Die Wiederkehr der Décadence des Fin de Siècle in Christian Krachts "Faserland"

Ein Vergleich mit Joris-Karl Huysmans’ "Gegen den Strich"


Bachelorarbeit, 2011

57 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die literarische Décadence um 1900
2.1 Eine Literaturströmung des Fin de Siècle
2.2 Kennzeichen und Motive
2.2.1 Ennui
2.2.2 Lebensferne und Isolierung
2.2.3 Ästhetizismus
2.2.4 Die Figur des Dandys
2.3 Joris-Karl Huysmans: Gegen den Strich
2.3.1 Die Bibel der Décadence
2.3.2 Huysmans und Des Esseintes

3. Popliteratur um 2000
3.1 Entwicklung und Definition
3.2 Kennzeichen und Motive des Pop-Romans
3.3 Popliteratur — ein Phänomen der Spaßgesellschaft?
3.4 Tristesse Royale
3.4.1 Ennui
3.4.2 Ästhetizismus
3.4.3 Der Dandy — mediale Selbstinszenierung oder literarische Figur?
3.5 Christian Kracht: Faserland
3.5.1 Gründungsroman der Popliteratur
3.5.2 Kracht und sein Ich-Erzähler

4. Vergleich von Gegen den Strich und Faserland.
4.1 Inhaltliche Parallelen
4.2 Gemeinsame Motive
4.2.1 Ennui und Lebensferne
4.2.3 Das Dandy-Motiv
4.2.2 Ästhetizismus als Weltflucht
4.3. Die Décadence: einjahrhundertwendephänomen?

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„How to be a dandy in the age of mass culture?“[1]

Diese Frage stellte sich Susan Sontag bereits 1964 in ihrem Aufsatz Noies on „Camp“, in dem sie diskutiert, wie es im Zeitalter der sich zunehmend verbreitenden Popkultur noch den klassischen Dandy des Fin de Siècle geben kann. Die so genannten Pop-Autoren der 1990erjahre, wie z. B. Christian Kracht, haben auf diese Frage scheinbar eine Antwort gefunden. Wie ist es sonst zu erklären, dass sie sowohl in den Feuilletons der deutschen Presse als auch von Literaturwissenschaftlern als dekadente Dandys betitelt wurden? So urteilte Iris Radisch 1999 in der ZEIT, die „jungen Herren“ seien „Dandys der Popmoderne“, die „Literatur und Lebensstil zur Deckung bringen wollen“[2]. Und Johannes Ullmaier bezeichnet in seinem Abriss der Geschichte der deutschen Popliteratur Von Add nach Adlon und zurück nicht nur Krachts Faserland als „Auftaktwerk und eigentliches Manifest der Markendandy-Literatur“[3], sondern auch den Text Tnstesse Foyale, der auf einer Gesprächsrunde des „popkulturellen Quintetts“[4] im Berliner Luxushotel Adlon basiert, als „Ausgrabung noch weit älterer Fin-de-siècle- Erlebnissehnsüchte“[5]. Die Verbindung zwischen Popliteratur und der Décadence um 1900 wurde also in erster Linie durch das dandyhafte Erscheinungsbild der Pop-Autoren hervorgerufen. Durch ihr dekadentes Auftreten und ihre ästhetizistischen Prinzipien schienen sie eine Assoziation mit der Décadence des Fin de Siècle geradezu zu provozieren. Doch vollzog sich die scheinbare Wiederkehr der Décadence auch in den Werken der Autoren?

Mit dieser Frage beschäftigt sich die vorliegende Arbeit. Anhand des Vergleiches von Christian Krachts Faserland (1995) mitJoris-Karl Huysmans’ Gegen den Strich (1884) werde ich untersuchen, ob und auf welche Weise sich die Motive der Décadence in der Popliteratur wiederholen. Die beiden Werke eignen sich für einen Vergleich deshalb so gut, weil sie jeweils als repräsentative Werke ihrer Strömung betrachtet werden können. So gilt Gegen den Strich als „Bibel der Décadence“[6], deren Protagonist Des Esseintes das Endzeitgefühl der Jahrhundertwende nahezu prototypisch repräsentiert. Er diente z. B. auch als Vorlage für weitere dekadente Figuren jener Zeit, wie etwa für Oscar Wildes Dorian Gray. Genauso ist 'Faserland ein repräsentatives Werk der Popliteratur, da es den Beginn der Popliteratur-Debatte markierte. Moritz Baßler bezeichnet den Roman in seinem Buch Der deutsche Pop-Roman als „Gründungsdokument einer literarischen Bewegung“[7] und genauso wird auch dessen Ich-Erzähler oftmals als prototypisches Beispiel für das Lebensgefühl seiner orientierungslosen Generation gesehen.[8]

In beiden Romanen handelt es sich bei den Protagonisten um junge, wohlhabende und dekadente Männer, die es nicht schaffen, ihren Platz in der ihnen verhassten Gesellschaft zu finden und sich deshalb von ihr isolieren. In einem Vergleich gilt es somit zu untersuchen, durch welche literarischen Motive sich diese Thematik jeweils in den beiden Romanen äußert und inwiefern es sich dabei um gemeinsame Motive handelt. Weiterhin soll erarbeitet werden, wie es zu erklären ist, dass scheinbar ähnliche Dekadenzmotive wie im Fin de Siècle fast 100 Jahre später, kurz vor der nächsten Jahrhundertwende, in einem Pop-Roman wieder auftauchen, obwohl die gesellschaftlichen Umstände sich inzwischen enorm verändert haben. Handelt es sich bei der Popliteratur also tatsächlich um eine „Neo-Décadence“[9], wie es Heinz Drügh in dem Band Depressive Dandys formuliert? Oder spielen die Pop-Autoren bewusst ironisch mit den Topoi der Décadence, ganz im Sinne von Susan Sontags Camp-Begriff, der impliziert, dass der moderne Dandy alles in Anführungsstrichen sehe?

Um diese Fragen beantworten zu können, werde ich zunächst die literarische Décadence um 1900 genauer definieren und ihre Kennzeichen und Motive erläutern. Im nächsten Schritt stelle ich der Décadence die Popliteratur um 2000 entgegen. Ich werde zuerst darauf eingehen, wie der umstrittene Begriff der Popliteratur definiert werden kann, bevor ich schließlich die gesellschaftlichen Hintergründe dieser literarischen Strömung erläutern werde. Dabei beziehe ich mich zu einem großen Teil auf das Werk Tristesse Royale (1999), denn es spiegelt die Einstellung der Pop-Autoren zur Gesellschaft wieder und gilt als popliterarisches Manifest. Zudem enthält das Werk offensichtliche Verweise auf das Fin de Siècle, die es herauszustellen und zu analysieren gilt. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die dekadente Selbstinszenierung der Autoren, die eine nähere Betrachtung erfordert. Am Ende der beiden Kapitel „Décadence“ und „Popliteratur“ werde ich jeweils ihre repräsentativen Romane Gegen den Strich und Faserland vorstellen, um schließlich in einem dritten Teil der Arbeit, beide Strömungen in einem Vergleich der Romane zusammenzuführen und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Das Ziel der Arbeit ist es, die gemeinsamen literarischen Motive der Décadence und der Popliteratur herauszustellen und somit zu ergründen, inwiefern es tatsächlich eine Wiederkehr der Décadence in der Popliteratur gegeben hat und wie diese zu erklären ist.

2. Die literarische Décadence um 1900

2.1 Eine Literaturströmung des Fin de Siècle

Das Fin de Siècle ist eine Kultur- und Literaturepoche, die etwa von 1880 bis 1914 datiert werden kann. Die französische Bezeichnung bedeutet „Ende desjahrhunderts“ und bezieht sich auf die Endzeitstimmung und den Kulturpessimismus, die bei europäischen Künstlern mit dem Ende des 19. Jahrhunderts einhergingen.[10] Ausgelöst wurde diese Stimmung durch gesellschaftliche Veränderungen, wie die zunehmende Technisierung und Industrialisierung, die so rasant voranschritten, dass sich offensichtlich eine neue Zeit ankündigte. Die daraus hervorgehende Beschleunigung des Lebens, die sich vor allem in der zunehmenden Verstädterung und in neuen, revolutionären technischen Erfindungen äußerte, wirkte nicht nur auf das staatstragende Bildungsbürgertum extrem verunsichernd, sondern auch auf die Künstler. Im Spannungsfeld zwischen Säkularisation und Revolution waren die traditionellen Werte in den Hintergrund getreten, so dass das Individuum, umgeben von unzähligen unterschiedlichen Gruppierungen, kaum noch feste Orientierungspunkte hatte. Nichts schien mehr dazu geeignet zu sein, um die Gefühlsleere, die die Herausbildung der Massengesellschaft verursachte, zu kompensieren.[11] Das positivistische Weltbild hatte sich durchgesetzt, was dazu führte, dass das Individuum sich dem gegenüber verloren und von der Welt entfremdet fühlte.[12] Reizbarkeit, Nervosität, Exzentrik oder Angstzustände waren zu jener Zeit häufige Krankheitssymptome.[13] In der Literatur äußerte sich diese Stimmung zum Einen durch die Abkehr vom Naturalismus und zum Anderen durch die Thematisierung von Untergang und Verfall. Es entstanden verschiedene, sich überschneidende Stilrichtungen, wie z. B. der Symbolismus, der Impressionismus, sowie die Décadence, die sich alle als Gegenbewegungen zur „ästhetisch verarmten Industriegesellschaft“[14] verstanden. Für diese Künstler stand nun nicht mehr die Abbildung der Außenwelt im Vordergrund, sondern die Psyche des Individuums.[15] Auf die Entfremdung folgte also zunächst eine „exzessive Egozentrik“[16].

Der Ausdruck „Décadence“ (mlat. decadentia — Verfall, Niedergang, Entartung)[17] bezog sich ursprünglich auf den Untergang des Römischen Reiches. Seit der Antike waren die Ursachen und Motive für den Verfall Roms immer wieder ein vielfach reflektiertes Thema gewesen, das stets auf die Erkenntnis hinauslief, dass alles Bestehende nicht ewig dauern könne, sondern dem Untergang geweiht sei.[18] Ende des 19. Jahrhunderts wurde diese Verfallsthematik von französischen Dichtern wie Théophile Gautier und Charles Baudelaire wieder aufgenommen, jedoch positiv umgewertet. Die Décadence wurde nicht mehr als beklagenswerter Verfall, sondern „als begrüßenswerte Grenzüberschreitung innerhalb einer Spätkultur“[19] betrachtet. Es verbreitete sich die Einstellung, die schließlich charakteristisch für das Fin de Siècle wurde, dass Krankheit und kultureller Verfall die geistigen und künstlerischen Fähigkeiten des Menschen steigern würden. Und so gründet sich die Dekadenzliteratur des Fin de Siècle auf exzessiven Beschreibungen von geschwächten, sensibilisierten Individuen, die geradezu eine Sucht nach neuen, starken Reizen entwickeln und infolgedessen gesellschaftliche Tabus brechen und zivilisatorische Grenzen überschreiten.[20] Insofern lässt sich das Décadence-Bewusstsein am Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur als Endzeitgefühl verstehen, sondern auch als Aufbruchswille. Denn durch das Bewusstsein der eigenen Dekadenz wird gleichzeitig deutlich, was früher vorhanden war und nun fehlt, wie etwa Willenskraft, nervliche Widerstandsfähigkeit oder das Gefühl, Teil einer Realität und einer Gemeinschaft zu sein. Durch die Verfeinerung der Sinne wurde versucht, diese Lebenskraft, oftmals vergeblich, wiederzugewinnen. Das Fin de Siècle ist damit nicht nur durch Kulturmüdigkeit und Lebensüberdruss geprägt, sondern auch durch die Sehnsucht nach einem Neubeginn.[21] Nicht umsonst markiert der Beginn des Ersten Weltkrieges das Ende dieser Epoche, wurde er doch von vielen als die Erlösung von der erdrückenden Langeweile des 19.Jahrhunderts empfunden.[22]

Die Décadence des Fin de Siècle zeichnet sich somit vor allem durch Ambivalenz aus. Auf der einen Seite steht das verlorene Individuum, das sich durch die industrialisierte und demokratisierte Gesellschaft bedroht fühlt und sich in sich selbst zurückzieht. Auf der anderen Seite steht die „Lust am Untergang“[23], das Berauschen an starken, extravaganten Reizen, um der Langeweile und der Banalität des Alltags in der modernen Gesellschaft zu entkommen. Diese Ambivalenz spiegelt sich in der Dekadenzliteratur deutlich wieder. Im Folgenden werden die typischen Kennzeichen und Motive dieser Literaturströmung skizziert.

2.2 Kennzeichen und Motive

Die Werke der Dekadenzdichtung sind alle von ähnlichen Motiven durchzogen. Laut Rasch, thematisierten die Décadents nur selten den gesellschaftlichen und moralischen Niedergang einer geschichtlichen Epoche. Auch wenn sie den Verfall „als allgemeines Schicksal einer Spätzeit verstanden“[24], stellten sie ihn doch meistens am Beispiel einzelner Menschen oder Familien dar. Dabei sind die Protagonisten oft geschwächte Individuen mit wenig Lebensenergie und schwachen Nerven, bei denen die Grenze zwischen Schwäche und Krankheit unscharf ist. Typisch ist, dass sie die Nachkommen starker und erfolgreicher Vorfahren sind.[25] Diese Gegenüberstellung von Generationen unterstreicht noch zusätzlich die Verfallsthematik. Der Décadent lebt somit mit der Erkenntnis, dass jedes Leben, so blühend es auch ist, unmittelbar auch mit dem Sterben verbunden ist. Diese Erkenntnis bewirkt eine widersprüchliche und damit auch instabile Lebenshaltung: einerseits wird das Leben in all seiner sinnlichen Pracht geschätzt, andererseits ist es auch immer mit Vergänglichkeit verbunden und wirkt somit abstoßend.[26] In den folgenden Ausführungen werde ich nicht auf alle Motive der Dekadenzdichtung eingehen,[27] sondern mich vor allem auf diejenigen Motive beschränken, mit denen ich auch im weiteren Verlauf der Untersuchung arbeiten werde. Die ausgewählten Motive Ennui, Lebensferne und Isolierung, Ästhetizismus, sowie die Figur des Dandys werden mir daher auch für den späteren Vergleich mit der Popliteratur dienen.

2.2.1 Ennui

Die geringe Lebensenergie des Décadent ergibt sich daraus, dass er sein Dasein als öde und sinnlos empfindet. Die Décadents nannten dieses Gefühl „l’ennui“. Dabei reicht die deutsche Übersetzung „Langeweile“ bei weitem nicht aus, um diesen Zustand zu erfassen. Der Begriff bezeichnet viel mehr einen quälenden und verhassten Überdruss, sowie das Gefühl einer sinnlosen Existenz. Verursacht wird dieser Überdruss vor allem dadurch, dass der Alltag als eine immer wiederkehrende Folge von monotonen und banalen Tätigkeiten empfunden wird. Der Décadent sieht weder Sinn, noch einen Wert in dieser Wirklichkeit und ist nicht mehr dazu imstande, das alltägliche Leben als Normalität zu akzeptieren. Daraus ergibt sich sein Welthass. Alles Natürliche und Bestehende empfindet er als wertlos und verachtenswert und es gibt nichts mehr, das seinen Willen erwecken könnte. Dementsprechend verachtet er die Menschen, die sich in diesen Alltag einfügen. Der Ennui hat zudem ein weiteres Décadence-Motiv zur Folge; die Reizsucht. Der Décadent ist so von seiner Umwelt gelangweilt, dass seine Nerven ermüdet sind und er immer stärkere und außergewöhnlichere Reize braucht, um überhaupt noch eine Regung der Nerven zu verspüren. Die Sucht nach immer neueren Reizen hat jedoch wiederum eine Überreizung zur Folge, die das Individuum schwächt.[28] Der Weltschmerz über die banale und abstoßende Wirklichkeit kann im Extremfall so groß werden, dass er sich tatsächlich körperlich auswirkt. In Huysmans Gegen den Strich wird am Protagonisten Des Esseintes diese Entwicklung geradezu beispielhaft beschrieben.

In seiner Gereiztheit, seinem Unbehagen und seiner Entrüstung über die Belanglosigkeit der Gedanken, die man austauschte und empfing, wurde er wie die Leute, von denen Nicole spricht: er wurde am ganzen Leibe schmerzempfindlich. Es kam dahin, daß er sich fortwährend die Haut wundriß, daß er unter den allmorgendlich in den Zeitungen ausgebreiteten patriotischen und gesellschaftlichen Albernheiten litt.[29]

Das Individuum, geprägt von Welthass und der daraus resultierenden Willensschwäche, ist unfähig, sich der Wirklichkeit anzupassen und bewegt sich stattdessen passiv am Rande der Gesellschaft.[30] Es ist damit mehr Zuschauer als Handelnder. Daraus ergeben sich die nächsten typischen Décadence-Motive; die Lebensferne und die Isolierung.

2.2.2 Lebensferne und Isolierung

Die Unfähigkeit sich anzupassen und aktiv am Leben teilzunehmen, aber auch die Unfähigkeit Mitgefühl für seine Mitmenschen zu empfinden führten dazu, dass sich der Décadent in einer kaum zu überwindenden Ferne zum Leben befand. Dieser Zustand ging mit Einsamkeit und Isolierung einher. Rasch begründet diese Isolierung vor allem durch die zunehmende Beziehungslosigkeit in den europäischen Großstädten des 19. Jahrhunderts, in denen die nebeneinander her lebenden Menschen sich kaum noch miteinander verbunden fühlten.[31] Die sensiblen Décadents litten einerseits unter diesem Zustand, andererseits kosteten sie diesen auch aus. So bildet sich zu jener Zeit die Symbolfigur des Flaneurs heraus, der die Anonymität der Großstadt nutzt, um darin unterzutauchen und aus der Distanz heraus melancholische Eindrücke für sein „kahles seelisches Interieur“[32] zu sammeln.

Bezieht man die Tatsache mit ein, dass dekadente Künstler die Wirklichkeit mit Verachtung betrachteten, so muss man davon ausgehen, dass die Isolation freiwillig von ihnen gewählt wurde, weil sie nicht daran glaubten, dass ihre Einsamkeit durch die Teilnahme am banalen Lebensalltag gemildert würde.[33] Ganz im Gegenteil erhofften sie sich gerade von einem Rückzug aus der Gesellschaft eine Linderung ihres Weltschmerzes. Auch dafür ist Des Esseintes in Gegen den Strich ein musterhaftes Beispiel. Von den Massen und dem Treiben in der Großstadt erschöpft, zieht er sich vollkommen von den Menschen zurück, um sich nur noch um die Befriedigung seiner individuellen Bedürfnisse zu kümmern.

Ernüchtert, allein und erbärmlich leer gepumpt fand er sich wieder und erflehte ein Ende, das die Feigheit seines Fleisches ihm verwehrte. Seine Vorstellung sich weitab von der Welt zu verkriechen, sich in einen Schlupfwinkel zu verziehen und brausenden Lärm des unerbittlichen Lebens zu dämpfen, so wie man etwa für manche Kranke die Straße mit Stroh bestreut, nahm immer deutlicher Gestalt an.[34]

Dieser Lebensentwurf, sich vom natürlichen Leben zurückzuziehen und sich in der Abgeschlossenheit ein künstliches Leben zu schaffen, führt gleichzeitig zum nächsten wichtigen Motiv der Décadence: dem Ästhetizismus.

2.2.3 Ästhetizismus

Das Metzler Literatur Lexikon führt zwei mögliche Definitionen von Ästhetizismus auf. Im Rahmen dieser Arbeit ist mit Ästhetizismus weniger „eine Theorie radikaler Kunstautonomie“ gemeint, sondern viel mehr der „Themen- und Motivkomplex von Künstlichkeit, Schönheitskult und Ästhetentum“[35], der in der Dekadenzliteratur eine wichtige Rolle spielt.

Die Décadents lehnten alles Natürliche ab und ersetzten es durch Künstlichkeit, da die Natur in ihren Augen niedrig und wertlos war.[36] Guy de Maupassants erklärte die Feindschaft gegenüber der Natur damit, dass diese den Menschen ständig zum Tier degradiere.[37] Und so grenzte sich der Décadent von der Natur ab, indem er versuchte die Wirklichkeit soweit wie möglich zu ästhetisieren. Dabei löste er sich von allen moralischen und gesetzlichen Regeln der bürgerlichen Gesellschaft und richtete seine komplette Weltsicht nach dem Prinzip der Ästhetik aus, was bedeutet, dass er alles nach seiner äußeren Erscheinung bewertete.[38] Das unterstreicht ein weiteres Mal die passive Lebenshaltung des Décadent; anstatt aktiv zu handeln, wollte er die Welt lediglich betrachten. Dafür versuchte er der Wirklichkeit, die ihm immer hässlicher und abstoßender erschien, zu entkommen, indem er sich eine ästhetisierte Gegenwelt schuf, in der er ungestört seine Sinne an „schöner“ Kunst und Literatur berauschen konnte.[39] Edelsteine und Edelmetalle waren dabei häufige Motive der dekadenten Kunst. Sie hoben sich nicht nur durch ihre Schönheit vom banalen Alltag ab, sondern verkörperten auch eine Unvergänglichkeit, die sie gegenüber der sich stets zersetzenden Natur überlegen machte.[40] Als Beispiel dafür bietet sich wiederum Gegen den Strich an. Des Esseintes widmet seine Zeit in der selbst gewählten Isolation hauptsächlich dem Genuss von Farben, Düften, Literatur oder prachtvollen Kunstwerken, wie etwa den Salome-Bildnissen von Gustave Moreau. Salome, die bei Moreau als Femme Fatale auftritt,[41] ist auf den Bildern vollkommen mit edlem Schmuck behangen. In Des Esseintes’ Wahrnehmung blitzen „die festgeklebten Diamanten [...] auf der feuchtglänzenden Haut; Armbänder, Gürtel und Ringe speien Funken; auf ihrem perlenbesetzten, silberberankten, golddurchwirkten Prunkgewand entflammt das Kettenhemd aus Geschmeide, dessen Maschen Juwelen sind“[42]. Diese Beschreibung seiner Wahrnehmung verdeutlicht, wie sehr der Anblick eines solchen Prunkes ihn in Aufruhr versetzt. Durch derartige Reize kann er sich in eine rauschhafte Traumwelt hinein phantasieren und entflieht somit der Wirklichkeit. Wie wichtig ihm Schönheit und Ästhetik sind, wird an einem weiteren extremen Beispiel deutlich. Um die Farbe eines Orientteppichs lebendiger erscheinen zu lassen, lässt er eine lebendige Schildkröte mit einer Goldglasur überziehen und ihren Panzer mit Edelsteinen ausstatten.[43] Die Freude daran währt allerdings nicht lange, da die Schildkröte bald schon an dem „gleißenden Luxus, den man ihr aufzwang“[44] stirbt.

Damit ist das Problem der ästhetischen Weltsicht offensichtlich. Der Décadent versucht alles zu ästhetisieren und diesen Zustand dann zu einem Dauerzustand zu machen. Dies ist allerdings nicht möglich, da er trotz aller Ästhetik immer noch seinem Lebenserhaltungstrieb unterliegt und von der Schönheit allein schließlich nicht leben kann.[45] Alle bisher vorgestellten Décadence- Motive vereinen sich schließlich in der Figur des Dandys, die typisch für die Dekadenzliteratur ist.

2.2.4 Die Figur des Dandys

Charles Baudelaire, selbst ein überzeugter Dandy,[46] definiert die sozialgeschichtlichen Entstehungshintergründe des Dandytums 1868 wie folgt.

Das Dandytum tritt besonders in den Übergangsperioden auf, in denen die Demokratie noch nicht allmächtig, die Aristokratie erst teilweise wankend geworden und diskreditiert ist. In den Wirren solcher Zeitläufte kann es geschehen, daß einige Männer, die deklassiert, angeekelt und zur Untätigkeit verurteilt, alle aber voller angeborener Kraft sind, auf den Gedanken kommen, eine neue Art von Adel zu bilden [...]. Das Dandytum ist das letzte Aufflammen von Heroismus in einer Zeit des Niederganges.[47]

Dieser Erklärungsansatz spiegelt die bereits dargestellte Endzeitstimmung des Fin de Siècle wieder. Der Dandyismus scheint demnach ein Versuch zu sein, den Ennui und das Gefühl von Leere, das die gesellschaftlichen Veränderungen auslösten, zu umgehen. Indem der Dandy einen Kult um seine eigene Person schafft, versucht er sich von der demokratischen Masse abzuheben und damit dem Verlust seiner Individualität entgegenzuwirken. Er erteilt der bürgerlichen Gesellschaft eine Absage und schafft als Gegenentwurf eine künstliche „Aristokratie des Geistes und des Geschmacks“[48]. Doch was macht den Dandy genau aus? Oberflächlich betrachtet zeichnet er sich in erster Linie durch einen extravaganten Lebensstil und elegante Kleidung aus. Sein Auftreten in der Öffentlichkeit ist bewusst künstlich und inszeniert, da er sich schließlich von der Menge abheben möchte. Dazu gehört ebenfalls ein selbstgefälliger und arroganter Habitus.[49] Der Dandy ist so sehr darauf bestrebt, sich selbst zu einer unverwechselbaren Persönlichkeit zu stilisieren, dass er niemanden an sich heran lässt, der ihn möglicherweise emotional aus dem Gleichgewicht bringen könnte. Er ist somit ein sozialer Einzelgänger, der sich in seiner selbst gewählten melancholischen Einsamkeit nur mit sich selbst beschäftigt und damit einen idealen Nährboden für Ironie, Zynismus und Nihilismus schafft. So zeichnet er sich stets durch ein kühles und distanziertes Auftreten, sowie durch eine scharfe Beobachtungsgabe aus. Diese äußert sich in ironisch-satirischen Bemerkungen, mit denen er die Schwächen und Fehler seiner Mitmenschen kritisch hervorhebt, um sich selbst wiederum als überlegen zu demonstrieren. Um diese Überlegenheit und die Unabhängigkeit von anderen Menschen zu bewahren, vermeidet er es, Gefühle zu zeigen und wirkt deshalb stets lässig und gelangweilt. Der Germanist Hans-Joachim Schickedanz begründet diese Haltung damit, dass sich hinter der künstlichen, unnahbaren Fassade des Dandys eine „tiefe Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit, nach Wärme und Zuneigung“[50] verbirgt, die er versucht hinter seiner künstlichen Pose zu verbergen.[51] Er entscheidet sich also ganz bewusst dafür, sich von nichts und niemandem rühren zu lassen und ist sich zudem darüber im Klaren, dass sein blasiertes Auftreten lediglich eine Maske ist. Laut Hiltrud Gnüg resultiert aus dieser Selbstreflektiertheit seine Überlegenheit dem Bürgertum gegenüber, denn dieses realisiert nicht, dass es die gesellschaftlichen Normen lediglich aus Bequemlichkeit und Angst verinnerlicht habe.[52] Der Dandy trotzt diesen gesellschaftlichen Normen ganz bewusst, indem er beispielsweise keiner Arbeit nachgeht und sich ganz dem Müßiggang widmet. Sein Ansehen in der Gesellschaft verdankt er lediglich seinem „stilisiertem Gehabe“[53], mit dem er sich in Clubs und Salons, den sozialen Treffpunkten um diejahrhundertwende, der Öffentlichkeit präsentierte.[54] Angesichts dieser Beschreibungen des Dandys, ist der These Gnügs zuzustimmen, der Dandy verkörpere die Kultivierung einer ästhetischen Lebenshaltung.[55] Insofern gibt es Schnittstellen zwischen dem Dandy und dem Décadent. Beide Typen machen den Ästhetizismus zu ihrem obersten Lebensprinzip, um sich damit von der gesellschaftlichen Wirklichkeit und ihren Problemen abzugrenzen. Beide leiden unter dem Ennui und versuchen durch die Konzentration auf das Schöne und Geistreiche einem Verlust ihrer Individualität entgegenzuwirken. Aufgrund der starken Ähnlichkeiten zwischen den beiden Figuren ist es schwierig, einen exakten Unterschied zwischen dem Décadent und dem Dandy auszumachen. Ich folge deshalb in diesem Punkt der Ansicht von Schickedanz, der feststellt, dass Dandyismus, Dekadenz und Fin de Siècle unmittelbar miteinander verknüpft seien und dass die Dekadenz „zweifellos der Ausdruck eines dandyistischen Lebensgefühls“[56] sei. Weiterhin kann auch Gnügs These zugestimmt werden, der Décadent sei eine extreme Weiterentwicklung des „klassischen“ Dandys. Während der Dandy noch ein Provokateur innerhalb der Gesellschaft ist, der bewusst von oben herab und ironisch mit den gesellschaftlichen Normen spielt, ist der Décadent in künstlicher Isolation nur noch mit dem Reizen seiner Sinne beschäftigt und leidet deshalb stärker am Ennui. Gnüg bezeichnet deshalb den Dandy als Ästheten und den Décadent als Ästhetizisten.[57]

Das perfekte Beispiel für eine Verbindung von Dekadenz und Dandytum findet sich wiederum in der Figur des Des Esseintes in Gegen den Strich. Er ist der letzte Nachkomme einer adligen, französischen Familie, die durch Inzest an Lebenskraft verloren hat. Seine Kindheit erscheint als „düster“[58] und ist durch Krankheit gezeichnet. Auch die Eltern sind so sehr mit ihrem eigenen Leiden beschäftigt, dass sie sich nicht um ihn kümmern und er schließlich ohne eine engere Beziehung zu ihnen in einer Jesuiten-Schule aufwächst. Dort zeigt sich bereits sein Hang dazu, sich von anderen abzugrenzen und bewusst die Einsamkeit zu suchen: „Er las oder träumte, löschte seinen Durst bis zum Anbruch der Nacht mit Einsamkeit.“[59] Nach dem Verlassen der Schule sucht er seinen Platz in der Gesellschaft und versucht sich in unterschiedlichen Milieus anzupassen. Doch dies gelingt ihm weder in seiner adeligen Familie, noch bei den „jungen Leuten seines Alters und Standes“[60] und schon gar nicht bei den Literaten, bei denen er sich eine Geistesverwandtschaft erhofft, stattdessen aber nur Engstirnigkeit und Banalität findet.[61] Und so erkennt er, dass es in der ihm verhassten Gesellschaft keinen Platz für ihn gibt.

Seine Verachtung für die Menschen wuchs; er begriff schließlich, daß sich die Welt zum Großteii aus Maulhelden und Dummköpfen zusammensetzte. Er durfte entschieden nicht die geringste Hoffnung hegen, bei anderen die gleichen Sehnsüchte, die gleichen Abneigungen zu entdecken, nicht die geringste Hoffnung, sich mit einer Intelligenz zusammenzutun, die sich, gleich der seinen, in einer regen Abgelebtheit gefiele[62]

Um seinem Lebensüberdruss zu entkommen, sucht er von nun an vergeblich Zuflucht in außergewöhnlich Reizen und Erfahrungen. Ganz nach der Definition des Dandys verspürt er dabei die Notwendigkeit „sich von den anderen abzuheben“[63]. Dafür richtet er nicht nur seine

Wohnräume exzentrisch ein, sondern achtet auch penibel darauf, durch seine Kleidung und sein Verhalten aus der Masse hervorzustechen.

Er erwarb sich den Ruf eines Exzentrikers, den er vollends erhärtete, indem er sich in weißsamtene Anzüge und Westen aus Goldstoff kleidete, anstelle der Krawatte einen Strauß Parmaveilchen in den tiefen, bogenförmigen Halsausschnitt eines Hemdes steckte, und den Literaten aufsehenerregende Diners gab, unter anderen eines, das so ähnlich schon einmal im 18. Jahrhundert stattgefunden hatte. Um irgendein belangloses Missgeschick zu begehen, organisierte er einen Leichenschmaus.[64]

Insofern ist Des Esseintes eine musterhafte Verkörperung des Dandys. Von der Gesellschaft abgestoßen, schafft er sich seine eigene künstliche Gegenwelt, in der er sich selbst zu einer exzentrischen Persönlichkeit stilisiert. Dabei ist er zunächst noch ein Provokateur innerhalb der Gesellschaft, die er verächtlich von oben herab betrachtet. Unter der Oberfläche leidet er jedoch an Einsamkeit und tiefer Melancholie, die sich mit dem Verfall seiner Familie und der nicht vorhandenen Beziehung zu den Eltern erklären lässt. Hier bestätigt sich die Theorie von Schickedanz. Unter der kühlen, exzentrischen Fassade Des Esseintes’ verbirgt sich eine tiefe Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit. Daher erwächst auch sein Wunsch nach einer „reglosen und warmen Arche, in die er sich, weitab von der unaufhörlichen Sintflut der menschlichen Torheit, flüchten würde“[65]. Nachdem ihn nichts mehr innerhalb der Gesellschaft reizen kann, nicht einmal mehr das Vergnügen, andere durch seine Extravaganz zu verblüffen, zieht er sich schließlich in die Einsamkeit zurück, wo er sich komplett dem Genuss der Künstlichkeit widmet. Insofern vollzieht er, wie es Gnüg beschreibt, eine Entwicklung vom „klassischen“ Dandy zum passiven Décadent, der schließlich an der Isolation und seiner komplett ästhetizistischen Weltsicht scheitert.

Als Vorlage für Des Esseintes diente Huysmans neben seinen dandyhaften Lieblingsautoren, wie Baudelaire, Poe oder Mallarmé, vor allem der Graf Robert de Montesquiou, der zu seiner Zeit ein berühmter Dandy war. Huysmans ließ sich bei der Gestaltung seines Protagonisten so sehr von dessen eleganter Kleidung und seinem extravaganten Einrichtungsstil inspirieren, dass einige Literaturkritiker davon ausgingen, der Roman sei eine Karikatur des ästhetizistischen Décadents um die Jahrhundertwende. Dagegen spricht allerdings nicht nur, dass die Décadence-Bewegung erst nach dem Erscheinen des Romans größere Bedeutung erlangte, sondern auch, dass sich in Des Esseintes viele der ästhetischen Urteile von Huysmans selbst widerspiegeln.[66] Im Folgenden werde ich näher auf den Inhalt von Gegen den Strich eingehen und die Bedeutung des Romans als Bibel der Décadence erläutern.

2.3 Joris-Karl Huysmans: Gegen den Strich

2.3.1 Die Bibel der Décadence

Der französische Roman Gegen den Strich (frz. Λ rebours) von Joris-Karl Huysmans erschien 1884 und gilt seitdem als die „Bibel der Décadence“ mit einem Protagonisten, der als „dekadenter Dandy par excellence“[67] bezeichnet werden kann. Tatsächlich lässt sich die Behauptung aufstellen, dass alles was theoretisch über die Décadence gesagt werden kann, sich auch in dem Roman wieder findet. Nicht zuletzt deshalb, weil das Buch zum „Kultbuch einer Dichtergeneration“[68] wurde und die Décadence-Bewegung maßgeblich beeinflusste.

Der Roman beginnt mit einem Vorbericht, in dem der Protagonist und seine Entwicklung vorgestellt werden. Herzog Jean Floressas Des Esseintes wird beschrieben als „graziler, junger Mann von dreißig Jahren, blutarm und nervös, hohlwangig und mit Augen von einem kalten Stahlblau“[69]. Seine schwächliche Konstitution, durch die er seine Kindheit fast ausschließlich in Krankheit verbracht hat, wird darauf zurückgeführt, dass er der letzte seines Geschlechts ist, welches sich selbst durch Inzest zugrunde gerichtet hat. Waren die Ahnen noch „athletisch gebaute Haudegen und furchterregende Krieger“[70], kam es mit der Zeit in diesem Haus immer mehr zu einer „Verweiblichung der Männer“[71]. Der Verfall ist damit gleich das erste Motiv, das Huysmans aufgreift. Des Esseintes scheint durch diesen Verfall geschwächt und sensibilisiert zu sein, was sich auch in seiner Entwicklung widerspiegelt. Wie bereits in Kapitel 2.2.4 dargestellt, entwickelt er sich im Laufe der Zeit immer mehr zu einem Dandy, der von der Gesellschaft enttäuscht und angewidert einen exzentrischen Lebensstil pflegt und immer wieder neue und außergewöhnliche Reize sucht, um der Banalität des Alltags zu entkommen. Doch weder luxuriöse Kleider oder Wohnungseinrichtungen, noch außergewöhnliche Frauenliebschaften können ihn befriedigen. Im Gegenteil, je mehr er unternimmt um seine Sinne zu reizen, desto mehr verschlimmert sich der Zustand seiner Nerven. Sein Lebensüberdruss wird schließlich so groß, dass er beschließt sich ganz aus der Gesellschaft zurückzuziehen und sich ein einsames Leben in einem Landhaus außerhalb von Paris einzurichten.[72] An dieser Stelle beginnt die eigentliche Handlung des Romans. Es folgen sechzehn Kapitel, die alle jeweils einen thematischen Schwerpunkt aufweisen. Die ersten beiden Kapitel befassen sich mit der exzentrischen Einrichtung des Landhauses. Des Esseintes’ penible Auswahl von Farben, Stoffen und sonstigen Einrichtungsgegenständen machen dabei sehr deutlich, dass er sich in eine vollkommen künstliche Welt zurückziehen möchte, in der er in Einsamkeit ungestört seinen eigenen Gedanken und Fantasien nachgehen kann. Dementsprechend künstlich gestaltet er auch seinen Tagesablauf.

[...]


[1] Susan Sontag: Notes on „Camp“. In: Against Interpretation and Other Essays. London 1967. S. 275-292; hier: S. 288.

[2] Iris Radisch: Mach den Kasten an und schau. Junge Männer unterwegs: Die neue deutsche Popliteratur reist auf der Oberfläche der Welt. http://www.zeit.de/1999/42/199942.l-aufmacher .xml (09.04.2011).

[3] Johannes Ullmaier: Von Acid nach Adlon und zurück: Eine Reise durch die deutschsprachige Popliteratur. Mainz 2001, S. 33.

[4] Joachim Bessing: Tristesse Royale. Das popkulturelle Quintett mit Joachim Bessing, Christian Kracht, Eckhart Nickel, Alexander v. Schönburg und Benjamin v. Stuckrad-Barre. München2 2002.

[5] Ullmaier: Von Acid nach Adlon und zurück, S. 32.

[6] Jens Malte Fischer: Fin de siècle. Kommentar zu einer Epoche. München 1978, S. 80.

[7] Moritz Baßler: Der deutsche Pop-Roman. Die neuen Archivisten. München2 2005, S. 111.

[8] Vgl. Sandra Mehrfort: Popliteratur: zum literarischen Stellenwert eines Phänomens der 1990er Jahre. Karlsruhe 2008, S. 119.

[9] Heinz Drügh: Dandys im Zeitalter des Massenkonsums. Popliteratur als Neo-Décadence. In: Tacke, Alexandra/Weyand, Björn (Hg.): Depressive Dandys. Spielformen der Dekadenz in der Pop-Moderne. Köln 2009, S. 80-100; hier: S.80.

[10] Vgl. Metzler Literatur Lexikon. Begriffe und Definitionen. Dieter Burdorf, Christoph Fasbender, Burkhard Moennighoff (Hg.). Begr. v. Gunther u. Irmgard Schweikle. Stuttgart3 2007, S. 243.

[11] Vgl. Stefan Bodo Würffel: Einleitung: Epoche — Politik — Kultur. Epocheneinheit — Epochenvielfalt. In: Haupt, Sabine/Würffel, Stefan Bodo (Hg.): Handbuch Fin de Siècle. Stuttgart 2008, S. 1-11; hier: S. 3—5.

[12] Vgl. Anne Amend-Söchting: Ichkulte. Formen gebündelter Subjektivität im französischen Fin de Siécle-Roman. Heidelberg 2001, S. 2.

[13] Vgl. Würffel: Einleitung, S. 5.

[14] Lissy Winterhoff: Ihre Pracht muß ein Abgrund sein, ihre Lüste ein Ozean. Die jüdische Prinzessin Salome auf der Bühne der Jahrhundertwende. Würzburg 1998, S. 57.

[15] Vgl. ebd., S. 57—59.

[16] Amend-Söchting: Ichkulte, S. 3.

[17] Metzler Literatur Lexikon. Begriffe und Definitionen, S. 142.

[18] Vgl. Wolfdietrich Rasch: Die literarische Décadence um 1900. München 1986, S. 17.

[19] Sabine Haupt: Länderpanorama. Frankreich. In: Haupt, Sabine/Würffel, Stefan Bodo (Hg.): Handbuch Fin de Siècle. Stuttgart 2008, S. 66-78; hier: S. 68.

[20] Vgl. ebd.

[21] Vgl. Wolfdietrich Rasch: Fin de Siècle als Ende und Neubeginn. In: Bauer, Roger und andere (Hg.): Fin de Siècle. Zur Literatur und Kunst derjahrhundertwende. Frankfurt am Main 1977, S. 30-49; hier: S. 44 f.

[22] Vgl. Würffel: Einleitung, S. 2.

[23] Rasch: Die literarische Décadence um 1900, S. 26.

[24] Rasch: Die literarische Décadence um 1900, S. 38.

[25] Vgl. ebd.

[26] Vgl. ebd., S. 46 f.

[27] Eine Aufstellung sämtlicher Motive der Décadence-Dichtung findet sich bei Rasch (1986).

[28] Vgl. Rasch, S. 54 f., S. 65.

[29] Joris-Karl Huysmans: Gegen den Strich. Übersetzt aus dem Französischen von Brigitta Restorff. München3 2007, S. 13 f.

[30] Vgl. Rasch: Die literarische Décadence um 1900, S. 57.

[31] Vgl. ebd., S. 101.

[32] Gerd Stein: Vorwort. In: Stein, Gerd (Hg.): Dandy — Snob — Flaneur. Dekadenz und Exzentrik. Kulturfiguren und Sozialcharaktere des 19. und 20.Jahrhunderts. Band 2. Frankfurt am Main 1985, S. 9-16; hier: S. 13.

[33] Vgl. Rasch, S. 101 f.

[34] Huysmans: Gegen den Strich, S. 15.

[35] Metzler Literatur Lexikon. Begriffe und Definitionen, S.51.

[36] Vgl. Rasch: Die literarische Décadence um 1900, S. 49.

[37] Vgl. Haupt: Länderpanorama, S. 68.

[38] Vgl. Rasch, S. 60.

[39] Vgl. Haupt, Sabine: Themen und Motive. Irrationalismus und Ästhetizismus. In: Haupt, Sabine/Würffel, Stefan Bodo (Hg.): Handbuch Fin de Siècle. Stuttgart 2008, S. 139-141; hier: S. 140.

[40] Vgl. Rasch, S. 46.

[41] Zur Rolle der Femme Fatale in der Décadence vgl. Winterhoff (1998).

[42] Huysmans: Gegen den Strich, S. 69 f.

[43] Vgl. ebd., S. 56 f.

[44] Ebd., S. 67.

[45] Vgl. Rasch: Die literarische Décadence um 1900, S. 59.

[46] Vgl. Hans-Joachim Schickedanz: Ästhetische Rebellion und rebellische Ästheten. Eine kulturgeschichtliche Studie über den europäischen Dandyismus. Frankfurt am Main 2000, S. 105.

[47] Charles Baudelaire: Der Dandy. In: Stein, Gerd (Hg.): Dandy — Snob — Flaneur. Dekadenz und Exzentrik. Kulturfiguren und Sozialcharaktere des 19. und 20. Jahrhunderts. Band 2. Frankfurt am Main 1985, S. 42-45; hier: S. 44.

[48] Schickedanz: Ästhetische Rebellion und rebellische Ästheten, S. 17.

[49] Vgl. Rasch: Die literarische Décadence um 1900, S. 53 f.

[50] Schickedanz: Ästhetische Rebellion und rebellische Ästheten, S. 20.

[51] Vgl. ebd., S. 18-20.

[52] Vgl. Hiltrud Gnüg: Kult der Kälte. Der klassische Dandy im Spiegel der Weltliteratur. Stuttgart 1988, S. 49.

[53] Rasch, S. 54.

[54] Vgl. Schickedanz, S. 20.

[55] Vgl. Gnüg: Kult der Kälte, S. 13.

[56] Schickedanz: Ästhetische Rebellion und rebellische Ästheten , S. 22.

[57] Vgl. Gnüg: Kult der Kälte, S. 291.

[58] Huysmans: Gegen den Strich, S. 8.

[59] Ebd., S. 10.

[60] Ebd., S. 12.

[61] Vgl. ebd., S. 13.

[62] Ebd.

[63] Ebd., S. 19.

[64] Huysmans: Gegen den Strich, S. 20.

[65] Ebd., S. 14.

[66] Vgl. Gnüg: Kult der Kälte, S. 282 f.

[67] Schickedanz: Ästhetische Rebellion und rebellische Ästheten, S. 134.

[68] Gnüg: Kult der Kälte, S. 274.

[69] Huysmans: Gegen den Strich, S. 8.

[70] Ebd., S. 7.

[71] Ebd., S. 8.

[72] Vgl. ebd., S. 14-16.

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Die Wiederkehr der Décadence des Fin de Siècle in Christian Krachts "Faserland"
Untertitel
Ein Vergleich mit Joris-Karl Huysmans’ "Gegen den Strich"
Hochschule
Universität Bremen
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
57
Katalognummer
V209879
ISBN (eBook)
9783656379904
ISBN (Buch)
9783656381259
Dateigröße
1120 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Décadence, Popliteratur, Huysmans, Fin de Siècle, Kracht, Faserland
Arbeit zitieren
Elena Schefner (Autor:in), 2011, Die Wiederkehr der Décadence des Fin de Siècle in Christian Krachts "Faserland", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209879

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