Islamic Banking - ein alternatives Finanzsystem ohne Zinsen


Diplomarbeit, 2010

91 Seiten, Note: 2,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Einleitung

2 Der Islam und die islamische Wirtschaftsordnung
2.1 Der Islam
2.2 Die fünf Säulen des Islam
2.3 Die Quellen des islamischen Rechts
2.4 Das islamische Wirtschaftssystem
2.5 Die wichtigsten Verbote im islamischen Wirtschaftssystem
2.5.1 Das Zinsverbot
2.5.2 Die wirtschaftlichen Gründe für das Zinsverbot . .
2.5.3 Gharar
2.5.4 Maysir und Qimar
2.5.5 Soziale und ethische Ausschlusskriterien

3 Islamische Investitions- und Finanzierungstechniken
3.1 Mudarabah
3.2 Musharakah
3.3 Murabahah
3.4 Leasingfinanzierung (Ijarah)
3.5 Salam
3.6 Istisna

4 Islamische Bankprodukte
4.1 Konten-und Einlageprodukte
4.1.1 Das Girokonto
4.1.2 Das Sparkonto
4.1.3 Das Investmentkonto
4.2 Konsumentenkredite
4.3 Baufinanzierung
4.4 Islamische Anleihen - Sukuk
4.4.1 Sukuk-al-Ijarah
4.4.2 Sukuk-al-Musharakah
4.5 Islamische Aktienanlagen

5 Das Theoretische Modell des Islamic Banking von Mohsin Khan
5.1 Das Modell
5.1.1 Das Modell mit den fixen Preisen im islamischen Banksystem
5.1.2 Das Modell mit den fixen Preisen im konventionellen Banksy- stem
5.2 Schlussfolgerungen und Kommentare

6 Das Modell von Mohsin Khan und Abbas Mirakhor
6.1 Modellstruktur
6.1.1 Verhaltensbeziehungen
6.1.2 IS-Beziehung
6.1.3 LM-Beziehung
6.2 Auflösung des Modells
6.3 Schlussfolgerungen

7 Das Modell zur Bestimmung des PLS-Verhältnisses von Zubair Ha- san
7.1 Die Analyse auf der Makro-Ebene
7.1.1 Schlussfolgerungen
7.2 Die Analyse auf der Mikro-Ebene
7.2.1 Schlussfolgerungen
7.3 Relative Profitabilität
7.3.1 Schlussfolgerungen

8 Moral Hazard und Adverse Selektion in Islamic Banking

9 Die aktuelle Situation des Islamic Banking in Deutschland und Eu- ropa

10 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

A Anhänge A, B, C, D

Glossar

Kapitel 1

Einführung

Nach der letzten Weltwirtschaftskrise gewinnt das bisher im deutschsprachigen Raum wenig bekannte Thema „Islamic Banking“ immer mehr an Interesse. Die Krise hat gezeigt, dass das westliche Finanzsystem unstabil ist. Das System, das auf Zinsen basiert und keinen Ethikkodex kennt, wird laut einiger Wirtschaftsexperten nicht lange durchhalten können. Es gibt dazu aber ein alternatives Finanzsystem, das noch wenig bekannt ist, nömlich das System des Islamic Banking - ein System, das keine Zinsen erlaubt und sich streng an die Koran- und die Scharia-Vorschriften (islamisches Recht) hölt. Manche Wirtschaftsexperten behaupten sogar, dass das islamische Finanzprinzip das einzige sei, dass in Zukunft Überlebenschancen hötte. Es ist eine Tatsache, dass das islamische Wirtschaftssystem das einzige weltweit ist, das nicht von der Amerikanischen Immobilienkrise betroffen ist. Der Grund hierfíir ist, dass die Islamischen Finanzinstitute nur in die reale Wirtschaft investieren, die spekulativen Anlageformen kommen für sie erst gar nicht in Betracht.

Das islamische Finanzprinzip ist sogar im Vatikan angekommen: „Bünker sollen sich künftig an islamische Gesetze halten“-das fordert das ,,L‘Osservatore Romano“ - das Sprachrohr des Papstes. Kein Wunder, denn auch im alten und neuen Testament sind Zinsen verboten. Das Prinzip des Islamic Banking richtet sich also nicht nur an die Muslimische Gesellschaft, sondern an die ganze Menschheit.

1.1 Einleitung

Das Ziel dieser Diplomarbeit ist, das Prinzip des Islamic Banking in seinen Grundzuögen zu erlaöutern und es dem konventionellen Banksystem gegenuöber zu stellen. Dabei sollen die wichtigsten Gemeinsamkeiten sowie Differenzen der beiden Systeme her­ausgestellt und beurteilt werden. Außerdem sollen einige theoretische Wirtschafts­modelle zu Islamic Banking präsentiert und mit den konventionellen Modellen ver­glichen werden.

Die Diplomarbeit wird folgendermaßen aufgebaut:

nach der allgemeinen Einführung in das Thema Islamic Banking folgen drei Kapitel, in denen die wichtigsten notwendigen Grundlagen fär das Verstandnis des Themas vermittelt werden. In den darauffolgenden drei Kapiteln werden die theoretischen Modelle zu Islamic Banking behandelt und analysiert. Nach dem theoretischen Teil werden einige mit dem Thema Islamic Banking verbundenen Risiken und ihre Aus­wirkungen besprochen. Zum Schluss wird die aktuelle Situation in Europa und spe­ziell in Deutschland im Zusammenhang mit diesem Thema betrachtet.

Im Kapitel zwei wird zunaächst der zum Verstaändnis von Islamic Banking notwen­dige Begriff des Islam als eine Religions- und Lebensweise erläutert. Neben den funf Säulen des Islam werden die wichtigsten Rechtsquellen vorgestellt. Danach be­kommt der Leser einen Überblick uber das islamische Wirtschaftssystem und seine Unterschiede zu dem konventionellen Wirtschaftsdenken. In dem Zusammenhang werden die wichtigsten Verbote und Prinzipien im islamischen System erklärt und ihre Herkunft rechtlich begriindet. Somit bekommt der Leser in diesem Kapitel die notwendigen Grundlagen fuär das weitere Verstaändnis des Thema Islamic Banking vermittelt.

In dem dritten Kapitel werden die islamischen Investitions- und Finanzierungs­techniken vorgestellt. Der Leser lernt die wichtigsten Techniken, wie Mudarabah, Musharakah, Murabahah, Ijara, Salam und Istisna in ihren Grundzugen kennen. Außerdem werden diese Finanzierungstechniken mit den bekannten konventionellen Techniken verglichen.

Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit den islamischen Bankprodukten. Hier be­kommt man einen Überblick uber die islamischen Konten- und Einlageprodukte, wie das Giro-, Spar- und Investmentkonto, sowie deren Unterschied zu den üblichen Bankprodukten. Außerdem werden die Islamischen Anleihen - Sukuk in unterschied­lichen Formen, und zum Schluss die Islamischen Aktienanlagen vorgestellt.

In dem fünften Kapitel fängt der theoretische Teil dieser Diplomarbeit an. Der Leser lernt das auf dem bekannten IS-LM Modell aufgebaute Modell des Islamic Banking von Mohsin Khan kennen. Es werden zum einen das Modell mit den fixen Preisen im islamischen Banksystem und zum anderen das gleiche Modell im konven­tionellen System vorgestellt und miteinander verglichen. Am Ende dieses Kapitels folgen dann die Schlussfolgerungen aus dem Modell von Khan und die Kommentare.

Im Kapitel sechs wird das, auch auf dem IS-LM Modell aufgebaute, Modell zur Auswirkung des islamischen Finanzsystems auf die Geldpolitik von Mohsin Khan und Abbas Mirakhor vorgestellt.

Das letzte Kapitel mit dem theoretischen Teil, das Kapitel sieben, behandelt das Modell zur Bestimmung des PLS-Verhältnisses von Zubair Hasan. Die Analyse im Modell erfolgt auf zwei Ebenen, der Mikro- und der Makro-Ebene. Der letzte Teil des Modells widmet sich der Frage nach der relativen Profitabilität des islamischen Finanzierungsprinzips im Vergleich zu der Profitabilitat im konventionellen Finanz­modell.

Das achte Kapitel beschäftigt sich mit den mäglichen Risiken des Islamic Banking, wie dem Moral Hazard und der Adversen Selektion. Es erfolgen eine Untersuchung der Ursachen fur diese unerwunschten Risiken, sowie Vorschläge zu ihrer Vermei­dung.

Das vorletzte Kapitel dieser Diplomarbeit widmet sich der aktuellen Situation des Islamic Banking in Deutschland und Europa. Hier wird die Entwicklung des Islamic Banking seit seiner Entstehung weltweit betrachtet und die mit diesem Thema ver­bundenen wirtschaftlichen Vorteile, insbesondere fur das Deutsche Markt, dargelegt.

Im letzten Kapitel bekommt der Leser nochmal die Mäglichkeit, die wichtigsten Punkte und Schlussfolgerungen dieser Diplomarbeit in kurzer Form wiederzufinden.

Kapitel 2
Der Islam und die islamische Wirtschaftsordnung

Um das islamische Finanzprinzip besser zu verstehen, ist es notwendig, sich mit dem Begriff des Islam auseinander zu setzen. In diesem Kapitel werden die fünf Säulen des Islam, die islamischen Rechtsquellen und das islamische Wirtschaftssystem dar­gestellt. Außerdem lernt man hier die wichtigsten wirtschaftlichen Verbote, wie zum Beispiel, das Zins- oder das Glucksspielverbot kennen. Man bekommt einen Über­blick daruber, in welchen Bereichen ein muslimischer Unternehmer seine Tatigkeit ausuben darf, und welche Bereiche fur einen Muslim absolut tabu sind. Durch diese wirtschaftlichen Verbote, sowie die verbotenen Unternehmensbereiche ergibt sich fuär ein Financier ein bestimmtes Spektrum, in welchem er ein Projekt financieren darf, bzw. außerhalb welches eine Finanzierung nach islamischem Recht nicht erlaubt ist.

2.1 Der Islam

Der Islam ist die letzte der drei gräßten Weltreligionen. Vom arabischen äbersetzt bedeutet Islam „Unterwerfung / vällige Hingabe (an Gott)“. Der Islam verkundet eine reine Form des Monotheismus. Gott ist der Eine Gott, Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt worden, Er ist unteilbar und keiner ist Ihm gleich. Alles geschieht nach Seinem Willen, Er ist der Schäpfer aller Dinge.

Der Islam betont den einheitlichen Ursprung aller monotheistischen Religionen. Ein Muslim zu sein bedeutet an einen einzigen Gott, der alles erschuf, an Seine Engeln und an Seine Buächer, naämlich die Thora, das Evangelium und den Koran und an die von Gott gesandten Propheten (Adam, Abraham, Moses, Jesus, Muhammed und viele anderen), und an das Leben nach dem Tod zu glauben. Der Koran ist das heilige Buch der Muslime, er ist die letzte der drei Offenbarungen und die einzige Offenbarung, die bis heute unverfälscht geblieben ist. Koran ist eine Rechtleitung für die Menschheit und enthält alles, was ein gottergebener Mensch zu seinem Leben benötigt. Ein Muslim ist derjenige, der die gättlichen Gesetze in allen Lebenssi­tuationen befolgt und seine Existenz nach der Gotteszufriedenheit ausrichtet. Die Muslimische Gesellschaft soll jedem Andersglaubigen Respekt und Toleranz entge­genbringen, denn das Wort „Islam“ hat auch noch eine weitere Bedeutung, nämlich „Frieden“. Der Islam lehrt die Einheit und Gleichstellung aller Menschen. Es ist nicht von Bedeutung, welcher Rasse ein Mensch angehärt und welche Hautfarbe er hat, das einzige, wonach unterschieden wird, ist die Rechtschaffenheit und die Gottesfurcht. Die Ziele des Islam sind sittliche Vollkommenheit, sozialer Fortschritt, wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit, zwischenmenschliche Liebe und Barmher­zigkeit und politische Vernunft und Frieden.

Der Islam wurde an die gesamte Weltbevoälkerung gesandt, jeder, der das Glaubens­bekenntnis: „Es gibt keinen Gott außer Gott und Muhammed ist Sein Gesandter“ ausspricht, wird automatisch zu einem Muslim, einem Gottergebenen. Dieses Glau­bensbekenntnis (Schahada) ist die einzige formale Anforderung, um ein Muslim zu werden und die erste der funf Säulen des Islam.

2.2 Die fünf Säulen des Islam

Die erste der funf Saulen des Islam ist das schon oben erwahnte Glaubensbekenntnis, die Schahada. Jeder, der die Schahada aus der innersten Überzeugung ausspricht, ist ein Muslim.

Die zweite Saule ist das funfmalige Gebet. Jeder Muslim ist zu funf bestimmten Zeiten dazu verpflichtet, Gott (arabisch Allah) nach einem bestimmten Ritual anzu­beten. Die funf Gebetszeiten sind: während der Morgendämmerung, mittags, nach­mittags, wahrend der Abenddämmerung und nachts. Die zweite Säule ist fur den Muslim sehr wichtig, denn das Gebet ist die Zeit, in der der Glaubige seinem Schäpfer sehr nahe steht. Durch das Gebet wird neben der äußerlichen Reinigung auch die Reinigung der Seele erziehlt. Außerdem halt das Gebet vor den verbotenen und schädlichen Dingen ab, denn ein Muslim wird z.B. niemals im betrunkenen oder unreinen Zustand beten.

Die dritte Säule des Islam ist die Almosensteuer (Zakat). Die Zakat ist von je­dem gesunden, erwachsenen und finanziell dazu fähigen Muslim einmal im Jahr zu entrichten. Sie richtet sich nach dem Einkommen und dem Ersparten jedes einzelnen und stellt einen gewissen Prozentsatz vom Vermögen dar. Die Almosensteuer ist fur die Armen und Hilflosen vorgesehen, denn ein Muslim soll nicht nur an sich, sondern an seine religiosen Bräder und Schwestern denken und sie soweit es ihm moglich ist, finanziell unterstuätzen.

Die vierte Säule ist das Fasten im Monat Ramadan. Das Fasten ist fur jeden psy­chisch und korperlich gesunden Muslim eine Pflicht. Vom Beginn der Morgendämme­rung bis zum Sonnenuntergang darf ein glaubiger Muslim weder essen, noch trin­ken, er muss in vielen Dingen Enthaltsamkeit uben, außerdem ist es verboten, den Ehelichen Verkehr auszuuäben. Durch das Fasten erhaält der Mensch ein Mittel zur Erlangung von Selbsbeherrschung, außerdem kriegt man es selbst zu spuhren, wie es den Menschen geht, die hungern muässen. Der Monat Ramadan wird deswegen auch Spendenmonat genannt, die eigenen Beduärfnisse werden fuär den fastenden zweitran­gig, er spendet gerne für den bedurftigen Bruder und bekampft somit sein eigenes Ego.

Die fünfte und die letzte Säule des Islam ist die Pilgerfahrt nach Mekka. Jeder Muslim, der dazu kärperlich und finanziell in der Lage ist, ist dazu verpflichtet, mindestens einmal in seinem Leben eine Pilgerreise nach Mekka in Saudi Arabien zu der Kaaba, dem von Propheten Abraham erbauten Gotteshaus, zu vollziehen.

2.3 Die Quellen des islamischen Rechts

Der Koran ist die Hauptquelle der islamischen Gesetze. Es ist das von Gott durch den Erzengel Gabriel an den Propheten Muhammed (s)[1] herabgesandte Offenbahrungs- buch. Der Koran wurde innerhalb eines Zeitraums von ca. 20 Jahren herabgesandt, er enthält 114 mit Namen versehenen Suren. Es ist die Hauptquelle des islamischen Rechts, der Scharia. Die zweitwichtigste Quelle der Scharia stellt die Sunna (die Lebensweise) des Propheten Muhammed (s) dar. Der Prophet (s) ist fär alle Musli­me das Vorbild, sein Handeln, seine Ausspruche und seine Urteile wurden in vielen Hadithen (Überlieferungen) zusammengefasst, und stellen eine Rechtleitung für die Gläubigen dar. Zwei weiteren Quellen des islamischen Rechts bilden der Ijma und der Qiyas. Der Ijma bildet den „Konsens der muslimischen Rechtsgelehrten in ei­ner Rechtsfrage, die nicht in Koran und Sunna festgelegt worden ist.“[2] Der Qiyas bedeutet in der islamischen Rechswissenschaft Analogie oder Analogieschluss. Die im Koran oder durch die Sunna festgelegten Regeln werden auf einen anderen, in seinem Wesen vergleichbaren neuen Fall angewendet.[3]

2.4 Das islamische Wirtschaftssystem

Der Islam befasst sich nicht nur mit religiösen Fragen und Themen, sondern mit allen zum Leben dazugehürenden Handlungen und Bereichen, darunter auch dem wirtschaftlichen Bereich. Die wirtschaftlichen Aktivitaten eines Menschen werden durch sein soziales Milieu, seine moralischen Werte, seine kulturelle Zugehorigkeit und vor allem seine religiäse Überzeugung determiniert.[4] Ein Muslim ist verpflichtet, nach Wissen zu streben und das angeeignete Wissen zum Wohl der Gesellschaft ein­zusetzen. Es ist im Islam nicht verboten, sondern sogar erwunscht, wirtschaftlichen Profit und Erfolg zu erzielen, jedoch müssen die Religiäsen Pflichten im Vordergrund stehen. Das bedeutet, dass die wirtschaftlichen Aktivitaüten eines Muslims im Ein­klang mit den islamischen Vorschriften stehen muüssen. Man darf zum Beispiel nicht aus einem Geschaft Profit rausschlagen, das auf den im Islam verbotenen Praktiken basiert.

Der Islam geht davon aus, dass Gott den Menschen genuügend Ressourcen zur Verfuügung gestellt hat, um alle ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Die große Aufgabe der Gesell­schaft und jedes Einzelnen besteht darin, diese Ressourcen sinngemäß und ohne Verschwendung zu verwalten und zu nutzen. Ein Muslim darf nicht verschwende­risch sein und nur der Befriedigung seiner Wuünsche nachstreben. Das Verbot von Alkohol- und Drogenkonsum, Glücksspiel, Prostitution und Waffenproduktion soll dafür sorgen, dass die taglichen Ressourcen nicht verschwendet werden. Jedes einzel­ne Mitglied der muslimischen Gesellschaft soll somit seinen Beitrag zur Erlangung des Ziels der gesamtgesellschaftlichen Nutzenmaximierung beitragen. Ein Muslim glaubt daran, dass alle Ressourcen, inklusive Geld, dem einzigen Gott gehüren und nur von Ihm alleine zur Verfuügung gestellt werden. Gott hat jeden Muslim dazu verpflichtet, hart zu arbeiten, um zum Beispiel, für seine Familie und die schwäche­ren Gesellschaftsmitglieder sorgen zu kännen. Fär das Verwalten des von Allah zur Verfugung gestellten Geldes und anderer Ressourcen wird der Muslim am Jängsten Tag zur Rechenschaft gezogen. Er strebt also schon in diesem Leben danach, das Geld nach Gottes Geboten zu verwalten und zum Nutzen aller einzusetzen. Das Geld hat im Islam keine so große Bedeutung, wie in der westlichen und kapitalistischen Welt. Es ist eher ein Mittel zum Zweck: man braucht es fär das tägliche Leben, man soll jedoch mit dem, was Gott einem gegeben hat, zufrieden sein und nicht nach Luxus und Verschwendung streben. Das verdiente Geld soll nicht gehortet werden, sondern fuär andere Gesellschaftsmitglieder zur Verfuägung gestellt werden. Natuärlich darf ein Muslim auch Sparen, aber nur ein Teil seines Vermägens, der Rest soll fur Investitionszwecke oder als zinsloses Kredit zur Verfägung gestellt werden.

Der Begriff der Zakat wurde schon vorhin erwahnt. Zakat richtet sich vor allem an die, die Vermäogen haben, sie zwingt die Besitzer großer Kapitalvermoägen dazu, ihr Vermägen fur produktive Zwecke, fur direkte Investitionen und an den Kapitalmärk­ten bereitzustellen. Das Kapital hat im Islam eine rein produktive Aufgabe, das Geld ist dazu da, um damit etwas zu produzieren und nicht, um es anzuhäaufen.

Durch das individuelle Wohlstandsstreben soll kein anderer Gesellschaftsmitglied zu Schaden kommen. In allen geschäftlichen Dingen soll das Prinzip der Ehrlichkeit und Bruderlichkeit eingehalten werden. Das islamische Wertesystem verbietet jeg­liche Art von Ausbeutung und Betrug. Der Prophet Muhammed (s), der fur seine Ehrlichkeit und Zuverlassigkeit bekannt war, hat laut einer Überlieferung gesagt: „Wer betrügt, gehärt nicht zu uns.“ Jede Transaktion, bei der eine Seite Gewinn und die andere Seite Verlust erziehlt, ist unrechtmäßig. Deswegen sind im Islam die Glucksspiele verboten, da es dort immer einen Gewinner und einen Verlierer gibt.

2.5 Die wichtigsten Verbote im islamischen Wirt­schaftssystem

2.5.1 Das Zinsverbot

Eines der wichtigsten Ünterscheidungsmerkmale zwischen westlichen und islami­schen Finanzgeschaäften stellt das Verbot von Riba (Zins) dar. Die islamische Lehre betrachtet den Zins als ein wirtschaftliches Übel, welches einen nachteiligen Einfluss auf das Wirtschafts- und Sozialleben der ganzen Gesellschaft ausübt.[5] Die wichtigste Stütze für das Zinsverbot stellt der Koran dar. An mehreren Stellen verbietet Gott das Zinsnehmen und das Zinsgeben.

„Diejenigen, die Zinsen verschlingen, sollen nicht anders dastehen als wie einer, der vom Satan erfaßt und zum Wahnsinn getrieben wird. Dies (soll so sein,) weil sie sagen: „Handel ist dasselbe wie Zinsnehmen.“ Doch Allah hat den Handel erlaubt und das Zinsnehmen verboten. Und wenn zu jemandem eine Ermahnung von seinem Herrn kommt und er dann aufhürt - dem soll verbleiben, was bereits geschehen ist. Und seine Sache ist bei Allah. Wer es aber von neuem tut - die werden Bewohner des Feuers sein, darin werden sie ewig bleiben.“ (2:275)[6]

„Allah wird den Zins dahinschwinden lassen und die Mildtütigkeit vermehren. Und Allah liebt keinen, der ein hartnackiger Unglaubiger und Ubeltater ist.“ (2:276)

“O ihr, die ihr glaubt, furchtet Allah und verzichtet auf das, was noch übrig ist an Zinsen, wenn ihr Glüubige seid. Und wenn ihr dies nicht tut, dann ist euch Krieg angesagt von Allah und Seinem Gesandten. Doch wenn ihr bereut, dann soll euch euer Kapital zustehen, so daß weder ihr Unrecht tut, noch euch Unrecht zugefügt wird.“(2:278-279)

„Und weil sie (die Anhänger der Schriften) Riba nahmen, obwohl es ihnen verboten war, und Leute in betrügerischer Weise um ihr Vermügen brachten, haben wir fur die Unglüubigen unter ihnen schmerzliche Strafe bereitet.“ (4:161)

“Und was immer ihr auf Zinsen verleiht, damit es sich mit dem Gut der Menschen vermehre, es vermehrt sich nicht vor Allah; doch was ihr an Zakah entrichtet, indem ihr nach Allahs Antlitz verlangt - sie sind es, die vielfache Mehrung empfangen wer­den.“ (30:39)

Die obigen Koranverse machen deutlich, dass alle Zinsgeschüfte vor Gott verbo­ten sind. Darlehen soll dafuür eingesetzt werden, um Einkommen aus wirtschaftlicher Aktivitüt (z.B. Handel) zu schaffen. Dieses Einkommen muss in seiner Hohe unvor­hersehbar sein, d.h. die Eigenschaft eines Gewinns besitzen. Der Kreditgeber muß sich auch an dem eventuellen Verlust aus dieser Aktivitüat beteiligen.

Nicht nur im Koran, auch in der Sunna (Lebensweise) des Propheten Muhammed (s) findet man zahlreiche Überlieferungen zum Thema Riba. Der Prophet (s) un­terschied zwei Arten von Riba: Riba Al-Nasiah, die sich auf Erträge in Darlehens­geschäften bezieht, und Riba Al-Fadl, die Ertrage in Verkaufskontrakten beschreibt. Riba Al-Nasiah ist demnach definiert als der Überschuss, den ein Gläubiger durch die Gewährung eines Darlehens von seinem Schuldner dafìir bekommt, dass er ihm Zeit fur die Rückzahlung gibt. Nach einhelliger Auffassung aller Schariah-Gelehrten ist diese Art von Riba verboten.[7]

Riba Al-Fadl (Zins bei Kaufgeschaften) wird in den Überlieferungen des Propheten Muhammed (s) als illegal bezeichnet. Es wird ausdriicklich darauf hingewiesen, dass in den Kaufgeschäften mit bestimmten Waren kein Riba-Element enthalten werden darf:

„Verkauft Gold fur Gold, Silber fur Silber, Weizen fur Weizen, Gerste fur Gerste, Datteln fur Datteln, Salz fur Salz, dasselbe fur dasselbe, in gleicher Quantität, Zug um Zug. Wenn aber die Gegenstaände verschiedener Art sind, dann verkauft sie, wie ihr wollt; wenn es Zug um Zug geschiet, dann Zug um Zug.“[8]

Dieser Hadith ist ein Leitfaden fur all die Geschäfte, bei denen mit ungleichen Waren gehandelt, bzw. getauscht wird, er bezweckt, dass undurchsichtige und unehrliche Geschäfte, in denen eine Seite benachteiligt wird, vermieden werden.

Beide Arten von Riba hat der Prophet (s) verboten. In einer weiteren Überlieferung wies er auf die mit dem Zins verbundenen Gefahren fur die Gesellschaft hin: „Wo Zins und Ünzucht in einer Gesellschaft auftreten, setzen ihre Leute sich der Strafe Allahs aus.“[9]

Nicht nur im Islam, auch im Judentum und Christentum wurde der Zins fur verboten erklährt. Im Alten Testament liest man: „Wenn du Geld leihst einem aus meinem Volk, der arm ist bei dir, sollst du ihn nicht zu Schaden bringen und keinen Wucher an ihm treiben.“ (2.Mos. 22:24)

Ünd an einer anderen Stelle: Wenn aber ein Mensch gerecht ist und Recht und Gerechtigkeit ubt,...niemanden bedruckt, seinem Schuldner das Pfand zuräckgibt, nichts raubt, sondern dem Hungrigen sein Brot gibt und den Nackten kleidet, nicht auf Wucher leiht, und keinen Wucherzins nimmt, seine Hand vom Ünrecht fern haält und jedermann zu seinem Recht kommen laßt, in meinen Satzungen wandelt und meine Rechte bewahrt und sie gewissenhaft befolgt: ein solcher ist gerecht, er soll gewiß leben, spricht Gott, der HERR. Wenn nun dieser einen gewalttätigen Sohn zeugt, der Blut vergießt oder ...auf Wucher leiht, Wucherzins nimmt: sollte ein sol­cher leben? Er soll nicht leben; er hat alle diese Greuel getan, darum soll er sicherlich sterben; sein Blut sei auf ihm!“ (Ezechiel 18:5-13)

Im Lukasevangelium steht geschrieben: „Wer dich bittet, dem gib, und wer dir das deine nimmt, von dem fordere es nicht wieder.“ (Luk. 6:30)

2.5.2 Die wirtschaftlichen Gründe für das Zinsverbot

Das strikte Zinsverbot im Islam ist eine Folge seiner tiefen Sorge um das moralische, soziale und wirtschaftliche Wohlergehen der Menschheit.[10]

Imam Razi (gest. 925) war der erste muslimische Wissenschaftler, der das Zinspro­blem von der wirtschaftlichen Seite her betrachtet hat.[11] In seinen Erläuterungen zum Koran gab er die vier wichtigsten Grände fär das Zinsverbot an:

- Zinsnahme bedeutet, sich das Eigentum eines anderen anzueignen, ohne ihm dafur etwas zu geben, denn wer einen Dirham gegen zwei Dirham ausleiht, bekommt einen Dirham fur nichts. Das Eigentum des Menschen ist aber dazu da, dass er seine Bedärfnisse stillt und ist darum unantastbar, nach der Über­lieferung des Propheten (s): „Das Eigentum eines Menschen ist so heilig wie sein Blut.“[12]
- Die Abhängigkeit vom Zins hindert die Leute daran, mehr zu arbeiten, um Geld zu verdienen, denn ein Mensch mit Geld kann zusaätzliches Geld durch Zinsen verdienen, ohne dass er dafur arbeiten muß. Entsprechend wird der Wert der Arbeit gemindert, und er wird sich nicht der Muähe unterziehen, ein Geschaäft zu eroäffnen und sein Geld in Handel oder Produktion riskieren.
- Zinsnahme zu erlauben bringt die Menschen nicht dazu, einander Gutes zu tun, wie der Islam das vorsieht. Wo in einer Gesellschaft Zins verboten ist, werden die Leute einander aus gutem Willen aushelfen und nicht mehr zuruäckerwarten, als sie geliehen haben, während dort, wo Zins erlaubt ist, der Bedürftige mehr (als er geliehen hat) für das Darlehen zurückzahlen muss, was seine Gefühle der Gutwilligkeit und Freundschaft dem gegnüber vermindert, von dem er geliehen hat.
- Meist wird der, der verleiht, reich und der, der leiht, arm sein. Wenn Zins er­laubt ist, wird der Reiche den Armen ausbeuten und das steht im Widerspruch zu Barmherzigkeit und Mildtatigkeit.[13]

Nicht nur muslimische Gelehrten, auch die westlichen Wirtschaftsexperten erkann­ten, dass das Zinssystem mit sehr vielen Mängeln behaftet ist. Dr. Schacht, früherer Reichsbankprasident in Deutschland, hat in seiner Damaskusrede gesagt: „Man kann anhand einer einfachen mathematischen Rechnung erkennen, dass der uberwiegen­de Teil des Geldes in den Händen einiger weniger Zinshändler verbleibt. Denn der Kreditgeber gewinnt immer, der Kreditnehmer hingegen kann zwar einmal gewin­nen, aber umso äfter verlieren. So wandert das Geld unaufhaltsam in die Taschen derjenigen zuriick, die immer nur gewinnen.“[14]

Keynes schreibt in seinem Werk „General Theory“, dass solange das Zinssystem be­stehe, es keine Vollbeschäftigung geben könne.[15]

Khan und Mirakhor geben noch einen weiteren Grund fuär das Zinsverbot an: “Da das Geld den monetären Anspruch des Besitzers auf Eigentumsrechte darstellt, die durch Arbeit oder Übertragung erworben werden, und da die Kreditgewährung in Wirklichkeit die Übertragung dieses Rechtes ist, bei der der gleiche Betrag und nicht mehr zuruäckgefordert werden kann, soll der Kreditzins als eine ungerechtfer­tigte Schaffung von sofort wirksamen Eigentumsrechten angesehen werden.“[16] Ein weiterer Grund fuär das Zinsverbot ist laut der Scharia die Tatsache, dass das Geld aus islamischer Sicht keine Ware darstellt und dementsprechend keinen vorher festgesetzten Preis haben darf.

Allgemein gesagt, gibt es viele verschiedene Grunde fur das Zinsverbot, der wohl entscheidendste Grund, der fur jeden Muslim ein ausreichender Grund ist, ist das Verbot im Koran. Denn ein Muslim glaubt daran, dass Gott am besten weiß, was fur den Menschen gut und was schlecht ist, und wenn Er eine Sache befielt oder verbietet, hat ein Gläaubiger Mensch das zu befolgen.

2.5.3 Gharar

Gharar bedeutet übersetzt „Risiko“, „Unsicherheit“ oder „Spekulation“. Im Ge­gensatz zu Riba, ist Gharar nicht völlig verboten, ein zu hohes Risiko, das durch fragliche und unsichere Transaktionen entsteht, ist jedoch zu vermeiden. „So ist es zu vermeiden, Unsicherheiten oder Risiken in der Ausfuhrung, im Typ, in den Ei­genschaften und der Anzahl der Produkte, die Gegenstand eines Vertrages werden, hinzunehmen bzw. nicht zu regeln.“[17]

„Der Prophet (s) verbot jede Transaktion, die aufgrund einer Unklarheit oder Betrug zu Streitigkeit fuhren könnte.“[18] Vor beginn einer Transaktion oder eines Handels muössen alle Einzelheiten zu der Transaktion den beiden Parteien bekannt sein, es ist nicht erlaubt, etwas bewusst oder unbewusst zu verheimlichen, da daraus ein Nach­teil fur die andere Partei entstehen konnte. Einem Verkaufer ist es z. B. nicht erlaubt, eine Ware zu verkaufen, ohne seine Kunden schon im Vorfeld auf die vorhandenen Möngel der Ware hinzuzuweisen.

2.5.4 Maysir und Qimar

Maysir und Qimar bedeuten ubersetzt „Glucksspiel“. Michael Gassner und Philipp Wackerbeck erklaren den Begriff Maysir folgendermaßen: „Maysir beschreibt einen Vertrag, in dem der Besitz einer Sache davon abhangt, ob in der Zukunft ein vorher festgelegtes unsicheres Ereignis eintritt. För Finanzdienstleistungen bedeutet dies konkreter, dass all diejenigen Geschöfte, bei denen ein definitiver Gewinn för die eine und ein definitiver Verlust fur die andere Seite enthalten sind, nicht zulössig sind, sofern bei Vertragsabschluss noch nicht feststeht, wer der Gewinner und wer der Verlierer sein wird - wovon in der Regel auszugehen ist.“[19] Wie auch bei Riba ist die wichtigste Stutze für das Glücksspiel der Koran:

„Sie werden dich befragen nach dem Wein und dem Glucksspiel. Sprich: ‘In beiden liegt ein großes Ubel und Nutzen fur die Menschen. Ihr Ubel ist jedoch größer als ihr Nutzen‘...“ (2:219)

Die Scharia erklöart das Gluöcksspiel als inakzeptabel, da es zu unmoralischen Hand­lungen fuöhrt und auch weitere soziale Probleme nach sich zieht, wie beispielweise Armut.“[20]

Für Islamic Banking bedeutet das Glücksspielverbot, dass es in keine Geschäfte, die in irgendeiner Weise damit zu tun haben, investiert werden darf. So darf z. B. nicht in eine Immobilie investiert werden, in der Glücksspiele betrieben werden. Auch das Geld aus Glucksspielgeschaften darf nicht bei einer islamischen Bank angelegt werden, da es als unrein gilt.

2.5.5 Soziale und ethische Ausschlusskriterien

Nicht nur die vorher erwähnten Verbote spielen in der islamischen Finanz eine be­deutende Rolle - es gibt weitere Bereiche, mit denen oder durch welche kein Handel und keine Geschafte betrieben werden därfen. Zu diesen Bereichen gehören Alkohol, Tabak, Drogen, Schweinefleisch, Nachtclubs, Pornografie, Prostitution und Waffen. Geschäfte, die in irgendeiner Form damit zu tun haben, sind nicht Scharia konform und sind nicht erlaubt. In solche Geschäfte darf weder investiert, noch das Geld daraus angelegt werden.

Weitere Ausschlusskriterien gelten fär Banken, Versicherungsgesellschaften und Un­ternehmen, die stark verschuldet sind, Investitionen in solche Unternehmen sind ebenfalls verboten.

Kapitel 3
Islamische Investitions- und Finanzierungstechniken

Nachdem sich der Leser im letzten Kapitel einen Überblick über die Grundgedanken des Islam, sowie die wichtigsten wirtschaftlichen Verbote verschaffen konnte, soll in diesem Kapitel Bezug zu den Investitions- und Finanzierungstechniken im islami­schen Wirtschaftssystem genommen werden. Dabei werden die wichtigsten Merkma­le der einzelnen Finanzierungsarten beschrieben und diese mit den bekannten, bei dem konventionellen Bankgeschüft üblichen Techniken verglichen.

Der Begriff „Islamic Banking“ steht für die Bankgeschafte, die sich mit dem Is­lam vereinbaren lassen, die also Scharia konform sind. Das Zinsverbot ist nicht der einzige Punkt, in dem sich islamische Banken von den konventionellen unterschei­den. Schon die Zielsetzung einer islamischen Bank ist eine ganz andere, als die einer konventionellen Bank: die letztere hat als das Hauptziel die Gewinnmaximierung, wührend die islamische Bank neben der Gewinnmaximierung die allgemeine Ziele des Islam, wie z. B. soziale Gerechtigkeit, verfolgt.

Das Kapital wird hierbei nicht als reine Kapitalanlage betrachtet, sondern als Mit­tel, die im Sinne der muslimischen Gemeinschaft sinnvoll eingesetzt werden sollen. Diese Einstellung begunstigt die wirtschaftliche Entwicklung in den muslimischen Lündern, da dieses Anlageverhalten direkt den Unternehmen und auch den Infra­strukturmaßnahmen zu Gute kommt. Dieses Verhalten fürdert den Handel und das Ünternehmertum an sich, was in Folge wiederum auch der gesamten Volkswirtschaft zu Gute kommt.“[21]

Islamische Banken stehen mit ihren Kunden in einem sog. Profit and Loss Sharing Verhältnis, das bedeutet, dass die Bank und der Kunde an einer Transaktion gemein­sam beteiligt sind und gemeinsam Profite und evtl. Verluste teilen. Die Bank stellt nicht nur ihr Kapital, z.B. fär die Durchführung eines Projekts, zur Verfügung, sie beteiligt sich an dem Projekt auch selbst. Dieses Prinzip fährt dazu, dass die Bank sich schon im Vorfeld äber das Projekt genau informiert und die eventuellen Risiken abschätzt. Daher werden Verluste eher begrenzt und die Gewinne eher großer aus­fallen, als wenn die Bank als Außenstehender nur ihr Kapital zur Verfägung stellt.

3.1 Mudarabah

Mudarabah ist eine Finanzierungsart, bei der der Geldgeber Kapital fär eine be­stimmte Tätigkeit eines Unternehmers (eines Mudaribs) bereitstellt. Der Geldgeber stellt bei dieser Vertragskonstruktion das ganze fur das Projekt benätigte Kapital zur Verfugung, der Unternehmer sein Know-how und seine Zeit. Beide Vertragspar­teien legen schon vor dem Beginn des Projekts fest, welchen prozentualen Anteil am Gewinn des Projekts der Geldgeber und welchen der Mudarib am Ende des Projekts bekommen. Der prozentuale Anteil des Geldgebers darf sich nicht auf den Kapitaleinsatz beziehen, sondern nur auf den Ertrag aus dem Projekt. Bei einer Mudarabah-Transaktion darf nicht in die Geschaftsfuhrung eingegriffen werden, sie obliegt allein dem Unternehmer. Der Geldgeber trägt bei diesem Vertrag das kom­plette Risiko: falls der Unternehmer mit seinem Projekt keine Gewinne oder sogar Verluste erzielt, bekommt der Geldgeber kein Geld zuruck. Der Unternehmer wurde in dem Fall nur seine Zeit verlieren (er hatte ja kein Kapital bereitgestellt). Nur in dem Fall, in dem dem Mudarib grobe Fahrläassigkeit oder Vorsatz nachgewiesen werden, muss er fur die Verluste rechtlich haften.

Eine Mudarabah-Finanzierung kann auf zwei unterschiedliche Arten erfolgen. Bei einer beschrankten Mudarabah-Transaktion wird im Vertrag festgelegt, fur welches Projekt oder welchen Wirtschaftsbereich das Kapital eingesetzt werden muss. Der Mudarib ist also an bestimmte Vorgaben gebunden, die ihm die Bank oder der Kapitalgeber hinsichtlich der zulassigen Investitionsalternativen auferlegt hat (Mu­darabah al-Muqayyada).[22]

Bei einer unbeschraänkten Mudarabah-Transaktion hingegen, kann der Unternehmer sich über das Einsetzen des Kapitals frei entscheiden (Mudarabah al-Mutlaqa).

3.2 Musharakah

Musharakah bedeutet aus dem Arabischen übersetzt „teilen“ und stellt eine Art Be­teiligungsfinanzierung dar, bei der sich alle Parteien den Gewinn oder den Verlust des Unternehmens teilen. Iqbal und Mirakhor erklühren Musharakah folgenderma­ßen: „Sie ist eine Kreuzung von Shirakah (Partnerschaft) und Mudarabah (stille Beteiligung), bei der das Investment mit dem Management verbunden wird.“[23] Bei dieser Finanzierungsart tragen beide Parteien, sowohl die Bank, als auch der Kreditnehmer Kapital zur gemeinsamen Unternehmung bei. Damit entspricht eine Musharakah-Transaktion einem Joint Venture.[24] Dabei ist die Rolle der Bank we­sentlich stürker als bei dem Mudarabah. Die Bank verfugt uber Stimmrechte und kann ihre Vertreter in den Vorstand entsenden, somit darf sie auch am Manage­ment des Unternehmens teilnehmen.[25] Dadurch fallt ihr Risiko, im Vergleich zu einer Mudarabah-Finanzierung, deutlich geringer aus.

Bülz schreibt, dass diese Art der Beteiligungsfinanzierung, die im Sinne des Profit and Loss Sharing (PLS) erfolgt, der Idee nach das Rückgrat des Islamic Banking darstelle, dass sie aber ungeachtet dessen zur Zeit nur 10% des islamischen Bank- geschüfts ausmachen wurde.[26]

Der Musharakah Vertrag ist sehr vielseitig und kann fuür verschiedene Situationen ausgearbeitet werden. Alle Beteiligten haben das gleiche Recht, sich aktiv an der Unternehmung zu beteiligen und diese zu vertreten. Die Gewinne, die an die Teil­haber ausgeschuttet werden, stellen keine fixen Zahlungen, sondern einen zu dem eingesetzten Kapital proportionalen Betrag dar. In dem Fall, falls Verluste erzielt werden, haftet jeder Teilhaber eines Musharaka Vertrages nur mit dem von ihm ein­gesetzten Kapital, denn die Sharia legt fest, dass nur derjenige finanzielle Verluste erleiden darf, der auch Kapital eingesetzt hat. Falls jemand gar kein Kapital inve­stiert hat, wurde er im Verlustfall nur seine Zeit verlieren.

Neben der Grundversion des „Permanent Musharakah“ gibt es das so genannte „Di- minishing Musharakah“ , bei dem die Beteiligung der Bank an einem Unternehmen jührlich vermindert wird, d.h. die Bank erhült jahrlich einen Teil ihres Investments vom Kunden zuruückgezahlt. Die Gewinnausschuüttung an die Bank erfolgt dann gemüß des noch ausstehenden Investments. Diese Art des abnehmenden Musha­rakah findet ihre hüufigste Anwendung in der Immobilienfinanzierung. Hierbei sind beide Parteien, die Bank und der Kunde zusammen Eigentümer des finanzierten Objekts. Es wird eine Rate festgelegt, die sich aus der Miete und dem Kaufanteil zusammensetzt. Die Bank trägt das übliche Risiko, der Kunde kann die Bank nach und nach auszahlen, um damit alleiniger Eigentümer der Immobilie zu werden.

3.3 Murabahah

Bei Murabahah handelt es sich um ein in der Regel kurzfristiges Handelsfinanzie­rungsabkommen. An einer Murabahah-Transaktion sind drei Parteien beteiligt: Der Verkäufer des Originalprodukts, der Kunde, der die Finanzierung dieses Produkts benätigt und die Bank, die das Produkt finanziert. Ein Kunde benätigt, z.B. eine bestimmte Maschine, er erkundigt sich nach einem geeigneten Verkaäufer und bittet die Bank, fur ihn diese Maschine zu erwerben. Die Bank kauft die Maschine und verkauft sie mit einem gewissen Aufschlag an den Kunden wieder. Dabei kann der Kunde entweder auf einmal oder in Raten zahlen.

Um die Sharia Konformität sicherzustellen, mussen bei dieser Transaktion einige Punkte beachtet werden. Der von der Bank zu kaufende Vermoägensgegenstand darf nicht den islamischen Grundsätzen widersprechen, d.h. die Bank darf z.B. keine Ma­schine erwerben, die Alkohol produziert. Weiterhin muss der Vermägensgegenstand zum Abschlusszeitpunkt bereits existieren und der Verkäufer der Eigentumer der Ware sein.

Nach islamischem Recht darf man nichts verkaufen, was man nicht bereits in seinem Besitz hat. Aus diesem Grund muss die Bank bei einem Verkaufskontrakt kurzzeitig der Besitzer des gewänschten Gegenstands sein, wodurch fur sie gewisse Risiken ent­stehen. Falls der Kunde den Vertrag bricht, hat die Bank als Sicherheit in der Regel nur die finanzierte Ware, sie darf keine zusätzlichen Beitrage oder Strafen einfordern. Im Unterschied zu einer konventionellen Bank, darf eine islamische Bank bei einem Vertragsbruch keine Zinsen oder Gebähren verlangen, denn das Risikomanagement der Bank ist entsprechend den islamischen Grundsatzen wohltätig ausgerichtet. Bei einem Murabahah Vertrag einigen sich die beiden Vertragsparteien auf eine Profit­marge fuär die Bank, die von dem zu finanzierenden Produkt, den Sicherheiten, der Kreditwurdigkeit des Kunden und der Dauer der Finanzierung abhangt.[27]

3.4 Leasingfinanzierung (Ijarah)

Ein Ijara Vertrag ist die islamische Art der konventionellen Leasingverträge.

Die Bank kauft einen Vermägensgegenstand und vermietet diesen dann an den Kun­den. Die Besitzrechte verbleiben bei der Bank, die auch das Risiko trägt und für die Instandhaltung verantwortlich ist. Trotz vieler Ähnlichkeiten zu den konventio­nellen Leasingverträgen, gibt es bei der islamischen Version deutliche Unterschiede. Erstens, muss beim Ijarah-Vertrag die Bank für die Dauer des Vertrages Eigentümer des Leasing-Objekts sein. Zweitens, dürfen bei der Festlegung der Ijara-Raten keine Verzugszinsen oder Anteile fur spatere Zahlungen oder fur nicht nachgekommene Verpflichtungen rechnerisch einkalkuliert werden.[28]

Eine besondere Variation des Ijara-Vertrages ist das Ijarah wa Iqtina. Hierbei be­steht für den Kunden die Mäglichkeit, das von der Bank gelieste Objekt zu einem im Vorfeld festgelegten Preis am Ende der Nutzungsperiode zu erwerben. Die Bank verpflichtet sich, das Objekt zu verkaufen, fär den Kunden besteht seinerseits keine Verpflichtung, nur eine Option.

3.5 Salam

Wie schon vorher erwähnt, ist es im Islam nicht gestattet, etwas zu verkaufen, was zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht existiert und sich damit noch nicht im Besitz des Verkäufers befindet. Die einzige Ausnahme hiervon bildet ein Salam-Kontrakt, ein Forward-Kontrakt, bei dem „eine genau nach iherer Qualität und Quantität spezifizierte Sache auf Termin verkauft und der vollständige Kauf­preis bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses fällig wird.“[29] Der Ursprung von Salam liegt in der Landwirtschaft, es wurde zugunsten von Far­mern kreiert, die schon vor der Ernte Kapital benäotigen, um die Ernte einzubringen und ihre Familien zu ernäahren.

Beiden Parteien bietet Salam Vorteile: der Kaufer bekommt die Ware zu einem be­sonders gänstigen Preis, der Verkäufer bekommt das Geld sofort ausgezahlt und muss nicht erst bis zur Ernte darauf warten.

Bei einem Salam-Vertrag muässen einige wichtige Grundsaätze eingehalten werden: Erstens muss der Kaäufer den vereinbarten Preis vollstaändig zu Beginn der Transak­tion bezahlen, die Zahlung kann also nicht aufgeschoben werden.

[...]


[1] Es ist üblich bei der Erwähnung des Propheten Muhammed, „Sallah Allahu Aleihi wa Sellam“ (Gottes Frieden und Segen auf ihm) hinzuzufugen.

[2] vgl. Daniel K.Bergmann „Islamic Banking“, S.28

[3] vgl. Salem, 1984, S.37

[4] vgl. „Islamic Finance“ von Michael Gassner, Philipp Wackerbeck

[5] vgl. „Islamische Banken“ von Hamidullah Noor-Ebad

[6] vgl. Koran, Sure 2, „Die Kuh“, Vers 275

[7] vgl. „Islamic Finance“ von Michael Gassner, Philipp Wackerbeck

[8] vgl. Sahih Al-Bucharyy (Sammlung der Überlieferungen).

[9] vgl. Al-Hakim

[10] vgl. J.Al-Qaradawi, „Erlaubtes und Verbotenes im Islam“

[11] vgl. „Islamische Banken“ von Hamidullah Noor-Ebad

[12] vgl. Abu Naim, in al-hilja überliefert

[13] vgl. J.Al-Qaradawi, „Erlaubtes und Verbotenes im Islam“

[14] vgl. Schacht: Rede, Damaskus 1953

[15] vgl. Keynes „General Theory“ S. 381

[16] vgl. Khan, Mirakhor (1986), S.33.

[17] vgl. „Islamic Finance“ von Michael Gassner, Philipp Wackerbeck, S.35

[18] vgl. Al-Qaradawi „Erlaubtes und Verbotenes im Islam“, S.215

[19] vgl. „Islamic Finance“ von Michael Gassner, Philipp Wackerbeck, S.31

[20] vgl. „Islamic Finance“ von Michael Gassner, Philipp Wackerbeck S.37

[21] vgl. „Islamic Finance“ von Michael Gassner, Philipp Wackerbeck, S.38

[22] vgl. „Islamic Finance“ von Michael Gassner, Philipp Wackerbeck, S.64

[23] vgl. Iqbal/Mirakhor, 2007, S.91

[24] vgl. „Islamic Finance“ von Michael Gassner, Philipp Wackerbeck, S.65

[25] vgl. Michael Mahlknecht, „Islamic Finance Einführung in die Theorie und Praxis“, S.117

[26] vgl. Bälz, 2003, S.7

[27] vgl. Daniel K.Bergmann, „Islamic Banking“, S.52-55

[28] vgl. Daniel K.Bergmann, „Islamic Banking“, S.63

[29] vgl. „Islamic Finance“ von Michael Gassner, Philipp Wackerbeck, S.57

Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Islamic Banking - ein alternatives Finanzsystem ohne Zinsen
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Fachbereich Volkswirtschaftslehre)
Veranstaltung
Mikroökonomie - Volkswirtschaftslehre, Islamische Wirtschaftslehre
Note
2,1
Autor
Jahr
2010
Seiten
91
Katalognummer
V208576
ISBN (eBook)
9783656360469
ISBN (Buch)
9783656361107
Dateigröße
732 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das wenig bekannte Thema des Islamic Banking gewinnt spätestens seit der letzten Finanzkrise immer mehr an Bedeutung, denn das islamische Wirtschaftssystem war das einzige, das nicht von der Krise betroffen war. Laut einiger Wirtschaftsexperten hat das westliche, auf Zinsen basierte und ohne jeglichen Ethikkodex Finanzsystem, keine Überlebenschancen mehr, es sei nur eine Frage der Zeit, wann die nächste Krise eintreffen wird. In diesem Zusammenhang ist es nicht nur für Muslime von Bedeutung, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, denn das Prinzip des Islamic Banking richtet sich an alle
Schlagworte
Islam, Islamische Wirtschaftslehre, Zinsverbot, Investition und Finanzierung
Arbeit zitieren
Tatjana Mansouri (Autor:in), 2010, Islamic Banking - ein alternatives Finanzsystem ohne Zinsen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208576

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