Resilienzförderung in abhängigkeitsbelasteten Familien im Rahmen sozialpädagogischer Familienhilfe


Bachelorarbeit, 2012

71 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH)
1.1 Definition
1.2 Rechtliche Grundlage
1.3 Sozialpädagogische Familienhilfe im Spannungsverhältnis von Hilfe und Kontrolle
1.4 Arbeitsansätze sozialpädagogischer Familienhilfe
1.5 Adressaten sozialpädagogischer Familienhilfe

2 Alkoholabhängigkeit
2.1 Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10)
2.2 Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen (DSM-IV)
2.3 Definition Alkoholabhängigkeit nach ICD-10 und DSM-IV
2.4 Krankheitsverlauf
2.5 Komorbidität mit psychischen Störungen
2.6 Ursachen von Alkoholabhängigkeit

3 Das Risikofaktorenmodell
3.1 Innerfamiliäre Risikofaktoren im Zusammenhang mit Alkoholabhängigkeit
3.1.1 Alkoholabhängigkeit als Familienkrankheit
3.1.2 Alkohol als der höchste Wert im Leben - Auswirkungen des chronischen Alkohol- konsums auf den Betroffenen
3.1.3 Co-Abhängigkeit als Anpassungsversuch der Familienmitglieder
3.1.4 Elterliche Konflikte, Trennung und Scheidung
3.2 Umgang mit den Kindern
3.2.1 Erziehungsverhalten
3.2.2 Vernachlässigung
3.2.3 Kindesmisshandlung
3.2.4 Sexueller Missbrauch

4 Auswirkungen elterlicher Alkoholabhängigkeit auf die kindliche Entwicklung
4.1 Psychische und Psychosoziale Risiken
4.1.1 Rollenmodelle - die kreative Anpassung der Kinder
4.1.2 Internalisierte Störungen
4.1.3 Externalisierte Verhaltensstörungen
4.1.4 Die Entwicklung einer eigenen Alkoholabhängigkeit
4.2 Kognitive Defizite

5 Resilienz
5.1 Definition
5.2 Das Schutzfaktorenkonzept
5.2.1 Schutzfaktoren
5.3 Wirkungsmodelle
5.3.1 Modell der Kompensation
5.3.2 Modell der Herausforderung
5.3.3 Modell der Interaktion
5.3.4 Modell der Kumulation
5.4 Allgemeine Ziele und Strategien der Resilienzförderung

6 Resilienzförderung in abhängigkeitsbelasteten Familien im Rahmen der SPFH
6.1 Strategien
6.1.1 Risiko-zentrierte Strategien
6.1.2 Ressourcen-orientierte Strategien
6.1.3 Prozess-orientierte Strategien
6.2 Prinzipien in der Arbeit mit alkoholabhängigkeitsbelasteten Familien
6.3 Methoden
6.4 Grenzen der Resilienzförderung in abhängigkeitsbelasteten Familien
6.4.1 Zugangswege zu Hilfen zur Erziehung
6.4.2 Kindeswohlgefährdung nach Paragraph 1666 BGB
6.4.3 Maßnahmen bei einer Kindeswohlgefährdung

Fazit

Literatur

Einleitung

Traditionell steht Alkohol sowohl privat als auch öffentlich vielfach im Mittelpunkt von Fes- ten und Feiern und gilt in unserer Gesellschaft als hohe Lebenskultur (vgl. Scheurich/ Bro- kate 2009: 4). Demgegenüber steht jedoch die Erkenntnis, dass Substanzstörungen in derAllgemeinbevölkerung zu den am häufigsten vorkommenden psychischen Störungen zäh- len und mit weitreichenden Implikationen sowohl für den jeweiligen Betroffenen als auchfür das Gesundheitssystem verbunden sind. Entsprechend wurde in den letzten Jahrzehn- ten eine Fülle von wissenschaftlichen Erkenntnissen bezüglich der Verbreitung, der Ent- stehung und Entwicklung, der Risikofaktoren und auch zu Behandlungsansätzen von Sub- stanzstörungen vorgelegt (vgl. Glantz et al. 1992; Watzl et al. 1997 zit. nach Lieb 2005: 3).Von den 1,3 Millionen alkoholabhängigen Menschen in Deutschland unterziehen sich al- lerdings nur etwa zehn Prozent einer Therapie, nach schätzungsweise zehn bis 15 Jahrenexzessiven Trinkens (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2012: online), obwohl Alko- holismus häufig mit Arbeitslosigkeit, finanzieller Abhängigkeit und Schulden, Delinquenz,gesundheitlichen sowie sozialen Folgeschäden assoziiert wird (vgl. Soyka 2005: 153 f).Für die betroffenen Kinder stellt dies eine Benachteiligung dar, die schwerwiegende Kon- sequenzen hat: Sie gelten, laut zahlreicher Studienergebnisse, als hochgradig gefährdetebio-psycho-soziale Risikogruppe, eine eigene Alkoholabhängigkeit oder Symptome eineranderer psychischen Störung zu entwickeln. Nur etwa ein Drittel der belasteten Kinderzeigen sich angesichts dieser widrigen Lebensumstände widerstandsfähig, entwickelnsich gesund und bleiben frei von Störungen (vgl. Klein 2005a: 53 f).

Vor allem Jugendhilfe sieht sich in ihrer Praxis vielfach mit den Auswirkungen elterlicherAlkoholabhängigkeit konfrontiert, sodass aus salutogenetischer Perspektive die Frage ge- stellt wird, wie Resilienz im Rahmen Sozialpädagogischer Familienhilfe gefördert werdenkann, um die kindliche Lebenswelt zu erhalten und wo hierbei ihre Grenzen liegen.

Die vorliegende Arbeit wurde durch den Vergleich und die Auswertung verschiedener Lite- ratur verfasst. Sozialpädagogische Familienhilfe und Alkoholabhängigkeit werden alsGrundlage in den ersten beiden Kapiteln vorgestellt. Im Anschluss werden die mit derSucht einhergehenden innerfamiliären Risikofaktoren erläutert, um hierauf aufbauend diekindlichen Entwicklungsrisiken darzustellen. Basierend auf den wesentlichen Erkenntnis- sen der Resilienzforschung, werden Chancen und Grenzen derselben in der praktischenArbeit diskutiert. Im Fazit werden abschließend die zentralen Ergebnisse der Arbeit nocheinmal zusammengefasst und eine Beantwortung der Forschungsfrage vorgenommen.

1. Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH)

Im Folgenden wird ein Überblick über die Rahmenbedingungen Sozialpädagogischer Familienhilfen gegeben, um auf dieser Grundlage Chancen und Grenzen der Resilienzförderung in abhängigkeitsbelasteten Familien zu erörtern.

1.1 Definition

Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) ist eine ambulante und vorwiegend aufsuchen- de Form erzieherischer Hilfen, auf die Personensorgeberechtigte einen Anspruch haben,wenn eine dem Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht ge- währleistet und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Art und Um- fang richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall, umfassen jedoch insbe- sondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistun- gen (§ 27 SGB VIII). Ziel ist es, Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen unterder Mithilfe ihrer Eltern zu verbessern, indem die Familie als Ganze in ihren Erziehungs- aufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Kri- sen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützt und gemäß dem Subsidiari- tätsprinzip Hilfe zur Selbsthilfe gegeben wird (§ 31 SGB VIII). SPFH ist also mehrdimen- sional angelegt; sie bezieht sich auf das gesamte Familiensystem und dessen sozialesNetzwerk mit seinen Erziehungs-, Beziehungs-, sozialen sowie materiellen Problemenund Ressourcen (vgl. Helming 2001: 541 - 544).

1.2 Rechtliche Grundlage

Vor dem Hintergrund des Dienstleistungscharakters des Kinder- und Jugendhilfegesetzes,stellt das Hilfeplanverfahren nach Paragraph 36 SGB VIII die rechtliche Grundlage für dieGewährung einer längerfristigen Hilfe zur Erziehung und somit auch für Sozialpädagogi- sche Familienhilfe dar. Der Hilfeplan ist das Instrument des behördlichen Handelns desJugendamtes nach überwiegend sozialpädagogischen Grundsätzen (§ 72 SGB VIII), wel- ches Standards für die Gewährung und Ausgestaltung erzieherischer Hilfen rechtlich ver- bindlich regelt. Es handelt sich beim Paragraph 36 SGB VIII also um eine Verfahrensvor- schrift, anhand derer die individuelle Hilfe von der fallzuständigen Fachkraft des öffentli- chen Trägers strukturiert wird. Zentrales Element bei der Hilfeplanung ist die Aushandlungzwischen der betroffenen Familie, dem Jugendamtsmitarbeiter sowie dem durchführen- den Familienhelfer und ggf. anderen involvierten Personen und Fachkräften darüber, wasdas Problem ist, welches Hilfearrangement dem Bedarf am ehesten entspricht und welche Ziele im Einzelfall mit welchen Handlungsschritten erreicht werden sollen. Insofern stellt der Hilfeplan auch einen auf den Einzelfall bezogenen Qualitätsentwicklungsprozess dar, der die (Teil-)Zielerreichung kontinuierlich evaluiert und die Hilfe aus Sicht aller Beteiligten überprüft (vgl. Faltermeier 2007: 464; Neuberger 2004: 10 f).

1.3 Sozialpädagogische Familienhilfe im Spannungsverhältnis von Hilfe und Kontrolle

Das 1991 verabschiedete Kinder- und Jugendhilfegesetz stellt ein Hilfesystem mit sozial- pädagogischen Sozialleistungscharakter dar, sodass eingriffsorientierte Interventionenseitens des Jugendamtes durch die gesetzliche Verankerung von Partizipation der Adres- saten zugunsten gemeinsamer Aushandlungsprozesse zurückgedrängt wurden. DieDienstleistungsorientierung kann jedoch den strukturellen Widerspruch zwischen Hilfe- und Kontrollauftrag letztendlich nicht aufheben, da der Schutzauftrag der Jugendhilfe auf- grund gesellschaftlicher Normalisierungsbedürfnisse und -ziele nach wie vor besteht (vgl.Merchel 2006: 74 f; Art 6 GG). Die Aufgaben des Familienhelfers bewegen sich also zwi- schen individueller Hilfe und Unterstützung für Kinder, Jugendliche und deren Familiensowie in der Wahrnehmung des Schutzauftrages bei gewichtigen Anhaltspunkten einerKindeswohlgefährdung (§ 8a SGB VIII), wobei im Konfliktfall die Wiederherstellung derNorm höhere Relevanz beansprucht als die „sinnhafte Explikation der immer auch vorhan- denen fallspezifischen Gründe für den Normverstoß“ (Olk 1986 zit. nach Pluto 2007: 46).Die Gewährleistung des Kindeswohls bedeutet unter Umständen eingreifende Handlungs- potenziale zur Wirkung zu bringen, um auf diesem Wege auch Interaktionen zwischenden Fachkräften und den Hilfeempfängern zu beeinflussen (vgl. Merchel 2006: 74).

1.4 Arbeitsansätze sozialpädagogischer Familienhilfe

Auch wenn die konkrete Ausgestaltung der Sozialpädagogischen Familienhilfe am Bedarfim Einzelfall ausgerichtet ist, werden in der Fachliteratur - entsprechend dem Ziel derVerbesserung der Lebensbedingungen - Arbeitsweisen benannt, bei denen es sich so- wohl um emotionale und informelle, als auch instrumentelle Unterstützung handelt (vgl.Helming et al. 2004: 93 f; Neuberger 2004: 51). Sozialpädagogische Familienhilfe ist pri- mär auf die Eltern und familiendynamische Aspekte zentriert. Eltern werden, als Grundla- ge für ein soziales Zusammenleben innerhalb der Familie, in ihrer individuellen Persön- lichkeit sowie in ihrer Rolle als Vater und Mutter gezielt gefördert und in ihrer Paarbezie- hung gestärkt. Der zweite Arbeitsansatz zielt auf die Verbesserung der Außenkontakteund die individuelle Förderung der Kinder ab, wie z.B. die Organisation von zusätzlichen Hilfen, die Interaktion mit Schulen, Kindertagesstätten u.a., aber auch auf die Förderungvon bereichernden informellen Kontakten. Es geht also um den Ausbau der professionel- len und privaten Vernetzung der Familie in ihren vielfältigen Bezügen zur Außenwelt. Derdritte Bereich Sozialpädagogischer Familienhilfe bezieht sich auf lebenspraktische Belan- ge, wie z.B. Ernährung, Gesundheitsfürsorge, Haushalt uvm. Der vierte Ansatz betrifft dieVerbesserung der materiellen Grundlagen im Sinne von Schuldenregulierung, Arbeitssu- che, Finanzplanung u.a.

Rechtlich gesehen stellt Familienhilfe eine gleichrangige Form erzieherischer Hilfe neben den in den Paragraphen 28 bis 35a SGB VIII festgelegten Maßnahmen dar. Im Hinblick auf das vorrangige Ziel des Kinder- und Jugendhilfegesetzes der Erhaltung und dem Verbleib des Kindes in seiner Lebenswelt, kann eine wesentliche Aufgabe der SPFH jedoch in der Prävention bzw. Vermeidung von Inobhutnahmen und Fremdunterbringungen angesehen werden. In diesem Zusammenhang wird SPFH oftmals auch im Rahmen eines Klärungsprozesses eingesetzt, ob Eltern und Kinder weiterhin zusammenleben können (vgl. Helming et al. 2004: 28, 2001: 545; Rätz-Heinisch et al. 2009: 132).

1.5 Adressaten sozialpädagogischer Familienhilfe

Nach Blandow (2001: 107) gibt es grundsätzlich keine feststehenden Adressatengruppen für erzieherische Hilfen, da sie immer vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Verhältnisse und sozialer Probleme gesellschaftlich und jugendhilfepolitisch konstruiert werden. Zugänge zu erzieherischen Hilfen sind also einerseits sehr stark davon geprägt, wie in einer Region die tatsächlichen sozialen Verhältnisse beschaffen sind und wie hoch die Toleranzgrenze gegenüber Devianz ist, andererseits von den unterschiedlichen jugendhilfepolitischen Traditionen und den sich hieraus ergebenden Optionen.

In der Fachliteratur (vgl. Helming 2001: 544 f; Helming et al. 2004: 71 - 74; Rätz-Heinischet al. 2009: 132 f; Blandow 2001: 107 f, Friedrich 2008: 18) wird jedoch davon ausgegan- gen, dass vor allem diejenigen Familien betroffen sind, die sich in kumulierenden Unter- versorgungslagen befinden und dementsprechend wenige Ressourcen haben, um Kon- flikte und Krisen zu kompensieren. Besonders niedrige Bildungsabschlüsse der Eltern, miteinhergehenden niedrigem Einkommensniveau bzw. Abhängigkeit von sozialstaatlichenLeistungen, Suchtprobleme mindestens eines Elternteils und Behinderung eines Familien- mitgliedes gelten als primär belastende Faktoren in den Familien, die SPFH erhalten.Hieraus folgende objektive und subjektive Benachteiligungen in der Wohnsituation, der Gesundheit, den Arbeits- und Sozialbedingungen, der Teilhabe am kulturellen Leben und an sozialen Dienstleistungen wirken sich negativ auf das Zusammenleben in der Familie aus. Isolation, Verschuldung, Partnerkonflikte, Gewalt, Kindesmisshandlung und -ver- nachlässigung sowie Schulprobleme sind die Folge und greifen so ineinander, dass Ursache und Wirkung kaum mehr zu unterscheiden sind. Inge Fränkel-Damann (1980: 164 zit. nach Friedrich 2008: 18) beschreibt den Zusammenhang zwischen sozialer Benachteiligung und permanenten Krisen treffend:

Das heißt, dass Familien, die über geringe Ressourcen verfügen, dicht am Rande perma- nenter Krisen leben und daher in ihrer Substanz gefährdet sind. Ein Leben in permanentenKrisen bedeutet, ständig mit Ansprüchen, Erwartungen und Problemen konfrontiert zu wer- den, denen nicht entsprochen werden kann, die nicht gelöst werden und die weitere Pro- bleme und Schwierigkeiten nach sich ziehen. Unzureichende materielle Ressourcen kön- nen für diese Situation ausschlaggebend sein. (…) Das heißt, offensichtliche soziale Be- nachteiligung und Unterschiede erzeugen bei den Betroffenen sozialen Druck, der, wenner nicht bewältigt werden kann, sich zu einer permanenten Krise auswachsen kann.“

Menschen in Krisen gelten nach einigen Autoren als besonders gefährdet eine Abhängigkeit zu entwickeln, da der Alkoholrausch positive Gefühle hervorruft und zumindest während dessen Erleichterung verschafft (vgl. Wegscheider 1988: 65; Scheurich/ Brokate 2009: 11; Klein 2005b: 61).

2 Alkoholabhängigkeit

Aufgrund von Einflüssen unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen, politischen In- tentionen und Praxistraditionen, gibt es weder eine allgemein anerkannte Definition vonSucht bzw. Abhängigkeit1, noch einen geschlossenen theoretischen Ansatz zu deren Ur- sache. Lediglich die nosologischen Klassifikationssysteme ICD-10 (International Classifi- cation of Diseases) und DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders)beschreiben anhand international konsensfähiger Diagnosekriterien Alkoholabhängigkeitals substanzbezogene psychische Störung. Beide Systeme sind operationalisiert, multi- perspektivisch und arbeiten nach dem Komorbiditätsprinzip. Körperliche, psychische Sym- ptome und Belastungen werden also in ihrer Art und Anzahl für die Diagnosestellung vor- gegeben und im Sinne eines klinischen Gesamtbildes verschlüsselt (vgl. Sack/ Thomasius2009a: 8; Schay/ Liefke 2009: 16; Loviscach 1996: 17 f).

2.1 Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10)

Im europäischen Raum hat sich für die Klassifikation und medizinische Beurteilungen von substanzbezogenen Störungen über die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die „Internationale Klassifikation psychischer Störungen“, mittlerweile in der zehnten Revision (ICD10), etabliert. Hierbei werden bestimmte „Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ durch alphanumerische dreistellige Codes von F10 bis F19 verschlüsselt. Der dritten Kodierungsstelle ist eine jeweilige Substanz zugeordnet, wobei Alkohol mit der Zahl Null (F10) verschlüsselt wird. Mit der vierten, fünften und sechsten Stelle werden die klinischen Störungsbilder näher bezeichnet und differenziert; sie reichen von einer unkomplizierten Intoxikation und schädlichem Gebrauch bis zu eindeutig psychotischen Störungen und Demenz (vgl. Dilling et al. 2005: 89).

2.2 Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen (DSM-IV)

Das „Diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen“ ist das nordamerika- nische Pendant zur ICD und liegt aktuell noch in der vierten Revision2 vor (DSM-IV). Die- ses Klassifikationssystem wird auch zum Teil in Europa eingesetzt und kann als Ergän- zung der ICD-10 gesehen werden, da die Diagnosekriterien hier auf fünf, statt bei derICD-10 auf drei Achsen operationalisiert sind (vgl. Saß et al. 1996: 17; Sack/ Thomasius2009a: 8). Allerdings erscheint die Kodierung der Störungen im Zusammenhang mit psy- chotropen Substanzen weniger systematisch: Alkoholabhängigkeit wird z.B. mit den Zif- fern 303.90, Alkoholmissbrauch mit 305.00, Alkoholentzug mit 291.8 verschlüsselt (vgl.Saß et al. 1996: 242 f).

2.3 Definition Alkoholabhängigkeit nach ICD-10 und DSM-IV

Sowohl die ICD-10 (vgl. Dilling et al. 2005: 93 f) als auch das DSM-IV (vgl. Saß et al. 1996: 223 f) beschreiben eine allgemeine Diagnose der Abhängigkeit, die auf verschiedene Substanzen bzw. -gruppen angewendet wird. Beide Klassifikationssysteme definieren Abhängigkeit als ein komplexes Zusammenspiel von körperlichen, Verhaltens- und kognitiven Phänomenen, die sich nach wiederholtem Substanzgebrauch entwickeln. Um eine Diagnose zu vergeben, müssen sowohl bei der ICD-10 als auch beim DSM-IV mindestens drei Symptome innerhalb eines Jahres auftreten, wobei diese zwischen den beiden Klassifikationssystemen weitgehend übereinstimmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im DSM-IV wird zusätzlich bestimmt, ob eine Substanzabhängigkeit mit körperlicher Ab- hängigkeit oder ohne körperlicher Abhängigkeit vorliegt, je nachdem ob eine Toleranzent- wicklung bzw. Entzugserscheinungen vorliegen oder nicht (vgl. Saß et al. 1996: 225).

Der Begriff der Alkoholabhängigkeit wird häufig synonym mit Alkoholsucht und Alkoholismus verwendet (vgl. Dilling 2002: 1), sodass aus stilistischen Gründen auch in dieser Arbeit auf diese Termini zurückgegriffen wird.

2.4 Krankheitsverlauf

In einer Studie von Schuckit et al. (1995 zit. nach Scheurich/ Brokate 2009: 5 f) konntenachgewiesen werden, dass Alkoholabhängigkeit nach einem stabilen Muster verläuft.Die Erkrankung beginnt mit unangepasstem Trinkverhalten und ersten Anzeichen sozia- len Kontrollverlustes in Form aggressiven Verhaltens während des Rausches. Zudemwerden erste Anzeichen erhöhter Selbstgefährdung sichtbar, wie das Fahren im alkoholi- sierten Zustand oder Konsum trotz Medikamenteneinnahme. Der einsetzende Kontrollver- lust wird durch das Trinkverhalten deutlich: Es wird zu Zeiten getrunken, in denen es zu- nächst nicht beabsichtigt war und es wird länger und mehr getrunken, als ursprünglich ge- wollt. Erste soziale Nachteile stellen sich in der Anfangsphase der Sucht ein: Es gibt Pro- bleme am Arbeitsplatz, Freunde ziehen sich zurück und familiäre Konflikte treten auf. AmSchluss dieser Phase hat der Betroffene Blackouts nach dem Alkoholkonsum und entwi- ckelt langsam eine Toleranz. In der mittleren Phase versucht der Betroffene seinen Alko- holkonsum durch Regeln zu begrenzen. Trotz deutlicher Nachteile durch das Trinken, wieSanktionen durch die Familie oder Freunde, körperliche Übergriffe gegen Familienmitglie- der und selbstverletzende Unfälle, gibt der Betroffene seinem zwanghaften Verlangen zukonsumieren nach, frühmorgendliches Trinken setzt ein. Typischerweise wird erst gegenEnde dieser Phase erkannt, dass man ein exzessiver Trinker ist. In der dritten Phase sindschwere soziale und gesundheitliche Probleme offensichtlich. Der Konsum verursacht undverschärft bestehende Probleme in der Partnerschaft und am Arbeitsplatz. Nicht seltenkommt der Abhängige mit Gesetzen in Konflikt und wird z.B. aufgrund Fahrens unter star- kem Alkoholeinfluss inhaftiert. Versuche das Trinken aufzugeben scheitern, da Entzugs- syndrome auftreten und schließlich zu Störungen wie z.B. Halluzinationen führen.

2.5 Komorbidität mit psychischen Störungen

Komorbidität bezeichnet das Auftreten von mehr als einer spezifischen Störung bei einerPerson in einem bestimmten Zeitabschnitt (vgl. Wittchen/ Essau 1993 zit. nach Essau/Conradt 2009: 69). Diese sind grundsätzlich von substanzinduzierten psychischen Störun- gen zu unterscheiden. Letztere sind direkte Konsequenzen des Substanzkonsums, beidenen die Symptome3 nicht länger als vier Wochen danach bestehen (vgl. Stolle/ Thoma- sius 2009: 205). Komorbide psychische Störungen setzen dagegen im Allgemeinen vorder Abhängigkeit ein und sind mit einem negativen Verlauf der Suchtstörung assoziiert.

Es wird davon ausgegangen, dass beide Störungen eine gemeinsame Ätiologie haben, in- sofern sie als Manifestation ein und derselben Ursache bzw. verschiedene Stufen dersel- ben Erkrankung angesehen werden können oder aber eine Störung eine weitere verur- sacht bzw. die Schwelle für das Auftreten der zweiten herabsetzt (vgl. Essau/ Conradt2009: 69). Nach Soyka (2005: 149 f) haben einige Untersuchungen nachgewiesen, dass 29 bis 37 Prozent der alkoholabhängigen Personen an komorbiden psychischen Störun- gen leiden. Essau und Conradt (2009: 70) gehen hingegen davon aus, dass Komorbiditätmit Suchtstörungen eher die Regel als die Ausnahme ist, wobei die Rate bei Jugendlichendeutlich höher liegt. Häufig komorbid mit Alkoholabhängigkeit treten Panik- bzw. Angststö- rungen, Depression bzw. Dysthymien, Schizophrenie, Essstörungen, Störungen des Sozi- alverhaltens sowie weitere Substanzstörungen auf (vgl. Soyka 2005: 149 f; Essau/ Con- radt 2009: 67).

2.6 Ursachen von Alkoholabhängigkeit

Hinsichtlich der Ursachen von Substanzstörungen, einschließlich der Alkoholabhängigkeit, ist nach bislang vorliegenden Forschungsbefunden - wie übrigens bei nahezu allen anderen psychischen Störungen - heute davon auszugehen, dass diese multikausal bedingt sind. Das heißt, es spielen in der Entstehung und Entwicklung von Substanzstörungen vermutlich eine Vielzahl unterschiedlicher biologischer, psychologischer wie auch umweltspezifischer Faktoren und ihre komplexe Wechselwirkung eine Rolle (vgl. Lieb 2005; Lehmkuhl 2008; Koglin/ Petermann 2008; Jordan/Sack 2009).

Ein innerhalb dieses Spektrums jedoch konsistent nachweisbarer Ursachenfaktor bestehtin einer familiären Belastung mit substanzbezogenen Auffälligkeiten. Bislang vorgelegteForschungsbefunde lassen annehmen, dass ein familiäres Substanzproblem als wichtigs- ter Prädiktor für die Entwicklung von Substanzproblemen angesehen werden kann. Fami- lienmitglieder von Personen mit Alkoholstörung weisen im Vergleich zu solchen ohne el- terliches Alkoholproblem im Durchschnitt ein bis zu sechsfach höheres Risiko auf, selbsteine Alkoholstörung zu entwickeln (vgl. Lieb 2005; Klein 2009; Sack/ Thomasius 2009b;Lehmkuhl 2008; Zobel 2006). Nach Klein und Quinten (1999 zit. nach Klein 2009: 160) er- weisen sich besonders diejenigen jungen Erwachsenen als besonders belastet, deren bei- de Elternteile suchtkrank waren oder bei denen ein Elternteil seine Alkoholabhängigkeitnicht erfolgreich bewältigen konnte, sodass davon auszugehen ist, dass sich auch dasquantitative und qualitative Ausmaß der Exposition der elterlichen Abhängigkeit auf dieEntwicklung der nächsten Generation auswirkt.

Zwillings- und Adoptionsstudien weisen darauf hin, dass möglicherweise genetische Fak- toren eine ätiologische Rolle spielen. Allerdings verweisen die Befunde aus eben diesenStudien auch auf einen bedeutenden Einfluss der familiären Umwelt, wobei noch nichthinreichend geklärt ist, welche genauen Faktoren in welchem Zusammenspiel und überwelche Mechanismen zu dieser familiären Übertragung beitragen (vgl. Lieb 2005; Lehm- kuhl 2008; Klein 2008; Zobel 2006). Nach Cadoret et al. (1995 zit. nach Lehmkuhl 2008:53) müssen neben der genetischen Disposition für eine Substanzabhängigkeit auch einbiologischer Effekt über weitere psychische Erkrankungen der Eltern, wie z.B. eine antiso- ziale Persönlichkeitsstörung sowie belastende psychosoziale Bedingungen in der Familievorliegen. Die Anhäufung von unterschiedlichen psychischen Störungen innerhalb einerFamilie kann als Hinweis auf gemeinsame Vulnerabilitätsfaktoren bei deren Entwicklunggedeutet werden (vgl. Lieb 2005: 4).

Belastende Faktoren in der sozialen Umwelt können ebenfalls bei der Entstehung einerAbhängigkeit beitragen, wie z.B. ein kriminelles Umfeld, die Verfügbarkeit von Alkohol so- wie dessen Akzeptanz durch die Umgebung, ein Mangel an sozialer Unterstützung, einniedriger familiärer Bildungsgrad sowie ein niedriger sozioökonomischer Status (vgl.Lehmkuhl 2005: 53 f; Klein 2008: 118 - 120). Diese Faktoren können jedoch wiederumdurch eine elterliche Alkoholabhängigkeit generiert und aufrechterhalten werden, sodassschon an dieser Stelle eine transgenerationale Weitergabe wahrscheinlich erscheint:Sucht geht oftmals mit Arbeitslosigkeit einher, was sich entsprechend auf die finanzielleSituation und damit auf andere Bereiche, wie z.B. die Wohnverhältnisse, die Ernährung,soziale und finanzielle Abhängigkeiten, auswirkt (vgl. Soyka 2005: 153 f). All diese Fakto- ren wirken sich auf das Wohlbefinden der Familienmitglieder und damit auch auf die in- nerfamiliäre Dynamik aus (vgl. Rätz-Heinisch et al. 2009: 133).

3 Das Risikofaktorenmodell

Mit Risikofaktoren werden solche Merkmale und Variablen bezeichnet, die die Wahrscheinlichkeit positiver oder sozial erwünschter Verhaltensweisen senken oder die mit einer höheren Wahrscheinlichkeit negativer Konsequenzen einhergehen (vgl. Jessor et al. 1999: 43 zit. nach Wustman 2009: 36).

Das an dieser Stelle vorgestellte Risikofaktorenmodell versteht sich als ein probabilistisches Konzept, bei dem davon ausgegangen wird, dass sich bestimmte psychosoziale Bedingungen der Umwelt (Risikofaktoren), sowie spezifische biologische und psychologische Merkmale des Kindes (Vulnerabilitätsfaktoren, wie z.B. schwieriges Temperament, niedriges Attraktivitätsniveau) wechselseitig negativ auf die kindliche Entwicklung auswirken und diese beeinträchtigen können. Entwicklung wird hierbei als Produkt der kontinuierlichen dynamischen Interaktion des Kindes mit seiner Familie in ihrem sozialen Kontext verstanden. Kind und Umwelt wirken also aufeinander ein und verändern sich dabei gegenseitig (vgl. Wustmann 2009: 36 f; Köckeritz 2004: 65 - 67).

Wichtige Kriterien zur Abschätzung kindlicher Entwicklungsrisiken sind zeitliches Auftreten und Dauer, Ausmaß, Intensität, Anzahl und Abfolge der Risikobedingungen sowie Alter und Entwicklungsstand des Kindes (vgl. Wustmann 2009: 37 - 44). Konkret auf die Alkoholabhängigkeit bezogen, ist für die kindliche Entwicklung also bedeutsam, welcher Elternteil trinkt oder ob beide trinken, ob eine mit der Alkoholabhängigkeit komorbide psychische Störung vorliegt, wer im Umfeld zusätzlich abhängig ist, wann die elterliche Abhängigkeit im Leben des Kindes aufgetreten ist und welchen Verlauf sie hat. Zudem wirkt sich die Schwere und Dauer der Abhängigkeit sowie die Intensität des Miterlebens des Suchtgeschehens auf die Kinder aus (vgl. Klein 2008: 118 f).

Wie bereits im vorangegangenen Kapitel angedeutet, tritt elterliche Alkoholabhängigkeitjedoch selten isoliert auf, sondern ist als Indikator für ein Zusammentreffen von Risiken zubegreifen, die sich summieren und gegenseitig verstärken. Hierbei spielt auch die Abfolgeim Auftreten der Risikobedingungen sowie deren gegenseitige Wechselwirkung eine Rol- le. Risikobedingungen zu einem frühen Zeitpunkt steigern die Wahrscheinlichkeit für wei- tere risikoerhöhende Bedingungen zu einem späteren Zeitpunkt in der Entwicklung desKindes. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist auch, wie lange ein Kind diesen Risi- kofaktoren ausgesetzt ist. Vor allem langandauernde und immer wiederkehrende Einflüs- se führen zu einer langfristigen Veränderung des biopsychosozialen Wohlbefindens (vgl.Köckeritz 2004: 67; Wustmann 2009: 41 - 43).

Das Alter und der Entwicklungsstand eines Kindes sind insofern wichtige Kriterien bzgl.den Auswirkungen verschiedener Risikofaktoren, als dass sie, aufgrund verschiedenerentwicklungsbedingten Bedürfnisse und wachsender Kompetenzen, unterschiedlich wahr- genommen und interpretiert werden: Vor einer Trennungserfahrung sind z.B. Säuglingegeschützt, da sie aufgrund ihrer neurobiologischen Entwicklung noch keine stabilen, se- lektiven Bindungen entwickelt haben (vgl. Cicchetti/ Beeghly 1990 zit. nach Wustmann2009: 42). Kinder im Vorschulalter können bereits, aufgrund ihrer kognitiv-emotionalenKompetenzen, eine Bindung über zeitliche und räumliche Distanz aufrechterhalten. Klein- kinder sind hingegen stark von einer Trennung eines Elternteils betroffen, da ihnen dieseFähigkeit bislang noch fehlt (vgl. Wustmann 2009: 42). Als besonders anfällig geltengrundsätzlich Kinder, die sich in Entwicklungsübergängen befinden, da diese mit erhöhtenAnforderungen an die Anpassungsfähigkeit einhergehen (vgl. Wustmann 2009: 31, 37).

Welche Auswirkungen negative Lebenserfahrungen haben können, werden von der sub- jektiven Bewertung des Kindes mitbestimmt. Lösel et al. (1989, 1990, 1992 zit. nach Lö- sel/ Bender 2007: 58) konnten in ihrer Studie mit einer Hochrisikogruppe nachweisen,dass der subjektive Risikoindex stärker mit Verhaltensproblemen korreliert als objektiveRisikofaktoren. Kinder, die demnach ihr eigenes Verhalten als Ursache der elterlichen Al- koholabhängigkeit, der Vernachlässigung usw. ansehen, werden wahrscheinlicher Auffäl- ligkeiten entwickeln im Vergleich zu den Kindern, die diese Verhaltensweisen der Erwach- senen bzw. der Alkoholabhängigkeit zuschreiben. Wie eine Risikosituation zu beurteilenist, lässt sich also nur aus der Perspektive des betroffenen Kindes beurteilen (vgl. Wust- mann 2009: 44).

Vor dem Hintergrund der nicht zu unterschätzenden Bedeutung der Familie für die Bedürfnisbefriedigung der Kinder sowie ihrer Entwicklung und Sozialisation erscheint es folgerichtig, dass besonders die innerfamiliären Risikofaktoren als außerordentlich belastend erlebt werden. Folgend wird deshalb auf die Stressoren innerhalb der Familie und deren Auswirkungen auf die psychosoziale Entwicklung der Kinder eingegangen, um in Anschluss hieran Möglichkeiten und Grenzen der Resilienzförderung im Rahmen der Sozialpädagogischen Familienhilfe zu eruieren.

3.1 Innerfamiliäre Risikofaktoren im Zusammenhang mit Alkoholabhängigkeit

Kinder aus alkoholbelasteten Familien sind nicht nur für die Entwicklung einer eigenenSubstanzabhängigkeit gefährdet, sondern gelten insgesamt als hochgradig gefährdetebio-psycho-soziale Risikogruppe. Neben dem genetischen Risiko und der höheren Wahr- scheinlichkeit für Unfälle und Verletzungen, bedeutet elterliche Alkoholabhängigkeit für dieKinder meist eine Kumulierung von Stressfaktoren innerhalb des familiären Kontextes: Mitder zunehmenden Abhängigkeit des Betroffenen werden dysfunktionale Familieninterak- tionen ausgebildet, die sich in zugespitzter Form durch Vernachlässigung, Misshandlungsowie emotionale, physische und sexuelle Gewalt äußern können, sodass die Entwicklung der Kinder insgesamt als stark gefährdet angesehen werden kann, wie in Kapitel 4erläutert wird. Besonders anfällig sind Kinder, die zu keinem Elternteil eine emotionale Be- ziehung aufbauen können, wobei die mangelnde Bindung einen deutlich schädlicheren Ef- fekt hat, als das elterliche Alkoholproblem (Braithwaite et al. 1993 zit. nach Zobel 2006:31).

3.1.1 Alkoholabhängigkeit als Familienkrankheit

In der Literatur (vgl. Rennert 1990, 2005; Wegscheider 1988; Lambrou 2011; Zobel 2006) wird Alkoholabhängigkeit gemeinhin als Familienkrankheit bezeichnet, da sich kein Familienmitglied den, mit der Sucht einhergehenden, gravierenden Persönlichkeitsänderungen des Betroffenen entziehen kann. Der Alkohol wird zunehmend zum bestimmenden Element in der Familie (vgl. Zobel 2006: 23). In dem Maße, wie der Alkoholiker nach und nach Kontrolle über seinen Konsum, sein Verhalten und letztendlich über sein Leben verliert, umso größere Macht versucht er auf seine Familie auszuüben, um letztendlich seinen Kontrollverlust und das damit einhergehende gestörte Selbstbewusstseins zu überdecken und zu kompensieren sowie seine narzisstischen Bedürfnisse zu regulieren (vgl. Wegscheider 1988: 97; Ehrenfried et al. 2000: 18 f).

Die Angehörigen reagieren hierauf mit enormen Anpassungsleistungen, um wieder eineBalance in der Familie herzustellen. Entsprechend werden Alkoholikerfamilien nach undnach von Regeln beherrscht, die garantieren sollen, dass die Sucht aufrechterhalten wird:

1. Das Wichtigste im Familienleben ist der Alkohol: Der Abhängige hortet seinen Vorratan Alkohol, während der Rest der Familie versucht diese Vorräte zu entsorgen. Der Alko-holiker möchte beim Trinken nicht gestört werden, alle anderen versuchen seine Pläne zudurchkreuzen.
2. Der Alkohol ist nicht die Ursache von Problemen: Der Trinker und die Familie leugnen,dass er trinkt, später leugnen alle die Abhängigkeit. Wenn diese nicht mehr unbestritten ist,bestehen alle darauf, dass sie nur eine Begleiterscheinung und nicht die Ursache von Pro-blemen ist.
3. Der abhängige Elternteil ist nicht für seine Abhängigkeit verantwortlich, Schuld sindandere oder die Umstände: Der Abhängige projiziert seine Schuldgefühle auf andere, bises schließlich alle glauben. Häufig übernimmt ein Sündenbock die Täuschung bereitwilligund plagt sich seinerseits mit Schuldgefühlen und Gefühlen der Wertlosigkeit.
4. Der Staus quo muss unbedingt erhalten bleiben, koste es, was es wolle: Der Abhän-gige kann und will nicht vom Alkohol loskommen. Deshalb müssen alle anderen kontrolliertund die Regeln aufrechterhalten werden.
5. Jeder in der Familie ist ein Zuhelfer: Gemäß diesen unausgesprochenen Regeln wirkenalle Familienmitglieder mit, seine Abhängigkeit zu unterstützen, wobei die am nächstenstehende Person der Hauptzuhelfer ist. Aus Liebe und Loyalität entschuldigen sie ihn,übernehmen seine Pflichten und fügen sich seinen Regeln.
6. Niemand darf darüber reden, was wirklich los ist, weder untereinander noch mitsonst jemandem: Der Alkoholiker fühlt sich derart bedroht, dass Familienangelegenheitennicht nach außen dringen dürfen. Er sorgt so dafür, dass niemand merkt, in welchem Maßeer abhängig ist und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Familienmitglieder keine Informatio-nen und Unterstützung von Außen bekommen, um zu gewährleisten, dass sie weiter mit-machen.
7. Niemand darf sagen, wie er sich wirklich fühlt: Da die wirklichen Gefühle und das Lei-den der Familie so sehr belasten, müssen alle ihre Emotionen verstecken. Folglich wirdauch so die Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern schwer beeinträchtigt, sieist starr, verzerrt, unvollständig, aber auch widersprüchlich, da immer wieder Botschaftendes echten verletzten Ich zum Vorschein kommen (vgl. Wegscheider 1988: 88 - 90).

3.1.2 Alkohol als der höchste Wert im Leben - Auswirkungen des chronischen Al- koholkonsums auf den Betroffenen

Chronischer Alkoholkonsum führt grundsätzlich zu ausgeprägten strukturellen und funktio- nellen Veränderungen im Nervensystem, vor allem im Bereich des Großhirns. Verminder- te psychische und kognitive Leistungsfähigkeit, schlechtere motorische Funktionen, Koor- dination und Reaktionsvermögen sind die Folgen. Ferner kommt es zu einer Reduktionder Initiative und der Aktivität sowie zu weiteren Persönlichkeitsveränderungen (vgl. Soy- ka 2005: 151). Wertvorstellungen, die früher einmal wichtig waren, wie z.B. eine zufrie- denstellende Arbeit, ein harmonisches Familienleben, Freundschaften, ein gepflegtes Er- scheinungsbild uvm., verlieren immer mehr an Bedeutung. Der Alkohol wird zum höchstenWert im Leben. Der Betroffene verliert nach und nach seine Entscheidungsfreiheit und dieKontrolle bei seiner Alltagsgestaltung; er ist gefangen in zwanghaften Verhaltensmusternund Abwehrmechanismen, die durch die Alkoholabhängigkeit bestimmt sind (vgl. Weg- scheider 1988: 72). In diesem Zusammenhang spricht Soyka (2005: 151) von einer “ent- kernten Persönlichkeit“, die durch eine zunehmende Entdifferenzierung und Nivellierunggekennzeichnet ist.

Je nach der Diskrepanz früherer Werte und dem Ausmaß der Kontrollverluste, empfindetder Abhängige tiefe Schuldgefühle, Angst und Scham, die sich gravierend auf sein Selbst- bewusstsein auswirken (vgl. Wegscheider 1988; Rennert 1990:): Er fühlt sich schuldig fürdie Konsequenzen seiner Verhaltensweisen, für die Vernachlässigung seiner Aufgaben,aber auch für die schlechte Behandlung, die er seinen Familienmitgliedern und Freundenentgegenbringt. Nachlassende Kontrolle im (Trink-)Verhalten, nachlassende körperlicheund kognitive Fähigkeiten und seine zunehmende Antriebslosigkeit rufen Schamgefühlehervor. Der Betroffene schämt sich auch dafür, dass er auf den Partner unattraktiv wirktund er sie/ihn sexuell nicht mehr befriedigen kann. Diese Gefühle haben tiefgreifendeAuswirkungen auf sein Selbstbewusstsein und gipfeln im Gefühl der eigenen Wertlosigkeit und Reue angesichts der ihn beherrschenden Sucht. Diese beherrscht ihn derart, dass er Angst davor hat mit dem Trinken aufhören zu müssen. Der Betroffene kann und will seinen Kontrollverlust nicht eingestehen und befürchtet, dass seine Abhängigkeit von anderen erkannt und er im Stich gelassen wird. Diese Ängste verdichten sich zu Beklemmung und Anspannung, sodass der Süchtige keine Ruhe mehr findet und weiter trinkt, um die ersehnte Entspannung zu erfahren (vgl. Wegscheider 1988: 76).

Aufgrund der Unerträglichkeit dieser Gefühle wird der Kontrollverlust mit allen Mitteln versucht vor anderen, vor allem jedoch sich selbst gegenüber zu leugnen. Der Abhängigeentwickelt hierzu Verteidigungsmechanismen, wie z.B. Vermeidung, Bagatellisierung,Idealisierung oder Anklagen, sobald Schwierigkeiten durch das Trinken entstehen. Die be- schriebenen negativen Gefühle werden vom Betroffenen abgespalten und/oder auf seineUmwelt, besonders auf die ihm nahestehenden Personen projiziert. Schuld für seine Si- tuation sind demnach andere, da sie Anforderungen an den Betroffenen stellen und ihnnicht in Ruhe lassen, ihn aufgrund seiner Verhaltensweisen meiden oder ängstlich reagieren. Gefühle von Einsamkeit und Verletzlichkeit sind die Folge. Er entwickelt Wut, die sichzur krankhaften Empfindlichkeit und Selbstmitleid ausweiten kann. Je nach Selbstwert wir- ken sich diese Projektionen zur Feindseligkeit aus und bieten wiederum einen weiterenGrund zum Trinken (vgl. Rennert 1990, 2005; Wegscheider 1988; Lambrou 2011).

Der steigende Kontrollverlust, die damit einhergehenden hochambivalenten Gefühle undund extremen Stimmungsschwankungen äußern sich durch die Verhaltensweisen desSüchtigen: Gleichgültigkeit, Unzuverlässigkeit, aber auch gesteigerte Affektivität, Impulsi- vität und nicht selten Gewaltausbrüche kennzeichnen sein Verhalten, auch wenn der Be- troffene nicht alkoholisiert ist. Die gestörte Regulation des Selbstwertgefühls und die da- mit einhergehende enorme narzisstische Kränkbarkeit äußern sich also in einer hohenVerhaltensvolatilität des Süchtigen, insofern rigide Kontrolle und Grenzenlosigkeit, ag- gressive Ablehnung und überstarke Bindung, Entwertung der eigenen Person und desGegenüber, Bekundung von Schuldgefühlen und wütender Anklage des betreffenden Fa- milienmitgliedes, abrupt und teilweise aus geringsten Anlässen wechseln (vgl. Soyka2005; Ehrenfried et al. 2000; Klein 2009; Lambrou 2011; Zobel 2006; Rennert: 1990,2005; Wegscheider 1988). Maßstab dieser Interaktionen sind nach Ehrenfried et al.(2000: 19) letztendlich die narzisstischen Bedürfnisse des Abhängigen, sodass die ande- ren Familienmitglieder in einem erheblichen Maße als Regulator des psychischen Gleich- gewichts missbraucht werden.

3.1.3 Co-Abhängigkeit als Anpassungsversuch der Familienmitglieder

Nach Rennert (1990, 2005) und Wegscheider (1988) durchlaufen die Angehörigen Alko- holabhängiger einen Veränderungsprozess, dessen Phasen mit denen der Entwicklungder Sucht vergleichbar ist, sodass in diesem Zusammenhang auch von Co-Abhängigkeitgesprochen wird. Co-Abhängigkeit bezeichnet nach Rennert eine wechselseitige Bedingt- heit im Verhalten von Süchtigen und Angehörigen, wobei bei den Versuchen der Mitbe- troffenen, mit den suchtmittelbedingten Problemen innerhalb der Familie fertig zu werden,Strategien entwickelt werden, die zwar vordergründig Erleichterung schaffen, langfristigjedoch die Alkoholabhängigkeit unterstützen und unter Umständen dazu führen, dass ei- gene Krankheitsprozesse ausgelöst werden.

Wegscheider (1988: 96 - 111) prägte in diesem Zusammenhang den Begriff des „Zuhel- fers“ (enabler). Der Zuhelfer ist die, dem Alkoholabhängigen am nächsten stehende Per- son, meist der Ehepartner. Aus Liebe und Loyalität versucht er, den Süchtigen und denRest der Familie vor schlimmen Folgen und die Selbstachtung nach außen hin zu bewah- ren. Hiermit verhindert er allerdings, dass der Alkoholabhängige mit seinem verantwor- tungslosen und unsozialen Verhalten konfrontiert wird und sich mit seiner Sucht auseinan- dersetzt. Dies geschieht jedoch nicht bewusst: Die Entwicklung einer Abhängigkeitser- krankung und die damit einhergehende Verhaltensänderung des Betroffenen vollzieht sichin kleinen Schritten, sodass sie weder für den Betroffenen selbst, noch für die Menschenin seiner Umgebung absehbar ist. Der steigende Alkoholkonsum wird also zunächst nichtals Abhängigkeit identifiziert, sondern als (bis zu einem gewissen Grad gesellschaftlich to- lerierte) Reaktion auf Probleme angesehen, sodass nach deren Lösung eine Reduktiondes Konsums erwartet wird. Die Familie und besonders der Partner reagiert demnach so,wie in anderen Krisenzeiten: Der Zuhelfer erklärt das Verhalten des trinkenden Elternteilsmit dem stressigen Beruf, dem überfordernden Chef usw. und übernimmt zusätzliche Ver- antwortung, um den Partner zu schonen. Aus Scham und um unangenehme Folgen abzu- wenden, entschuldigt und verdeckt der Enabler oft unbewusst, teilweise auch durch be- wusstes Lügen das Verhalten des Süchtigen, wie z.B. die Krankmeldung beim Arbeitge- ber nach einer Trinkeskapade, Vertuschung der Autofahrt unter Alkoholeinfluss uvm. Teil- weise gravierende Konsequenzen werden zwar kurzfristig abgewehrt, allerdings wird derAlkoholiker aus seiner Verantwortung befreit, die notwendige Konfrontation mit seinemunverantwortlichen Verhalten verhindert und so die Sucht aufrechterhalten (vgl. Rennert1990: 58; Wegscheider 1988: 98 f).

Besonders Frauen sind aufgrund ihrer geschlechtsspezifischen Sozialisation prädestiniert,die Rolle des Zuhelfers zu übernehmen bzw. eine Co-Abhängigkeit zu entwickeln (vgl.Rennert 1990: 59, 2005: 47). Neben dem Haushalt und der Kinderziehung bewältigt sieals fürsorgliche Mutter und Ehefrau zusätzlich die Aufgaben des Abhängigen, regelt finanzielle Angelegenheiten, kümmert sich um Reparaturen an Haus und Auto, trifft wichtigeEntscheidungen und beruhigt sein schlechtes Gewissen, wenn er seine Aufgaben vernachlässigt. Der nicht-trinkende Elternteil wird so zur dominierenden Person in der Familie: Er wird unentbehrlich, da ohne ihn nichts mehr funktionieren würde. Dadurch bekommter Bestätigung und erhält ein Gefühl von Kompetenz und Macht (vgl. Wegscheider 1988:101; Rennert 1990: 47, 59). Andererseits wird das Selbstvertrauen des Partners durchdas unvorhersagbare und verletzende Verhalten des Abhängigen schwer erschüttert.Ständige Kritik, Schuldzuweisungen, Kränkungen und Täuschungen treffen auf einen kör- perlich und seelisch erschöpften Menschen, der aufgrund der immensen Überbelastungnur noch von seinen Reserven lebt (vgl. Wegscheider 1988: 99, 106). Die Angst vor weiteren Problemen und Kränkungen veranlasst ihn immer mehr dazu, den Konsum desSüchtigen zu kontrollieren. Der Abhängige reagiert mit den beschriebenen Abwehrmecha- nismen und bringt so die anderen Familienmitglieder dazu, an ihrer eigenen Wahrneh- mung zu zweifeln, bis sie sich für die zunehmende Frustration, Wut und Ohnmachtsgefüh- le schuldig fühlen. Vor allem der Partner als Hauptzuhelfer fängt an, die Verantwortlichkeitfür das Verhalten des Abhängigen bei sich selbst zu suchen und als persönlichen(Miss-)erfolg einzuordnen. Er unterliegt hierbei der Illusion, den Alkoholiker tatsächlichkontrollieren zu können, wenn er sich nur genügend anstrenge. Das eigene Verhalten undder eigene Selbstwert werden von dem des Süchtigen abhängig gemacht: Die Gedankenkreisen zunehmend um den Alkohol, den abhängigen Partner und um die vielen Proble- me, die durch das Trinken entstehen. Bisherige Interessen und Beziehungen verlieren anBedeutung, sodass im Extremfall der Suchtkranke zum Sinn des Lebens wird. Co-Abhängige sind also ebenso wie Süchtige gefangen in einem Teufelskreis. Hierbei entwickeln sie Denkund Gefühlsstörungen, die denen alkoholkranker Personen ähneln, inso- fern negative Gefühle ebenfalls abgespalten und auf andere projiziert werden. StändigeVorwürfe und Abwertungen des Gegenüber wechseln mit Selbsterniedrigung und weiteren selbstschädigenden Reaktionsmustern, sodass die Handlungsweisen von den Partnern ebenfalls als ambivalent und inkonsequent bezeichnet werden (vgl. Rennert 1990: 49 - 51, 2005: 48 - 50; Wegscheider 1988: 101 f; Lambrou 2011: 48; Zobel 2006: 23 f).

[...]


1 Der Begriff Sucht (vom Althochdeutschen: siech = krank) wurde 1962 in der Definition der Weltgesund- heitsorganisation durch den der Abhängigkeit abgelöst. Allerdings wird bei den Vorbereitungen des DSMV erneut über die Einführung des Suchtbegriffes diskutiert. Hintergründe und Einflussfaktoren in Sack et al. 2009: 3- 7; Klein 2008: 2-4.

2 Die fünfte Revision (DSM-V) erscheint im Mai 2013 (vgl. American Psychiatric Association: online).

3 Substanzinduzierte Störungen nach DSM-IV: Entzugssymptome, Intoxikationssymptome, substanzindu-ziertes Delir, persistierende substanzinduzierte Demenz, substanzinduzierte psychotische Störung, substanzinduzierte affektive Störung, substanzstinduzierte Angststörung, substanzinduzierte sexuelle Funktionsstörung, substanzinduzierte Schlafstörung (Saß et al. 1996: 222).

Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Resilienzförderung in abhängigkeitsbelasteten Familien im Rahmen sozialpädagogischer Familienhilfe
Hochschule
Hochschule Koblenz (ehem. FH Koblenz)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
71
Katalognummer
V207548
ISBN (eBook)
9783656347552
ISBN (Buch)
9783656350835
Dateigröße
848 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
resilienzförderung, familien, rahmen, sozialpädagogischer, familienhilfe
Arbeit zitieren
Britta Iwwerks (Autor:in), 2012, Resilienzförderung in abhängigkeitsbelasteten Familien im Rahmen sozialpädagogischer Familienhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207548

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