Projektorientierter Unterricht in der 8. Klasse Hauptschule: Erstellung von Lerntafeln für die zoologische Betrachtung eines Schulteichs


Examensarbeit, 1999

84 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis Seite

1 EINLEITUNG

2 METHODISCHE KONZEPTE
2.1 HANDLUNGSORIENTIERUNG - EIN NEUES UNTERRICHTSKONZEPT ?
2.2 DIE NOTWENDIGKEIT HANDLUNGSORIENTIERTEN UNTERRICHTS
2.3 HANDLUNGSORIENTIERTER UNTERRICHT -SEINE VORZÜGE UND KRITISCHE ANMERKUNGEN
2.4 DER PROJEKTUNTERRICHT
2.4.1 Projektorientierter Unterricht in Abgrenzung zum Projektunterricht

3 BEDINGUNGSANALYSE
3.1 THEMENUNABHÄNGIGE VORAUSSETZUNGEN DER LERNGRUPPE
3.2 THEMENABHÄNGIGE VORAUSSETZUNGEN DER LERNGRUPPE

4 SACHBESCHREI BUNG DER UNTERRICHTSREIHE
4.1 DER SCHULTEICH DER HAUPTSCHULE II SUNDERN
4.2 DIE ÖKOLOGISCHE BEDEUTUNG DES SCHULTEICHS
4.3 DIE FAUNA DES SCHULTEICHS
4.4 DIE LERNTAFELN ALS BESTANDTEIL DES LERNPARCOURS

5 SACHSTRUKTUR DER UNTERRICHTSREIHE

6 AUFBAU DER UNTERRI CHTSREI HE
6.1 DARSTELLUNG DER UNTERRICHTSREIHE
6.2 METHODISCHE ÜBERLEGUNGEN
6.3 VORÜBERLEGUNGEN ZU DEN BESONDEREN AUFGABEN DES LEHRERS
6.4 ZIELE DER UNTERRICHTSREIHE

7 LEGITIMATION DES UNTERRICHTSVORHABENS

8 DIDAKTISCHE REDUKTI ON DES GESAMTINHALTES

9 DOKUMENTATION DER UNTERRICHTSSTUNDEN
9.1 STUNDE 1: VORSTELLEN DES PROJEKTTHEMAS (PROJEKTINITIATIVE)
9.1.1 Vorüberlegungen
9.1.2 Leitende Zielvorstellung der Unterrichtsstunde
9.1.3 Lehrziele und Handlungsmöglichkeiten der Unterrichtsstunde
9.1.4 Didaktische Reduktion
9.1.5 Methodische Überlegungen
9.1.6 Stundenverlaufsplan
9.1.7 Reflexion
9.2 DARSTELLUNG UND REFLEXION DER STUNDE 2: SCHÜLER ENTWICKELN EINEN ARBEITSPLAN FÜR DAS PRAKTISCHE ARBEITEN
9.3 DARSTELLUNG UND REFLEXION DER STUNDE 3: ERARBEITEN DER UNTERSCHEIDUNGSMERKMALE VERSCHIEDENER STILLGEWÄSSERTYPEN
9.4 DARSTELLUNG UND REFLEXION DER STUNDE 4: ERARBEITUNG VON NAHRUNGSKETTEN UND NAHRUNGSNETZEN AM BEISPIEL SEE
9.5 STUNDE 5 UND STUNDE 6: GEMEINSAME KENN- UND BESTIMMUNGSÜBUNGEN AM SCHULTEICH
9.5.1 Vorüberlegungen
9.5.2 Leitende Zielvorstellung der Doppelstunde
9.5.3 Lehrziele und Handlungsmöglichkeiten
9.5.4 Didaktische Reduktion
9.5.5 Methodische Überlegungen
9.5.6 Geplanter Stundenverlauf
9.5.7 Reflexion
9.6 DARSTELLUNG UND REFLEXION VON STUNDE 7 UND STUNDE 8: BEOBACHTEN VON TIEREN UND SELBSTTÄTIGES GESTALTEN VON "LERNTAFELN"
9.7 DARSTELLUNG UND REFLEXION DER STUNDE 9 UND 10: GEMEINSAMES AUFSTELLEN DER "LERNTAFELN"
9.8 DARSTELLUNG UND REFLEXION DER STUNDE 11 UND 12: ERPROBUNG DES LERNPARCOURS DURCH DIE KLASSE 8C ZUR SICHERUNG DER UNTERRICHTSINHALTE
9.9 STUNDE 13 UND 14: ERPROBUNG DES LERNPARCOURS MIT EINER SCHULKLASSE
9.9.1 Vorüberlegungen
9.9.2 Die Klasse 6a
9.9.3 Leitende Zielvorstellung der Stunde
9.9.4 Lehrziele und Handlungsmöglichkeiten
9.9.5 Didaktische Reduktion
9.9.6 Methodische Überlegungen
9.9.7 Stundenverlaufsplan
9.9.8 Reflexion
9.10 STUNDE 13: GEMEINSAME REFLEXION DER UNTERRICHTSREIHE MIT DEN SCHÜLERN

10 GESAMTREFLEXION DER UNTERRICHTSREIH E

11 AUSBLI CK

12 LI TERATURVERZEICHNI

1 Einleitung

„Hilf mir es selbst zu tun“ (Ein Kind zu Maria Montessori In: GUDJONS 19975, 140).

Was können Schüler leisten, wenn man sie nur lässt ? Die Idee zu der in dieser Arbeit dargestellten handlungsorientierten Unterrichtsreihe in Form eines projektorientierten Unterrichtsvorhabens entstand aus einer ganzen Reihe von Vorüberlegungen. So ist es einmal der Lebensraum Teich, der exemplarisch für einen kleinen und sehr vielfältigen schülernahen Lebensraum steht. Hier müssen Schüler und Schülerinnen1 in einer Zeit, in der das Stichwort "ökologische Krise" die Lebenswelt der Schüler, vor allem aber auch viele Strukur- und Planungsüberlegungen innerhalb und außerhalb des Lernortes Schule bestimmt, besonders sensibilisiert werden (vgl. BILDUNGSKOMMISSION NRW 1995, 27f.). Es muss daher ein besonderes Anliegen von Schule und Unterricht sein, Schüler kompetent zu machen für einen selbsttätigen und sinnvollen Einsatz in der Natur, insbesondere auch um diesbezüglich auftretende Ängste abzubauen.

In einer Zeit, in der das Bewegen in der Natur, das Naturerleben deutlich hinter einer noch nie da gewesenen Medienvielfalt zurücksteht, muss Schule auf die „jüngsten“ Mitglieder unserer Gesellschaft, die Schüler, einwirken um ein konstruktives Naturbewusstsein auf der Basis selbst erfahrenen Wissens zu schaffen. Die Schüler erleben, dass ein Teich nicht nur Müllkippe, sondern auch Lebensraum ist. Auf der Basis dieses geschaffenen Naturbewusstseins gilt es die Schüler für Artenschutz und den Erhalt von schützenswerten Biotopen zu ermutigen.

Die Bewohner des Schulteiches in Form eines projektorientierten Unterrichts kennenzulernen, gemeinsam mit Schülern Lernmedien für andere Schüler zu erstellen und diese gemeinsam zu erproben, bietet sich außerordentlich gut an um den Zielen Handlungsfähigkeit und Selbständigkeit gerecht zu werden (vgl. Kapitel 2f.).

Besonders die Tatsache, dass die Schüler Lebewesen unmittelbar kennenlernen und eine Vielzahl an Informationen selbst durch z.B. das Beobachten und Experimentieren erarbeiten und an andere weitergeben, ist für das Einprägen von Wissen effektiver, als Informationen aus 2. Hand zu erhalten (KILLERMANN 199510, 220). Somit ist die Form des Projektunterrichts bzw. des projektorientierten außerordentlich gut für das effektive Lernen, Erfahren und Anwenden von biologischen Unterrichtsinhalten geeignet.

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit dem Unterrichtskonzept des „handlungsorientierten Unterrichts“ bzw. „projektorientierten Unterrichts“ theoretisch sowie praktisch auseinander und beschreibt eine Anwendung in Form des Erstellens von Lerntafeln bzw. eines Lernparcours als eine Antwort auf die Frage, inwieweit Schule in der heutigen Zeit einen Beitrag entsprechend der vielfach geforderten Schüleraktivierung und -beteiligung leisten kann.

2 Methodische Konzepte

2.1 Handlungsorientierung - Ein neues Unterrichtskonzept ?

Erziehen und Unterrichten sind Hauptfunktionen des Lehrberufes. Ein klassisches Anliegen der Pädagogik ist, wissenschaftlich zu begründen, wie Menschen lernen bzw. wie eine Förderung von Lernprozessen stattfinden kann. Viele Pädagogen haben sich bemüht die Schule zu einer sinnvollen Lernstätte zu machen. Die Elemente Aktivität, Motivation und Spaß am Lernen erhalten dabei innerhalb der didaktischen Konzeption handlungsorientierten Unterrichts auf Schülerseite eine besondere Rolle (GUDJONS 19973, 13). Erste Ansätze eines handlungsorientierten Unterrichts findet man bereits im 17. Jahrhundert.

Schon Johann Amos Comenius (1592 - 1670) stellte an den Lehrer die Forderung, die Stoffvermittlung zu erleichtern, indem möglichst viele Sinne berücksichtigt werden. Er vertrat z.B. die Ansicht, dass (...) das Gehör mit dem Gesicht, die Sprache mit der Hand stets verbunden werden (sollten), indem man den Wissensstoff nicht bloß durch Erzählung vorträgt, dass er in die Ohren eindringe, sondern auch bildlich darstellt, damit er sich durch das Auge der Vorstellung einpräge (...) (COMENIUS 19602, 105 f. In: JANK/ MEYER, 1991, 346).

Auch Jean Jacques Rousseau fasste den Gedanken des Handlungsorientierens auf. Die erstmals von Johann Heinrich Pestalozzi übernommene Forderung, jedes Lernen sei zugleich ein Lernen mit Kopf, Herz und Hand, wurde in den vergangenen Jahren immer häufiger zitiert (vgl. MEYER 19967 ). Bei weiterer Betrachtung der historischen Vorläufer des handlungsorientierten Unterrichts fällt auf, dass der Reformpädagogik besondere Bedeutung zukommt. Zu erwähnen sind vor allem Maria Montessori (1870-1952); Celestin Freinet (1896-1966), Georg Kerschensteiner (1854-1932) und Peter Petersen (1884-1952). Aber auch Reformpädagogen, wie Hugo Gaudig (1860-1923) aus Leipzig oder Otto Haase (1893-1961) und Adolf Reichwein (1998-1944) sind hier mit einzureihen (vgl. MEYER 19978, S. 76).

Dieser kurze geschichtliche Abriss soll zeigen, dass handlungsorientierter Unterricht keine ausschließlich in neuer Zeit entstandenen Idee ist2. Grundlegend hat der handlungsorientierte Unterricht seine Wurzeln in seinen eigenen historischen Bedingungen. Die Idee des handlungsorientierten Unterrichts erwuchs und erwächst jeweils aus der Notwendigkeit der sich verändernden Aneignungsweise von Wissen bei Kindern und Jugendlichen vergangener bzw. gegenwärtiger Zeit.

2.2 Die Notwendigkeit handlungsorientierten Unterrichts

Die gegenwärtigen Veränderungen unserer Gesellschaft im sozialen Bereich verlangen vom Lehrer der heutigen Zeit sich diesen vor allem veränderten Sozialisationsbedingungen der Schüler anzupassen.

In der Denkschrift der BILDUNGSKOMMISSION NRW (1995, 23 ff.) werden diese Veränderungen als Zeitsignaturen beschrieben, welche die Gestaltung einer zukünftigen Schule beeinflussen. Es ist ersichtlich, dass Schüler heute in einer Gesellschaft pluralisierter Lebensformen, kultureller Vielfalt und einer Vielfalt an sozialen Beziehungen aufwachsen. Kinder und Jugendliche erhalten früher Freiräume und Selbständigkeit. Durch den Verlust traditioneller Familienstrukturen sind der stabilen Entwicklung von Kindern keine günstigen Voraussetzungen gegeben. So können oftmals beispielsweise Grundregeln des sozialen Miteinanders nicht gelernt und praktiziert werden. Auch die prägende Kraft des Bereiches Arbeit und Leistung verliert sich im allgemeinen Wertewandel unserer heutigen Zeit. Zusammenfassend betrachtet haben Heranwachsende mehr Chancen ein selbstbestimmtes Leben zu führen, sind aber gleichzeitig dem hohen Risiko ausgesetzt die an sie gestellten Anforderungen und Risiken nicht bewältigen zu können (MINISTERIUM FÜR SCHULE UND WEITERBILDUNG, WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN 1998, 78). Die BILDUNGSKOMMISSION NRW (1995, XIII) merkt dazu an, dass Erziehungsaufgaben in der Schule zu den schwierigsten Aufgaben der Schule gehören.

Werte, die in der Gesellschaft nicht gelebt werden, die nicht wenigstens in Teilen der Gesellschaft glaubwürdig vertreten werden, kann die Schule nur begrenzt und schwer, vielleicht gar nicht vermitteln. (BILDUNGSKOMMISSION NRW 1995, XIII)

Ergänzend merkt HOLZKAMP (1995, 12) an, dass die Bewältigung von Aufgaben und Problemen außerhalb von Schule die Anwendung dessen ist, was in der Schule gelernt wird. Andererseits ist das Versagen bei der Problembewältigung ein Indiz dafür, dass in der Schule nicht ausreichend gelernt bzw. das Gelernte wieder vergessen wurde.

(...) , dass man nur in dem Maße tiefes und nachhaltiges Wissen über einen Lerngegenstand gewinnen kann, wie man im Lernprozess übergreifende Verweisungszusammenhänge mentalen, kommunikativen und objektivierenden Inhalts- und Quellenwissens herzustellen bzw. aufzuschliessen vermag. (Holzkamp 1995, 479)

Einen weiteren starken Einfluss auf die Lebens-, Erfahrungs- und vor allem die "Lern"-welt heutiger Schüler nimmt die Veränderung der Welt durch neue Medien3 wie z.B. Video, Computer und Fernseher. Bezüglich des Lernens zeigt sich hier, entgegen dem Lernen durch selbständiges Handeln und dem Sammeln eigener Erfahrungen, ein eher rezeptives Verhalten Wissen aufzunehmen. Besonders elektronische Medien wie z.B. Computer nutzen für die Vermittlung von Wissen in erster Linie den visuellen Kanal, andere den Lernprozess stützende Wahrnehmungskanäle bleiben ungenutzt (vgl. Abbildung 1). Der auf der Ganzheitlichkeit beruhenden Aneignung von Wissen wird so keinesfalls Rechnung getragen. Sich verändernde Sozialisationsbedingungen in unserer Gesellschaft haben entsprechend veränderte Aneignungsprozesse zur Folge, bei denen soziales Lernen, welches auf Interaktion und Kommunikation der Lernenden ausgerichtet sein muss, nur schwer möglich ist. Schule sollte die Entwicklung des Kindes im ökologischen Zusammenhang betrachten, d.h. das Kind als Ganzheit im Verhältnis zu seiner Umwelt, entstandene Defizite aus ungünstigen Sozialisationsbedingungen erkennen und Lernformen zur Kompensation finden. Schule sollte ganzheitlich in die Bezüge eingebettet werden, in die Welt und die Menschen (BOHNSACK 1984, 59).

Beschäftigt man sich mit dem Konzept des handlungsorientierten Unterrichts, so muss man zwangsläufig über die Funktion von Schule in der sich ständig verändernden Welt nachdenken. Der handlungsorientierte Unterricht aktiviert und motiviert die Schüler wieder stärker und ermöglicht somit den Spass am Lernen mit vielen Sinnen. MEYER (19967, 214) definiert den handlungsorientierten Unterricht wie folgt:

Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsprodukte die Organisation des Unterrichtsprozesses leiten, so dass Kopf- und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden können.

Ein Unterricht, der dem Ansatz der Handlungsorientierung folgt, ist für MEYER (19967, 215 ff.) der erste Schritt zu einem schülernahen Unterricht. Der handlungsorientierte Unterricht soll eine Antwort auf die sich verändernden Sozialisationsbedingungen und den damit verbundenen Wandel des kulturellen Aneignungsprozesses von Schülern sein, in der die "Erfahrungen aus zweiter Hand“ jene aus „erster Hand“ zu überlagern beginnen (vgl. GUDJONS 19973, 13f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Darstellung der Richtwerte zu verschiedenen Stufen des Behaltens in Abhängigkeit von der Art der Darbietung der Lerninhalte (modifiziert nach Kriesbach-Jung 1995, 46, BAUER 1995, 48, GUDJONS 19973, 55f.)

Auch aus lernbiologischer Sicht lässt sich das Konzept der Handlungsorientierung begründen. So lernen Menschen während bzw. durch das Handeln und den Einbezug möglichst vieler Sinnkanäle sehr viel besser (vgl. Abbildung 1). Dies entspricht einem Unterrichtskonzept, in der möglichst viele der unterschiedlichen, bei Schülern zu findenden Lerntypen Berücksichtigung finden. Ein handlungsorientierter Unterricht läuft ganzheitlich, unter Einbezug von Kopf, Herz, Hand und aller Sinne ab. Daher sollte Unterricht so oft wie möglich zu Ergebnissen kommen, die man anfassen oder vorführen, mit denen man spielen oder arbeiten kann. Die Ergebnisse haben später noch einen Gebrauchs- oder Sinnwert für den Schüler (MEYER 19978, 402).

Handlungsorientierter Unterricht betont den Zusammenhang zwischen Denken und Handeln. Nach KILLERMANN (199510, 254) ist ein handlungsorientierter Biologieunterricht etwas, (...) das den Schülern einen handelnden Umgang mit den Lerngegenständen und -inhalten des Unterrichts ermöglichen soll. Die materiellen Tätigkeiten der Schüler bilden dabei den Ausgangspunkt des Lernprozesses.

In handlungsorientiertem Unterricht werden praktisches Handeln und denkendes Nachvollziehen inhaltlich ineinander verschränkt (KILLERMANN 199510, 254). Aktivitäten der Schüler werden mit in den Unterricht eingeschlossen, indem beispielsweise ein selbständiges Durchführen fachbiologischer Arbeitsweisen (z.B. Beobachten, Dokumentieren und aktives Gestalten, vgl. Kapitel 9.5) ermöglicht wird. Dies kann insbesondere im Zusammenhang mit ausserunterrichtlichen Aktivitäten erreicht werden.

Speziell die Tatsache, dass die Schüler Natur als Wert erleben, regt sie zu selbständigem Handeln an. Eine Möglichkeit, dies zu gewährleisten, findet sich mit der im folgenden Kapitel beschriebenen Projektmethode.

2.3 Handlungsorientierter Unterricht -seine Vorzüge und kritische Anmerkungen

Es gibt eine Reihe von Argumenten, die auf unterrichtspraktischer Ebene für einen handlungsorientierten Unterricht sprechen. Nach MEYER (19978, 410) sind Argumente, die für einen handlungsorientierten Unterricht bzw. der verwandten offenen Unterrichtsformen (erfahrungsbezogener Unterricht, schüleraktiver Unterricht) sprechen:

- Dass Schüler sich durch ihre Bet eiligung an Planung und Durchführung von Unterricht mit dem Unterricht identifizieren können. Der Unterricht ist nicht auf abstrakt bleibende Information über Struktur und Ziele reduziert.
- Schüler lernen besser und behalten Gelerntes länger, wenn sie es selbst erlebt haben und am Zustandekommen der Lerninhalte beteiligt gewesen sind.
- Verständigen sich Lehrer und Schüler über das unterrichtliche Handlungsprodukt, so ist vielfach eine zusätzliche organisatorische Kraft für die Gestaltung des Unterrichts die Folge.
- Insbesondere die Entwicklung von Met hodenkompetenzen kann im handlungsorientierten Unterricht gefördert werden.
- Leistungserw artungen werden nicht nur an die Schüler herangetragen, sondern sind zudem für die Schüler transparent und nachvollziehbar.
- Die Schüler erlernen das demokratische Krit isieren und Kontrollieren der Unt erricht sarbeit anhand erstellter Handlungsprodukte (nach MEYER 19978, 410).

Neben den vielen Vorteilen, die ein handlungsorientierter Unterricht in die Schule für den Lernenden einbringt, gibt es auch kritische Anmerkungen, die hier dargestellt werden.

- Vom Lehrer wird ein hoher persönlicher Einsat z gefordert, der manchem Lehrer Angst macht. Außerdem ist ein üblicher Frontalunterricht bequem und weniger risikoreich.
- Es ist u.U. schwierig eine leitende St rukt ur im Unt erricht sprozess zu finden. Es ist aufgrund der Tatsache, dass Unterrichtsprozesse vom Handlungsprodukt herzuleiten sind, möglich, andere unterrichtliche Schritte zu verfolgen als dies von der Sach- oder Fachstruktur des Themas nahegelegt wird.
- Anstelle von nötiger Ruhe und Muße trägt ein handlungsorientierter Unterricht neue Unruhe und Unordnung in die Schularbeit.
- Die inst it ut ionellen und curricularen Voraussetzungen in allgemein- und berufsbildenden Schulen sind für einen derartigen Unterricht ungeeignet.
- Eine fachdidakt ische Fixierung der Lehrer behindert handlungsorientierten Unterricht, da dieser sich nicht einfach in die Schublade des traditionellen Fächerkanons packen lässt.
- Eine normorientiert e Leist ungsmessung ist erschwert (nach MEYER 19978, 410-411).

MEYER (19978, 411) merkt hierzu an, dass eine ganze Reihe möglicher Bedenken und Einwände auf eine große Anzahl von Missverständnissen zurückzuführen ist. Er plädiert dafür den Unterricht vermehrt handlungsorientiert zu gestalten, da der Anteil handlungsorientierten Unterrichts an der Gesamtmethodenzahl gering ist. Die Schule sollte als Schutz- und Schonraum verstanden werden, in dem "Probehandeln" möglich ist, um die Schule nach vorn zu verändern. Zusammenfassend stellt der Autor fest, dass erst im handlungsorientierten Unterricht für Schüler erfahrbar wird, was Selbstkritik bedeutet und was Theoriewissen zu leisten vermag. Somit ist ein handlungsorientiert konzipierter Unterricht nicht als theoriefeindlich, geschweige denn als "bloße Werkelei" zu bezeichnen.

GUDJONS (19985, 139) stellt ergänzend dar, dass ein handlungsorientierter Unterricht davon abhängig ist, wie gut er vorbereitet wird. Das Aufbauen von Kompetenzen sollte über die Vermittlung der Fähigkeit sich Fragen über sich selbst stellen zu können, über Kooperation, Selbstverantwortung erfolgen, um schliesslich mehrperspektivische Handlungskompetenz zu erreichen.

2.4 Der Projektunterricht

Um Schülern ein sinnvolles4 und effektives Lernen zu ermöglichen, sollte so oft wie möglich handlungsorientiert gearbeitet werden (vgl. Kapitel 2.2, 2.3). Das Arbeiten nach der Projektmethode stellt eine Unterrichtsform dar, die sich dieser Forderung in besonderem Maße stellt. Das Arbeiten in Form eines Projektes zeigt (...) in anspruchsvoller Form, ja in idealer Form die (...) aufgestellten Kriterien und Prinzipien eines Handlungsorientierten Unterrichts. (MEYER 19978, 334 vgl. ESCHENHAGEN et. al. 19963, 184).

Projektunterricht stellt eine Form des Unterrichts dar, der (in erster Linie) durch Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit der Schüler bestimmt ist. In einem möglichst hohen Maße bestimmt die Lerngruppe durch plausibles, selbständiges Handeln den Weg und löst die gestellte Aufgabe durch fächerübergreifendes Handeln in ihrer "natürlichen Lebenswelt".

Nach MEYER (19967, 143 ff.) stellt das Projekt, welches zu den sogenannten methodischen Grossformen5 zählt, (...) den gemeinsam von Lehrern, Schülern, hinzugezogenen Eltern, Experten usw. unternommenen Versuch dar Leben, Lernen und Arbeiten derart zu verbinden, dass ein gesellschaftlich relevantes, zugleich der individuellen Bedürfnis- und Interessenlage der Lehrer und Schüler entsprechendes Thema oder Problem innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers aufgearbeitet werden kann. Der Arbeits- und Lernprozess (...) ist dabei ebenso wichtig wie das Handlungsergebnis oder Produkt6, das am Ende des Projektes stehen soll. (MEYER 19967, 144).

FREY (19988, 87) merkt an, dass das Entscheidende an der Projektmethode nicht ausschließlich das am Ende hergestellte Produkt ist, sondern vielmehr, dass die Herstellung in bildender Weise geschieht. Mit Hilfe des Projektes kann die traditionelle Trennung von Kopf- und Handarbeit ein Stück weit aufgehoben werden.

Insbesondere in der heutigen Zeit besteht ein besonderer Bedarf an Projektarbeit in der Schule. Die veränderte Lebenswelt der Schüler verlangt von der Schule, dass sie die in einer demokratischen Gesellschaft aufwachsenden Schüler an die Bürgerpflichten und Bürgerrechte heranführt (vgl. Kapitel 2.2). Innerhalb der Projektmethode ist es möglich zu lernen, in einem grösseren Rahmen selbständig zu handeln. Desweiteren kann die Kluft zwischen Schule und "ausserschulischer" Lebenswelt verringert werden (FREY 19988, 70-71).

Nach FREY (19988 ), weist Projektarbeit eine charakteristische Reihenfolge der Aufgaben, die es für die Beteiligten bei der Durchführung eines Projektes zu bewältigen gilt, auf7 (vgl. Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Grundmuster der Projektmethode in Anlehnung an FREY (19988 ).

Die Vorteile der Projektarbeit sind nachfolgend zusammenfassend dargestellt.

- Die Projektmethode fördert Zusammenarbeit, Rücksichtnahme und gemeinsames Arbeiten im Gegensatz zu einem eher von Konkurrenz geprägten Lernverhalten.
- Die Projektmethode bezieht sich immer auf Situationen und Gegenstände der realen Lebenswelt, auch bzgl. des ausserschulischen Lebens. Das Arbeiten nach der Projektmethode fördert so die Kopplung (evtl. auch die Synthese) schulischer und ausserschulischer Lernbereiche. !"Das Arbeiten mit Kopf, Herz und Hand im Sinne von Pestalozzi wird ermöglicht und der Forderung nach handlungsorientierten Unterrichtsformen nachgekommen.
- Durch das Arbeiten nach der Projektmethode haben Schüler die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und Bedürfnisse in den Unterricht mit einzubringen und unter hoher Motivierung gemeinsame Ziele zu erreichen. Die Projektmethode ermöglicht die optimale Entfaltung dieser persönlichen Eigenschaften. Abschließend trägt die Projektmethode zur ständigen, inneren Erneuerung der Schule bei, indem auf aktuelle Betätigungsbedürfnisse und Fragestellungen eingegangen wird (FREY 19988, 71).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.4.1 Projektorientierter Unterricht in Abgrenzung zum Projektunterricht

Oft entspricht das unterrichtliche Tun nicht vollständig den Kriterien der in Kapitel 2.4 beschriebenen Projektmethode, sondern stützt sich auf 2 oder 3 ihrer Komponenten8. Die beschriebene Unterrichtsreihe betreffend traf dies zu und wird von FREY (19988, 15) als projektartiges Lernen bezeichnet. Dieser eher projektorientierte Unterricht zeichnet sich durch die Reduktion der eigentlichen Projektmethode aus. Somit ist projektorientierter Unterricht nach den Grundprinzipien der Projektmethode gestaltet, er überschreitet die Fachgrenzen jedoch nicht oder nur unwesentlich. Der Versuch, diesen Reduktionsprozess für die Inhalte projektorientierten Unterrichts darzustellen, wird in Tabelle 1 unternommen. Hier sind die unterschiedlichen Elemente der Projektmethode dargestellt, die unterschiedlich realisiert werden können. Unter Einbezug eigener Fähigkeiten und der Fähigkeiten der Schüler sollte man eine Mischform nutzen, um der idealen Projektmethode möglichst nahe zu kommen.

Tabelle 1: Darstellung der unterschiedlichen Elemente der Projektmethode und der möglichen Reduktionsformen im Rahmen eines projektorientierten Unterrichts (vgl. KILLERMANN 199510, FREY 19988, GUDJONS 19973 ). Grau unterlegt sind die Reduktionsmomente, welche die beschriebene Unterrichtsreihe betreffen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der Planung und Durchführung von Projekten ist das Erfüllen aller Merkmale von Projektunterricht eher selten. Ein Minimum an Voraussetzungen wird in ESCHENHAGEN et. al. (19963, 184 ff.) und KILLERMANN (199510, 248 ff.) beschrieben und wurde für die Planung und Durchführung der dargestellten Unterrichsreihe berücksichtigt.

1. Eine starke Berücksichtigung der Schülerinteressen
2. Einen deutlichen Bezug zu ausserschulischen Situationen
3. Die weitgehende Selbstorganisation des Lernprozesses ermöglichen
4. Einen hohen Anteil an Gruppenarbeit
5. Einen handlungsorientierten Ansatz

3 Bedingungsanalyse

3.1 Themenunabhängige Voraussetzungen der Lerngruppe

Am Biologieunterricht nimmt die Klasse 8c der Hauptschule II in Sundern teil. Der Unterricht findet jeweils mittwochs in der 2. (850 - 935 Uhr) und 5. Stunde (1145 - 1230 Uhr) im Biologieraum statt. Für die Lerngruppe steht laut schulinterner Stundentafel eine Stunde Biologieunterricht zur Verfügung. Für die Zeit des projektorientierten Unterrichts wurde nach Antrag bei der Schulleitung eine zusätzliche Stunde genehmigt.

Der Biologieraum liegt in unmittelbarer Nähe des Schulteiches. Dieser liegt ca. 5m außerhalb der Fensterfront und ist schon vom Biologieraum aus gut einsehbar. Der Biologieraum grenzt desweiteren an die Biologiesammlung (Verbindungstür), die eine große Vielfalt an Medien und Unterrichtsmaterialien beherbergt. Desweiteren befinden sich auf dem Gang vor dem Biologieraum 4 Stahlschränke, in denen Fachliteratur (Bestimmungsbücher, Materialien u.ä.) aufbewahrt werden. Hauptarbeitsliteratur ist für die Lerngruppe das Buch RABISCH/ SCHARF/ WEBER (Hrsg.): "Biologie heute 2 H" Ausgabe C, 7./8. Schuljahr, Schroedel Schulbuchverlag 1996.

Der Raum selbst ist mit fest installierten Arbeitstischen ausgestattet, die nicht verrückt werden können. Für das Durchführen von Gruppenarbeit bietet der Raum aufgrund seiner Ausstattung sicherlich keine günstigen Voraussetzungen. Das Arbeiten in Kleingruppen gehört jedoch zu den unverzichtbaren Sozialformen, die es Schülern zu vermitteln gilt. Daher wird auch in der in dieser Arbeit beschriebenen Unterrichtsreihe nicht auf diese Sozialform verzichtet (vgl. Kapitel 9 ff.). Die Lerngruppe besteht aus 11 Schülern und 10 Schülerinnen. Ein Teil der Schüler und Schülerinnen ist ausländischer Herkunft. So sind 2 Schülerinnen türkischer, eine Schülerin und ein Schüler italienischer, ein Schüler polnischer und ein Schüler russischer Abstammung. Die Lerngruppe zeichnet sich durch einen guten Zusammenhalt innerhalb des Klassengefüges aus. Die ausländische Herkunft einiger Schüler und Schülerinnen führt nicht dazu, dass die Lerngruppe in einzelne Kleingruppen unterteilt ist, die untereinander nicht harmonieren. Die Lerngruppe ist altersgemäß zeitweise schwer für biologische Themenbereiche zu motivieren, zeigt jedoch eine deutlich positive Einstellung zum Biologieunterricht. In den vorangegangenen Unterrichtsreihen erwies sich die Gruppe, insbesondere zum Themenbereich Sexualität, sehr gesprächsbereit und gut lernmotiviert.

Dem Klassenlehrer der Lerngruppe ist es seit längerer Zeit aufgrund einer schweren Erkrankung nicht möglich, die Klasse zu unterrichten. Dadurch bedingt kommt es zu einem häufigen Wechsel der Lehrpersonen in dieser Lerngruppe. Letztlich ist es auf diesen Umstand zurückzuführen, dass die Lernatmosphäre teilweise von Unruhe gekennzeichnet ist und somit das Aufmerksamkeitsverhalten der Lerngruppe negativ beeinflusst wird. Das in solchen Situationen frühe Einführen aktiver Schülerarbeit (Meldekette9 ), erwies sich in dieser Lerngruppe als angemessenes Mittel um die Aufmerksamkeit der Schüler durch Mitbestimmung zu lenken bzw. den Schülern die Erfahrung von Geduld und aktivem Zuhören zu ermöglichen. Der offene Rahmen des projektorientierten Unterrichts eignet sich hier gut, um die Lerngruppe zu einem disziplinierten und selbstverantworteten Lernen anzuleiten. Die gute Motivationslage, bedingt durch das Projektthema und die Art der Unterrichtsarbeit, erweist sich als sehr hilfreich bezüglich des konzentrierten Arbeitens.

Innerhalb der Lerngruppe bestehen im schriftsprachlichen Bereich und das Lerntempo betreffend deutliche Unterschiede, die ein starkes Differenzieren nötig machen. Auch hier erweist sich das projektorientierte Arbeiten als überaus sinnvoll, um die lernschwächeren Schüler gut in den Lernprozess zu integrieren.

Ein überdurchschnittliches Niveau weisen diesbezüglich Christopher, Marie, Michaela, Robert, Christian, Stefan und Jürgen auf. Sie zeigen sich sehr engagiert und können auch komplizierte Sachverhalte schnell erschließen und im Unterricht umsetzen. Michaela stellt hier eine Ausnahme dar, da sie im letzten Schuljahr vom Gymnasium in diese Lerngruppe gewechselt ist und auf mehr Grundwissen zurückgreifen kann als der Rest der Klasse. Christian, Robert und Jürgen sind engagiert an der Gestaltung der schuleigenen, im Internet präsentierten Schülerzeitung10 beteiligt und haben weitreichende Kenntnisse über die Arbeit mit dem PC und dem Einsatz von Scannern für die Bildbearbeitung. Dies erweist sich insbesondere bei der schriftlichen und bildlichen Gestaltung der Lernaufgaben als hilfreich. Eugen dagegen hat eine Sonderstellung innerhalb der Lerngruppe, da er aufgrund sprachlicher Schwächen dem Unterricht nicht so schnell folgen kann. Der Rest der Gruppe weist eine durchschnittliche Lern- und Leistungsbereitschaft auf. Innerhalb der Gruppenarbeitsphasen können die Schüler und Schülerinnen aufgrund des selbst gewählten Lerntempos jedoch insgesamt gut zu einem gemeinsamen Lernerfolg kommen und schwächere Schüler und Schülerinnen in den Lernprozess integrieren.

Bezüglich der Ausführungen zum Lernort "Schulteich" verweise ich an dieser Stelle auf das Kapitel 4ff. dieser Arbeit.

3.2 Themenabhängige Voraussetzungen der Lerngruppe

Grundlegend besitzen die Schüler und Schülerinnen der Lerngruppe geringe Kennt nisse und Vorerfahrungen bezüglich der in Seen oder Teichen vorkommenden Lebewesen. Insbesondere die Lebensweise und die Besonderheiten einzelner Vertreter der Wasserfauna sind dem Großteil der Gruppe unbekannt. Dies wurde speziell beim zu Beginn der Unterrichtsreihe durchgeführten Mindmapping und der sich anschliessenden Clusterbildung deutlich. Hier nannten die Schüler in der Hauptsache Tiere mit hohem allgemeinen Popularitätswert (Enten, Schwan, div. Fische, Frosch etc., vgl. Kapitel 9.1.). Demzufolge hat die Unterrichtseinheit auch zum Ziel die Artenkenntnis der Schüler zu erweitern.

Zwar hat die Lerngruppe in der Jahrgangsstufe 5 schon einmal mit dem Mikroskop Untersuchungen an Heuaufguss und Kleinpräparaten durchgeführt und somit z.T. "am Wasser" gearbeitet, die Unterrichtsreihe beschränkte sich jedoch auf Vertreter der mikroskopischen Fauna. Insbesondere die Tatsache, dass in den 7. Klassen der Hauptschule II S undern kein Biologieunt erricht erteilt wird, erklärt den Umstand der geringen Vorerfahrung. Hier kann vorhandenes Wissen nicht aufgefrischt oder ergänzt werden. Christopher hat in seiner Grundschulzeit einmal an einer Gewässerexkursion teilgenommen, kann jedoch inhaltlich wenig zum jetzigem Thema beitragen. Der Rest der Lerngruppe verfügt über geringes und von Medien (TV) geprägtes Vorwissen zum Thema. Das projektorientierte Arbeiten haben die Schüler in dieser Form noch nicht kennengelernt. Als vorbereitend für das selbständige Arbeiten können hier die von mir durchgeführten Unterrichtsreihen zu den Themenbereichen "Sinnesorgane", welche in Form eines Stationenbetriebes11 durchgeführt wurden und die handlungsorientierte Unterrichtsreihe zum Thema "Sexualität", angeführt werden. Die Schüler hatten schon hier die Möglichkeit, eigene Wünsche und Bedürfnisse in die Unterrichtsplanung einfliessen zu lassen und fertigten im Anschluss ein "Handlungsprodukt" in Form von vier für das Klassenzimmer gestalteten Aufklärungsplakaten an. Die Schüler und Schülerinnen arbeiteten auch hier schon größtenteils arbeitsteilig in Kleingruppen12. Dies erweist sich für die in dieser Arbeit beschriebene Unterrichtsreihe als außerordentlich günstig, da die Schüler somit über Vorerfahrungen bezüglich handlungsorientierter Unterrichtsverfahren und der entsprechenden Merkmale dieser Form von Unterricht verfügen (vgl. Kapitel 2ff.).

Aufgrund der geringen o.g. thematischen Vorerfahrungen sind die Schüler und Schülerinnen wenig geübt im Umgang mit den für die Untersuchung von Gewässern erforderlichen Gerätschaften wie z.B. Kescher, Pinzette, Lupe. Sie haben dennoch verschiedene biologische Arbeitsweisen kennengelernt, dieses Vorwissen kommt in dieser Unterrichtsreihe im Moment der Gestaltung der Lerntafeln zur Anwendung. Das Benutzen von Bestimmungsbüchern zur Identifizierung der gefundenen Organismen war für die meisten Schüler und Schülerinnen neu.

Die Unterrichtsarbeit musste aus schulinternen Gründen zweimal unterbrochen werden. Zum einem nahm die Lerngruppe am 24.03.1999 an einer schulinternen Berufvorbereitungsveranstaltung teil, zum anderen lagen zwischen der abgeschlossenen Bestimmungsarbeit und dem Erstellen der Lernaufgaben die Osterferien (29.03.-10.04.1999).

4 Sachbeschreibung der Unterrichtsreihe

4.1 Der Schulteich der Hauptschule II Sundern

Der Schulteich der Hauptschule II in Sundern wurde vor 4 Jahren von Schülern verschiedener Jahrgangsstufen im Rahmen einer Projektarbeit angelegt. Er umfasst eine Grösse von ca. 10 x 6m (Größe der Teichfolie). Die maximale Tiefe beträgt ca. 0,90m. Der Teich hat in Ufernähe eine ausgedehnte, ca. 50cm breite Flachwasserzone, die eine Tiefe von ca. 15-30cm aufweist. Der Teich ist um das ganze Ufer herum gut zugänglich, auch das Arbeiten mit dem Siebkescher stellt aufgrund der besonders im Frühjahr von Pflanzen freien Ufer kein Problem dar.

Außerhalb des Teiches befindet sich viel freie Fläche, so dass die Arbeit mit Schülergruppen sehr gut möglich ist.

Der Bewuchs des Teiches ist üppig und besteht zur Hauptsache aus der kanadischen Wasserpest (Elodea canadensis Michx.) , dem rauhen Hornblatt (Ceratophyllum demersum L.), verschiedener Arten heimischer Laichkräuter und der kleinen Seerose (Nymphaéa álba L.). Das Ufer des Teiches ist am Süd- und am Nordufer mit Schilfrohr (Phragmites adans) und Rohrkolbengewächsen der Familie Typháceae bewachsen, weiterhin findet sich hier die Sumpfdotterblume (Nordufer). Zur Zeit der praktischen Arbeit war der Pflanzenbewuchs des Teiches inner- und außerhalb des Wasser nicht sonderlich ausgeprägt, so dass die Schüler hindernisfrei Organismen keschern konnten. Zusätzlich findet sich in den Schilfrohrbereichen eine Moosschicht, die besonders im Tiefenbereich um 10-20cm Wassertiefe zu finden ist und in der sich viele der Teichbewohner gut verstecken können. Außerhalb des Teiches (vgl. Abbildung 3) befinden sich 2 angehäufte, ca. 1,20m hohe Erdhügel, die von verschiedenen Kunststoffröhren durchzogen sind. Diese stellen für die angesiedelten Amphibienarten eine Rückzugs- und Überwinterungsmöglichkeit dar. Hier muss vom naturinteressierten Teichbeobachter, besonders aufgrund der jahreszeitlich frühen Laichwanderung verschiedener Amphibien (Molche13, Erdkröten), auf jeden Schritt geachtet werden um keinen der kleinen Bewohner zu zertreten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Schematische Darstellung des Schulteiches der Hauptschule II Sundern. Die Symbole kennzeichnen die Hauptfundstellen von Organismen. Das x zeigt die Stellplätze der Lerntafeln an.

Zu Beginn der Unterrichtsreihe war der Schulteich aufgrund des langanhaltenden Winters komplett zugefroren und ein praktischen Arbeiten im Sinne der Unterrichtsreihe nicht möglich.

4.2 Die ökologische Bedeutung des Schulteichs

Teiche sind vom Menschen geschaffene bzw. gestaltete Kleingewässer. Man grenzt Teiche oftmals aufgrund ihrer Funktion gegeneinander ab, so sind beispielsweise Mühl-, Lösch-, Fisch-, Dorf-, Garten- und Schulteiche zu unterscheiden (vgl. Abbildung 4). Der Teich ist ein Feuchtbiotop, das eine besondere Artenvielfalt aufweist und daher in der Literatur zu den schützenswerten Biotopen gezählt wird (vgl. MINISTERIUM FÜR UMWELT, RAUMORDNUNG UND LANDWIRTSCHAFT 1998, KULTUSMINISTERIUM NRW 1990, ENGELHARDT 198913, JEDICKE 1988).

Der Teich stellt durch seine oftmals flach auslaufenden Uferzonen einen idealen Lebensraum für die Entwicklung vieler Vertreter von Flora und Fauna dar. Viele Amphibien, wie Erdkröte, Grasfrosch und die 4 Molcharten, kommen schwerpunktmäßig in Teichen vor (JEDICKE 1988).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Vergleichende Darstellung verschiedener Stillgewässertypen (nach JEDICKE 1988, ENGELHARDT 198913 und SCHWAB 1995).

Seit den 50er Jahren sind etliche der natürlichen Feuchtbiotope (Bäche, Weiher, Tümpel, Teiche) durch den Menschen vernichtet oder nach den jeweiligen Bedürfnissen umgestaltet worden. So lässt sich anhand von Messtischblättern ausgewählter Kreise nachweisen, dass seit Ende der 50iger Jahre ca. 2/3 aller Feuchtbiotope, z.T. bis zu 90% durch den Menschen im Rahmen von Flurbereinigungsmaßnahmen trockengelegt, zugeschüttet, umgestaltet wurden (ENGELHARDT 1989, 1213). Viele Pflanzen und Tierarten, welche den Teich als Lebensraum entdeckt haben, stehen heute in der sog. "Roten Liste" und sind vom Aussterben bedroht (LÖFL 1986; vgl. Abbildung 5). Dies trifft insbesondere auf die im Schulteich vorkommenden Lurche und Libellen zu.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Darstellung der bedrohten Tierarten in Deutschland auf Grundlage der roten Liste (modifiziert aus: RHEINZEITUNG 06/1998 http://rhein-zeitung.de )

Diese bedrohliche Lage verlangt von jedem Einzelnen, der von Berufs oder seines Hobbys wegen Gewässer betrachtet ein entsprechendes Verantwortungsbewusstsein. Das Betrachten und Beobachten von Gewässern darf nicht zu einer weiteren Gefahr für die jeweilige Wasserlebensgemeinschaft werden. Zum Zwecke der Beobachtung gefangene Organismen sollten behutsam behandelt und abschließend wieder in ihren Lebensraum entlassen werden. (ENGELHARDT 198913 ). Die große Artenvielfalt in Feuchtbiotopen ist die Voraussetzung für das biologische Gleichgewicht unserer Lebenswelt. Viele der im Wasser vorkommenden oder sich entwickelnden Insekten und Amphibien aus der Nahrungskette des Teiches sind großartige biologische Schädlingsbekämpfer (KULTUSMINISTERIUM NORDHREIN-WESTFAELN 1990). Der Teich bildet für viele bedrohte Tierund Pflanzenarten eine ökologische Nische und stellt einen besonders schützens- und erhaltenswerten Lebensraum dar. Seit den 80iger Jahren gewinnt die Anlage eines schuleigenen Biotops in Form eines Schulteiches immer mehr an Bedeutung. Folgende Besonderheiten machen den Schulteich aus ökologischer Sicht zu einem ganz besonderen Kleingewässer:

- Rasche Abkühlung bzw. Aufheizung des Wassers und die daraus resultierende häufige Umschichtung
- Rasche Entwicklung zum nährstoffreichen (eutrophen) Gewässer
- Großer natürlicher Eintrag verschiedener Tierarten (z.B. durch Wasservögel)
- Die sich schnell entwickelnde Insektenfauna (Libellen-, Mücken- und verschiedene Fliegenlarven), sowie eine Vielzahl von wasserlebenden Insekten (Wasserläufer, Gelbrandkäfer, Wasserskorpion, Weichtieren (Planarien, Schnecken und Süsswasserpolypen) und Kleinkrebsen (Daphnien, Ruderfusskrebse). Desweiteren natürlich die Vielzahl von pflanzlichem und tierischem Plankton. (KILLERMANN 199510, 222-223).

4.3 Die Fauna des Schulteichs

Bedingt durch den Umstand, dass der Schulteich erst zu Beginn des Monats März (nach der 3. und 4. Stunde der Unterrichtsreihe) eisfrei gewesen ist, war während des bestimmungspraktischen Arbeitens die vorgefundene Teichfauna nicht sonderlich üppig entwickelt. Entsprechend wird in diesem Kapitel Bezug auf die von den Schülern am häufigsten gefundenen Organismen genommen (vgl. Tabelle 2). Grundlegende Literatur zur Darstellung der Organismen und der Inhalte zum Körperbau, Verhalten und zur Lebensweise sind aus ENGELHARDT (198913 ) und SCHWAB (1995) entnommen.

Ergänzend erfolgt an dieser Stelle die von den Schülern erstellte Gesamtliste (Ur-Liste) aller gefundenen Organismen (vgl. Darstellung der entsprechenden Stunde in Kapitel 9.5).

Tabelle 2: Darstellung der häufig von den Schülern im Rahmen der durchgeführten Bestimmungsübungen gefangenen und bestimmten Organismen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Teichen und Tümpeln ist besonders in der Sommerzeit eine sehr artenreiche Fauna zu finden. So ist vor allem die Gruppe der wasserlebenden Insekten stark vertreten. Da der Rahmen der Arbeit nicht zulässt, alle Vertreter der möglicherweise im Schulteich existierenden Wasserfauna aufzuführen, sei an dieser Stelle auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen. Desweiteren erfolgt an dieser Stelle nur eine zusammenfassende, bildliche Darstellung der Organismen. Für weiterführende Informationen sei auf die Bestimmungsliteratur von ENGELHARDT (198913 ) und SCHWAB (1995) verwiesen.

[...]


1 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird aus stilistischen Gründen bei allgemeinen Personenkategorien die männliche Form (z.B. Schüler) auch dann, wenn weibliche (z.B. Schülerin) gemeint sind, verwendet.

2 Die ausführliche Darstellung der Entwicklung handlungsorientierten Unterrichts soll hier aus Platzgründen nicht erfolgen. Der geneigte Leser sei hier auf das weiterführende Studium der Fachliteratur verwiesen (vgl. u.a. GUDJONS 19973 ).

3 Natürlich muss sich Schule diesen Bedingungen stellen. Aktuelle Schritte, Schülern den richtigen Umgang mit neuen

Medien zu vermitteln, wurden beispielsweise 1996 mit dem Projekt der Landesregierung "NRW-Schulen ans Netz -. Verständigung weltweit" der nordrhein-westfälischen Bildungsinitiative "Lernen in der Informationsgesellschaft" unternommen.

4 Projekt aus Lat.: projectum = nach vorn geworfenes (Plan, Vorhaben, Absicht, Entwurf).

5 Als methodische Grossformen sind Organisationsschemata zu bezeichnen, die über längere Zeiträume hinweg Arbeitsund Sozialformen des Unterrichts bestimmen (vgl. ESCHENHAGEN et. al., 19963 ).

6 Als Handlungsprodukt bezeichnet man veröffentlichungsfähige, materielle und geistige Ergebnisse der Unterrichtsarbeit. Sie werden durch das gemeinsame Handeln von Lehrer und Schüler inszeniert oder hergestellt (MEYER 19978, 158)

7 FREY (19988, 77) merkt dazu an, daß er bewusst von einem Grundmuster der Projektmethode spricht, welches der Orientierung dient und keinen starren Rahmen darstellt. Erfüllt jedoch ein Unterricht keines dieser Merkmale, dann kann er auch nicht als Projektunterricht bezeichnet werden.

8 Der Übersichtlichkeits halber wird im weiteren Verlauf der Arbeit der Begriff Projekt anstelle des projektorientierten verwendet.

9 Ich gab hier den generellen Hinweis, dass Jungen und Mädchen im Wechsel sprechen dürfen.

10 http://www.hauptschule.sundern.de/zeitung.htm

11 Die Schüler und Schülerinnen arbeiteten hier in arbeitsteiligen Kleingruppe zu 4-5 Schülern.

12 Regeln der Gruppenarbeit wie z.B. Zuhören, Ausreden lassen, nicht Schreien, Aussagen fixieren u.ä. sind den Schülern bekannt. Ein Plan mit Verhaltensregeln hing als Ergebnis vorangegangener Stunden noch gut sichtbar im Biologieraum.

13 Insbesondere im zeitigen Frühjahr (Laichzeit !) finden sich zahlreiche Vertreter verschiedener Molcharten im Schulteich.

Ende der Leseprobe aus 84 Seiten

Details

Titel
Projektorientierter Unterricht in der 8. Klasse Hauptschule: Erstellung von Lerntafeln für die zoologische Betrachtung eines Schulteichs
Veranstaltung
Fachseminar Biologie Studienseminar Arnsberg
Note
1.7
Autor
Jahr
1999
Seiten
84
Katalognummer
V20951
ISBN (eBook)
9783638246880
ISBN (Buch)
9783638824040
Dateigröße
2380 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine sehr detaillierte und gut bewertete Arbeit zum 2. Staatsexamen in Biologie in ansprechend gestaltetem Gewand. Projektmethode, handlungsorientierter Unterricht, Arbeitskarten, Schüler unterrichten Schüler, Bestimmungsübungen und -materialien finden sich zum Lebensraum Wasser/Teich in Hülle und Fülle. Starke Unterrichtsreihe, starke Materialien (Mit 3000,- DM dotierter Umweltpreis wurde mit diesem Projekt gewonnen). Sehr praxisnahe Dokumentation guter Lehrer- und Schülerarbeit.
Schlagworte
Projektorientierter, Unterricht, Schuljahr, Hauptschule, Thema, Erstellung, Lerntafeln, Schülern, Schüler, Betrachtung, Fachseminar, Biologie, Studienseminar, Arnsberg, examensabeit, schulteich, gewässer, gewässerbiologie
Arbeit zitieren
Diplomsportlehrer Marcus Lüpke (Autor:in), 1999, Projektorientierter Unterricht in der 8. Klasse Hauptschule: Erstellung von Lerntafeln für die zoologische Betrachtung eines Schulteichs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20951

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