"Ein unschuldiges Kind warst du ja eigentlich, aber noch eigentlicher warst du ein teuflicher Mensch! – Und darum wisse: Ich verurteile dich jetzt zum Tode des Ertrinkens!" (Franz Kafka. Das Urteil.)
Die hier vorgelegte Arbeit beschäftigt sich mit Franz Kafkas Erzählung Das Urteil und rückt diese Textstelle in den Fokus der Aufmerksamkeit. Der Widerspruch, dass der Vater Georg Bendemanns seinen Sohn in einem Zuge als unschudig und teuflich bezeichnet, ist derart auffällig, dass er einer genaueren Betrachtung unterzogen werden soll.
Worin soll Georgs Schuld in der Unschuld zu finden sein? Die Suche nach jener mystischen Schuld soll hier zum Leitthema der Arbeit erhoben werden. Bei dieser Suche habe ich drei Kriterien in den Fokus gerückt. Zunächst werde ich untersuchen, ob Georgs Vater eine Autorität verkörpert und überhaupt eine Machtbefugnis zum Urteils- beziehungsweise Schuldspruch inne hat. Danach wende ich mich Georgs Verhalten zu, indem ich sein Wesen und Gebaren gegenüber dem Vater analysiere, um aufgrund dieser Vorbetrachtungen die Frage zu klären, worin genau Georgs Schuld bestehen könnte beziehungsweise nach Ansicht des Vaters bestehen soll.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Betrachtungen
- Was ist Autorität? – Eine soziologische Definition
- Was ist Schuld? – Eine soziologisch-psychologische Definition
- Die Suche nach der Schuld – eine werkimmanente Analyse
- Besitzt der Vater Autorität?
- Georgs Verhalten – ein innerer Kampf zwischen Abhängigkeitsgefühl und Etablierungswunsch
- Georgs Sündenfall
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit Franz Kafkas Erzählung „Das Urteil“ und konzentriert sich insbesondere auf die Aussage des Vaters, der seinen Sohn Georg Bendemann gleichzeitig als unschuldig und teuflisch bezeichnet. Dieser Widerspruch bildet den Ausgangspunkt für die Analyse. Die Arbeit untersucht, worin die Schuld Georgs in seiner Unschuld bestehen soll, und analysiert die Autorität des Vaters sowie Georgs Verhalten im Kontext ihrer Beziehung.
- Die Definition von Autorität und Schuld im soziologischen Kontext
- Die Analyse der Vaterfigur als Autoritätsperson
- Die Untersuchung von Georgs Verhalten und seinem inneren Konflikt zwischen Abhängigkeit und Unabhängigkeit
- Die Suche nach Georgs Schuld im Kontext der Erzählung
- Die Rolle des Dialogs zwischen Vater und Sohn in der Konstruktion des Schuldspruchs
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt den Widerspruch zwischen Georgs Unschuld und seiner Teuflichkeit in den Mittelpunkt der Analyse. Sie benennt die Leitfrage der Arbeit: „Worin soll Georgs Schuld in der Unschuld zu finden sein?“ Die Arbeit richtet den Fokus auf die werkimmanente Analyse der Beziehung zwischen Georg und seinem Vater.
Der theoretische Teil beleuchtet die Begriffe Autorität und Schuld aus soziologischer Perspektive. Hier werden die Merkmale von Autorität und ihre Funktion in sozialen Gemeinschaften beschrieben, sowie die Bedeutung von Normen und Sanktionen in der Aufrechterhaltung der Ordnung. Im Fokus steht dabei die Familie als Sonderform einer sozialen Gemeinschaft.
Die werkimmanente Analyse untersucht zunächst, ob Georgs Vater tatsächlich Autorität besitzt und somit über die Befugnis zum Schuldspruch verfügt. Im Anschluss wird Georgs Verhalten gegenüber seinem Vater analysiert, um seine innere Spannung zwischen Abhängigkeitsgefühl und dem Wunsch nach Etablierung zu beleuchten. Schließlich wird Georgs „Sündenfall“ im Dialog mit dem Vater untersucht, um die Frage nach seiner Schuld zu beantworten.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe der Arbeit sind Autorität, Schuld, Vater-Sohn-Beziehung, Dialog, werkimmanente Analyse, Kafkas „Das Urteil“, Georg Bendemann, Unschuld, Teuflisch.
- Citation du texte
- M.A. Cornelia Scherpe (Auteur), 2010, Das unschuldige teuflische Kind, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207302