Auszug aus der Einleitung:
Der Umgang mit Aggressivität im Kindesalter wird in hohem Maße von Lern- und Nachahmungsprozessen bestimmt. Die Massenmedien erweisen sich ebenso wie Lehrer und Eltern als nicht zu unterschätzende Vorbilder für gewaltbeladenes, aggressives Handeln. Die Gefahr destruktive Modelle undifferenziert zu übernehmen ist vor allem für vorgeschädigte, alleingelassene, vernachlässigte und orientierungslos gebliebene junge Menschen besonders groß (Frank, 1996).
Seit ihrer Einführung in den siebziger Jahren sind Videospiele zu einer Multibillionen-Dollar-Industrie herangewachsen. 97 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren spielen inzwischen regelmäßig diese Spiele. Die Zeit, die sie täglich damit verbringen, übertrifft sogar ihren alltäglichen Konsum an Fernsehprogrammen. Wegen dieser fatalen Fakten existiert ein wachsendes Interesse an den Konsequenzen der Beschäftigung mit Videospielen. (Greitemeyer, Agthe, Turner & Gschwendtner, 2011)
Aus diesen Gründen ist es umso wichtiger, sich einmal mit dieser Thematik zu beschäftigen und im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchen, welche Folgen das Lernen von Verhaltensweisen durch Nachahmen von Vorbildern sowie Modellen haben kann und v.a. wie sich das Ganze im schulischen Kontext äußert. Um dies zu erarbeiten, müssen jedoch erst einmal die häufig auftretenden Begrifflichkeiten geklärt werden. Außerdem soll konkreter auf Gewaltdarstellungen in den Medien eingegangen werden.
In der folgenden Arbeit soll sich mit diesen Fragestellungen näher beschäftigt und ein Überblick über das umfangreiche Thema „Imitation und Aggression“ ermöglicht werden, wobei die Folgen aggressiver medialer Modelle für die Entwicklung von Kindern besonders fokussiert werden sollen. Deswegen werden zunächst die Begriffe „Lernen“, „Aggression“ bzw. „Aggressivität“, „Gewalt“ sowie „Imitation“ definiert. In einem nächsten Schritt werden die Theorie des sozialen Lernens näher beleuchtet und kurz ihre Grundannahmen formuliert. Danach soll erst einmal eine Untersuchung der Wirkung und Konsequenzen von Gewalt in den Medien erfolgen, bevor wichtige Prinzipien für die Gestaltung von Lehr-Lernsituationen aufgrund der empirischen Erkenntnislage herausgearbeitet werden. Die abschließende Schlussbetrachtung soll noch einmal die wichtigsten Aussagen zusammentragen und die Ergebnisse knapp wiedergeben.
Gliederung
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmungen: Lernen, Aggression, Aggressivität, Gewalt und Imitation
3. Imitation und Aggression
3.1 Die Theorie des sozialen Lernens
3.2 Gewalt in den Medien
4. Beispielstudie: „Acting prosocially reduces retaliation: Effects of prosocial video games on aggressive behavior“ (Greitemeyer et al., 2011)
4.1 Experiment
4.2 Experiment
5. Schlussfolgerungen für Lehr-Lern-Situationen
6. Schlussbetrachtung
7. Literaturverzeichnis
8. Anhang
9. Selbstständigkeitserklärung
1. Einleitung
„Wer hat sie denn umgebracht?“ Mit dieser mitleidlos klingenden Frage reagierte eine fünfjährige auf die traurige Nachricht, dass die Nachbarin, eine wichtige Bezugsperson des Mädchens, tot sei. Die Reaktion scheint nicht verwunderlich zu sein, denn Kinder wie auch Erwachsene begegnen dem Tod fast ausschließlich in den Medien. (Frank, 1996)
Der Umgang mit Aggressivität im Kindesalter wird in hohem Maße von Lern- und Nachahmungsprozessen bestimmt. Die Massenmedien erweisen sich ebenso wie Lehrer und Eltern als nicht zu unterschätzende Vorbilder für gewaltbeladenes, aggressives Handeln. Die Gefahr destruktive Modelle undifferenziert zu übernehmen ist vor allem für vorgeschädigte, alleingelassene, vernachlässigte und orientierungslos gebliebene junge Menschen besonders groß (Frank, 1996).
Seit ihrer Einführung in den siebziger Jahren sind Videospiele zu einer Multibillionen-Dollar-Industrie herangewachsen. 97 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren spielen inzwischen regelmäßig diese Spiele. Die Zeit, die sie täglich damit verbringen, übertrifft sogar ihren alltäglichen Konsum an Fernsehprogrammen. Wegen dieser fatalen Fakten existiert ein wachsendes Interesse an den Konsequenzen der Beschäftigung mit Videospielen. (Greitemeyer, Agthe, Turner & Gschwendtner, 2011)
Aus diesen Gründen ist es umso wichtiger, sich einmal mit dieser Thematik zu beschäftigen und im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchen, welche Folgen das Lernen von Verhaltensweisen durch Nachahmen von Vorbildern sowie Modellen haben kann und v.a. wie sich das Ganze im schulischen Kontext äußert. Um dies zu erarbeiten, müssen jedoch erst einmal die häufig auftretenden Begrifflichkeiten geklärt werden. Außerdem soll konkreter auf Gewaltdarstellungen in den Medien eingegangen werden.
In der folgenden Arbeit soll sich mit diesen Fragestellungen näher beschäftigt und ein Überblick über das umfangreiche Thema „Imitation und Aggression“ ermöglicht werden, wobei die Folgen aggressiver medialer Modelle für die Entwicklung von Kindern besonders fokussiert werden sollen. Deswegen werden zunächst die Begriffe „Lernen“, „Aggression“ bzw. „Aggressivität“, „Gewalt“ sowie „Imitation“ definiert. In einem nächsten Schritt werden die Theorie des sozialen Lernens näher beleuchtet und kurz ihre Grundannahmen formuliert. Danach soll erst einmal eine Untersuchung der Wirkung und Konsequenzen von Gewalt in den Medien erfolgen, bevor wichtige Prinzipien für die Gestaltung von Lehr-Lernsituationen aufgrund der empirischen Erkenntnislage herausgearbeitet werden. Die abschließende Schlussbetrachtung soll noch einmal die wichtigsten Aussagen zusammengetragen und die Ergebnisse knapp wiedergeben.
2. Begriffsbestimmungen: Lernen, Aggression, Aggressivität, Gewalt und Imitation
„In der Psychologie umfasst der Begriff des Lernens alle Prozesse, die einen Organismus so verändern, dass er beim nächsten Mal in einer vergleichbaren Situation anders – und sei es nur schneller – reagieren könnte.“ (Mielke, 2001, S.12) So lernt der Mensch nicht nur Schreiben und Rechnen und erwirbt naturwissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch Angst und Vorlieben, aber auch die Ausbildung von Gewohnheiten werden gelernt (Mielke, 2001).
„Aggression“ hingegen wird meist als intendierte Handlung definiert, mit dem Ziel, anderen physischen oder psychischen Schmerz zuzufügen (Aronson, Wilson & Akert, 2006). Im Vergleich dazu meint „Aggressivität“ eine „aggressive Einstellung oder habituelle Neigung zu aggressivem Verhalten“ (Lexikon der Psychologie, 2000, S.14), welches sich gegen andere Menschen, Sachen oder sich selbst richten kann (Brockhaus, 2001).
Des Weiteren stellt „Gewalt“ eine Form der physischen als auch psychischen Ausübung von Macht durch Anwendung von Zwangsmittel dar (Lexikon der Psychologie, 2000). „Imitation“ beinhaltet ganz allgemein betrachtet, offenbar eine Form des Kopierens anderer, denn nach der Wahrnehmung des Verhaltens eines anderen Organismus führt ein Beobachter ein ähnliches Verhalten aus (Mazur, 2006).
3. Imitation und Aggression
Die Existenz von Menschen, die sich aggressiv verhalten, stellt vor allem für Kinder einen der stärksten Stimuli für aggressives Verhalten dar. Oft lernen Kinder durch Imitation Erwachsener oder ihrer Kameraden Konflikte aggressiv auszutragen. Dies geschieht besonders dann, wenn das Modell Erfolg hat und die Aggression belohnt wird wie bspw. in den meisten Sportarten mit viel Körperkontakt (American Football oder Eishockey). Hier gewinnen häufig die aggressiveren Mannschaften. Solche Rollenvorbilder vermitteln möglicherweise die Botschaft, dass Ruhm und Reichtum mit exzessiver Aggressivität einhergeht. (Aronson et al., 2006)
Doch natürlich imitieren Kinder ihre Eltern am häufigsten. Eltern, die ihre Kinder körperlich misshandeln, wurden oft als Kinder selbst misshandelt. Kinder lernen so recht früh, dass Gewalt ein akzeptierter Weg ist, die eigenen Kinder zu sozialisieren. (Aronson et al., 2006)
3.1 Die Theorie des sozialen Lernens
Die psychologische Lerntheorie des sozialen Lernens (auch Modell-, Beobachtungs- oder Imitationslernen) steht im Widerspruch zu anderen Theorien zur Erklärung von Gewalt und Aggression, die bspw. von einem angeborenen Aggressionsinstinkt oder der Existenz von Trieben ausgehen (Brockhaus, 2001).
Die Theorie geht davon aus, dass Menschen manchmal nicht auf dem Weg eigener Erfahrung lernen, sondern durch das Verhaltensmodell anderer Personen (Fischer & Wiswede, 2009). Dies bedeutet, dass Sozialverhalten wie etwa Aggression durch Beobachtung und Imitation des Verhaltens anderer erlernt wird (Aronson et al., 2006). Demzufolge ist soziales Lernen (mit-) verantwortlich für den Erwerb aggressiven Verhaltens, Anstiftung und Aufrechterhaltung aggressiver Handlungen (Werth & Meyer, 2008).
3.2 Gewalt in den Medien
Ein durchschnittlicher amerikanischer Zwölfjähriger hat schon 8000 Morde und über 100.000 weitere Gewalttaten mit angesehen. Weitere Studien belegen, dass 58 Prozent aller Sendungen im Fernsehen Gewalt enthalten. 78 Prozent dieser Sendungen enthalten weder Reue noch Kritik oder Bestrafung für diese Gewalt. Des Weiteren wurden 40 Prozent der gewaltsamen Handlungen, welche in einem Jahr zu sehen waren, von Figuren verübt, die als attraktive Rollenvorbilder für Kinder präsentiert wurden. (Aronson et al., 2006)
Weitere Studien zeigen auf, dass das Sehen von Gewalt emotional und physiologisch aggressionstypische Reaktionen auslöst: Je höher der in einem Video gesehene Grad an Gewalt ist, desto mehr aggressive Kognitionen konnten nachgewiesen werden, desto feindseliger verhielten sich die Personen und desto höher war ihr systolischer Blutdruck. Es steht zur Diskussion, ob solche Prozesse auch dafür verantwortlich sein könnten, dass sich Personen nach einem Boxkampf aggressiver verhalten oder dass Krawalle unter den Fans eines Sportereignisses Folge eines aggressiven Spiels sind. (Werth & Meyer, 2008)
Etliche Langzeitstudien verdeutlichen die Konsequenzen von Mediengewalt: Je mehr Gewalt eine Person im Kindesalter im Fernsehen mit ansieht, umso mehr Gewalt zeigt sie später im Jugend- und Erwachsenenalter. Dabei wurde festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der Menge der gewalttätigen Sendungen, die gesehen wurden und der späteren Aggressivität besteht. Außerdem nimmt die Stärke der Korrelation mit dem Alter zu, dass heißt die Wirkung verstärkt sich noch. Sogar Kinder, die nicht zu Aggressionen tendieren, werden aggressiver, wenn sie dauerhaft Mediengewalt ausgesetzt werden. (Aronson et al., 2006)
Des Weiteren konnte nachgewiesen werden, dass Menschen, die mehr als sechs Stunden pro Tag fernsehen, die Welt anders wahrnehmen als Menschen mit geringerem Fernsehkonsum. Sie schätzen die Welt als gefährlichen und niederträchtigen Ort ein, welcher bewohnt ist von sehr gewalttätigen und selbstsüchtigen Menschen. Außerdem ist bei ihnen die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie eine Waffe besitzen und dass sie es vertretbar finden, andere Menschen zu schlagen, wenn sie wütend auf sie sind. (Mazur, 2006)
Das Spielen gewalttätiger Videospiele scheint einen vergleichbaren Einfluss auf Kinder zu haben. Auch hier konnte ein positiver Zusammenhang zwischen gewalttätigen Videospielen und aggressivem Verhalten sowie Kriminalität von Kindern nachgewiesen werden: Sobald Kinder einem gewalttätigen Videospiel ausgesetzt wurden, hatte dies einen sofortigen und direkten Einfluss auf ihre aggressiven Gedanken sowie ihr Verhalten. (Aronson et al., 2006)
Sehr verwunderlich ist das nicht, denn viele populäre Videospiele zeigen detailliert Gewalthandlungen (z. B. Nahkampfszenen). Da Videospiele ein aktive Teilnahme der Spieler erfordern, könnte die Beschäftigung mit Gewaltvideospielen einen größeren Einfluss auf aggressives Verhalten und Gewaltbereitschaft ausüben als das bloße Betrachten von Gewalt im Fernsehen. (Mazur, 2008)
Dass bisher nur Kinder eingehender betrachtet wurden, bedeutet nicht, dass Mediengewalt keinen Einfluss auf das Aggressionsverhalten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausübt. Mithilfe einer Längsschnittstudie, bei der in einem Zeitraum von 17 Jahren über 700 Familien beobachtet wurden, konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Dauer des Fernsehkonsums der Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen und der Wahrscheinlichkeit gewalttätiger Handlungen gegen andere festgestellt werden. Oft scheint Gewaltanwendung bei Erwachsenen auf die Nachahmung des wirklichen Lebens im Film zurückzugehen, denn Mediengewalt übt potenziell und tatsächlich einen bedeutenden Einfluss auf das Verhalten Erwachsener aus. (Aronson et al., 2006)
Des Weiteren kann das Betrachten von Gewalt im Fernsehen die Reaktion der Menschen abstumpfen, wenn sie bspw. im wirklichen Leben Zeugen von Gewalt werden. Offenbar desensibilisiert das vorausgehende Betrachten von Gewalt sie gegenüber weiteren Gewalttaten. (Aronson et al., 2006) Empathisches Mitfühlen sowie gefühlsmäßige Betroffenheit gegenüber Begebenheiten, die üblicherweise Ergriffenheit hervorrufen (wie das Bild eines Kindes mit Verbrennungen), werden verringert (Bierhoff, 2006).
Jedoch sollte auch beachtet werden, wie Gewalt in den Medien dargestellt wird, denn es stehen einige Arten von Gewalt stärker im Zusammenhang mit Aggressivität als andere: Stärkere Zusammenhänge konnten bei Fernsehprogrammen festgestellt werden, in denen die Gewalttätigkeit gerechtfertigt erscheint (z. B. der kämpft Held für eine gerechte Sache), schwächere Zusammenhänge sind bei Sendungen zu finden, die unangenehme Folgen von Aggressivität hervorheben (bspw. die Leiden eines Opfers). (Mazur, 2008)
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