Deutschland ist ein Zuwanderungsland. Diese Tatsache wurde jahrzehntelang
vermieden, ja sogar bestritten. Mit dem Zuwanderungsgesetz von 2005 wurde
dieser Aussage dann aber politisch Rechnung getragen. Damit hat die
Diskussion um Zuwanderungsfragen zwar einen vorläufigen rechtlichen
Abschluss gefunden, indes in ihrer politischen Bedeutung kaum an Aktualität
verloren.
Zum einen sind wir eine vergreisende Nation mit Facharbeitermangel, zum
anderen herrscht in Zeiten der Weltwirtschaftskrise wieder einmal Angst vor
Zuwanderern, die den Einheimischen die Arbeitsplätze nehmen könnten.
In Wahlkampfzeiten forderte nun vor nicht allzu langer Zeit der Präsident des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, sogar für die
jetzige Bundesregierung ein Ministerium für Zuwanderung und Integration. Er
bezeichnete Zuwanderung und Integration als „zentrale Zukunftsfragen“. Nach
der Wahl war zwar keine Rede mehr von neuen Ministerialwegen, trotzdem hat
dieses Thema nicht an Brisanz verloren. Die Integrationsdebatte ist zum
Dauerbrenner in deutschen Medien geworden, so hob jüngst der deutsche
Industrie- und Handelskammertag die Bedeutung von Jugendlichen mit
Migrationshintergrund für die Wirtschaft hervor…
Da spricht man also von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund,
an anderer Stelle wieder von ausländischen Kinder und Jugendlichen- wer ist
da bei Zuwanderung und Integration gemeint? Auf alle Fälle haben wir es mit
keiner homogenen Gruppe „der“ Zuwanderer zu tun.
Die Wege der Zuwanderung sind so vielfältig wie die sich dahinter
verbergenden menschlichen Schicksale. Da gibt es legale und illegale Wege
und erwünschte und eigentlich unerwünschte Zuwanderung. In dieser Arbeit
möchte ich mich der besonderen Problematik einer speziellen Gruppe von
Zuwanderern der illegalen und eigentlich unerwünschten Art widmen, die aus noch zu benennenden Gründen unserer besonderen Aufmerksamkeit und
Zuwendung bedürfen: den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.
Dieser Bevölkerungsgruppe erschließt sich unser Land in seiner Bindung an
nationales, europäisches und internationales Recht nicht unbedingt als
Zuwanderungsziel, aber doch als ein Land mit der Möglichkeit zur Aufnahme,
die zwar gegebenenfalls nur befristet sein kann, verbunden mit der
entsprechenden Integration und möglicherweise späteren Rückführung in die
Herkunftsländer oder der Weiterreise zur Familienzusammenführung.[...]
Inhaltsverzeichnis
- ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
- 1. EINLEITUNG
- 1.1 ANNÄHERUNG AN DAS THEMA
- 1.2. DEFINITION DER UNBEGLEITETEN MINDERJÄHRIGEN FLÜCHTLINGE
- 1.2.1 DEFINITION DER UNBEGLEITETEN MINDERJÄHRIGEN
- 1.2.2 DEFINITION DES FLÜCHTLINGSSTATUS
- 1.3 EINREISE- UND AUFENTHALTSGRÜNDE DER UMF
- 2. RECHTLICHE STELLUNG DER UMF
- 2.1 REGELUNGEN IM INTERNATIONALEN RECHT
- 2.1.1 GENFER FLÜCHTLINGSKONVENTION
- 2.1.2 HAAGER MINDERJÄHRIGENSCHUTZABKOMMEN
- 2.1.3 UN- KINDERRECHTSKONVENTION
- 2.1.4 ENTSCHLIEßUNG DES RATES DER EUROPÄISCHEN UNION VOM 26.JUNl 1997
- 2.1.5 DUBLIN 11- VERORDNUNG
- 2.2 REGELUNGEN IM NATIONALEN RECHT
- 2.2.1 GRUNDGESETZ DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
- 2.2.2 BÜRGERLICHES GESETZBUCH
- 2.2.3 SOZIALGESETZBUCH ACHTES
- 2.2.3.1 KINDER- UND JUGENDHILFEWEITERENTWICKLUNGSGESETZ
- 2.2.4 AUFENTHALTSGESETZ
- 2.2.5 ASYLVERFAHRENSGESETZ
- 2.2.6 ASYLBEWERBERLEISTUNGSGESETZ
- 2.3 GRAPHIK DES FRSH ZU DEN RECHTSBEREICHEN
- 3. DEFINITION DER KINDER- UND JUGENDHILFE
- 3.1 AUFGABEN DER KINDER- UND JUGENDHILFE
- 3.2 ANGEWENDETE HILFEFORMEN BEI UMF
- 3.2.1 UNTERBRINGUNG IN EINER PFLEGEFAMILIE
- 3.2.2 UNTERBRINGUNG IN VOLLSTATIONÄREN EINRICHTUNGEN/ HEIMERZIEHUNG
- 4. UMF IN ZAHLEN UND DATEN
- 4.1 FESTSTELLUNGEN UNERLAUBT EINGEREISTER AUSLÄNDER AN DEUTSCHEN GRENZEN
- 4.2 FESTSTELLUNGEN VON UMF IN DEN JAHREN 2003-2008
- 4.3 INOBHUTNAHMEN VON UMF IM JAHR 2009
- 5. UMF IN SCHLESWIG- HOLSTEIN
- 5.1 VERWALTUNGSGLIEDERUNG IN SCHLESWIG- HOLSTEIN
- 5.2 BETROFFENHEIT UND HANDLUNGSABLÄUFE DER EINZELNEN REGIONEN IN SCHLESWIG- HOLSTEIN
- 5.2.1 AKTUELLE LAGE (STAND AUG./ SEP. 2010)
- 6. QUALITATIV- HEURISTISCHE ERHEBUNG ZUM UMGANG MIT UMF (BEDARFSERMITTELUNG)
- 6.1 ENTWICKLUNG EINES ERHEBUNGSINSTRUMENTES
- 6.1.1 FRAGEBOGEN ZUR BEFINDLICHKEIT IN DER HEIMERZIEHUNG
- 6.2 DURCHFÜHRUNG DER ERHEBUNG
- 6.3 AUSWERTUNG DER ERHEBUNG
- 7. PRAXIS IN ANDEREN BUNDESLÄNDERN
- 7.1 CLEARINGVERFAHREN UND UNTERBRINGUNG IN HESSEN
- 7.1.1 DAS CLEARINGVERFAHREN IN HESSEN
- 7.1.2 DIE AUFNAHMEEINRICHTUNGEN IN HESSEN
- 7.2 DIE INOBHUTNAHMEEINRICHTUNG „AJUMI" IN KARLSRUHE
- 7.3 DAS JUGENDPROJEKT ALREJU IN FÜRSTENWALDE
- 8. POSITIVE ENTWICKLUNGEN IN SCHLESWIG HOLSTEIN
- 8.1 NEUE WEGE IN HAVETOFT - DIE SCHUTZSTELLE FÜR UMF
- 9. FAZIT
- QUELLENVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Problematik unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (UMF) in Deutschland, insbesondere in Schleswig-Holstein. Sie analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Herausforderungen und die aktuelle Praxis im Umgang mit UMF. Die Arbeit zielt darauf ab, die Situation der UMF zu beleuchten und Lösungsansätze für eine bedarfsgerechte Betreuung und Integration zu erarbeiten.
- Rechtliche Rahmenbedingungen für UMF
- Inobhutnahme und Clearingverfahren
- Unterbringung und Betreuung von UMF in Jugendhilfeeinrichtungen
- Interkulturelle Kompetenz und Integration
- Positive Entwicklungen und Lösungsansätze
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) ein und erläutert die Bedeutung des Themas im Kontext von Zuwanderung und Integration. Es werden die Definitionen von UMF und Flüchtlingsstatus sowie die häufigsten Einreise- und Aufenthaltsgründe der UMF vorgestellt.
Kapitel 2 beleuchtet die rechtliche Stellung der UMF unter Berücksichtigung des internationalen und nationalen Rechts. Es werden die wichtigsten internationalen Abkommen wie die Genfer Flüchtlingskonvention, das Haager Minderjährigenschutzabkommen, die UN- Kinderrechtskonvention und die Dublin 11- Verordnung vorgestellt. Darüber hinaus werden die relevanten nationalen Gesetze, wie das Grundgesetz, das Bürgerliche Gesetzbuch, das SGB VIII, das Aufenthaltsgesetz, das Asylverfahrensgesetz und das Asylbewerberleistungsgesetz, beleuchtet.
Kapitel 3 definiert die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland und erläutert die wichtigsten Aufgaben und Hilfeformen im Kontext der UMF. Es werden die Inobhutnahme von Kindem und Jugendlichen nach S 42 SGB VIII sowie die Unterbringung in Pflegefamilien und vollstationären Einrichtungen/ Heimerziehung näher betrachtet.
Kapitel 4 stellt die UMF in Zahlen und Daten vor. Es werden die Feststellungen unerlaubt eingereister Ausländer an deutschen Grenzen, die Feststellungen von UMF in den Jahren 2003-2008 und die Inobhutnahmen von UMF im Jahr 2009 dargestellt.
Kapitel 5 widmet sich der Situation der UMF in Schleswig-Holstein. Es werden die Verwaltungsgliederung des Landes sowie die Betroffenheit und Handlungsabläufe der einzelnen Regionen im Umgang mit UMF vorgestellt. Die aktuelle Lage (Stand Aug./ Sep. 2010) wird anhand der Ergebnisse einer telefonischen und E-Mail-Befragung der zuständigen Behörden in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten dargestellt.
Kapitel 6 führt eine qualitativ- heuristische Erhebung zum Umgang mit UMF durch. Es werden die Entwicklung eines Erhebungsinstrumentes (Fragebogen zur Befindlichkeit in der Heimerziehung), die Durchführung der Erhebung und die Auswertung der erhobenen Daten dargestellt. Die Ergebnisse der Erhebung werden in gelingende Aspekte, Ambivalenzen, negative Faktoren und Änderungsvorschläge kategorisiert.
Kapitel 7 beleuchtet die Praxis in anderen Bundesländern. Es werden das Clearingverfahren und die Unterbringung von UMF in Hessen, die Inobhutnahmeeinrichtung „AJUMI" in Karlsruhe und das Jugendprojekt ALREJU in Fürstenwalde vorgestellt.
Kapitel 8 stellt positive Entwicklungen in Schleswig-Holstein vor. Es werden die wichtigsten NGOs (Non-Governmental Organization) wie der Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V., der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., lifeline Vormundschaftsverein, das Netzwerk „Land in Sicht!" und Refugio vorgestellt. Darüber hinaus werden die neuen Wege in Havetoft - die Schutzstelle für UMF - näher betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF), Inobhutnahme, Clearingverfahren, Jugendhilfe, Heimerziehung, Integration, interkulturelle Kompetenz, Schleswig-Holstein, ALREJU, Elisabethheim Havetoft, Deutschland.
- Quote paper
- Silke Bachert (Author), 2010, Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Kinder- und Jugendhilfe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207037
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