Inhaltliche Zusammenhänge in Texten - Kohärenz


Hausarbeit, 2012

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Was ist Kohärenz?

2. Konzepte der Textkohärenz
2.1 Isotopiekonzept
2.2 Präsuppositionen
2.3 frame - und script -Theorie
2.4 Thema
2.5 Vernetzungsmuster

Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Was ist ein Text? – Obwohl der Begriff „Text“ ein alltägliches Phänomen beschreibt und daher oft gebraucht wird, ist er schwer zu fassen und zu definieren. Was aber befähigt uns, eine Aneinanderreihung von Worten und Sätzen als Text zu bezeichnen? Im Alltagsgebrauch geschieht die Zuweisung der Bezeichnung meist auf intuitiver und daher individueller Basis – jeder verbindet etwas anderes mit dem Begriff: Für den Einen muss eine Zeichenfolge Sinn ergeben, für den Anderen eine bestimmte Form haben und ein Dritter macht die Textualität einer Satzfolge vielleicht an der Verknüpfung der einzelnen Einheiten fest.

Die Linguistik freilich kann sich mit solch wagen und meist auf ein Kriterium beschränkten Bewertungskategorien für das Phänomen Text nicht zufrieden geben. Sie ist daher seit langem bemüht, einen möglichst allgemeingültigen Textbegriff zu formulieren. Um diesem Ziel näher zu kommen, setzt die Sprachwissenschaft meist auf eine Reihe von Merkmalen, mit deren Hilfe man die Textualität einer Satzfolge bewerten kann. Den wohl meistrezipierten solcher Kataloge von Textualitätskriterien haben Robert-Alain de Beaugrande und Wolfgang Ulrich Dressler zusammengestellt.[1] Darin nennen sie sieben Kriterien für die Textualität einer Satzfolge: Kohäsion, Kohärenz, Intentionalität, Akzeptabilität, Informativität, Situationalität und Intertextualität.

Im Folgenden soll nun das zweite dieser Kriterien, die Kohärenz, im Mittelpunkt der Betrachtung stehen: Zunächst soll daher ausgeführt werden, was Kohärenz überhaupt ist und wie sie sich äußert, bevor eine Reihe von Konzepten der Textkohärenz vorgestellt wird.

1. Was ist Kohärenz?

Hadumod Bußmann antwortet auf diese Frage, indem sie Kohärenz als „semantisch-kognitiven Sinnzusammenhang eines Textes“ definiert.[2] Der Terminus fasst demnach also gewissermaßen den inhaltlichen Zusammenhang eines Textes. Beaugrande und Dressler beschreiben diesen Aspekt folgendermaßen: „Kohärenz betrifft die Funktionen, durch die die Komponenten der Textwelt, das heißt die Konstellation von Konzepten (Begriffen) und Relationen (Beziehungen), welche dem Oberflächentext zugrunde liegen, für einander gegenseitig zugänglich und relevant sind.“[3] Kohärenz kann man demnach als die dem Oberflächentext zugrundeliegende Tiefenstruktur beschreiben. Die in der Definition angesprochenen Beziehungen sind sowohl inhaltlicher, als auch semantisch-kognitiver Natur. Heinz Vater nennt Kausalitäts-, Referenz- und Zeitbeziehungen als Beispiele für solche Verbindungen.[4] Sowohl Vater als auch Beaugrande und Dressler sehen die Sinnkontinuität als Grundlage der Kohärenz.[5] Sinnkontinuität meint dabei den durch Verknüpfung von Begriffen mit dem Text transportierten Sinn, sprich seinen inhaltlichen Zusammenhang oder bildlich gesprochen: seinen „roten Faden“.

Die bis hierher vorgestellten Merkmale von Kohärenz beziehen sich alle auf einen engen Begriff von derselben, darüber hinaus vertritt eine Reihe von Linguisten jedoch einen weiten Kohärenz-Begriff, der über die rein inhaltlichen Zusammenhänge hinausgeht. Dieses weite Verständnis von Kohärenz umfasst nämlich neben den Beziehungen in der Tiefenstruktur auch die Zusammenhänge an der Oberfläche des Textes. Während Beaugrande und Dressler den letztgenannten Aspekt als Kohäsion vom Bereich der Kohärenz trennen,[6] hält Klaus Brinker eine solche Unterscheidung für „unnötig“ und gar potentiell „irreführend“.[7] Er schlägt daher ein umfassendes Kohärenzkonzept vor, „das nach verschiedenen Aspekten (grammatisch, thematisch, pragmatisch, kognitiv; explizit, implizit usw.) differenziert wird“.[8]

Auch Kirsten Adamzik teilt ein derart weitreichendes Verständnis von Kohärenz. Für sie beinhaltet Kohärenz sprachliche, inhaltliche, sowie funktionale und situative Aspekte.[9] Sie radikalisiert Brinkers Vorschlag gewissermaßen, indem sie Kohärenz weniger als eigenes Textualitätskriterium wertet, „sondern vielmehr als ,regulatives Prinzip von Textproduktion und -rezeption“.[10]

Die Vertreter eines weiten Verständnisses von Kohärenz heben also die Trennung von Verbindungen an der Oberfläche und solchen in der Tiefenstruktur eines Textes auf. Diese Aufhebung wird von vielen Linguisten kritisch gesehen. Christina Gansel und Frank Jürgens argumentieren, dass Kohäsion und Kohärenz „zwei voneinander zu trennende Ebenen [sind], zumal die Sinnrelationen nicht immer explizit durch die Ausdrücke an der Textoberfläche hergestellt werden.“[11] Sie plädieren damit für eine Unterscheidung der Verbindungen an der Textoberfläche und in der Tiefenstruktur.

Auch Heiko Hausendorf und Wolfgang Kesselheim vollziehen diese Trennung: Sie formulieren insgesamt sechs Textualitätsmerkmale, unter denen sich zum einen die intratextuelle Verknüpfbarkeit, was der Kohäsion entspricht, und zum anderen die thematische Zusammengehörigkeit, sprich die Kohärenz, finden.[12]

Linke, Nussbaumer und Portmann trennen Kohäsion und Kohärenz ebenfalls,[13] sie liefern darüber hinaus eine Hierarchie dieser beiden Textualitätsmerkmale: „Wenn es also darum geht zu entscheiden, ob wir bei einer Reihe von Sätzen einen zusammenhängenden Text vor uns haben, sind nicht die semantisch-syntaktischen Verknüpfungen, die sich an der Textoberfläche festmachen lassen, ausschlaggebend, sondern es kommt darauf an, ob wir eine zusammenhängende – also eben kohärente – Texttiefenstruktur erschließen können“.[14] Von der Bedeutung für die Textualität einer Satzfolge her wird die Kohärenz also demnach als wichtiger eingestuft als die Kohäsion.

Diese Einsicht teilen auch Gansel und Jürgens, die Kohärenz beziehungsweise Sinnkontinuität als notwendige Bedingung für die Textualität einer Satzfolge bezeichnen.[15] Sie verweisen als Beispiel auf unsinnige Satzfolgen, wie die folgende:

Morgen scheint die Sonne. Das All dehnt sich aus. Es ist grün. Ihm ist nicht mehr zu helfen.

Überprüft man diese Satzfolge auf Sinnhaftigkeit, so stellt sich schnell heraus, dass ihr kein inhaltlicher Zusammenhang abzugewinnen ist und sie folglich nicht als Text gelten kann, obwohl ihre Oberflächenstruktur durchaus verknüpft scheint. Anders verhält es sich bei folgender, auf den ersten Blick ebenfalls unsinnig erscheinender Satzfolge:

Dunkel war´s, der Mond schien helle,

Schneebedeckt die grüne Flur,

Als ein Wagen blitzeschnelle

Langsam um die Ecke fuhr. [16]

Hier gewinnt der Text gerade dadurch an Sinnhaftigkeit, dass seine einzelnen Elemente unsinnig miteinander verknüpft scheinen. Auf diese Weise erhält die Satzfolge einen inhaltlichen Zusammenhang und ist demnach als kohärent zu bezeichnen.[17]

[...]


[1] De Beaugrande, Robert-Alain/ Dressler, Wolfgang Ulrich (1981): Einführung in die Textlingusitik. Tübingen [nachfolgend zitiert als: De Beaugrande/ Dressler: Textlinguistik].

[2] Bußmann, Hadumod [Hrsg.] (42008): Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart, S. 343.

[3] De Beaugrande/ Dressler: Textlinguistik, S. 5.

[4] Vgl. Vater, Heinz (1992): Einführung in die Textlinguistik. Struktur, Thema und Referenz in Texten. München [nachfolgend zitiert als: Vater: Textlinguistik], S. 42.

[5] Vgl. Ebd. S. 43.

[6] Vgl. De Beaugrande/ Dressler: Textlinguistik.

[7] Brinker, Klaus (72010): Linguistische Textanalyse. Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden. Berlin [nachfolgend zitiert als: Brinker: Linguistische Textanalyse], S. 17 Anm. 18.

[8] Ebd. S.17 Anm. 18.

[9] Vgl. Adamzik, Kirsten (2004): Textlinguistik. Eine einführende Darstellung. Tübingen [nachfolgend zitiert als: Adamzik: Textlinguistik], S. 58.

[10] Adamzik: Textlinguistik, S. 58.

[11] Gansel, Christina/ Jürgens, Frank (22007): Textlinguistik und Textgrammatik. Eine Einführung. Göttingen [nachfolgend zitiert als: Gansel/ Jürgens: Textlinguistik], S. 25.

[12] Vgl. Hausendorf, Heiko/ Kesselheim, Wolfgang (2008): Textlinguistik fürs Examen. Göttingen [nachfolgend zitiert als: Hausendorf/ Kesselheim: Textlinguistik], S. 23.

[13] Vgl. Linke, Angelika/ Nussbaumer, Markus/ Portmann, Paul R. (52004): Studienbuch Linguistik. Tübingen [nachfolgend zitiert als: Linke/ Nussbaumer/ Portmann: Linguistik], S. 254-256.

[14] Ebd., S. 255.

[15] Vgl. Gansel/ Jürgens: Textlinguistik, S. 24.

[16] Zitat nach Gansel/ Jürgens: Textlinguistik, S. 25.

[17] Vgl. Ebd., S. 25.

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Details

Titel
Inhaltliche Zusammenhänge in Texten - Kohärenz
Hochschule
Universität Trier
Veranstaltung
Seminar Textanalyse und Textproduktion
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
12
Katalognummer
V208211
ISBN (eBook)
9783656357223
ISBN (Buch)
9783656357896
Dateigröße
495 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Textanalyse, Textproduktion, Kohärenz, Kohäsion, Textualität, Beaugrande, Dressler, Inhaltliche Zusammenhänge
Arbeit zitieren
Daniel Kugel (Autor:in), 2012, Inhaltliche Zusammenhänge in Texten - Kohärenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208211

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