Das Dialogverfahren im konstruktiven Konfliktklärungssystem einer sozialen Einrichtung

Eine empirische Studie in einem Senioren- und Pflegeheim in Deutschland


Master's Thesis, 2009

70 Pages, Grade: 1,9


Excerpt


INHALTSVERZEICHNIS

Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abstract

1 Einleitung
1.1 Ausgangslage
1.2 Zielsetzung
1.3 Forschungsstand
1.4 Fragestellung und Hypothesen

2 Forschungsdesign
2.1 Untersuchungsdesign
2.1.1 Teilaspekt Experiment
2.1.2 Teilaspekt Pretest-Posttest-Design
2.1.3 Teilaspekt Aktionsforschung
2.1.4 Teilaspekt „Teilnehmende Beobachtung“
2.1.5 Ergebnis
2.2 Instrumente und Untersuchungsmaterialien
2.2.1 Fragebögen
2.2.2 Digitale Aufnahme und Transkription des Dialogverfahren
2.2.3 Autorin als Wahrnehmungsinstrument
2.3 Untersuchungsgruppe

3 Dialog
3.1 Kommunikation
3.2 Dialog
3.2.1 Wissenschaftliche Grundlagen des Dialogs
3.2.2 Formen des Dialogs
3.2.3 „Dialogverfahren“
3.2.3.1 „Container“
3.2.3.2 „10 Kernfähigkeiten“
3.2.3.3 „Facilitator“
3.3 Dialogverfahren als Instrument eines KKS

4 Durchführung des Dialogverfahrens
4.1 Ausgangssituation
4.2 Vorbereitung
4.2.1 Vorbereitung der Autorin als Faciliator
4.2.2 Vorbereitung des Projektteams
4.2.3 Vorbereitung des Containers
4.2.4 Bedeutung der Vorbereitung
4.3 Zeitpunkt
4.4 Durchführung des Dialog-Workshops
4.4.1 Allgemeine Rahmenbedingungen
4.4.2 Theoretische Einführung
4.4.3 Gestaltung des Containers
4.4.4 Durchführung der Dialogrunden
4.5. Haltung des Facilitators

5 Auswertung
5.1 Allgemeines
5.1.1 Fragebögen
5.1.2 Transkription
5.1.3 Wahrnehmungen der Forscherin
5.1.4 Ausgangssituation für die Überprüfung der Hypothesen
5.2 Hypothese 1: Notwendigkeit des Facilitators
5.3 Hypothese 2: Notwendigkeit der Vorbereitung
5.4 Hypothese 3: Auswirkungen auf Kommunikations-, Konfliktfähigkeit der einzelnen TeilnehmerInnen
5.5 Hypothese 4: Auswirkungen auf Kommunikations-, Konfliktfähigkeit innerhalb des Projektteams
5.6 Hypothese 5: Auswirkungen des Dialogverfahren auf inhaltliche und dynamische Entwicklung des KKS

6 Ergebnis

7 Diskussion und Reflexion
7.1 Methodenkritik
7.2 Autorin als Dialogbegleiterin und Teilnehmerin
7.3 „Dialogverfahren“ als Instrument eines KKS

8 Ausblick

9 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Erklärung

Ich versichere, dass ich diese Masterarbeit selbstständig und nur unter Verwendung

der angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertigt und die den benutzten Quellen

wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe

Die Arbeit hat in gleicher oder ähnlicher Form noch in keiner anderen Institution vorgelegen

Traunstein, im September

Barbara Lenze

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Öffnende Haltung des Dialogs nach Hartkemeyer et al., 4. Aufl. 2006, S.32

Abbildung 2: Formen des Dialogs nach Hartkemeyer et al., 4.Aufl.2006, S.43

Abbildung 3: 10 Kernfähigkeiten des Dialogverfahrens nach Hartkemeyer et al., 4. Aufl.2006

Abbildung 4: Beziehung der dialogischen Kernfähigkeiten nach Hartkemeyer, 2005, S.371

Abbildung 5: Sitzpositionen der TeilnehmerInnen im Dialogverfahren

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abstract

Diese wissenschaftliche Arbeit beschreibt die Kommunikationsmethode „Dialogverfahren“ als Instrument bei der Einführung eines konstruktiven Konfliktklärungssystems in einer sozialen Institution.

In der Einleitung werden die Hintergründe, die Zielsetzung der Arbeit und die zu betrach-tenden Hypothesen dargestellt.

Als Schwerpunkt wird die Herangehensweise an den Workshop „Dialogverfahren“ im Rahmen der Projektarbeit und dessen Durchführung aufgezeigt.

Eigens konstruierte Fragebögen, die digitale Aufnahme des Dialogverfahrens und die Beobachtungen der Forscherin selbst dienen als Instrumente der Datenerfassung.

Als Abschluss wird diskutiert, in wieweit das Dialogverfahren nach Abschluss des Projekts „Einführung eines konstruktiven Konfliktklärungssystems“ in der Projektinstitution praktiziert wird und ob das Dialogverfahren als Instrument eines konstruktiven Konfliktklärungssystems umsetzbar und tragfähig ist.

The present academic paper deals with a communication method called the dialogue technique. On a more specific level, the dialogue technique is analyzed as an instrument of solving conflicts successfully in a social institution.

The introduction presents the theoretical background, outlines the major goals and expands on possible hypotheses of the paper.

The focus is on approaching the workshop "Dialogue Techniques" with regard to project work and also exemplifies its implementation.

The conclusion investigates whether the dialogue technique is (successfully) applied in the institution after the workshop "Introduction to a constructive method of solving conflicts" and whether the dialogue technique is an apt and reliable instrument of constructive conflict solving systems.

Friede ist, wenn Menschen im Stande sind,

mit ihren Konflikten kreativ und konstruktiv umzugehen.

Johan Galtung

1 Einleitung

„In menschlichen Gesellschaften wird es immer unterschiedliche Sichtweisen und Interessen geben. Aber die Realität zeigt heute auch, dass wir alle voneinander abhängig sind und auf diesem kleinen Planeten zusammen leben müssen. Deswegen liegt die einzige und vernünftige Art, Meinungsverschiedenheiten und Interessenkonflikte zu lösen- ob nun zwischen Individuen oder Nationen-, im Dialog. Die Unterstützung einer Kultur des Dialogs und der Gewaltfreiheit ist deshalb eine wichtige Aufgabe der internationalen Gemeinschaft für die Zukunft der Menschheit.“

Diese Worte des Dalai Lama haben die Autorin tief beeindruckt. Sie stellt sich die Frage, welche Kultur des Dialogs notwendig ist, um Meinungsverschiedenheiten und Interessenkonflikte auf der persönlichen und gesellschaftlichen Ebene lösen zu können.

In unserer globalisierten Welt können wir mit allen Menschen durch moderne Medien wie Internet und Telefon jederzeit in Kontakt treten. Jedoch findet diese Kommunikation meist nur an der Oberfläche statt, ein persönlicher Austausch zwischen den KommunikationspartnerInnen ist oft nicht mehr möglich und wird auch nicht gesucht.

So entstehen „Kommunikationsprobleme“: Die menschliche Wahrnehmung der KommunikationspartnerInnen, die normalerweise alle fünf Sinne beinhaltet, wird reduziert auf Telefonieren, Skypen oder das Lesen und Versenden einer Message. Viele Menschen sind nicht mehr in der Lage, miteinander zu reden und einander zuzuhören. Unsere moderne Kommunikation führt deshalb häufig zu Konfusion und Nicht-Verstehen des Anderen. Dadurch können Frustration und Aggression entstehen, die Konflikte zur Folge haben. Der/die KommunikationspartnerIn wird zum Gegenspieler.

Um einen Wandel in der Kommunikation herbeizuführen, braucht es eine Kultur des Dialogs. Ein „Vater“ der dialogischen Idee ist der Physiker David Bohm: Eine seiner Maximen ist, dass alle Beteiligten eines Dialogs „gemeinsam denken“ sollen, um zu neuen Erkenntnissen und Erfahrungen zu gelangen. Diese Form des „miteinander Redens“ könnte man dialogisches Denken nennen. Als Kommunikationsmethode verspricht sie eine Erweiterung des Denkens sowohl in der Dialoggruppe als auch jedeR einzelnen TeilnehmerIn.

Die Autorin beschäftigte sich zum ersten Mal im Rahmen der Literaturrecherche für den Masterstudiengang[1] mit der Kommunikationsform „Dialog“. Hieraus entstand der Wunsch, dieses spezielle Verfahren in der Praxis umzusetzen. Hierzu bot sich die Möglichkeit in einem Workshop im Rahmen des Projekts „Einführung und Implementierung eines konstruktiven Konfliktklärungssystems“ als Praxisteil des Studiengangs. Die Autorin hatte die Aufgabe, in einem Masterteam (MT) für den Zeitraum eines Jahres das Projekt „Einführung und Implementierung eines konstruktiven Konfliktklärungssystems in der Projektorganisation SG“ zu betreuen. Auf diese Weise sollten die Studierenden praktische Erfahrungen in Projektorganisation, Konfliktforschung und Implementierung von konstruktiven Konfliktlösungssystemen sammeln. Das Projekt hatte die Zielsetzung, in einem dialogischen Verfahren mit einem Projektteam (PT) ein konstruktives Konfliktklärungssystem (KKS[2]) in der Projektorganisation zu installieren.

Auf Grund der Literaturrecherche stand für die Autorin fest, dass sich das Dialogverfahren (DV) für die Weiterentwicklung eines KKS anbietet, da es sich hierbei u.a. um eine Kommunikationsmethode für (Groß-)Gruppen von fünf bis 40 Personen handelt. Diese Form sah die Autorin als geeignet an, um das Projektteam (PT) in Kommunikation und Konfliktklärung zu schulen und den TeilnehmerInnen somit eine weitere Möglichkeit der Konfliktlösung aufzuzeigen. Auch hinsichtlich der Ausweitung des KKS auf die gesamte Projektorganisation vermutete die Autorin Potenzial, da das Dialogverfahren als eine Gruppenmethode zur Lösung von teaminternen Konflikten, zum Beispiel in Stationsteams, geeignet schien.

In einem Workshop führte die Autorin das Instrument „Dialogverfahren“ im Rahmen des Projektes „Einführung eines konstruktiven Konfliktklärungssystem in der Projektorganisation SG“ in dem Projektteam (PT) ein.

1.1 Ausgangslage

Wie bereits dargestellt, betreute die Autorin im Rahmen des Masterstudiengangs „Master of Arts in Mediation, Konfliktforschung und Implementierung konstruktiver Konfliktlösungssystemen“[3] ein Projektteam in einer sozialen Einrichtung, mit dem Ziel, ein KKS zu implementieren.

Im dialogischen Verfahren mit dem Projektteam wurde in den Workshops zuerst der Fokus auf die Verbesserung der Kommunikations- und somit auch Konfliktfähigkeit des/der Einzelnen gelegt. Deswegen werden neben Teamentwicklungsmaßnahmen auch theoretische und praktische Grundlagen der Kommunikation vermittelt. Hierbei wird im Besonderen die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Marshall B. Rosenberg (7.Aufl. 2006) in Grundzügen erarbeitet.

Gegen Ende des Projekts wurde eigens für SG ein „Instrumentenkoffer für Konfliktklärung“ konstruiert. Dieser „Koffer“ beinhaltet verschiedene „Instrumente“ und „Methoden“, mit deren Hilfe das PT und ebenso die Beschäftigten in SG Konflikte auf verschiedenen Eskalationsstufen klären können. Es handelte sich hierbei um einen weiteren wesentlichen Schritt in der Projektarbeit, nämlich dem PT „Hilfe zur Selbsthilfe“ in Konflikten an die Hand zu geben.

Dieser „Instrumentenkoffer“ ist eingeteilt in drei Bereiche, gekennzeichnet durch die Ampelfarben grün, gelb und rot. Entsprechend ihrer Bedeutung an der Ampel steht die Farbe Grün für eine niedrige Konfliktstufe, Gelb für eine mittlere Konfliktstufe und Rot für eine hohe Konfliktstufe.[4] Die Kombination Grün-Gelb erklärt das jeweilige Instrument sowohl im grünen als auch im gelben Bereich für geeignet.

In den vorangegangenen Workshops wurden hauptsächlich Instrumente und Methoden für den grünen Bereich vermittelt, durch die Meinungsverschiedenheiten mit einem geringen Konfliktpotenzial geklärt werden können. Es war somit notwendig, dem PT Instrumente an die Hand zu geben, die in mittelschweren Konflikten zur Klärung eingesetzt werden können.

Im mittleren, gelben Abschnitt, sind dort als Instrumente die „Dilemma-Übung“, das „Dialogverfahren“, die Mediation und das Konfliktcoaching zu finden. Für die letzten Zwei benötigt man externe Hilfe, im Gegensatz hierzu können die „Dilemma-Übung“, eine Vorübung für das DV, und das „Dialogverfahren“ intern ohne Unterstützung eines Dritten angewendet werden. Hinzu kommt, dass die Anwendung des DV von der Früherkennung und Entstehung des Konflikts bis hin zur Klärung von bereits vorhandenen Zerwürfnissen möglich und somit vielseitig durch die MitarbeiterInnen einsetzbar ist. Aus diesen Gründen wird das DV als Instrument der Wahl für den mittleren Konfliktbereich in einem Workshop im PT eingeführt.

Häufig wurden in den Workshops durch die Führungskräfte problematische Team-sitzungen und Mitarbeitergespräche angesprochen. Aus deren Sicht konnte in den Stationsrunden keine gemeinsame Kommunikationsebene gefunden werden, um Themen effektiv zu besprechen. Dieser Umstand führte nach deren Dafürhalten zu offenen und verdeckten Meinungsverschiedenheiten. Außerdem können synergetische Effekte hinsichtlich Ideen, Arbeitsteilung und Verbesserung der Effizienz nicht entsprechend dem Wunsch der Leitung genutzt werden. Schließlich bringen die Führungskräfte mehrmals zum Ausdruck, dass das Gruppengefühl in den einzelnen Teams und auch im gesamten Haus gestärkt werden soll. Das DV als strategischer Dialog ist besonders geeignet, konfliktäre Situationen zu thematisieren und zu klären.

Auch die ProjektteilnehmerInnen, die keine Führungspositionen innehaben, machten deutlich, dass die Kommunikation, insbesondere der Umgang mit Konflikten, verbesserungswürdig sei und wünschten sich Instrumente und Methoden an die Hand zu bekommen, um sich in Kommunikation und Konfliktklärung zu üben und hierdurch auch Lösungen herbeizuführen.

Ausgehend von den Wünschen und Bedürfnissen des PT sieht die Autorin das Instrument „Dialogverfahren“ als geeignetes Instrument an, um die gewünschten Ziele, nämlich die Verbesserung der Kommunikation und der Konfliktklärung, zu erreichen.

1.2 Zielsetzung

Zielsetzung der Arbeit ist es, darzulegen, inwieweit das DV geeignet ist, als Instrument eines KKS die Kommunikations- und somit auch die Konfliktfähigkeit der einzelnen TeilnehmerInnen und der gesamten Projektgruppe zu verändern.

Weiterhin soll der Frage nachgegangen werden, ob und wie das DV als Instrument eines KKS sowohl bei dessen Einführung als auch bei dessen Implementierung anwendbar ist.

Da die wissenschaftliche Arbeit auch eine praktische Anleitung für die Einführung eines DV innerhalb eines KKS darstellen soll, wird die Rolle der Autorin als Dialogbegleiterin während des gesamten Prozesses beleuchtet.

1.3 Forschungsstand

Wissenschaftliche Abhandlungen über den Dialogprozess als solchen sind in großer Anzahl erschienen. Grundlegende Erkenntnisse finden sich in den Abhandlungen des amerikanischen Physikers David Bohm (5. Aufl. 2008) und werden in den Veröffentlichungen des Religionswissenschaftlers Martin Buber (7. Aufl. 1994) beschrieben. So verschieden deren theoretischen Ansätze auch sein mögen, war den zwei Wissenschaftlern der Dialog eine Herzensangelegenheit. Da sich das zu untersuchende DV auf diese theoretischen Ansätzen gründet, wird hierauf genauer im dritten Kapitel eingegangen.

Bill Isaacs, studierter Politikwissenschaftler und Organisations- und Sozialpsychologe, leitet seit 1990 zahlreiche Forschungen und Experimente über Dialog als Kernkompetenz und über Dialog als zentraler Prozess in Organisationen. Er stellt die Frage nach der Erkundung des Denkens. Dies geschieht sowohl in Firmen als auch in Non-Profit-Organisationen und in unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen. Isaacs (2002) beschäftigt sich in seiner Abhandlung mit den Fragen, was die entscheidenden Erfolgsfaktoren im Dialogprozess sind und was geschieht, „wenn Leute versuchen, miteinander zu reden“(S.12). In seinem ungewöhnlichen Managementbuch lädt er ein, Dialog auf vielen verschiedenen Ebenen zu untersuchen und führt von Beobachtungen und Experimenten zu komplexen theoretischen Hintergründen in der Sozialwissenschaft, Psychologie und moderner Naturwissenschaft (ebd.).

Orientierung für die Masterarbeit bietet das Praxishandbuch von Hartkemeyer et.al. (4. Aufl. 2006). Die AutorInnen Johannes und Martina Hartkemeyer sind in der Erwachsenenbildung tätig und arbeiten seit etlichen Jahren mit Gruppen im Dialog. Zusammen mit L. Freeman Dhority schrieben sie das Buch „Miteinander denken“, um einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Prozesses „Dialog“ zu leisten. In diesem Buch geben sie ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus der dialogischen Arbeit weiter. Diese praxisorientierte Anleitung für die Durchführung des Dialogverfahrens macht sich die Autorin zunutze. Zusätzlich finden sich bei Hartkemeyer et al. (4. Aufl. 2006) Erfahrungsberichte aus verschiedenen Bereichen.[5]

Auch im Bereich der Organisationsentwicklung in Wirtschaftsunternehmen findet bereits ein Dialog statt. Die Sozialpädagogin und Supervisorin Susanne Ehmer (1994) untersucht in ihrer Dissertation die Anlage und Wirkung von Dialogprozessen in Wirtschaftsunternehmen, basierend auf organisationsrelevanten Fragestellungen hinsichtlich Veränderung, Struktur, Kultur und Kommunikation, institutionellen und gesellschaftlichen Aufgaben und Anforderungen. Die Masterarbeit hat hinsichtlich der organisationsrelevanten Fragen und Organisationsentwicklung (OE) einen Anknüpfungspunkt. Als Instrument eines KKS trägt das Dialogverfahren zur OE der Projektorganisation SG möglicherweise bei. Es ist jedoch zu beachten, dass es sich bei der Projektorganisation SG nicht um ein Wirtschaftsunternehmen, sondern um eine soziale Einrichtung handelt. In diesem Bereich sind keine Untersuchungen hinsichtlich einer möglichen Veränderung durch das Instrument „Dialogverfahren“ bekannt.

Mit dem Dialogverfahren im Zusammenhang mit Konflikten beschäftigt sich der israelische Psychologe und Friedensforscher Dan Bar-On. 1992 veranstaltet er in Wuppertal erstmals eine Dialogrunde mit Täter- und Opferkindern des Holocaust.[6] Der Dialog ist in diesem Zusammenhang ein Modell der Konfliktbearbeitung.

Auch bei Hartkemeyer (2005, S. 204) wird von der positiven Wirkung des Dialogs in Konfliktgesprächen berichtet.

Die MediatorInnen Lisa Waas und Christian Ertl erwähnen erstmals das DV als ein ein mögliches Instrument eines Konfliktklärungssystems in ihrem Artikel „Die Entwicklung und Implementierung von Konfliktklärungssystemen: ein neues Aufgabenfeld für MediatorInnen“ (2006).

Nähere Ausführungen hierzu sind jedoch nicht bekannt und werden somit im Rahmen der Masterarbeit, ausgehend von folgenden Fragestellungen untersucht.

1.4 Fragestellung und Hypothesen

Ausgehend von den Fragen, ob und in wieweit das DV Einfluss auf die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit an sich nehmen kann und welche Rolle dem DV in einem KKS zukommt, stellt sich die Autorin weitere Fragen.

Hinsichtlich des Forschungsdesigns ist zu überlegen, um welches Untersuchungsdesign es sich handeln soll und welche Instrumente und Hilfsmittel für die Datenerhebung und -auswertung geeignet sind. Die Untersuchungsanordnung hat Aspekte verschiedener Untersuchungsdesigns, die noch genauer dargestellt werden müssen.

Die Autorin erkennt, dass eine wissenschaftlich-empirische Versuchsreihe nicht durchgeführt werden kann und somit keine allgemeinen Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen der Auswertung gezogen werden können. Die Besonderheiten des DV, Gruppendynamik und die Eigenverantwortlichkeit jedes/r TeilnehmerIn für sein/ihr Verhalten während des Dialogprozesses führen dazu, dass keine repräsentativen Daten in dem hier vorgestellten Setting erhoben werden können. Trotzdem versucht die Autorin eine Erhebungsmethode zu finden, die möglichst viele äußere Einflüsse ausschließt und dennoch soweit wie möglich auf eine tiefgehende Auswertung der Daten abzielt. Um diese Zielsetzung zu erreichen, muss die Datenerhebung, sowohl die Abfrage der TeilnehmerInnen als auch die Reflexion der Autorin als Dialogbegleiterin zeitnah erfolgen.

Trotz vieler Unwägbarkeiten bei der Durchführung des DV als Instrument des KKS entscheidet sich die Autorin in Absprache mit der Leiterin des Masterstudiengangs für die Einführung im Projektteam. Für die Autorin stellen sich nun folgende Fragen:

Wie ist es möglich, das PT angemessen und umfassend auf die Durchführung des DV vorzubereiten? Sowohl die bereits erlernten Kommunikationsmethoden des eigens für SG konstruierten „Instrumentenkoffers“, wie z. B. die Gewaltfreie Kommunikation (GFK), sind zu wiederholen und aufzufrischen.

Ebenso sollte die Autorin als Dialogbegleiterin die besonderen Gesprächsregeln des DV zuerst in der Theorie vorstellen und vermitteln. Die Autorin ist als Facili-tator zusätzlich während des DV verantwortlich für den reibungslosen Ablauf und die Einhaltung der Gesprächsregeln.

Die nächste Fragestellung der Autorin beinhaltet mögliche Auswirkungen des DV auf die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit des/der Einzelnen und im PT, die sich in der Anwendung der erlernten Kommunikationsmethoden im DV zeigen könnten.

Laut Isaacs (2002) beinhaltet Dialog, in der Gruppe „gemeinsames Denken“ durch „kohärentes Handeln“ möglich zu machen (vgl. S.37f.). Kohärentes Verhalten wird möglich gemacht, indem jede/r Einzelne die „Fähigkeit zu neuem Verhalten“(ebd.) entwickelt (erlernte Kommunikationsmethoden). Dieses „neue Verhalten“ in der Kommunikation mit dem Schwerpunkt Konfliktverhalten, wird möglicherweise im DV herbeigeführt und geübt.

Abschließend stellt sich die Autorin die Frage, inwieweit das DV Auswirkungen auf das KKS hat. Da als Thema „Das zukünftige KKS in SG“ geplant ist, erhofft die Autorin, aus den Redebeiträgen der TeilnehmerInnen Aufschluss hinsichtlich deren Ideen und Vorstellungen von ihrem gewünschten KKS zu erhalten.

Entsprechend Isaacs (2002) soll dem Dialog „genügend Raum gegeben“ und „fließende Interaktionsstrukturen entwickelt“ werden (S. 37f.). Fließende Interaktionsstrukturen sollen geschaffen werden, um Veränderungsbemühungen zu unterstützen, festgefahrene Interaktionsstrukturen wieder in Gang zu bringen und zu einer „fließenderen Form“ des gemeinsamen Denkens und Arbeitens zu finden (vgl. ebd.). Gemeinsame Lernprozesse werden initiiert und methodisch begleitet. Dabei werden die Fähigkeiten aller und der Organisation als Ganzes genutzt, zur Entwicklung und Veränderung der Organisation und deren Abläufe.

Auf der Ebene der Projektorganisation SG hat das DV deshalb möglicherweise als Instrument des KKS Auswirkungen auf die Organisationsentwicklung (OE).

Aus den vorangegangenen Fragen ergeben sich somit folgende Hypothesen hinsichtlich der Einführung des DV als Instrument eines KKS:

1. Der Facilitator ist für die Vorbereitung und Durchführung des DV notwendig.
2. Eine gezielte Vorbereitung der TeilnehmerInnen ist für ein ertragreiches Gelingen des DV Voraussetzung.
3. Das DV hat Auswirkungen auf die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit des/der einzelnen TeilnehmerInnen.
4. Das DV hat Auswirkungen auf die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit innerhalb des Projektteams.
5. Das DV als Instrument des KKS hat Auswirkungen auf die inhaltliche und dynamische Entwicklung des KKS und stellt einen Schritt in der Organisations-entwicklung dar.

Aus diesen Hypothesen ergibt sich folgende Forschungsfrage:

Inwieweit ist das DV als Instrument im Rahmen der Einführung und Implementierung eines konstruktiven Konfliktklärungssystems in einer sozialen Einrichtung geeignet und unter welchen Umständen ist es einzusetzen?

2 Forschungsdesign

Im folgenden Abschnitt wird das Forschungsdesign der Masterarbeit beschrieben. Bezugnehmend auf die vorhergehende Fragestellung wird das Vorgehen in dieser empirischen Untersuchung des DV aufgezeigt.

Die Einführung des DV im Rahmen des Projekts „Einführung eines Konfliktklärungssystems in SG“, findet in einem Workshop für das Projektteam in SG statt. Es lassen sich innerhalb dieses bestimmten Settings nur Daten erheben, die sich unmittelbar auf dieses spezielle DV beziehen, mit den TeilnehmerInnen dieses PT und mit dem Thema „Das zukünftige KKS in SG“.

Ob es möglich ist, allgemeine Aussagen hinsichtlich der „Einführung des DV im Rahmen eines KKS“, treffen zu können, wird in Kapitel 6 „Ergebnis“ diskutiert.

Da ein vorhandenes Forschungsdesign für die Untersuchung des DV nicht zur Verfügung steht, werden sowohl mehrere Untersuchungsanordnungen als auch mehrere Instrumente und Hilfsmittel zur Datenerhebung und -erfassung, miteinander kombiniert, wie im Folgenden ausgeführt wird. Abschließend wird die Untersuchungsgruppe bestimmt.

2.1 Untersuchungsdesign

Die Untersuchungsanordnung eines DV kann nicht eindeutig einem typischen Unter-suchungsdesign zugeordnet werden, da sie Aspekte von verschiedenen Untersuchungsdesigns beinhaltet.[7] Es müssen folgende Parameter berücksichtigt werden:

Die Auswirkungen des DV werden im Rahmen der Einführung eines KKS untersucht. Es stellt sich also die Frage, in wieweit das DV als Instrument bei der Einführung eines KKS Auswirkungen auf die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit der PT-Mitglieder hat.

Das DV als Kommunikationsinstrument hat mehrere gruppendynamische Komponenten, die in der Auswertung eine starke Berücksichtigung finden müssen. Das Thema, die teilnehmenden Personen und der Facilitator sind wichtige Bestandteile des gruppendynamischen Dialogprozesses.

Um mögliche Entwicklungen und Auswirkungen des DV untersuchen zu können, muss dieses also durchgeführt und erlebt werden. Die Besonderheiten des DV, die Dynamik in der Gruppe, die Synergieeffekte oder auch das potenzielle Scheitern des Dialogs können hierdurch erfahren und Daten hierzu erhoben werden.

In den folgenden Untersuchungsanordnungen, die durch die Autorin vorgestellt werden, werden diese Besonderheiten des DV berücksichtigt. Nach einer kurzen Beschreibung diskutiert die Autorin, in wieweit sich diese für die Untersuchung eines DV eignen und welche Spezifika des DV dagegen sprechen.

Grundsätzlich geschieht die systematische Analyse der sozialen Wirklichkeit an Hand von vier Methoden: 1.Beobachtung, 2.Befragung, 3.Experiment, 4.Inhalts-analyse (Atteslander, 12. Aufl. 2008, S. 48f.).

2.1.1 Teilaspekt Experiment

Das DV-Untersuchungsdesign zeigt deutlich experimentelle Züge. Entsprechend der Definition des Experiments, das „der Überprüfung von bereits vorher theoretische festgelegten Aussagen nach festgelegten Bedingungen“ (Atteslander, 12. Aufl. 2008, S. 165) dient, legt die Autorin vor der Durchführung des DV die Bedingungen hierfür fest und stellt entsprechend ihre Hypothesen auf.

Gegen die Einordnung als „reines“Experiment spricht aber die folgende Definition, dass es sich bei diesem um eine „wiederholbare Beobachtung unter kontrollierten Bedingungen“ (Atteslander, 12. Aufl. 2008, S. 167) handelt, wobei einige Variablen entsprechend manipuliert werden (können) (vgl. S. 167). Problematisch ist, in wieweit eine Manipulation des DV möglich ist, denn im DV ist jede/r TeilnehmerIn gleich und gleichberechtigt. Zwar hat der Facilitator die Verantwortung für die Vorbereitung und die Durchführung als Prozess. Hinsichtlich der Inhalte und der Entwicklung in der Dialoggruppe hat er jedoch nur Einfluss als ein/e TeilnehmerIn, da nur unter dieser Prämisse ein gemeinsames Denken und die Entwicklung neuer Ideen möglich ist. Das DV zeichnet sich da-durch aus, dass jede beteiligte Person individuell die Dynamik beeinflusst und somit keine Kontrolle durch eine bestimmte Person bestehen kann.

Hieraus folgt, dass es sich auch nicht um ein „reines“Quasi- Experiment handelt, da bei der Durchführung des DV kein „Höchstmaß an Kontrolle der sozialen Situation“ (Atteslander, 12. Aufl. 2008,S. 165) möglich ist.

Als Teilaspekt ist das Experiment jedoch im DV-Design vertreten, und zwar das Feldexperiment, da „der zu untersuchende Gegenstand nicht aus seiner natürlichen Umgebung herausgelöst wird“ (Atteslander, 12. Aufl. 2008, S.168). Dies ist auch bei der Durchführung des DV gegeben, da die „natürliche Umgebung“, das gewohnte Umfeld bereits vorher entstanden ist. Die natürliche Umgebung des PT ist zu definieren als das „regelmäßige Zusammenkommen des PT gemeinsam mit dem MT in Workshops im Rahmen des Projekts ,Einführung eines KKS in SG‘ im Beschäftigungsraum um 20.00 Uhr“. Indem das DV in einem Workshop im Rahmen des Projekts „Einführung eines KKS in SG“ gemeinsam mit dem PT im Beschäftigungsraum um 20.00 Uhr eingeführt wird, wird keine künstliche Situation geschaffen, sondern in der natürlichen Umgebung agiert.

Will man den Teilaspekt des Experiments im DV-Design noch anderweitig präzisieren, handelt es sich wohl um ein projektives und sukzessives Experiment.

Projektiv ist ein Experimen t, wenn ein sozialer Prozess untersucht wird, welcher mit der Einführung eines neuen Reizes beginnt und dessen Auswirkung verfolgt wird. Der Forscher gestaltet die Versuchsanordnung meist selbst. Er kann auch von Institutionen bewirkte Veränderungen zum Untersuchungsgegenstand machen[8]. (vgl. S. 168). Auch die Autorin untersucht einen sozialen Prozess, der mit der Einführung des DV als neuen Reiz beginnt und dessen Auswirkungen überprüft werden, bedient sich also zum Teil eines projektiven Experiments.

Im Untersuchungsdesign für das DV findet sich ebenfalls der Aspekt des sukzessiven Experiments, das sich dadurch auszeichnet, dass „dieselbe Forschungsgruppe vor und nach der Einwirkung des Reizes“ (S. 169) untersucht wird. Die Einführung des Instruments „Dialogverfahren“ und die Durchführung dessen stellen für das PT einen „Reiz“, eine Intervention hinsichtlich ihrer Kommunikations- und Konfliktfähigkeit dar. Der „Reiz“ DV auf das PT wird durch die Autorin vorher und nachher, also sukzessiv, untersucht, ebenso die möglichen Auswirkungen.

2.1.2 Teilaspekt Pretest-Posttest-Design

Der Teilaspekt Pretest-Posttest - Design im Forschungsdesign der Autorin ergibt sich durch die Vorher-Nachher-Studie. Bei der Vorher-Nachher - Studie werden die gleichen Personen vor und nach der Intervention (Durchführung DV, auch Interventionsstudie genannt), untersucht. Diese Art der Datenerhebung wird durch die Autorin geleistet, indem die Untersuchungsgruppe an Hand von Fragebögen direkt vor und nach der Intervention „Dialogverfahren“ befragt wird. Das DV als Instrument stellt eine Intervention hinsichtlich der Kommunikation im PT dar, da durch diese Übung auf die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit eingewirkt werden soll.

Gegen eine reine Interventionsstudie spricht jedoch, dass das DV nicht nur eine punktuelle Intervention ist. Das DV stellt im Besonderen einen dynamischen, progressiven Prozess dar, der zwar von der Autorin angestoßen wird, aber nur in der Gruppe und in einem bestimmten Setting Gestalt annimmt und auf diese Weise Veränderungen herbei-führen kann.

2.1.3 Teilaspekt Aktionsforschung

Weitere Teilaspekte des Untersuchungsdesigns für das DV finden sich auf dem Gebiet der explorativen Forschung. Neben Fallstudien kommt als mögliche Anordnung auch die Aktionsforschung in Betracht.

Die aktive Doppelrolle der Autorin als Dialogbegleiterin und Teilnehmerin im DV lässt an den Typ Aktionsforschung denken. Bei einer Aktionsforschung stellt die Forscher-In nicht nur einen Teil des Untersuchungsgegenstandes dar, sondern sucht ganz bewusst und kontrolliert diesen Gegenstand im Verlauf der Forschung zu verändern (vgl. Atteslander, 12. Aufl. 2008, S.48).

Im Rahmen des durchgeführten DV ist die Autorin in das soziale Feld als eine TeilnehmerIn eingegliedert. So ist es ihr auch möglich, durch ihre Redebeiträge den Dialogfortgang zu beeinflussen. Zusätzlich hat die Autorin als Dialogbegleiterin die Möglichkeit, durch Interventionen einzuwirken.

Gegen das Design Aktionsforschung spricht allerdings, dass die Autorin zwar in das soziale Feld PT integriert ist, nämlich als gleichberechtigte Teilnehmerin. Es widerspricht jedoch der dialogischen Haltung im Prozess, das DV bewusst in eine Richtung lenken zu wollen. Die Autorin ist als Teilnehmerin Teil des Ganzen und spricht ihre Gedanken und Gefühle aus, allerdings nicht, um ein bestimmtes strategisches Ziel zu erreichen, sondern um gemeinsam in der Gruppe neue Erkenntnisse zu erfahren.

2.1.4 Teilaspekt „Teilnehmende Beobachtung“

Schließlich finden sich in der Untersuchungsanordnung der Autorin Züge der teilnehmenden Beobachtung. Atteslander (12. Aufl. 2008) definiert, „Beobachtung“ als „das systematische Erfassen, Festhalten, und Deuten sinnlich wahrnehmbaren Verhaltens zum Zeitpunkt seines Geschehens“ (S. 67). Ziel der wissenschaftlichen Beobachtung ist die Beschreibung bzw. Rekonstruktion sozialer Wirklichkeit vor dem Hintergrund einer leitenden Forschungsfrage (vgl. ebd.). Die Beobachtung im wissenschaftlichen Sinne erfolgt durch die Teilnahme am DV.

Als besonderes Charakteristikum ist festzuhalten, dass die sozialwissenschaftliche Beobachtung Doppelcharakter aufweist: Sie dient auf der einen Seite der Erfassung und Deutung sozialen Handels, auf der anderen Seite ist es selbst soziales Handeln (vgl. ebd.). Studien hierfür können sicht-, hör- und riechbaren Phänomenen nachgehen, das heißt, sinnlich wahrnehmbares soziales Verhalten erfassen, während zum Beispiel die Befragung auf verbale Äußerungen angewiesen ist (vgl. S. 72).

Problematisch an der Methode der Beobachtung ist, dass diese hohe Ansprüche an die soziale und fachliche Kompetenz der Forscher stellt, die neben ihrer Rolle als WissenschaftlerInnen meist auch noch soziale Rollen im sozialen Feld übernehmen. Hierfür stehen ein breites Rollenspektrum und auch eine aktive oder passive Teilnahme im Feld zur Verfügung (vgl. ebd.).

In einer Beobachtungssituation sind vier Elemente prägend: das Beobachtungsfeld, die Beobachtungseinheiten, Beobachter, Beobachtete (vgl. S. 74). Hinsichtlich der BeobachterIn muss berücksichtigt werden, welchen Beobachterstatus er/sie einnimmt. Grundsätzlich sind für den/die BeobachterIn zwei Rollen gegeben: die Rolle als forschende BeobachterIn und seine/ihre Teilnehmerrolle im Feld (vgl. S. 77). Qualitativ orientierte Beobachtungsdesigns betonen die Teilnehmerrolle, was einen hohen Partizipationsgrad des/der ForscherIn im Feld und die Identität von ForscherIn und BeobachterIn voraussetzt (vgl. ebd.).

Diese Voraussetzungen sind durch die Autorin erfüllt, da sie in sich Forscherin und Beobachterin vereint und als Dialogbegleiterin und Teilnehmerin am Dialog teilnimmt. Die Dimension Teilnahme bezieht sich auf den Partizipationsgrad der BeobachterIn an der sozialen Situation, die er/sie beobachtet. Da dieser immer über seine Wahrnehmungs- und Interpretationstätigkeit in die übergeordnete Beobachtungssituation integriert ist, kann es bei der Beobachtung nicht zu Nicht- Teilnahme kommen (vgl. S. 85).

Zu unterscheiden ist jedoch eine passive Teilnahme (niedriger Partizipationsgrad) von einer aktiven Teilnahme (hoher Partizipationsgrad). Passiv teilnehmend bedeutet, dass sich der/die BeobachterIn ganz auf seine/ihre Rolle als forschende/r BeobachterIn beschränken kann und wenig bis nicht an zu untersuchenden Interaktionen bzw. sozialen Konstellationen teilnimmt (ebd,)

Aktiv teilnehmende BeobachterInnen nehmen im Wortsinn an der natürlichen Lebenswelt der Untersuchungspersonen teil, pflegen zu ihnen zum Teil intensiven Kontakt. Das heißt, aktive Teilnahme führt immer dazu, dass der/die forschende BeobachterIn eine Teilnehmerrolle im Feld übernimmt (ebd.)[9]

Die Autorin entspricht dem „Prototyp“[10] der aktiv-teilnehmenden Beobachterin. Im DV erfüllt sie schwerpunktmäßig ihre Rolle als Teilnehmerin am Prozess und weniger die Rolle als Beobachterin. Auch entwickelt sich zwischen der Autorin und den TeilnehmerInnen eine intensive Nähe während der Übung, die sich auf Grund der Gruppendynamik im Lauf des Dialogs nochmals verstärkt.

Gegen eine reine teilnehmende Beobachtung spricht, dass die Autorin als Dialogbegleiterin neben der Rolle der Beobachterin und Teilnehmerin Verantwortung für die Vorbereitung und den gesamten Prozess hat. Diese Rolle beinhaltet somit eine führende und leitende Position, die über die teilnehmende Beobachtung hinausgeht.

Hinzu kommt, dass die TeilnehmerInnen vor und nach dem DV zwei Fragebögen ausfüllen sollen. Diese Art der Datengewinnung erfolgt nicht durch die teilnehmende Beobachtung der Autorin, sondern durch Befragung der TeilnehmerInnen.

2.1.5 Ergebnis

Das Untersuchungsdesign für das DV stellt sich wie folgt dar: Die Methode „Dialog-verfahren“ wird durchgeführt. Vor und nach der Übung „Dialogverfahren“ werden an Hand von Fragebögen Daten von den TeilnehmerInnen abgefragt, entsprechend des Pretest- Post-Design.

Während des Dialogprozesses beobachtet die Autorin sowohl als Dialogbegleiterin als auch als Teilnehmerin das soziale Feld und die TeilnehmerInnen des PT (Beobachtete), parallel zu den Designs Aktionsforschung und teilnehmende Beobachtung. Zur Unterstützung wird das gesamte DV digital aufgenommen, um die Redebeiträge und deren Inhalte, aber auch das Schweigen oder Nachdenken der TeilnehmerInnen zu dokumentieren. So kann die Autorin bei der Auswertung neben ihren Beobachtungen auf zusätzliche und belegbare Daten zurückgreifen.

2.2 Instrumente und Untersuchungsmaterialien

Die Autorin hat zur Abfrage von Daten das Instrument „Fragebogen“ gewählt, der Workshop „Dialogverfahren“ wird digital aufgenommen.

[...]


[1] „Master of Arts in Mediation, Konfliktforschung und Implementierung konstruktiver Konfliktlösungssysteme“

[2] Ein Konfliktklärungssystem (KKS) hat zum Inhalt die Entwicklung, Implementierung und stetige Weiterentwicklung von legitimierten Kommunikationswegen zur Verbesserung der Kooperation, der Prävention von Konflikten und der konstruktiven Bearbeitung und Lösung von Konflikten in einer Organisation. Die Entwicklung erfolgt mit einer repräsentativen Auswahl von Beteiligten aus der Organisation und externen KKS BegleiterInnen (Meta-MediatorInnen), in einem längeren iterativen und dialogischen Prozess (Meta-Mediation) und Methoden aus der Aktionsforschung (Lisa Waas).

[3] Zu Beginn des Studiengangs haben sich die Studierenden und DozentInnen darauf verständigt, dass es nicht Konfliktlösungssystem, sondern Konfliktklärungssystem heißen soll, da das zu schaffende System Instrumente und Verfahrensweisen für die Konfliktklärung bereitstellen soll und nicht automatisch zu einer Konfliktlösung führt.

[4] Die Skalierung richtet sich nach den Eskalationsstufen von Glasl (8. Aufl. 2004)

[5] Es folgt eine beispielhafte Aufzählung aus mehreren Bereichen: Die Anwendung des Dialogs erstreckt sich vom Dialog in der Schule und der elterlichen Erziehung (Juul, 1997), Dialog in der Schule (Henting, 2003) und im universitären Diskurs (Siebert, 1999), in der Tiefenpsychologie (Kast 1999) und sogar Dialoge im Gefängnis. John Garrett praktizierte Dialoge im Gefängnis. Es ging ihm darum, den Gefangenen zu helfen, ihre Gefühle anders als über Gewalt auszudrücken. (Erlebnisbericht in Isaacs, 2002, S.306-310). Auch in politische- gesellschaftlichen und interkulturellen Feldern wird der Dialog praktiziert. Mohammad Khatami (2000) beschäftigt sich mit dem Dialog im Iran und Desmond Tutu (1999) steht für den Versöhnungsprozess in Südafrika. Er geht davon aus, dass durch den Dialog die Wahrheitsfindung erfolgt.

[6] Hartkemeyer, 2005, Interview mit Dan Bar-On S.292-299

[7] Fest steht lediglich, dass es sich um eine Einzelfallstudie handelt, in der diese vorgefundene einmalige Situation mit dem PT untersucht wird. Es kann jedenfalls nicht mit einer Vergleichsstudie gearbeitet werden, da sich eine mögliche zweite, zu vergleichende Dialoggruppe aus anderen Personen zusammensetzen würde und ein Vergleich nicht möglich ist. Entscheidende Faktoren des DV sind die Gesamtpersönlichkeit der TeilnehmerInnen, nicht miteinander verglichen werden können.

[8] auch als Quasi- Experiment bezeichnet

[9] In der qualitativen Sozialforschung wird allgemein von teilnehmender Beobachtung gesprochen, wenn die ForscherInnen im Feld beobachten. Der „Prototyp“ der qualitativ-teilnehmende Beobachtung ist unstrukturiert, offen und aktiv teilnehmend (Atteslander (12. Aufl. 2008) S. 87).

[10] In der qualitativen Sozialforschung wird allgemein von teilnehmender Beobachtung gesprochen, wenn die ForscherInnen im Feld beobachten. Der „Prototyp“ der qualitativ-teilnehmende Beobachtung ist unstrukturiert, offen und aktiv teilnehmend (S. 87).

Excerpt out of 70 pages

Details

Title
Das Dialogverfahren im konstruktiven Konfliktklärungssystem einer sozialen Einrichtung
Subtitle
Eine empirische Studie in einem Senioren- und Pflegeheim in Deutschland
Course
Masterstudiengang Master of Arts in Mediation und Konfliktforschung
Grade
1,9
Author
Year
2009
Pages
70
Catalog Number
V209852
ISBN (eBook)
9783656379911
ISBN (Book)
9783656380993
File size
714 KB
Language
German
Keywords
Konfliktklärungssysteme, Konfliktklärung, Mediation, Dialogverfahren, Konfliktfähigkeit Kommunikation Dialog
Quote paper
Barbara Lenze (Author), 2009, Das Dialogverfahren im konstruktiven Konfliktklärungssystem einer sozialen Einrichtung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209852

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Title: Das Dialogverfahren im konstruktiven Konfliktklärungssystem einer sozialen Einrichtung



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