Der Einfluss der Demagogen im 5. Jh am Beispiel Perikles


Hausarbeit, 2011

11 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

I. Einleitung

Die Faszination für die Rhetorik ist allgegenwärtig und begegnet uns täglich in den Medien - sei es in der Politik oder in der Werbung. Sie ist ein unsichtbares Machtinstrument, welche die Person, die es beherrscht, geschickt für ihre Vorteile nutzen kann. Das Interesse an der Rhetorik spiegelt sich nicht nur in den Buchhandlungen wieder, sondern auch in den Angeboten der zahlreichen Rhetorikkurse. Die Möglichkeiten der Rhetorik wurden in der Zeit, in der die Antike Staatsform der Demokratie aufkam, erkannt und umgesetzt.

Dieser Aufsatz beschäftigt sich mit dem Einfluss der Demagogen in der Zeit des 5. Jh. v. Chr. und versucht der Frage nachzugehen, welche Bedingungen einerseits notwenig waren, um der Rolle eines Demagogen gerecht zu werden und andererseits, wie es den Rednern gelang, einen so großen Machteinfluss in derAntike zu bekommen.

Nach der Einführung in den historischen Kontext wird die antike Staatsform thematisiert. Diese bildet die Grundlage für das Verständnis von der Ursache und von der Art und Weise, wie die Demagogen Einfluss auf das politische Geschehen nehmen konnten. Die Pflichtlektüre des Seminars „Der Peloponnesische Krieg" diente mir dabei als Grundlage für den Aufbau des Aufsatzes. Ein bedeutender Rhetoriker dieser Zeit war Perikles, ein Stratege und Mitstreiter des Krieges. Dieser Person galt mein Interesse für die Hervorhebung und das Verständnis der Rolle der Demagogen im antiken Griechenland.

II. Historischer Kontext

Der Peloponnesische Krieg, der zwischen den Hegemonien Athen und Sparta in den Jahren von 431- 404 v. Chr. stattfand, wird als eines der wichtigsten Ereignisse und Wendepunkte der Antike im 5. Jh. v. Chr. betrachtet. Der Historiker Thukydides war ein Zeitzeuge und verfasste eine Monographie über dieses Ereignis, welches bis heute als wichtigstes Dokument für diese Zeit dient.

Dieser Krieg war nach Thukydides schwerwiegender als alle zuvor[1] und brach aufgrund mehrerer Anlässe aus. Die Hauptursache liegt seiner Ansicht nach im Machtaufstieg der Athener bis 431 v. Chr., der Sparta zum Handeln zwang. Die Spartaner sahen bereits einen Großteil Griechenlands in den Händen Athens und entschlossen sich schließlich aus Furcht vor Ehrverlust zum Krieg.[2]

Zuvor jedoch reihten sich mehrere Konflikte aneinander, die zu der Kriegssituation führten: zunächst wäre der Konflikt um Kerkyra zu nennen. Diese Stadt gehörte zwar weder dem Peloponnesischen Bund noch dem Attischen Bund an, ging dann jedoch ein Defensivbündnis mit Athen ein.[3] Mit dieser Entscheidung sahen die Korinther, ein spartanischer Bündnispartner, den 30-jährigen Frieden gebrochen und entschieden sich zur Rüstung auf den Krieg.[4] Der zweite Anlass geht auf das Vorgehen Athens gegen die korinthische Kolonie Poteidaias zurück. Die Forderungen seitens Athen, die Mauern auf der Seeseite herunter zu reißen, die Beamten auszuweisen und Geißeln zu stellen, widersetzte sich Poteidaia, wandte sich an Korinth und Sparta und bat um militärische Unterstützung.[5] Der athenische Handelsboykott gegen die Stadt Megara stellt den dritten Anlass dar. Auf einen Antrag des Perikles wurde die Getreide- und Holzzufuhr der Stadt unterbrochen, sodass die Seemächte des Peloponnesischen Bundes daran gehindert werden sollten, ihre Kriegsflotte weiter auszubauen.[6]

Diese Unternehmungen und Entscheidungen seitens Athen führt nun dazu, dass die „Lakedaimonier erklärten, dass der Vertrag gebrochen und ein Krieg notwendig sei."[7]

III. Demokratie und Demagogen

Der Begriff und die Form der Demokratie wie wir sie heute verstehen, ist nicht gleichzusetzen mit der antiken Staatsform, die sich in der zweiten Hälfte des 5. Jh. v. Chr. herausbildete. Der Begriff als solcher begegnet uns erstmals bei Herodot[8], nachdem im Jahre 508/7 v. Chr. die Phylenreform des athenischen Aristokraten Kleisthenes die Anfänge der Demokratie in Athen begründete.[9] Diese Staatsform ist nicht durch ihren normativen Aufbau gekennzeichnet, sondern durch die Anteilnahme der Bürger, die diese Staatsform als „eigentümliche Verfassung und Lebensform"[10] begriffen. Cartledge beschreibt die antike Demokratie als „ein ganz und gar soziales Phänomen: eine Kultur und nicht bloß ein politisches System".[11] Die Forschungsliteratur spricht von einer „radikalen Demokratie"[12], oder als „die Herrschaft der Minderheit über die Mehrheit".[13] Diese Aussagen werden bestätigt, wenn man nur zwei der Unterschiede, die Cartledge im Vergleich zur heutigen Demokratie anführt, betrachtet: Die Demokratie der Griechen war eine direkte - im Gegensatz zu unserer repräsentativen Staatsform. Es existierte keine Gewaltenteilung. Der demos hatte die Macht und verfügte über die Entscheidungskompetenz aller Bereiche.[14] 170.000- 200.000 Personen lebten zur damaligen Zeit in Attika. Doch nur 30. - 50.000 hatten das Recht an politischer Teilhabe, denn die Sklaven, Frauen und Metöken wurden vom politischen Leben in Athen ausgeschlossen.

Der wichtigste Ort für demokratische Entscheidungsprozesse und Wortgefechte war die Volksversammlung (ekklesia). Hier konnte jeder männliche, freie Bürger von seinem Bürgerrecht Gebrauch machen, indem er Anträge stellte, oder sich bei Abstimmungen beteiligte. Jedoch nutzten in der Praxis nur Wenige die Gelegenheit, das Wort in der Volksversammlung zu ergreifen.

Um auf der Rednerbühne zu brillieren, war die Kunst, die Rhetorik zu beherrschen, von großer Bedeutung. Sie zählte zu den „Schlüsselkompetenzen der griechischen Politiker".[15] Selbstbewusstsein und Redetalent gingen einer anspruchsvollen Ausbildung voraus. Die berühmten Redner wie Demosthenes oder Cicero mussten lange mühsame Atem- und Modulationsübungen über sich ergehen lassen, um in der Öffentlichkeit dieser anspruchsvollen Aufgabe gerecht zu werden.[16] Für die Aneignung dialektischer und rhetorischer Fähigkeiten waren die Sophisten, sogenannte Wanderlehrer, verantwortlich. Für den Unterricht, der neben der Rhetorik die Naturwissenschaften, Geschichte und Politik beinhaltete, interessierten sich meist Personen aus gut begüterten Häusern, die sich die kostspielige Angelegenheit finanzieren konnten. Sie hofften darauf, in der

Volksversammlung schlagfertiger auf Gegenargumente reagieren zu können und dadurch den eigenen Erfolg voranzutreiben.[17] Büchner beschreibt die Redner als „Sprachrohr für die Wünsche und Begehrlichkeiten des Volkes als auch [als] Führungspersönlichkeiten"[18], die an der Spitze des Volkes standen. Man gab ihnen den Namen „prostatai tou demou" (Vorsteher des Volkes) oder „Demagogen" (Führer des Volkes).[19] Doch der Begriff der Demagogen, den wir aus heutiger Perspektive eine negative Konnotation zukommen lassen, wurde in der antiken Zeit wertneutral verwendet. Denn sie spielten nicht nur in der Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle, sondern informierten die Bürger auch über außenpolitische Veränderungen.

Nach Thukydides haben sich zur Zeit des Krieges zwei Zäsuren hervorgehoben, die das Verhältnis der Demagogen zum Volk veränderten: Die erste Zäsur ist nach dem Tod des Perikles zu setzen - denn zuvor hatten die Demagogen das Volk entsprechend über die politische Verhältnisse informiert und das Volk sicher geführt. In folgenden Jahren hingegen „betrieben sie von Staats wegen alles Mögliche, was mit dem Krieg augenscheinlich nichts zu tun hatte, aus persönlichem Ergeiz und persönlicher Gewinnsucht, doch zum Nachteil Athens [...]; solche Unternehmungen brachten bei Erfolg dem Einzelnen Ehre und Vorteil, schadeten aber beim Scheitern der Stadt im Krieg".[20] Die Entscheidungsfindung der Demagogen beruhte demnach auf individuellen und emotionalen Motiven, die ohne Rücksicht auf die athenischen Ressourcen getroffen wurden und die Stabilität Athens schwächten. Die Schwächung Athens (und somit auch die der demokratischen Struktur) begünstigte die Aktivität der Oligarchen. Diese konnten 411 ein oligarchisches Regime einführen, da die Bevölkerung - durch die militärische Niederlage der Sizilienexpedition verängstigt und zweifelnd an der Demokratie - sich diesen nicht widersetzte. Dieses Ereignis setzt die zweite Zäsur. Obwohl die Oligarchie nur wenige Monate bestehen konnte und die Demokratie wieder eingeführt wurde, gelang es Athen nicht zu der inneren Stabilität zurückzufinden, um die kritische Lage des Krieges zu lösen.

[...]


[1] Vgl.Thuk. I, 21.

[2] Vgl.Thuk. I, 23; 88.

[3] Vgl. Thuk. I, 44.

[4] Vgl.Thuk. I, 55.

[5] Vgl.Thuk. I, 56-72.

[6] Vgl. Schulz, R., S.77-78.

[7] Thuk. I, 88.

[8] Vgl. Hdt. VI, 43.

[9] Vgl. Cartledge, P., S. 15.

[10] Schulz, R., S.32.

[11] Cartledge, P., S.12.

[12] Schulz, R., S.32.

[13] Bleicken, J., S.462.

[14] Vgl. Cartledge, P., S.13-14.

[15] Büchner, F., S.512.

[16] Vgl. Büchner, F., S.513.

[17] Vgl. Schulz, R., S.48.

[18] Büchner, F., S.513.

[19] Vgl. Mann, C., S.15.

[20] Thuk. II, 65.

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Details

Titel
Der Einfluss der Demagogen im 5. Jh am Beispiel Perikles
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
11
Katalognummer
V207204
ISBN (eBook)
9783656348139
ISBN (Buch)
9783656349822
Dateigröße
432 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, demgogen, beispiel, perikles
Arbeit zitieren
Loreen Werbelow (Autor:in), 2011, Der Einfluss der Demagogen im 5. Jh am Beispiel Perikles, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207204

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