Dieser Entwurf einer Rede handelt ab, ob und inwiefern der Friedensnobelpreis für die Europäische Union gerechtfertigt war und wieso er heutzutage und früher vergeben wurde. Des Weiteren stellt sie ein Plädoyer für die Zukunft der EU und wie sie den Nobelpreis zum Aufschwung und zur Realisierung von Zielen nutzen kann.
Wettbewerb Schuljahr 2012/2013
„Friedensnobelpreis für die Europäische Union Friedenssicherung durch Gemeinschaft?“
Matthias Himmelmann, Otto-Hahn Europaschule
Sehr geehrte Mitglieder des Kreisverbandes Europa e.V. Hanau, wertes Publikum. Herzlich willkommen zu meinem Vortrag „Friedensnobelpreis für die Europäische Union – Friedenssicherung durch Gemeinschaft?“
Frieden – ein Zustand, der heutzutage in Europa immer öfter wie selbstverständlich hingenommen wird. Fragen, wie „Warum herrscht überhaupt Frieden?“ und „Was kann man dafür tun, ihn zu erhalten?“, werden weder in der Politik, noch in der Gesellschaft häufig gestellt. Trotzdem wurde die EU für den Friedensnobelpreis 2012 vorgeschlagen und war sogar in der Lage das Nobelpreiskomitee von seinen friedenssichernden Maßnahmen zu überzeugen. Die EU reiht sich somit in die Liste namhafter Preisträger wie Willy Brandt und Nelson Mandela ein.
Das Erste, was wir uns nun aber fragen müssen, wenn wir uns mit dem Thema „Friedensnobelpreis“ beschäftigen, ist, wofür dieser Preis überhaupt im Jahre 1901 vom Begründer des Nobelpreises – Alfred Nobel – ausgelobt wurde. Nobel beabsichtigte, dass der Preis an denjenigen vergeben werden solle,
„der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt und der Menschheit so den größten Nutzen erbracht hat“. Hat die Europäische Union diese Anforderungen jedoch wirklich erfüllt?
Betrachten wir zur Beantwortung dieser Frage Europa zu Beginn des letzten Jahrhundert: Erster und Zweiter Weltkrieg nehmen einen großen Teil der Zeit ein. Alle Nationen versuchten mit großem Ehrgeiz, sich gegenseitig zu dominieren. Der Unterlegene konnte keine Gnade erhoffen, er wurde unterworfen und ausgebeutet. An nachhaltigen Frieden war damals wohl kaum zu denken.
Direkt nach den Schrecken der Weltkriege formierten sich beginnend im Jahre 1951 diverse Wirtschaftsbündnisse, wie zum Beispiel die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl oder die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, die die zerstrittenen Nationen durch ihre gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen näher zusammenrücken ließen. Auch heutzutage sind diese Bündnisse zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der europäischen Staaten noch sehr wichtig, da einzelne Nationen ansonsten wegen der wirtschaftlichen Macht von Giganten wie China und USA in der Bedeutungslosigkeit versinken würden. Geeint stellen sie jedoch einen respektierten aber auch gefürchteten Kontrahenten auf dem Weltmarkt dar.
Der sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts anschließende „Kalte Krieg“ zwischen den Supermächten U.S.A und Sowjetunion zwängte die europäischen Staaten in feste militärische Bündnisse. Die Angst vor einem gemeinsamen Feind, die Furcht vor einer militärischen Eskalation, in deren Folge ein Atomkrieg auszubrechen drohte, schweißte die westliche Staaten noch fester zusammen. Doch auch diese Problematik liegt schon über 20 Jahre zurück. Insgesamt genießen wir Europäer die wohl längste Periode friedlichen Miteinanders in der Geschichte. In dieser Hinsicht lässt sich der EU also ein Erfolg zuschreiben. Seit sie existiert, gab es keinen transnationalen Krieg mehr auf
dem europäischen Kontinent. Außerdem wirkte die EU seither auch auf eine Abrüstung der europäischen Staaten hin, sodass ein Krieg immer unwahrscheinlicher wurde.
Dieser nachhaltige Frieden ist jedoch nicht die einzige Errungenschaft, die die EU vorzuweisen hat, sie ist mehr als nur ein Schutzwall gegen die Schatten der Vergangenheit. Die EU schützt ganz konkret die Freiheiten jedes einzelnen Bürgers, stärkt die Gleichberechtigung und versucht mit allen Mitteln, Rassismus und die Verfolgung politischer Gegner zu verhindern. Nicht zuletzt ist es auch die EU, die die Rechtstaatlichkeit der einzelnen Länder garantiert. Ohne sie gäbe es weder Reisefreiheit, noch Niederlassungsfreiheit in allen 27 Mitgliedsstaaten. Für mich als Schüler heißt das, dass ich später überall im Schengen-Raum studieren und auch arbeiten kann, was selbstverständlich einen großen Vorteil für mich darstellt.
In diesem Zusammenhang gilt außerdem, dass, wer miteinander redet, sich besucht und miteinander Geschäfte führt, eher solidarisch gestimmt ist. Da die Reisefreiheit das garantiert, wird der Frieden in Europa weiter gefestigt.
Im Allgemeinen gelten weiterhin scharfe Aufnahmekriterien für Länder, die der Europäischen Union beitreten wollen: sie müssen beispielsweise die Menschenrechte wahren und eine freiheitlich- demokratische Grundordnung haben, um nur einige zu nennen. Auch diese Aufnahmekriterien helfen, der Grundzüge der EU beizubehalten.
So kam es also dazu, dass die Europäische Union im Dezember letzten Jahres für über sechs Jahrzehnte, die zur Entwicklung von Frieden und Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa beitrugen, den Friedensnobelpreis verliehen bekam.
Natürlich wurden aber auch Stimmen laut, die diesen Preis als „Hohn“ für die EU bezeichneten, einstige Preisträger – zum Beispiel Desmond Tutu und Mairead Maguire – nannten die EU „nicht würdig“, den Preis entgegenzunehmen. Sie sei „eindeutig kein Vorkämpfer für den Frieden“.
Einer der Hauptgründe, den die Kritiker in diesem Zusammenhang anbringen, ist, dass der Gedanken einer gerechten und humanen Entwicklung, den die Europäische Union einst so vehement verfolgte, in den Hintergrund gerückt sei. Die EU habe zu einem Machtbündnis im Interesse der Konzerne entwickelt. Die Wirtschaftlichkeit sei der Mittelpunkt der europäischen Überlegungen und nicht der Frieden, der durch diesen Preis ausgelobt wird.
Ein weiterer in den Fokus der Kritik gerückter Punkt ist, dass die Europäische Union gerade zum Zeitpunkt der Preisverleihung durch Negativentwicklungen auf sich aufmerksam mache, wie zum Beispiel Euro-Krise, hohe Arbeitslosigkeitsraten in den Mitgliedsstaaten, aber auch komplizierte Bürokratie, die viel zu lange brauche, um zu einem Ziel zu gelangen. Willy Brandt machte bereits 1970 auf dieses Problem aufmerksam: „Mit den Europa-Verhandlungen ist es wie mit dem Liebesspiel der Elefanten: Alles spielt sich auf hoher Ebene ab, wirbelt viel Staub auf - und es dauert sehr lange, bis etwas dabei herauskommt.“
Der Friedensnobelpreis ließe sich in diesem Zusammenhang als ein verzweifelter Versuch, den Ruf der EU aufrecht zu erhalten, werten.
Zum Schluss geriet noch der Waffenexport vieler Mitgliedsstaaten in die Kritik: Demokratische Parteien, wie „die Linke“, beklagen, dass viele Mitglieder der EU ungehemmt Waffen in Kriegsgebiete exportieren. Eines ist hierbei klar: Waffenexporte tragen nicht zur Stabilisierung von Risikogebieten bei, deshalb wurde der Friedensnobelpreis ja auch erst von Alfred Nobel ausgelobt.
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- Arbeit zitieren
- Matthias Himmelmann (Autor:in), 2013, Rede zum Friedensnobelpreis der EU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209152