Gemäß den Aussagen von Günther Oettinger – dem amtierenden EU-Kommissar für Energie – ist „der deutsche Strompreis .. der zweithöchste in Europa“ und ne-ben den Arbeitskosten der wichtigste Kostenblock der deutschen Industrie, wenn es um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland geht. In den energieintensiven Industrien der Stahl-, Aluminium-, Zink-, Chemie-, Zement-, Glas-, Keramik-, und Papiererzeugung macht Strom häufig sogar den größten Anteil an den Betriebskosten aus.
Neben den hohen Strompreisen erschwert insbesondere das Strompreisverhalten in Form einer zunehmenden Volatilität der Strompreise die Kostenkalkulationen sowohl der Stromkonsumenten als auch der Stromproduzenten. Dies kann sich negativ auf die Umsatz- und Ergebnisentwicklung auswirken, sofern die Strommarktpreisrisiken nicht durch adäquate Absicherungsinstrumente eliminiert wer-den.
Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. kommt zu dem Rückschluss, dass „vielen Industriekunden und auch Stadtwerken .. [seit] 2008 schlagartig deutlich geworden [ist], dass es sich lohnt, der Strombeschaffung mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen als in der Vergangenheit. Einen massiveren Preisanstieg im Strom-Terminmarkt, ausgelöst durch die ebenfalls stark angestiegenen Preise der Primärenergiemärkte, hatte man bis dahin noch nicht gesehen. … Nicht nur in energieintensiven Branchen kann die falsche Wahl des Beschaffungszeitraums zur wirtschaftlichen Katastrophe führen. Daher haben viele Energieversorger, um ihre Industrie- und Gewerbekunden in der Rezession nicht noch weiter zu belasten, auf die Durchsetzung von Take-or-pay-Klauseln verzichtet und nicht auf die Abnahme der von ihnen back-to-back schon beschafften aber inzwi-schen extrem teuren Mengen bestanden. In der Konsequenz führte dies jedoch dazu, dass sich das eigene Ergebnis der Versorger entsprechend verschlechtert hat.“
Auch im laufenden Jahr notiert der Strompreis weiterhin hoch und zeigt nach wie vor hohe Volatilitäten, sodass die in dieser Bachelorarbeit behandelten Problemstellungen weiterhin aktuell sind: Welches Strompreisverhalten kann für Deutschland am Spotmarkt der European Energy Exchange beobachtet werden? Welche Strompreismodelle eignen sich zur Modellierung der Einflussgrößen des beobach-teten Strompreisverhaltens am Spotmarkt der European Energy Exchange? [...]
Inhaltsverzeichnis
- Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
- Tabellenverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Problemstellung und Zielsetzung
- 1.2 Gang der Untersuchung
- 2 Strompreisverhalten, -modellierung und -absicherung in der Theorie
- 2.1 Der Strommarkt
- 2.1.1 Funktionen und Aufbau eines Strommarktes
- 2.1.2 Der Stromhandel in liberalisierten Strommärkten
- 2.2 Stromderivate
- 2.2.1 Absicherungsbedürfnisse der Marktteilnehmer
- 2.2.2 Börsengehandelte Stromderivate
- 2.2.2.1 Stromfutures
- 2.2.2.2 Stromoptionen
- 2.3 Charakteristika des Strompreisverhaltens am Spotmarkt
- 2.3.1 Besonderheiten des Gutes „Strom"
- 2.3.2 Stochastische Eigenschaften
- 2.4 Strompreismodelle für den Spotmarkt
- 2.4.1 Anforderungen an ein adäquates Strompreismodell in der Theorie
- 2.4.2 Potentiell geeignete Strompreismodelle für den Spotmarkt
- 2.4.2.1 Lognormales Modell
- 2.4.2.2 Einfaktor-Mean-Reverting Modell
- 2.4.2.3 Zweifaktor-Mean-Reverting Modell
- 2.5 Kritische Würdigung
- 3 Der deutsche Strommarkt
- 3.1 Struktur und Marktteilnehmer des deutschen Strommarktes
- 3.2 Der Stromhandel an der European Energy Exchange
- 3.2.1 Die European Energy Exchange im Überblick
- 3.2.2 Der EPEX-Spotmarkt
- 3.2.2.1 Intraday-Markt
- 3.2.2.2 Day-Ahead-Markt
- 3.2.3 Der EEX-Power-Derivatives-Terminmarkt
- 3.2.3.1 Phelix-Future
- 3.2.3.2 Phelix-optionen
- 3.3 Empirische Studien der Fachliteratur zum Strompreisverhalten am EPEX-Spotmarkt
- 3.4 Kritische Würdigung
- 4 Strompreisverhalten, -modellierung und -absicherung am Praxisbeispiel der European Energy Exchange
- 4.1 Empirische Analyse zum Strompreisverhalten am EPEX-Spotmarkt
- 4.1.1 Zielsetzung
- 4.1.2 Vorgehensweise
- 4.1.3 Ergebnisse
- 4.2 Deduktion eines adäquaten Strompreismodells für den EPEX-Spotmarkt
- 4.2.1 Anforderungen an das Strompreismodell in der Praxis
- 4.2.2 Selektion eines adäquaten Strompreismodells
- 4.3 Beispielhafte Absicherungsstrategien für Industrieunternehmen
- 4.3.1 Annahmen des Praxisbeispiels
- 4.3.2 Absicherung durch Phelix-Futures
- 4.3.3 Absicherung durch Phelix-Call-Optionen
- 4.4 Kritische Würdigung
- 5 Fazit und Ausblick
- Literaturverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Bachelorarbeit analysiert das Strompreisverhalten und die Absicherungsmöglichkeiten im deutschen Elektrizitätsmarkt, insbesondere am Spotmarkt der European Energy Exchange (EEX). Ziel ist es, die Strompreisentwicklung am Spotmarkt der EEX zu untersuchen, geeignete Strompreismodelle zur Modellierung des Preisverhaltens zu identifizieren und die verfügbaren Absicherungsstrategien gegen Strommarktpreisrisiken zu beleuchten.
- Strompreisverhalten am Spotmarkt der EEX
- Modellierung von Strompreisen
- Absicherungsmöglichkeiten gegen Strommarktpreisrisiken
- Struktur und Marktteilnehmer des deutschen Strommarktes
- Funktion und Bedeutung der EEX
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 2: Strompreisverhalten, -modellierung und -absicherung in der Theorie
- Dieses Kapitel erläutert die grundlegenden Konzepte des Strommarktes, einschließlich der verschiedenen Marktstrukturen, des Stromhandels in liberalisierten Märkten und der Funktionsweise von Stromderivaten. Es werden die Absicherungsbedürfnisse der Marktteilnehmer analysiert und die verschiedenen Arten von börsengehandelten Stromderivaten, wie Futures und Optionen, vorgestellt.
- Der Abschnitt über die Charakteristika des Strompreisverhaltens am Spotmarkt beleuchtet die einzigartigen Eigenschaften des Gutes „Strom" und die daraus resultierenden stochastischen Eigenschaften der Strompreisverteilung. Es werden die Besonderheiten des Stroms, wie die Nicht-Speicherbarkeit und die unelastische Nachfrage, und die daraus resultierenden Preismerkmale, wie Saisonalität, Mean-Reverting-Verhalten und Preisspitzen, erläutert. Die stochastischen Eigenschaften der Strompreisverteilung, wie die Nicht-Normalverteilung, Rechtsschiefe und Kurtosis, werden ebenfalls thematisiert.
- Im letzten Teil des Kapitels werden die Anforderungen an ein adäquates Strompreismodell für den Spotmarkt definiert und potentiell geeignete Modelle, wie das Lognormale Modell, das Einfaktor-Mean-Reverting Modell und das Zweifaktor-Mean-Reverting Modell, vorgestellt. Die Vor- und Nachteile der einzelnen Modelle werden im Kontext der Strompreismodellierung diskutiert.
- Kapitel 3: Der deutsche Strommarkt
- Dieses Kapitel beschreibt die Struktur und die Marktteilnehmer des deutschen Strommarktes. Es werden die einzelnen Wertschöpfungsstufen, wie Erzeugung, Transport, Verteilung und Vertrieb, sowie die wichtigsten Akteure, wie Energiekonzerne, Stadtwerke und Stromhändler, vorgestellt. Der Fokus liegt auf der Darstellung des börsenorganisierten Stromhandels an der European Energy Exchange (EEX).
- Die EEX wird als zentrale Plattform für den Stromhandel in Deutschland und Kontinentaleuropa vorgestellt. Es werden die verschiedenen Teilmärkte der EEX, wie der EPEX-Spotmarkt (Intraday- und Day-Ahead-Handel) und der EEX-Power-Derivatives-Terminmarkt (Handel von Futures und Optionen), detailliert beschrieben. Die Kontraktspezifikationen der verschiedenen Produkte, wie Phelix-Futures und Phelix-Optionen, werden erläutert.
- Der Abschnitt über empirische Studien der Fachliteratur zum Strompreisverhalten am EPEX-Spotmarkt präsentiert die Ergebnisse von Untersuchungen, die das Preisverhalten der Day-Ahead-Preise für „Base", „Peak" und „Offpeak" analysieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die Strompreise am EPEX-Spotmarkt keine Normalverteilung aufweisen und Rechtsschiefe sowie Kurtosis zeigen.
- Kapitel 4: Strompreisverhalten, -modellierung und -absicherung am Praxisbeispiel der European Energy Exchange
- Dieses Kapitel präsentiert eine eigene empirische Analyse zum Strompreisverhalten am EPEX-Spotmarkt. Die Day-Ahead-Strompreise „Base", „Peak" und „Offpeak" sowie deren logarithmierte Preise werden für den Zeitraum 01.01.2002 bis 18.08.2012 (3883 Handelstage) hinsichtlich ihrer charakteristischen Eigenschaften und ihrer stochastischen Verteilungseigenschaften untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Strompreise keine Normalverteilung aufweisen, wobei die logarithmierten Strompreise eher einer Normalverteilung ähnlich sind als die nicht logarithmierten Strompreise. Die nicht logarithmierten Strompreise sind rechtsschief, wohingegen die logarithmierten Strompreise linksschief sind. Bis auf den logarithmierten Phelix-Day-Peak-Strompreis zeigen alle Strompreise eine Kurtosis.
- Basierend auf den Ergebnissen der empirischen Analyse wird ein adäquates Strompreismodell für den EPEX-Spotmarkt selektiert. Das Zweifaktor-Mean-Reverting-Modell, das die charakteristischen und stochastischen Eigenschaften der Strompreise abbilden kann, wird als geeignete Wahl für die Modellierung des Strompreisverhaltens am EPEX-Spotmarkt identifiziert.
- Der letzte Teil des Kapitels demonstriert die Funktionsweise von Absicherungsstrategien in der Praxis. Anhand eines fiktiven Unternehmens aus der Zementindustrie („Solinger Zement AG") werden exemplarische Absicherungsstrategien mit Hilfe von Phelix-Futures und Phelix-Optionen erläutert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Strompreis, den Elektrizitätsmarkt, die European Energy Exchange (EEX), den Spotmarkt, Stromderivate, Futures, Optionen, Absicherungsstrategien, Strompreismodellierung, Mean-Reverting-Verhalten, Saisonalität, Volatilität, und stochastische Eigenschaften der Strompreisverteilung. Die Arbeit analysiert das Strompreisverhalten in Deutschland und beleuchtet die Möglichkeiten, Strommarktpreisrisiken mit Hilfe von Derivaten zu managen.
- Quote paper
- Bachelor of Arts (Business Administration) Bettina Walczyk (Author), 2012, Analyse des Strompreisverhaltens und der Absicherungsmöglichkeiten im deutschen Elektrizitätsmarkt am Beispiel der European Energy Exchange (EEX), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208299
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