Textzusammenhang und Metaphern des Psalm 23


Dossier / Travail, 2013

20 Pages, Note: 1,2


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einbettung in den Textzusammenhang

3. Gliederung des Psalms

4. Exegese und Erläuterung einiger Metaphern
4.1„Der Herr ist mein Hirte“ (V.1a)
4.2 „grüne Auen“ (Ps 23,2a) und JHWH als Führer (Ps 23,3b)
4.3 „finstere Schlucht“ (Ps 23,4a)
4.5 JHWH als Gastgeber

5. Beziehung Gott- Mensch

6. Sitz im Leben

7. Bezüge zur David- Überlieferung

8. Rückblick auf das Grunddatum von Israels Erwählung und Errettung

9. Die Bedeutung von Psalm 23 für den zeitgenössischen christlichen Glauben

10. Schluss

Anhang I
Schaubild 1: Die Beziehung Beter - Gott
Schaubild 2: Adam mit dem Hirtenstab
Schaubild 3: Psalm 23 Neuzeitlich
Quellenverzeichnis
Literaturquellen
Internetquellen

1. Einleitung

Psalm 23 ist für mich einer der schönsten Psalme. Er gibt dem Menschen Zuversicht, Hoffnung, Freude und Vertrauen. In einer Arbeit über die christliche Kunst wurde ich zum ersten Mal auf das Bild des „guten Hirten“ aufmerksam. Die Metapher des Hirten ist so vielschichtig, sodass es besonders interessant ist, die Hintergründe und Motive des Hirtenpsalms zu erforschen. Aufgrund des Umfanges der Hausarbeit ist es mir nur möglich, einen relativ kurzen Überblick über die wichtigsten Themen zu geben. Zunächst ist es bedeutsam zu wissen, in welcher Umgebung der Psalm eingebettet ist. Denn sowohl Psalm 22 als auch Psalm 24 stehen mit dem Psalm 23 in enger Verbindung.

Der Psalm enthält eine Vielzahl an Metaphern. Die wichtigsten davon werden interpretiert und in den historischen Kontext gesetzt. In dem Punkt „Gott- Mensch- Beziehung“ geht es darum zu zeigen, weshalb die Sprechrichtungen innerhalb des Psalms wechseln und welche Bedeutung diesem Wechsel zukommt.

Der „Sitz im Leben“ beschreibt die historische Entstehungssituation des Psalms. Es ist von großer Wichtigkeit zu wissen, unter welchen Voraussetzungen dieser Psalm verfasst wurde. Nur dann kann die Situation, in der sich der Verfasser befand und die Interpretation, verstanden werden.

Die „Bezüge zur Davidüberlieferung“ versuchen Aufschluss darüber zu geben, weshalb die Psalme unter dem Namen Davids veröffentlicht wurden. Zum Schluss wird die Bedeutung dieses Psalms für den zeitgenössischen christlichen Glauben analysiert, da er eine Aussagekraft besitzt, die auch in unserer heutigen Zeit noch von großer Relevanz ist.

Das Thema des „Rückblicks auf das Grunddatum von Israels Erwählung und Errettung“ verdient große Aufmerksamkeit. Aufgrund des Umfangs der Hausarbeit wurden nur die wichtigsten Textstellen im Bezug auf den Exodus thematisiert.

2. Einbettung in den Textzusammenhang

Nicht viele Psalmen werden in der Bibel Gebete genannt. Die Unterschrift unter Psalm 72 benennt die vorhergehenden Psalme als תפלות, Gebete[1]. Sie stellen eine Antwort auf die Anrede Gottes dar und können deshalb auch als Gebete verstanden werden, auch wenn sie lehrhaften oder liedhaften Charakters sind. Psalm 23 ist ein Vertrauenslied. Klagemotive sind in ihm nicht enthalten. Dieser Psalm stellt eher ein fröhliches Vertrauens- bzw. Gottesbekenntnis dar. Zwar spricht der Beter alleine die Worte, jedoch betet er den Psalm als Teil seines Volkes, dem JHWH durch die Propheten seine Gnade zusagte[2]. Psalm 23 ist am Anfang des Psalters als Teil einer Sammlung von Davidpslamen (Ps 3-41) zu finden. Er steht in einem inneren Zusammenhang mit den benachbarten Psalmen. In Psalm 22 wird zuvor die tiefe Gottverlassenheit angesprochen (vgl. Ps 22,2-3)[3]. Der Verfasser scheint den Psalm in einer für sich ausweglosen Situation geschrieben zu haben (Ps 23,4: „Muß ich auch wandern in finsterer Schlucht,“...). Um zu verstehen, weshalb der Beter in Psalm 23 ein solches Vertrauen in Gott besitzt, ist Psalm 22 eine Art „Vorgeschichte“. Der Beter in Psalm 22 ist voller Hoffnung auf ein Gastmahl (Ps 22,27), welches er dann in Psalm 23 empfängt (Ps 23,5). Auch wird in Psalm 22 eine gefährliche Situation angesprochen, vor der sich die Weidetiere und der Hirte schützen müssen (Ps 22,13). In Psalm 23 findet der Beter Schutz im Hause des Herrn (Ps 23,6b:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit“). In Psalm 24 schließlich, wird der Einzug in JHWHs Heiligtum besungen[4].

3. Gliederung des Psalms

In Psalm 23 kommen wechselnde Sprechrichtungen vor[5], sodass der Psalm in vier Abschnitte gegliedert werden kann. Diese vier Abschnitte sind chiastisch aufeinander bezogen. Der zweimal erscheinende Gottesname JHWH (V.1a und 6c) ist als Rahmenfigur um den Psalm gelegt. Er hält den Text wie das Leben als Ganzes zusammen.[6] Diese chiastische Struktur wird durch verschiedene Motive verstärkt. Sowohl der Anfang als auch der Schluss des Psalms sind von den Motiven des Lagerns, der Ruhe und vom bleibenden Wohnen aufeinander aufgebaut. In den beiden mittleren Abschnitten (Ps 23,4-5a) wird die Gefahr für den Beter aufgegriffen. Der erste und dritte Abschnitt hat jeweils JHWH zum Thema, der den Beter mit Essen und Trinken versorgt. Im zweiten und vierten Abschnitt steht der Beter unter dem Schutz JHWHs. Die Verteidigungs- und Schutzwerkzeuge „Stock und Stab“[7], die im zweiten Abschnitt angesprochen werden, passen inhaltlich sehr gut zu den Wörtern „Güte und Huld“ im vierten Abschnitt. Die vier Abschnitte bilden auf der Bildebene ebenfalls eine Parallelstruktur (1+2 : JHWH als Hirte; 3+4 JHWH als Gastgeber)[8].

Einige Autoren gliedern aufgrund des Bildwechsels den Psalm in zwei Teile (V.1-4: JHWH als Hirte; V. 5-6: JHWH als Gastgeber)[9]. Des Weiteren gliedern einige Autoren Psalm 23 in drei Teile (V. 1-3a: JHWH als Hirte, V. 3b-4: JHWH als Wegbegleiter und V.5-6 JHWH als Gastgeber). Jedoch ist sowohl bei der Gliederung in zwei Teile als auch bei einer mit drei Teilen eine klare inhaltliche Zäsur zu erkennen. Zwischen V.4 und V.5 findet ein Bildwechsel von JHWH als Hirte zu JHWH als Gastgeber statt.[10]

Die Gliederung in 4 Abschnitte nach E. Zenger scheint am plausibelsten zu sein. Auf der Bildebene wird V.5 und V.6 meist als geschlossener Abschnitt gesehen, weil V. 5 und V.6 mit dem Sitzen/Wohnen im Haus JHWHs anscheinend das Bild der Gastfreundschaft weiterführt. Betrachtet man jedoch den Satzbau kann man in V.6a einen neuen Abschnitt vermuten, der verstärkt wird durch einen Personenwechsel zwischen V.5 und V.6. In V.5 war zunächst JHWH das handelnde Subjekt. In V.6a wird „Güte und Huld“ zum neuen Subjekt und in V. 6b ist es schließlich der Beter selbst[11]. Es ist somit festzuhalten, dass in V.6 das Motiv des Gastmahls nicht fortgeführt wird und dieser Vers vielmehr eine Schlussfolgerung oder gar Zusammenfassung des gesamten Psalms darstellt. Er begründet demnach einen eigenen Abschnitt.

4. Exegese und Erläuterung einiger Metaphern

4.1„Der Herr ist mein Hirte“ (V.1a)

Gleich zu Beginn des Psalms 23 findet sich eine der wichtigsten Metaphern „Der Herr ist mein Hirte“ (V.1). Es ist die Vorstellung von Gott, der wie ein Hirte für seine Schützlinge sorgt und sie vor Gefahren schützt, die in unserer Zeit sehr vertraut erscheint. Im Alten Testament findet sich das Bild des Hirten an einigen Stellen wieder (vgl. Ps 79,13; 80,2; 95,7; 100,3; Jes 40,11). Doch vorranging durch das Johannesevangelium wurde die Vorstellung des Hirten im Christentum weiterverbreitet[12]. In Joh 10,11 grenzt sich Jesus gegenüber der pharisäischen Führerschaft ab, indem er sich selbst als „der gute Hirte“ vorstellt. Er ist in seiner unendlichen Güte bereit, sein Leben für die Schafe hinzugeben. Das Volk versteht sich als die Herde seines Gottes.

Die Grundvorstellung der Hirtenmetapher entstammt aus der Lebenswelt der israelischen Kleinviehnomaden. Die Hirten waren mit ihren Herden in der kargen Landschaft Israels unterwegs um nach Weideflächen zu suchen. Zunächst scheint diese Alltagshandlung nichts Besonderes vermitteln zu wollen. Doch auch schon in der Zeit des Psalmbeters ist diese Hirtenmetaphorik von großer Bedeutung. Die Metapher enthält eine altorientalische und zudem innerisraelische Geschichte.[13] Gemeinorientalisch ist der Hirte einer der alten Königstitel (Ägypten, Mesopotamien). Die Bezeichnung „Hirte“ wurde auf den König der Stadt oder des Reiches angewandt. Der König hatte die Aufgabe, für die Menschen in seinem Herrschaftsgebiet zu sorgen, sie zu beschützen und alles Böse abzuwenden.[14]

Der Beter des Psalms 23 bekennt sich zu JHWH als seinem Hirten. Zu vermuten ist deshalb, dass er nicht an einen Hirtenjungen oder Schäfer denkt, sondern an einen König.

Es ist eine Besonderheit innerhalb des Alten Testaments, dass in Psalm 23 nur eine Person als Bezugspartner zu JHWH auftritt. Es zeigt, dass das Individuum stärker in der Gottesbeziehung hervortritt, so wie man es in späteren alttestamentlichen Schriften beobachten kann[15].

Von großer Bedeutung für das Textverständnis ist, dass die Metaphern innerhalb der alttestamentlichen und altisraelischen Tradition in Form von Überlieferungen entstanden sind. In älteren Überlieferungsgeschichten des späteren Israels spielte die Hirtenmetaphorik kaum mehr eine Rolle[16]. Vor allem sind es jene drei Belege, die zeigen, dass JHWH schon in früher Zeit „Hirte“ genannt worden ist. In Gen 48,15 f. spricht Jakob von dem „ Gott, der mich weidete“. Dieser Text ist jedoch sicherlich eine nachexilische, spätere Einfügung. Aufgrund der syntaktischen Unregelmäßigkeiten des Textes ist jedoch anzunehmen, dass er nicht ursprünglich ist.[17] In Psalm 80,2 schließlich wird „JHWH der Scharen“ (Ps 80,4) als „Hirte Israels“ angesprochen. Er weidet „Josef wie eine Herde“. Dieser Psalm entstand vermutlich vor dem Exil, deshalb kann man annehmen, dass der Hirtentitel für JHWH zu vorexilischer Zeit nicht unbekannt war. Viele Belege für die Hirtenmetaphorik in Anwendung auf den Menschen oder Gott sind exilisch oder nachexilisch. Das Hirtesein der menschlichen Könige oder Gottes ist für die Propheten zur Zeit des babylonischen Exils ein wichtiges Thema. Ganze Abschnitte, die von diesem Bild bestimmt sind, finden sich im Jeremiabuch, im Ezechielbuch und bei Deuterojesaja.

Das Bekenntnis des Beters über JHWH als „seinen Hirten“ kann nur verstanden werden, wenn man den Gebrauch und Inhalt des Psalms im Kontext der Theologie der Exilzeit beachtet[18].

[...]


[1] Vgl. Delitzsch, Franz: Biblischer Kommentar über die Psalmen, 5. überarb. Aufl. hg. v. Friedrich Delitzsch, Leipzig: Dorffling & Franke, 1894 (BC 4,1),hier: S. 4.

[2] Vgl. Deissler, Alfons: Die Welt der Bibel: die Psalmen 1-41, hg. von Willibord Hillmann, Eleonore Beck, Otto Knoch, Eugen Walter, 2. Auflage, Düsseldorf, 1964, hier: S. 92.

[3] Alle hier angegebenen Textstellen beziehen sich auf die Einheitsübersetzung der Bibel nach Herder.

[4] Vgl. Seybold, Klaus: Die Psalmen, Tübingen: Mohr (Siebeck), 1996 (HAT I/15),hier: S.101

[5] zu den Sprechrichtungen: s. S. 9 und 14

[6] Stoffler, Ursula :Psalmenwochen 2004 in der Diözese Speyer, hier: S.46.

[7] Vgl. Anhang, Abbildung 2.

[8] Zenger, Erich (u.a), Die Neue Echter Bibel, Die Psalmen 1-50, Stuttgart, 1993,hier: S.152.

[9] Carmen Diller ; Arbeiten zu Text und Sprache im AT; 2005,hier: S.82.

[10] Ridderbos, Nic. H., Die Psalmen- stilistische Verfahren und Aufbau mit besonderer Berücksichtigung von Psalm 1- 41, 1972, hier: S. 192.

[11] Der Beter ist nicht als einsames Subjekt zu verstehen. Das „Ich“ spricht Gott nicht an, sondern macht Aussagen über Gottes Verhältnis zu ihm (Vgl. Stoffler, Ursula, hier: S.46).

[12] Rudolf Mosis, Trierer Theologische Zeitschrift, 1995, hier: S. 54.

[13] Rudolf Mosis, Trierer Theologische Zeitschrift,1995, hier: S. 39.

[14] Vgl. G. Wallis in: ThWAT VII, hier: S. 566-576.

[15] Vgl. Stoffler, Ursula, hier: S. 47.

[16] Vgl. Wallis, G in: ThWAT VII, hier: S. 566-576.

[17] Rudolf Mosis, Trierer Theologische Zeitschrift, 1995,hier: S. 48.

[18] Rudolf Mosis, Trierer Theologische Zeitschrift, 1995,hier: S. 49.

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Textzusammenhang und Metaphern des Psalm 23
Université
University of Hildesheim
Note
1,2
Auteur
Année
2013
Pages
20
N° de catalogue
V208797
ISBN (ebook)
9783656365556
ISBN (Livre)
9783656366812
Taille d'un fichier
745 KB
Langue
allemand
Mots clés
textzusammenhang, metaphern, psalm, 23, Hirte, Stock, Stab, Theologie, Religion, Psalter, hebräisch, dunkel, tal
Citation du texte
Victoria Theis (Auteur), 2013, Textzusammenhang und Metaphern des Psalm 23, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208797

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