diese Kontrolle über das eigene Leben und die eigenen Finanzen gewinnt für viele Menschen immer mehr an Bedeutung, so dass sie oft als Priorität und vor allem als subjektiv wahrgenommene Sicherheit über einer möglichen Partnerschaft steht.
Daraus ergibt sich allerdings eine paradoxe Problematik: Es gibt einen „Widerspruch zwischen den Anforderungen des Arbeitsmarktes und den Anforderungen der Partnerschaft“ (Beck 1990: S.15) und es scheint immer schwerer zu werden, beides miteinander zu vereinbaren, da man auf dem Arbeitsmarkt möglichst flexibel und unabhängig sein sollte, gesucht wird „der oder die vollmobile einzelne“ (ebd. S.15) und niemand, dessen höchste Priorität der eigene Partner ist.
In diesem Kontext wird „der Andere“ praktisch zum Störfaktor. Man läuft immer Gefahr, dass ein möglicher Partner den eigenen Karrierewünschen im Wege steht. Selbstverwirklichung ist alleine um einiges einfacher, mal abgesehen davon, dass es sowieso viel Zeit kostet, sich selbst zu verwirklichen, so dass selbst die Zeit für die Partnersuche knapp ausfällt.
Diese Tendenz lässt sich auch an der stetig steigenden Zahl von Ein-Personen-Haushalten festmachen, im Jahre 1961 machten sie 20,6% aller Haushalte aus, im Jahre 2010 schon 40,2%, sie haben sich also nahezu verdoppelt. Haushalte mit 3 oder mehr Personen hingegen machten 1961 noch 52,9% aus, 2010 allerdings nur noch 25,5%, die Zahl der größeren Haushalte ist also um mehr als die Hälfte gesunken (Destatis 2012).
Der einzige Weg, Autonomie und Partnerschaft miteinander zu vereinbaren, wäre demnach also, jemanden zu finden, mit dem man möglichst wenig Kompromisse eingehen muss und der einem möglichst wenig im Wege steht, damit man nicht dauerhaft im Zwiespalt zwischen der Behauptung der eigenen Identität und der Beziehung steht.
Das Problem ist, dass die Möglichkeiten der Gestaltbarkeit des Lebens auch vor Partnerschaften nicht Halt machen, was sich genauso negativ, wie positiv auswirken kann: Es gibt unzählige Wege, ein Paar darzustellen und so vieles,
wofür oder wogegen man sich entscheiden muss. Man sollte der Individualisierungstheorie zufolge also möglichst die Komplexität der Entscheidungsmöglichkeiten so weit wie möglich verringern, indem man sich jemanden sucht, der einem im Lebensstil möglichst ähnlich ist, und von dem man denkt, dass er die persönlichen Ansprüche an eine zufriedene Partnerschaft erfüllen kann, denn „je größer die Komplexität im Entscheidungsfeld, desto größer auch das Konfliktpotential in der Ehe“ (ebd. S.74). Da allein bleiben für die meisten aber trotzdem keine erfüllende Alternative darstellt, befinden sie sich in einem Paradoxon.
2.2) Zwischen Ich-Bezogenheit und Einsamkeit
Diese neu entwickelte Ich-Bezogenheit führt in eine individuelle und gesellschaftliche Zwickmühle.
Auf der einen Seite wollen alle ihre Freiheit nutzen und ihr Leben so gestalten, wie sie es wollen, auf der anderen Seite ist aber auch niemand gern längere Zeit allein, vor allem nicht in Zeiten, in denen man so viele Wahlmöglichkeiten hat, da diese neue Freiheit zwar auf der einen Seite für einen uneingeschränkten und von Zwängen losgelösten Alltag sorgt, aber auch genauso starke Orientierungslosigkeit auslösen kann.
Man ist zwar von vielen alten Traditionen befreit, verliert so aber auch schnell den Halt . Wenn man die Schattenseiten der Individualisierung einmal genauer betrachtet, erkennt man, dass die Freiheit auch eine Herauslösung aus Sicherheit gebenden Gepflogenheiten bedeutet und „ein tiefgreifender Verlust an innerer Stabilität“ sein kann (Beck/Beck-Gernsheim 1990: S. 67).
Zwar waren feste Traditionen wie die Kleinfamilie im Bürgertum starke Einschränkungen für die persönliche Entfaltung, trotzdem wusste man genau, was von einem erwartet wurde und wie die Familie zu funktionieren hat, diese Bräuche und Normen waren etwas Verlässliches und nichts Unsicheres, so wie Partnerschaften es heute sind. Vor allem aber konnte man so nie Gefahr laufen, alleine zu sein, weil es sowieso kaum eine Möglichkeit gab, aus der Familie
auszubrechen.
Aber jetzt, wo der Einzelne immer mehr an Flexibilität gewinnt, dafür aber an Stabilität verliert, wird es für das eigene Wohlbefinden immer bedeutsamer, eine Heimat zu haben, die einem Halt gibt. Diese Heimat kann vieles sein, z.B. ein Partner, eine Familie oder auch der Freundeskreis. Ohne das hat man allerdings nichts, was einen irgendwo hält und führt zur inneren Heimatlosigkeit (ebd. S.67). Man braucht also jemanden, der einen auf seinem individuellen Weg begleitet und der einem, in der sich immer schneller bewegenden Welt, zur Seite steht, um das persönliche Wohlempfinden bis zum Maximum zu steigern, denn den Menschen wird ihr psychisches Wohlbefinden immer wichtiger, was in vielen Forschungen zum Thema Glück genauer untersucht wurde: Für eine Studie wurde in einer Umfrage (n=1004) nach den Quellen für Glück und Wohlbefinden gefragt. Die Teilnehmer wurden gefragt, wie positiv sich verschiedene Quellen auf ihr Wohlbefinden auswirken. Hier rangierten die Quellen „Freunde um mich herum“ und „In einer Partnerschaft leben“ auf den ersten beiden Plätzen. 64% der Befragten fanden Freunde sehr wichtig und 63% das Leben in einer Partnerschaft. Dagegen belegt „Selbst gesteckte Ziele erreichen“ nur Platz 3 und „Arbeits-/Ausbildungsplatz“ sogar nur Platz 5 (Bertelsmann Stiftung 2008).
Solche Statistiken sprechen eine klare Sprache: Glücklich sind die, die sich mit Menschen umgeben, die ihnen nahe stehen, nicht die, die prinzipiell ihre Karriere an erster Stelle in ihrem Leben sehen.
Diese Erkenntnisse stellen allerdings eine große Zwickmühle dar: Auf der einen Seite sucht man in persönlichen Beziehungen und vor allem in intimen Partnerschaften Halt und Stabilität, auf der anderen Seite hat aber die Individualisierung für so viel Freiheit gesorgt, dass sich niemand mehr traut, sich auf einen anderen zu verlassen,weil man sich nie sicher sein kann, ob ihm seine Freiheit nicht doch wichtiger sein könnte und man am Ende wieder allein ist. So wird oftmals im Berufsleben nach Sicherheit und Kontrolle gesucht und das, was für weitaus mehr Wohlbefinden sorgen könnte, wird zunächst hinten angestellt. Man steht also immer vor der Frage ob man das Risiko einer Beziehung eingehen will, oder lieber den eher berechenbaren Weg einer Karriere geht.
2.3) Gestiegene Ansprüche
Damit Frauen eine Partnerschaft eingehen und sie auch eine hohe Priorität bekommt, muss diese mittlerweile viele Kriterien erfüllen können, um auch eine geforderte Stabilität aufweisen zu können, das heißt, Frauen verharren nur dann in ihrer Beziehung, wenn sie mit ihr auch wirklich zufrieden sind. Diese Zufriedenheit ergibt sich aus vielen Faktoren: Wo früher noch finanzielle Absicherung das Hauptkriterium für eine Partnerschaft war, stehen heute ganz andere Kriterien im Vordergrund, die Ansprüche an eine Partnerschaft sind immens gestiegen.
Vor allem aber hat man mehr Auswahl, man muss sich z.B. niemanden in seiner sozialen Schicht aussuchen und es wird einem auch kein Partner von den Eltern aufgezwungen. Das bedeutet, man hat praktisch die freie Wahl, abgesehen davon, dass der Andere die Beziehung auch wollen muss.
Aber was ändert sich, wenn man plötzlich die freie Wahl hat? Die individuellen Ansprüche an den Partner und die Partnerschaft steigen und man wägt genauer ab, ob der potentielle Partner die eigenen Erwartungen erfüllen kann, oder nicht. Vor allem aber versuchen Frauen sich immer besser darüber bewusst zu werden, was ihre Erwartungen überhaupt sind. Sie entwickeln nach und nach immer mehr Kriterien, damit die Auswahl nicht so schwer fällt und sie ein möglichst genaues Bild vom idealen Partner vor Augen haben. Im Folgenden soll zunächst erläutert werden, welche Kriterien es überhaupt sind, die als wichtig für die Partnerfindungsprozesse erachtet werden können und welche Dimensionen wichtig für die Beziehungszufriedenheit in bereits vorliegenden Beziehungen sind. Daran soll erläutert werden, ob sich daraus Hinweise ergeben, ob sich die Ansprüche an Partner durch die Individualisierung verändert haben.
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- Arbeit zitieren
- Sandra Eichhorn (Autor:in), 2012, Die Ansprüche von Frauen an Partnerschaften: Wieso Beziehungen immer schwieriger werden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207016
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