Comics nehmen seit Jahren einen immer größeren Stellenwert ein. Nach trostlosen Tagen im hintersten Zeitschriftenregal nahmen sie ihren Weg über Buchgeschäfte und Kinosäle in den Blickwinkel der Literaturwissenschaft. Sogenannte eingefleischte Fans mag dies weniger verwundern als den Typus Leser, welcher seine Aufmerksamkeit noch ausschließlich einer traditionellen Lektüre widmet. Heute bietet sich uns aber bereits eine breite Masse an neuer Qualität. So darf die große mediale Betrachtung von Amirs und Khalils Comic Zahra’s Paradise also keine Verwunderung auslösen. Fast dreieinhalb Millionen Interneteinträge kennt die Suchmaschine Google zu diesem Werk. Darunter befinden sich zahlreiche Rezensionen, Berichte zur Entstehung und Filmbeiträge aus unterschiedlichen Fernsehsendungen, meistens wichtige Nachrichtenformate. Die Journale sehen darin ein Abbild des Arabischen Frühlings und eine Dokumentation der Grünen Revolution im Iran. Der Hauptaspekt des Interesses liegt oftmals weniger in der fiktiven Suche einer Familie nach ihrem verschwundenen Sohn und Bruder als in der Entblößung eines Regimes durch die Bilder der Erzählung. Spiegel Online spricht von der Popkultur, die Geschichte macht oder dem tödlichen Zeitbezug, den diese offenbart.
Wie und woraus entstehen die zahlreichen faktualen Ansprüche, welche dem vorliegenden Comic zugeordnet werden? Was bedeutet das? Da jene aus einer fiktiven Geschichte gezogen werden, muss es eine besondere Wechselbeziehung zwischen Leser und Text geben. Mit der Arbeit soll herausgestellt werden, worin und bei wem diese Ansprüche zu verorten sind. Hierzu müssen zunächst zwei Begriffe geklärt werden. Die Gegenüberstellung fiktional und faktual soll das hiesige Verständnis von zweitem klar herausfiltern. Danach wird die hier verwendete, historische Leerstelle erläutert, um sie als wichtiges Erkennungsmerkmal faktualer Ansprüche einzuführen. Im Hauptteil der Untersuchung stellen sich fünf Fragen, die der Beantwortung der Leitfrage dienlich sein können: Liegt bereits in der Bezeichnung Graphic Novel ein selbsternannter Anspruch auf Realitätsbezug? Was macht einen Geschichtscomic aus und entspricht Zahra’s Paradise einer solchen Definition? Was fällt diesbezüglich in der Bild-Text-Relation auf und welche besonderen Darstellungen ergeben sich hierbei? [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Fiktional vs. Faktual
- Historische Leerstellen
- Der Comic Zahra's Paradise und seine Rezeption
- Graphic Novel
- Geschichtscomic
- Bild-Text-Relation
- Besondere Darstellungen
- Glossar und Anhang als Rahmen
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit den faktualen Ansprüchen, die dem Comic „Zahra's Paradise“ zugeschrieben werden. Sie untersucht die Beziehung zwischen Fiktion und Realität im Werk und beleuchtet die Entstehung dieser Ansprüche aus der Perspektive des Lesers und des Textes. Dabei werden die Begriffe „fiktional“ und „faktual“ definiert und das Konzept der „historischen Leerstelle“ als wichtiges Merkmal faktualer Ansprüche vorgestellt.
- Die Abgrenzung von Fiktion und Realität im Kontext von Erzählungen
- Die Rolle der „historischen Leerstelle“ in der Rezeption von fiktionalen Texten
- Die Frage, ob und inwiefern die Bezeichnung „Graphic Novel“ einen Anspruch auf Realitätsbezug beinhaltet
- Die Analyse der Bild-Text-Relation in „Zahra's Paradise“ und deren Bedeutung für die Wahrnehmung der Faktualität
- Die Funktion von Glossar und Anhang als Rahmen für die Interpretation des Comics
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Comics und seiner Bedeutung für die Literaturwissenschaft ein. Sie stellt den Comic „Zahra's Paradise“ und seine Rezeption im Kontext des Arabischen Frühlings und der Grünen Revolution im Iran vor. Die Leitfrage der Arbeit wird formuliert: Wie und woraus entstehen die faktualen Ansprüche, die dem Comic zugeschrieben werden?
Das zweite Kapitel widmet sich der Abgrenzung von Fiktion und Realität in Bezug auf Erzählungen. Die Begriffe „fiktional“ und „faktual“ werden definiert und die verschiedenen Ebenen der Kommunikationssituation bei fiktionalen Texten erläutert. Die Einordnung von „Zahra's Paradise“ in die fiktionale Literatur wird begründet.
Kapitel drei behandelt das Konzept der „historischen Leerstelle“ als wichtiges Erkennungsmerkmal faktualer Ansprüche. Die Leerstelle wird als Lücke in der historischen Erzählung verstanden, die von der Rezeption gefüllt wird. Der Bezug zur Rezeption von „Zahra's Paradise“ wird hergestellt.
Das vierte Kapitel analysiert den Comic „Zahra's Paradise“ in Bezug auf seine faktualen Ansprüche. Es wird untersucht, ob die Bezeichnung „Graphic Novel“ einen Anspruch auf Realitätsbezug beinhaltet, was einen Geschichtscomic ausmacht und ob „Zahra's Paradise“ dieser Definition entspricht. Die Bild-Text-Relation wird betrachtet und die besonderen Darstellungen im Comic beleuchtet.
Das fünfte Kapitel bietet einen Ausblick auf das Glossar und den Anhang als mögliche Rahmen für die Interpretation des Comics. Der Fokus liegt dabei auf der Frage, inwieweit diese Elemente zur Vermittlung faktualer Informationen beitragen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Fiktion, Faktualität, Geschichtscomic, Graphic Novel, „Zahra's Paradise“, Arabischer Frühling, Grüne Revolution im Iran, Bild-Text-Relation, historische Leerstelle, Rezeption, Kommunikationssituation.
- Arbeit zitieren
- Matthias Sühl (Autor:in), 2012, Über die faktualen Ansprüche in "Zahra`s Paradise" , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207437