Das Szenario: ein Paar, bestehend aus einer Frau mittleren Alters und einem jüngeren Mann, das aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird, „[s]ie, er und die Umwelt“ (Fassbinder, S.12), ist die Grundkonstellation der beiden Melodramen ALL THAT HEAVEN ALLOWS (R: Douglas Sirk, USA 1955) und ANGST ESSEN SEELE AUF (R: Rainer Werner Fassbinder, BRD 1973). Das Motiv ist bis in jüngerer Zeit ein eher seltenes, doch gibt es im Gefühlsroman des 19. Jahrhunderts Beispiele: Anna Karenina (Tolstoi, 1878) und L’Adultera (Fontane, 1882). Darin findet sich die Darstellung des wesentlichen melodramatischen Elements der „Verinnerlichung und Personalisierung von primär ideologischen Konflikten“ (Elsaesser, S.96) und die im Filmmelodram weitergeführte „Betonung privater Gefühle und verinnerlichter […] Codes von Moral und Gewissen“ (ebd.): Das Paar könnte glücklich zusammen leben, gäbe es die Gesellschaft und ihre „moralischen“ Vorstellungen und Einengungen nicht.
Douglas Sirk bezieht sich auf das Kleinstadtleben der upper middle class in der Ära Eisenhower, Fassbinder legt das Nachkriegsmünchen der Arbeiterschicht in den 1970er Jahren zugrunde. Analysiert wird die Gesellschaftsdynamik in beiden Filmen: Wie wird inhaltlich die Einflussnahme des sozialen Umfelds inszeniert? Welchen Konflikten sind die Figuren ausgesetzt? Mit welchen filmischen Mitteln wird dies betont? Der Analyse folgt eine konzise Abwägung der Verschiedenheiten und Gemeinsamkeiten der sozialen Implikationen.
Inhaltsverzeichnis
- Prolog
- Einführung
- Douglas Sirks Position im Melodram der 1950er
- Das Filmmelodram bei R. W. Fassbinder
- Einordnung der beiden Melodramen
- Implikationen von ALL THAT HEAVEN ALLOWS
- Stil und Grundlage von ANGST ESSEN SEELE AUF
- Analyse: Darstellung der Dynamik des sozialen Umfelds
- Gesellschaftsdynamik in ALL THAT HEAVEN ALLOWS
- Position der Protagonistin und des Protagonisten in ihrem Umfeld
- Die Figuren der sozialen Umwelt
- Filmische Erfassung des Raumes
- Gefühle im Dekor
- Beleuchtung und Farbe
- Gesellschaftsdynamik in ANGST ESSEN SEELE AUF
- Vorbereitung des Zuschauers in der Eingangssequenz
- Gebrauch der (Bild-)Sprache
- Das Agieren der Figuren im sozialen Umfeld
- Die Protagonistin und der Protagonist als Teil der Gesellschaft
- Gesellschaftsdynamik in ALL THAT HEAVEN ALLOWS
- Darstellung der gesellschaftlichen Implikationen im Vergleich
- Unterschiede
- Gemeinsamkeiten
- Epilog
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Dynamik des sozialen Umfelds in den beiden Melodramen ALL THAT HEAVEN ALLOWS (Douglas Sirk, USA 1955) und ANGST ESSEN SEELE AUF (Rainer Werner Fassbinder, BRD 1973). Die Untersuchung beleuchtet, wie die Einflussnahme des sozialen Umfelds auf die Figuren inszeniert wird, welchen Konflikten diese ausgesetzt sind und welche filmischen Mittel zur Betonung dieser Aspekte eingesetzt werden. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die beiden Regisseure die Gesellschaft ihrer Zeit in ihren Filmen widerspiegeln und welche gesellschaftlichen Implikationen aus ihren Werken abgeleitet werden können.
- Analyse der Gesellschaftsdynamik in beiden Filmen
- Darstellung der Konflikte, denen die Protagonisten ausgesetzt sind
- Untersuchung der filmischen Mittel zur Inszenierung der sozialen Einflussnahme
- Vergleich der gesellschaftlichen Implikationen der beiden Melodramen
- Einordnung der beiden Filme in das jeweilige filmische Werk der Regisseure
Zusammenfassung der Kapitel
- Der Prolog stellt die Grundkonstellation der beiden Melodramen vor: ein Paar, bestehend aus einer Frau mittleren Alters und einem jüngeren Mann, das von der Gesellschaft ausgegrenzt wird. Das Motiv findet sich bereits in der Literatur des 19. Jahrhunderts und wird als Beispiel für das melodramatische Element der „Verinnerlichung und Personalisierung von primär ideologischen Konflikten“ (Elsaesser, S.96) beschrieben.
- Die Einleitung beleuchtet die Position der Regisseure im Melodram ihrer Zeit, ihre Sicht auf die Gesellschaft und die Entstehung ihrer Filme. Douglas Sirk wird als Kritiker der amerikanischen Kleinstadtgesellschaft dargestellt, die er in seinen Filmen als Ausdruck von sexueller Repression und gesellschaftlicher Unterdrückung zeichnet. Fassbinder hingegen nutzt das Melodram als Plattform für die Kritik an der deutschen Gesellschaft der 1970er Jahre.
- Das dritte Kapitel analysiert die Darstellung der Gesellschaftsdynamik in beiden Filmen. Es wird untersucht, wie die Position der Protagonisten in ihrem Umfeld, die Figuren der sozialen Umwelt, die filmische Erfassung des Raumes, die Verwendung von Dekor, Beleuchtung und Farbe zur Inszenierung der sozialen Einflussnahme genutzt werden.
- Im vierten Kapitel werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der gesellschaftlichen Implikationen der beiden Melodramen im Vergleich dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Melodram, Gesellschaftsdynamik, soziales Umfeld, Douglas Sirk, Rainer Werner Fassbinder, ALL THAT HEAVEN ALLOWS, ANGST ESSEN SEELE AUF, Filmsprache, Kritik an der Gesellschaft, gesellschaftliche Implikationen.
- Quote paper
- Veronika Seitz (Author), 2011, "Sie, er und die Umwelt" - Die Dynamik des sozialen Umfelds in "All That Heaven Allows" und "Angst Essen Seele Auf", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207110