In der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich der Autor mit der Frage, wie die Kulturpolitik in Trier zwischen 1918 und 1930, dem Ende der französischen Besatzung in Trier, aussah und ob beziehungsweise inwiefern diese Politik von der französischen Besatzermacht beeinflusst wurde.
Inhalt
1. Einleitung
2. Exkurs: Die Separatistenbewegung 1923
3. Städtische kulturelle Einrichtungen
3.1 Das Trierer Stadttheater
3.2 Schulen
3.3 Bibliotheken in Trier
3.4 Museen
4. Presse
4.1 Zensur und Verfolgung
5. Religion
5.1 Katholische Kirche
5.2 Die jüdische Gemeinde
6. Schlussbetrachtung
7. Anhang
7.1 Abbildungsverzeichnis
7.2 Quellen- und Literaturverzeichnis
7.2.1 Primärquellen
7.2.2 Sekundärliteratur
7.2.3 Zeitungsartikel
7.2.4 Internetadressen
1. Einleitung
Die Stadt Trier als die älteste ihrer Art in Deutschland hat in ihrer langen und turbulenten Historie viele unterschiedliche Entwicklungen genommen, ihre Bewohner haben viele Höhen und Tiefen durchlebt. Die zeitlichen Eckpunkte des vorliegenden Werks sind der Versailler Vertrag und mit diesem einhergehend die Besatzung Triers, die 1930 ein Ende fand. Besatzungen wurden aus der Perspektive der Besetzten immer schon als enorme Last empfunden. Als Versuch fremder Mächte, die eigene Existenz und Kultur zu bedrohen. So auch in den 20er- und 30-Jahren des letzten Jahrhunderts in Trier, als die Ententemächte[1] in die Rheinprovinz einzogen. Viele Menschen in Trier empfanden dies als suspekten Versuch der Franzosen, sie für das „neue Frankreich“ zu gewinnen und die deutschen Wurzeln auszuhebeln. So stand auch die fortan betriebene Kulturpolitik unter der kritischen Beobachtung der Bevölkerung.
Eine auf die Kulturpolitik in Trier von 1918 – 1930 fokussierte und wissenschaftlich befriedigende Darstellung oder Schrift gibt es allerdings bislang nicht. Dabei sind die Verbindungen zwischen Kultur und Kulturpolitik so eng und die Geschichte in Trier so lebendig. Nichtsdestotrotz scheint dieser Aspekt der trierischen Geschichte immer noch vernachlässigt, wenn nicht sogar fast unbeachtet. Angespornt von einer fehlenden wissenschaftlichen Gesamtdarstellungen zu dieser Thematik, diese Lücke zu füllen, und darüber hinaus persönlich interessiert an den regionalen Geschehnissen binnen dieser Zeit, erfolgte die Festlegung des Arbeitsfeldes dieser Arbeit.
Dass sich themenbezogen primär lediglich Literatur von Emil Zenz, einem aus Trier stammenden Historiker, finden lässt, erklärt sich durch die Vernachlässigung dieses Themenbereichs.[2] Das beeinträchtigte die Nachforschungen und das Spektrum der zur Verfügung stehenden Sichtweisen in der Breite im Rahmen dieser Arbeit wesentlich. Da die vorliegende Facharbeit auf einer einseitigen Quellenlage basiert, die hauptsächlich deutsche Quellen und Literatur beinhaltet, sind die gewonnenen Erkenntnisse stellenweise sehr kritisch zu beurteilen – auch wenn man darum bemüht war, eine facettenreiche Quellen- und Literaturbasis zu schaffen.
Seit dem Wiener Kongress stand die Rheinprovinz, in der auch Trier liegt, unter der Herrschaft des Königreichs Preußens, welches den Militarismus in seinen Gebieten stark förderte.[3] Bis zu seiner Auflösung war Trier somit ebenfalls ein Teil des Deutschen Bundes. Auch der staatliche Umbruch im November 1918 mit der Proklamation der Weimarer Republik änderte an der formalen Zuständigkeit des nun nach der Abdankung Wilhelms II. neu entstandenen Freistaates Preußens für die Rheinprovinz nichts. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs waren demnach preußischer Militarismus und staatliche Denkmalpflege richtungsweisend für die Stadt Trier.
Mit der deutsch-österreichischen Niederlage und dem Vertrag von Versailles indessen endete die alleinige Regentschaft Preußens mit der Besetzung durch die Alliierten.[4] Diese sollten laut Artikel 428 des diktierten Versailler Vertrags[5] die „deutschen Gebiete westlich des Rheins“ als Kontrollorgane für die Vertragserfüllungen 15 Jahre lang besetzen.[6] Hierzu diente ab 1920 der „Interalliierte Hohe Ausschuss für die Rheinlande“[7], der als höchste Verwaltungsinstanz in den besetzten Zonen fungierte.[8] In die Zeit der Besatzung, die parallel zur Weimarer Republik verlief, fielen auch weitere, überregional bedeutsame Ereignisse: Die deutsche Inflation bis 1923[9], die Separatistenbewegung 1923 und die Weltwirtschaftskrise 1929[10] belasteten auch die Region sowohl politisch als auch finanziell.
Der Titel dieser Facharbeit – „Untersuchungen zur Kulturpolitik in Trier nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Ende der französischen Besatzung 1930“ – beinhaltet per se schon den Konfliktpunkt, was man unter dem Begriff Kulturpolitik versteht. Das Problem, das sich hier auftut, besteht darin, dass er zu unterschiedlichen Zeiten, von unterschiedlichen Personen verwendet, auch etwas völlig Unterschiedliches umfassen kann. Daher ist eine genauere Definition des Begriffs „Kulturpolitik“ zu Beginn dieser Arbeit unerlässlich, da allein so größere Missverständnisse vermieden werden können.
Kulturpolitik ist demnach im Sinne dieser Arbeit Politik, die sich auf die Felder Religion, Medien und Bildung bezieht.[11] Berücksichtigt werden im Folgenden daher das Stadttheater Trier, die Schulen, die Stadtbibliothek, die Museen, die Presse und die katholische Kirche. Das Inhaltsverzeichnis wurde in die drei Abschnitte „Städtische kulturelle Einrichtungen“, „Presse“ und „Religion“ unterteilt, um eine sinnvolle Struktur zu erreichen und die Übersicht für den Rezipienten zu bewahren. Die Separatistenbewegung 1923 stellt ein außergewöhnliches, auch kulturell bedeutsames Ereignis dar, das daher nochmals gesondert behandelt wird.
Die vorausgehende Definition der Kulturpolitik berücksichtigend, geht es in dieser Arbeit darum, die kulturpolitischen Maßnahmen von 1918 – 1930 zu untersuchen. Dabei ergibt sich die Fragestellung, ob, und falls ja, in welchem Ausmaß, sich vor allem die französische Besatzung von 1919 bis 1930 auf die Kulturpolitik in Trier ausgewirkt hat. Oder ob die Stadt Trier diesbezüglich frei verfügbaren Handlungsspielraum innehatte und die Franzosen, aber auch das preußische Kultusministerium, die Besetzten gewähren ließen. Ergo stellt sich die Frage: Wurde die Kulturpolitik Triers maßgeblich von übergeordneten Instanzen, insbesondere aber von den französischen Besatzern, beeinflusst oder gar beeinträchtigt?
2. Exkurs: Die Separatistenbewegung 1923
Der Separatistenputsch von 1923 hat mit der Kulturpolitik Triers auf den ersten Blick vermeintlich nicht viel zu tun. Doch dieser Eindruck täuscht. Nicht nur, dass er temporär schlichtweg das herausragende, äußerst kontrovers diskutierte Thema in der Öffentlichkeit war, er sorgte darüber hinaus noch zu einer forcierten, geradezu demonstrativen Hinwendung hin zum Deutschen Reich seitens der Bevölkerung.[12]
Das Scheitern dieser Abspaltungsbewegung im Rheinland allgemein sowie in Trier im Speziellen war allerdings schon kurz nach ihrem Beginn abzusehen, obwohl „die Besatzungsbehörden ganz offen Partei für die Putschisten“[13] ergriffen. Für einen Erfolg fehlte die Zustimmung und Begeisterung der Bevölkerung, deren Widerstand unter der Mithilfe der Engländer für die erfolgreiche Abwehr der Freibündler konstitutiv war.[14]
Nachdem 1919 bereits erste separatistische Strömungen aufgekeimt waren, die zwei Republiken – einerseits die Rheinische, andererseits die Pfälzische – gründen wollten, kulminierte die Separatistenbewegung im Oktober 1923. Im Zuge einiger Proklamationen wurde auch in Trier die „Rheinische Republik“ ausgerufen.[15] Diese proklamierten Republiken, derer es viele gab, die aber nur dem Geiste weniger entsprangen, hielten der Realität schlussendlich nicht stand.[16] Dennoch befürchteten die Politiker im Rheinland, im Besonderen aber in Trier, das in ihren Augen „besonders infiziert“[17] war, die Bewegung könne „gefährlichere Formen annehmen“[18]. Diese Angst der Politiker sollte sich in der Folgezeit freilich nicht bestätigen.
Für das Scheitern der Putschisten waren im Endeffekt zwei Faktoren entscheidend: das Ziel der Separatisten und ihr Weg zum Ziel, den zu gehen sie gewählt hatten. Die Bevölkerung Triers war nicht bereit, den Loslösungsbestrebungen von Preußen weg und zu Frankreich hin zu folgen und somit gleichzeitig die eigene kulturelle Identität aufzugeben. Dies spiegelte sich unter anderem auch in dem regen Protest der Stadtverordnetenversammlung wider, der gleichwohl von den französischen Delegierten abgewiesen wurde.[19] Stattdessen ermöglichten es die Franzosen den Separatisten, zum Unmut der Trierer, ihre Fahne im Rathaus zu hissen, die bis 1924 dort wehen sollte.[20] Zudem, und das betrifft den Weg der Abspaltungsbewegung zu diesem Ziel, waren die im Raum Trier lebenden Menschen überhaupt nicht damit einverstanden, dass diese Bewegung hauptsächlich von den französischen Besatzern unterstützt und vorangetrieben wurde. Diese hatten, bedingt durch den Versailler Vertrag, ohnehin bereits einen schweren Stand im gesamten von ihnen besetzten Gebiet.
Bedeutend in Hinsicht auf die Kulturpolitik war der Separatistenputsch insofern, dass für alle Einwohner Triers klar ersichtlich wurde, dass die Franzosen das Begehren hatten, das Gebiet nicht nur für die in der Nachkriegszeit festgehaltene Zeit zu besetzen. Sie wollten es dauerhaft für sich beanspruchen. Diese Erkenntnis erschwerte es den Franzosen in der Folgezeit maßgeblich, ihr Ziel zu verwirklichen und Fuß im Besatzungsgebiet zu fassen.
3. Städtische kulturelle Einrichtungen
Kulturell am prägendsten und für den Stadtrat Triers ein kulturpolitischer Eckpunkt waren trotz alledem die kulturellen Institutionen und Einrichtungen der Stadt. Kein anderer Bereich der Kulturpolitik benötigte finanziell so viel Unterstützung und löste bei diversen Beschlüssen solche Diskussionen in der Öffentlichkeit aus.
3.1 Das Trierer Stadttheater
Das Stadttheater war in der Nachkriegszeit das Sorgenkind des Trierer Stadtrats. Ständig beschäftigten sich die Politiker in den Stadtratsversammlungen mit der brisanten finanziellen Lage, in der sich das öffentliche Schauspielhaus dauerhaft befand. Da das Theater jedoch bereits damals eine dominierende Stellung in der Trierer Kulturlandschaft eingenommen hatte, war es die Ausnahme bezüglich der getätigten Ausgaben. Jene sollten ursprünglich erst in „bessere[n] Zeiten“[21] für kulturelle Angelegenheiten gemacht werden, waren aber aufgrund rückläufiger Besucherzahlen und steigender Personal- und Unterhaltungskosten unausweichlich geworden, wollte man das Theater am Leben erhalten.
[...]
[1] Stiftung Deutsches Historisches Museum (Hg.): Die Entente. URL: http://www.dhm.de/lemo/html/wk1/kriegsverlauf/entente/index.html (15.03.2011). Der Begriff leitet sich aus der Triple Entente aus dem Jahre 1907 ab, einem Militärbündnis, dem konstant vor allem Frankreich, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Irland Russland, das von 1907 bis 1917 Vertragspartner war, angehörten; Italien stieg 1915 in dieses Militärbündnis ein.
[2] Die relevante Sekundärliteratur von Emil Zenz findet sich im Anhang unter Punkt 7.2.2. Auch nach intensiver Suche waren keine weiteren umfassenden Werke speziell zum Arbeitsthema von anderen Historikern aufzufinden.
[3] Vgl. Winkler, Heinrich August: Auf ewig in Hitlers Schatten?. S. 10-11.
[4] Vgl. Abb. 1 im Abbildungsverzeichnis.
[5] Vgl. Burgdorff, Stephan / Wiegrefe, Klaus: Der Erste Weltkrieg. S. 239.
[6] Vgl. Stiftung Deutsches Historisches Museum (Hg.): Friedensvertrag von Versailles. URL: http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/versailles/index.html (28.03.2011). Dem Deutschen Reich wurden eine Reduktion der Landstreitkräfte, eine starke Verkleinerung der Flotte und die Abschaffung der Luftwaffe, sowie Reparationszahlungen in noch festzulegender Höhe diktiert. Das Rheinland wurde zum Schutz Frankreichs zu einer demilitarisierten Zone erklärt, große Teile des Reichs und alle deutschen Kolonien mussten an andere Staaten abgetreten werden.
[7] Riedel, Kai: Protokoll und Vereinbarung zum Versailler Vertrag (28.06.1919). URL: http://www.documentarchiv.de/wr/vv_zus.html (04.04.2011). Der Ausschuss wird auch IRKO genannt.
[8] Vgl. ebd. Artikel 2 ff. legen die Zuständigkeiten der einzelnen Behörden und Instanzen fest.
[9] Stiftung Deutsches Historisches Museum (Hg.): Die Inflation von 1914 bis 1923. URL: http://www.dhm.de/lemo/html/weimar/innenpolitik/inflation/index.html (04.04.2011). Eine zuerst gezielt angestrebte Inflation der Reichsregierung, die im Jahr 1922 völlig aus dem Ruder lief und im Jahr 1923 kulminierte. Infolgedessen führte die Inflation zu Lebensmittelknappheit, weshalb die Menschen stellenweise Naturalienhandel betrieben, um an lebensnotwendige Nahrungsmittel zu gelangen.
[10] Vgl. Stiftung Deutsches Historisches Museum (Hg.): Die Weltwirtschaftskrise. URL: http://www.dhm.de/lemo/html/weimar/industrie/wirtschaftskrise/index.html (04.04.2011).
[11] Vgl. Reinhard, Wolfgang: Geschichte der Staatsgewalt. München 1999 (S. 88). Zit. nach Fuchs, Max: Kulturpolitik, Wiesbaden 2007.
[12] Vgl. Piper, Hans Michael: „Deutscher Rhein – fremder Rosse Tränke?“. URL: http://www-public.rz.uni-duesseldorf.de/~gecep001/presse/rosse.pdf (15.03.11). S. 11.
[13] Gall, Lothar / Weber, Hartmut (Hg.): „Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik” online. Nr. 179 Besprechung mit den Vertretern der besetzten Gebiete im Kreishaus in Hagen vom 25. Oktober 1923, 11.30 Uhr. URL: http://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0100/str/str2p/kap1_1/para2_65.html (18.03.2011).
[14] Vgl. Piper, Hans Michael: „Deutscher Rhein – fremder Rosse Tränke?“. URL: http://www-public.rz.uni-duesseldorf.de/~gecep001/presse/rosse.pdf (15.03.11). S. 11.
[15] Vgl. Clemens, Lukas / Norbert, Franz: Geschichte von Rheinland-Pfalz. S. 84.
[16] Vgl. Gall, Lothar / Weber, Hartmut (Hg.): „Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik” online. Nr. 179 Besprechung mit den Vertretern der besetzten Gebiete im Kreishaus in Hagen vom 25. Oktober 1923, 11.30 Uhr. URL: http://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/0100/str/str2p/kap1_1/para2_65.html (18.03.2011). Der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, Karl Jarres, berichtet, dass „die Haltung der Bevölkerung, der breiten Massen aller Schichten durchaus ablehnend dem Separatismus in der heutigen Form entgegen stünde“.
[17] Ebd.
[18] Ebd.
[19] Vgl. Zenz, Emil: Die kommunale Selbstverwaltung der Stadt Trier. S. 104.
[20] Vgl. ebd., S. 104-105.
[21] Ebd., S. 96.
- Arbeit zitieren
- Marc Hild (Autor:in), 2011, Die Kulturpolitik in Trier nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Ende der französischen Besatzung 1930, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/207764