Leseprobe
Gliederung:
Abbildungsverzeichnis, Tabellenverzeichnis, Abkürzungen
1. Einführung
2. Demographische Auswirkungen auf das Personalmanagement
2.1. Demografie und ihre statistischen Entwicklungen
2.2 Ursachen für den demographischen Wandel
2.3 Deutschland im internationalen Vergleich in der Bevölkerungsentwicklung
2.4 Auswirkungen der demographischen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt
2.5 Personalpolitische Konsequenzen und Handlungsfelder
3. Theoretischer Ansatz des Employer Brandings
3.1. Entwicklung des Personalmarketings und begriffliche Abgrenzung zum Employer Branding
3.2. Gegenstand des Employer Brandings
3.3. Funktionen der Employer Brand
3.4. Wirkungsbereiche des Employer Brandings
3.5. Positive Effekte und Risiken des Employer Brandings
4. Recruiting als zentraler Bestandteil einer Employer Branding Strategie
4.1 Gegenstand des Recruiting
4.2 Arten und Wege der Personalbeschaffung
4.3 Trends im Recruiting
4.3.1 E-Recruiting
4.3.2 Einsatz von Social Media in der Personalbeschaffung
4.3.3 „Mobile Recruiting“
5. Schlussbetrachtung
Literatur
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Altersaufbau in Deutschland am 31.12.1910
Abbildung 2: Altersaufbau in Deutschland am 31.12.1950
Abbildung 3: Altersaufbau in Deutschland am 31.12.2010
Abbildung 4: Arbeitsmarktbilanz in Deutschland von 1991 bis 2025
Abbildung 5: Stellenanzeige der Fahrion Engineering GmbH
Abbildung 6: Funktionen und Wirkungsbereiche der Employer Brand
Abbildung 7: Entwicklung von Karrierewebsites
Abbildung 8: Die Karrierewebsite als Verbindung zwischen EB und E-Recruiting
Abbildung 9: Twitterstartseite der Deutschen Bahn
Tabellenverzeichnis:
Tabelle 1: Trends im Recruiting 2012
Abkürzungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung
Die demographische Bevölkerungsentwicklung ist in Deutschland ein aktuelles Thema, welches Unternehmen und Wissenschaft gleichermaßen beschäftigt. Bereits in den 1980er und 1990er haben Bevölkerungsforscher und Sozialwissenschaftler auf die demographischen Veränderungen in Deutschland hingewiesen, dennoch wurde die Thematik innerhalb der Politik und Gesellschaft bis Ende der 1990er tabuisiert. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden diese Veränderungen durch verschiedene Medien mit der Bemerkung, dass wichtigen Aspekten zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird, angemahnt (Frevel, 2004, S. 7). Bisher wurden die demographischen Auswirkungen auf die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme häufig, insbesondere der Altersversorgung, in das öffentliche Bewusstsein gerufen. Weit weniger bekannt ist „dagegen die Tatsache, dass auch die Erwerbsbevölkerung altert: Während das Durchschnittsalter der Belegschaften steigt, rücken gleichzeitig weniger Nachwuchskräfte nach“ (Weimer/ Mendius/ Kistler, 2001, S. 25). Das hat zur Folge, dass der Arbeitsmarkt und die betriebliche Arbeitswelt in der Zukunft nachhaltig und tiefgreifend beeinflusst werden (Weimer et.al, 2001, S. 25).
Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit mit dem Titel „Employer Branding: aktuelle Recruitingtrends auf dem Arbeitsmarkt in Zeiten des Fachkräftemangels“ besteht darin, am Beispiel des Employer Brandings aufzuzeigen, welche Möglichkeiten Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels haben, neue qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. Seit 2002 befragen die Universitäten Bamberg und Frankfurt am Main in regelmäßigen Abständen deutsche Großunternehmen zu den Trends und den Entwicklung in der Personalbeschaffung in Zusammenarbeit mit der Monster Worldwide Deutschland GmbH.
Die Befragung der Personalverantwortlichen im Jahr 2012 ergab für die Trends und Herausforderungen folgende Ergebnisse:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Trends im Recruiting 2012
Internes Employer Branding „Employer of Choice“ bleiben
Quelle: Weitzel/ Eckhardt/ von Stetten/ Laumer/ Maier, 2012, S. 6
Den einführenden Erläuterungen zu demographischen Entwicklungen und Ursachen folgen deren Auswirkungen auf die Personalarbeit. Die hieraus entwickelten Konsequenzen und Handlungsfelder ergeben die Notwendigkeit, sich mit dem Thema Employer Branding tiefer gehend auseinander zu setzen. Das Kapitel 3 widmet sich daher dem Employer Branding, im Folgenden mit EB abgekürzt. Dabei werden zunächst die Funktionen und die Wirkungsweise einer Arbeitgebermarke herausgestellt. Es folgen die Chancen und Risiken des EB. In Kapitel 4 werden die grundsätzlichen Aspekte der Personalbeschaffung abgegrenzt und die aktuellen Möglichkeiten des Rekrutierens anhand von Praxisbeispielen ausführlich dargestellt. Die abschließende Betrachtung in Kapitel 5 dient der Bildung eines Resümees und der Formulierung von Handlungsempfehlungen für Unternehmen.
2. Demographische Auswirkungen auf das Personalmanagement
2.1. Demografie und ihre statistischen Entwicklungen
Demographie ist „die Wissenschaft von der Bevölkerungsentwicklung“ (Venema in Althaus/ Schmitz/ Venema, 2008, S. 13). Der Begriff Demographie setzt sich aus den altgriechischen Worten demos (Volk) und graphein (schreiben) zusammen. Es wird in diesem Zusammenhang auch von einer Volksbeschreibung bzw. Bevölkerungslehre gesprochen (Hauser, 1982, S. 18). Die Demographie beschäftigt sich im Speziellen mit Bevölkerungsstrukturen und insbesondere mit der Alters- und Geschlechtsstruktur einer Bevölkerung, Bevölkerungsbewegungen sowie mit Bevölkerungsentwicklungen (Rosenstiehl von/ Nerdinger/ Oppitz/ Spiess/ Stengel, 1986, S. 20f.)
Das statistische Bundesamt hat in Deutschland die Aufgabe „laufend Daten über Massenerscheinungen zu erheben, zu sammeln, aufzubereiten, darzustellen und zu analysieren“ (§1 Bundesstatistikgesetz). In regelmäßigen Abständen werden diese Informationen unter anderem der Politik, der Verwaltung und der Wirtschaft zur Verfügung gestellt. (Auszug Aufgaben des Statistischen Bundesamt - Homepage; Sedlatschek/Thiehoff, 2005, S. 13).
Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland hat sich von 1871 von rund 41 Millionen Menschen auf über 82 Millionen Menschen im Jahr 2008 verdoppelt. (Statistisches Jahrbuch 2007, S. 34/ Bevölkerung Deutschland 2060, 2009, S. 12). Die Gründe für diese Entwicklung liegen in der kontinuierlich sinkenden Sterblichkeit und im Anstieg der Lebenswartung (Bevölkerung Deutschland 2060, 2009, S. 29). Zu Beginn der Erfassung der Bevölkerungsstruktur übertrafen die Geburtenzahlen stets die Zahl der Todesfälle. Zu dieser Zeit konnte auch die graphische Struktur der Altersverteilung in Form einer Pyramide vorgenommen werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der sogenannten Alterspyramide, welche in Abbildung 1 dargestellt ist (Sedlatschek/Thiehoff, 2005, S. 13). Der Altersaufbau am 21. Dezember 1910 zeigt eine Pyramidenform mit einer breiten Basis für Säuglinge und Kinder und einer gleichmäßig schmaler werdender Spitze. Die Altersstruktur bei Männern und Frauen ist identisch.
Abbildung 1: Altersaufbau in Deutschland am 31.12.1910
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Demografiebericht, 2011, S. 11
Die klassische Form der Alterspyramide hat sich erst Mitte des 20. Jahrhunderts verändert. Besonders erkennbar ist die Veränderung des Fundaments der Pyramide in Abbildung 2. Sie zeigt das Ungleichgewicht der Altersstruktur (Sedlatschek/Thiehoff, 2005, S. 13). Die Abbildung 2 zeigt eine schmalere Basis als zum Vergleichsjahr 1910. Weiterhin ist eine unregelmäßige Entwicklung bis zum Alter von 30 Jahren erkennbar und eine Verengung zwischen 30 und 35 Jahren. Ab diesem Alter bildet sich eine neue Pyramide , in einer Spitze zwischen 85 und 90 Jahren ausläuft. Der Frauenanteil überwiegt in dieser Darstellung ab dem Alter von 30 Jahren (Demografiebericht, 2011, S. 11f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Altersaufbau in Deutschland am 31.12.1950
Quelle: Demografiebericht, 2011, S. 11
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Altersaufbau in Deutschland am 31.12.2010
Quelle: Demografiebericht, 2011, S. 11
Ursachen für den demographischen Wandel 9
In Abbildung 3 wird der Altersaufbau in Deutschland im Jahr 2010 dargestellt. Die Veränderung zeigt eine schmalere Basis im Vergleich zu 1950. Ab dem Alter von 35 Jahren nimmt die Bevölkerungszahl gleichmäßig zu - eine Verschmälerung tritt langsam ein. Es ist außerdem erkennbar, dass sich die Frauen deutlich in der Überzahl befinden. Die Spitze bei den Männern läuft im Alter von 90 Jahren aus - bei den Frauen im Alter von knapp unter 100 Jahren. Die Gründe für diese demographischen Entwicklungen werden im nachfolgenden Kapitel betrachtet (Demografiebericht, 2011, S. 11f).
2.2 Ursachen für den demographischen Wandel
Die Veränderung der Alterszusammensetzung innerhalb einer Gesellschaft fasst man unter dem Begriff demographischer Wandel zusammen. Diese Strukturveränderung ist in ihrer eigentlichen Erscheinung weder positiv noch negativ zu werten, denn eine demographische Entwicklung kann zu einem Bevölkerungswachstum bzw. -abnahme führen (Pack/ Buck/ Kistler/ Mendius/ Morschhäuser/ Wolff, 2000, S. 8). Dabei haben folgende demographische Komponenten Einfluss auf die Struktur und den Umfang der Bevölkerung (Schimany, 2007, S. 16):
- Fertilität (Geburtenrate)
- Mortalität (Sterbensrate)
- und Migration (Wanderung)
Das bedeutet, dass die strukturellen Bevölkerungsveränderungen von dem Verhältnis der Geburtenrate zu der Sterberate und dem Verhältnis zwischen der Zu- und Abwanderung abhängt. Auf diese Komponenten soll im Folgenden näher eingegangen werden.
Wie in Kapitel 2.1 dargestellt, ist die Bevölkerungsstruktur in Deutschland durch eine sinkende Geburtenrate und eine steigende Lebenserwartung gekennzeichnet. „Seit dem Jahr 2003 nimmt die Gesamtzahl der Bevölkerung ab“ (Demografiebericht, 2011, S. 11). Der Grund ist die gesunkene Zahl der Geburten. Hohe Geburtenraten wurden zuletzt in den 1960er Jahren verzeichnet. Das Jahr 1964 war mit 1,4 Millionen Geburten ein absolutes „Baby-Boom-Jahr“ (Geburten in Deutschland, 2012, S. 6). Während dieser Zeit erreichte die durch- Ursachen für den demographischen Wandel 10 schnittliche Geburtenrate einen Höchststand von 2,5 Kindern je Frau (Sedlatschek/Thiehoff, 2005, S. 13). Mit Einführung der Antibabypille in den 1960er sank die Geburtenrate erheblich (Hauff, 2010, S. 110), sodass im Jahr 2010 knapp 700.000 Kinder in Deutschland geboren wurden (Geburten in Deutschland, 2012, S. 6). Damit liegt die Geburtenrate bei 1,4 Kindern je Frau und weist im europäischen Vergleich einen sehr geringen Wert auf (Haugg, 2007, S. 10). „Bestandserhaltend wären 2,1 Geburten [je Frau]“ (Venema in Althauser/ Schmitz/ Venema, 2008, S. 13).
Im Jahr 1910 betrug die Lebenserwartung einer deutschen Frau weniger als 50 Jahre. Die Fortschritte in der Wissenschaft und technologische Weiterentwicklungen führten dazu, dass sich „Lebensbedingungen der Menschen wie Hygiene, Ernährung, Wohnraum, [...] medizinische Versorgung [verbesserten]“ (Venema in Althauser/ Schmitz/ Venema, 2008, S. 20). Der allgemeine Wohlstand und die verbesserte Lebensbedingungen sind Gründe für die sinkende Mortalität (Sedlatschek/Thiehoff, 2005, S. 13), „die mit einem Anstieg der Lebenserwartung einhergeht“ (Schimany, 2007, S. 48). Trotz der sinkenden Geburtenrate und der gestiegenen Lebenserwartung ist die Bevölkerungszahl konstant geblieben bzw. bis 2005 gestiegen. Der Grund hierfür liegt in der Zuwanderung (Birg, 2004, S. 21). Allerdings wird die Bevölkerungszahl langfristig rückläufig sein, denn der „Anteil jüngeren Menschen an der Gesellschaft wird immer geringer, während die Zahl der alten und immer älteren Menschen stets zunimmt“ (Sedlatschek/Thiehoff, 2005, S. 13f.). Dieser Rückgang setzt sich weiter fort, solange die Geburtenrate die bestanderhaltende Geburtenrate weiter unterschreitet und das Geburtendefizit nicht durch Zuwanderung ausgeglichen werden kann (Birg, 2004, S. 21). Diese demographischen Einflussfaktoren führen dazu, dass sich die Bevölkerungszahl zukünftig weiter verringern wird und das Durchschnittsalter gleichzeitig ansteigt (Bollwitt, 2010, S. 14).
Betrachtet man die deutsche Bevölkerungsentwicklung im internationalen Vergleich, fällt auf, dass sich die Entwicklungen stark ähneln. Das nachfolgende Kapitel betrachtet die deutsche Entwicklung im internationalen Kontext.
2.3 Deutschland im internationalen Vergleich in der Bevölkerungsentwicklung
Auf der Welt befinden sich, bis auf wenige Länder in Afrika, die meisten Staaten in einem ähnlichen verlaufenden demographischen Veränderungsprozess (Hülskamp, 2008, S. 1). In allen europäischen Ländern ähneln sich die demographischen Entwicklungen (Kolb in Frevel, 2004, S. 43). Im Jahr 2002 betrug das Durchschnittsalter in den 27 EU-Staaten noch 38,6 Jahre, 8 Jahre später war die Hälfte der Bevölkerung bereits 40,9 Jahre oder älter. Diese Entwicklung wird in den nächsten Jahren weiter voranschreiten, da in Europa die Geburtenrate deutlich hinter der bestandserhaltenden Geburtenrate liegt. Im Jahr 2009 gebar eine Frau in Europa 1,59 Kindern - 2,1 Kindern je Frau würde einen Bevölkerungsrückgang verhindern. Dieser Prozess setzt sich in der Zukunft weiter fort und lässt Europa bevölkerungsmäßig schrumpfen (Demary/ Erdmann, 2012, S. 1f.). Die Rückgänge der Geburtenzahlen kennzeichnen einen Trend, „der in allen Industriegesellschaften zu beobachten ist“ (Meyer in Frevel, 2004, S. 58). Die durchschnittliche Geburtenzahl liegt in Deutschland seit mehreren Jahren konstant bei 1,4 Kindern je Frau. Weniger Kinder werden in Europa derzeit nur in Italien und Spanien geboren (1,2-1,3 Kinder je Frau). Die skandinavischen Länder und England liegen auf dem deutschen Niveau. Eine höhere Geburtenrate weist in Europa nur Frankreich mit 1,7 Kindern je Frau auf. Mit 2,0 Kindern je Frau liegt die Geburtenrate der Vereinigten Staaten von Amerika seit rund zwei Jahrzehnten etwas höher (Meyer in Frevel, 2004, S. 58f.). Japan zählt zu den ältesten Gesellschaften der Welt. Die Geburtenrate im Jahr 2004 lag bei 1,29 Kindern je Frau (Walke, NN, S. 16). Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken bemüht sich Japan um eine Senkung der Kosten für Kindererziehung „und die gesellschaftlichen Bedingungen an Kinder bzw. Familien auszurichten“ (Schimany, 2005, S. 12). Japan versucht daneben auch Migranten und Investoren für ihr Land zu werben. Allerdings erwies sich eine einwanderungsfeindliche Politik sowie eine mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz für einen geringen Anteil ausländischer Menschen verantwortlich (Schimany, 2005, S. 12). Der demographische Wandel ist damit ein globales Phänomen, welches in allen Industrienationen zu beobachten ist.
Nach dieser kurzen Beobachtung der internationalen Situation werden im folgenden Kapitel die aus dem demographischen Wandel in Deutschland resultierenden Auswirkungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt betrachtet.
Auswirkungen der demographischen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt 12
2.4 Auswirkungen der demographischen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt
Der Arbeitsmarkt stellt eine wichtige Einflussgröße in der Personalarbeit dar und ist u.a. von folgenden Parametern abhängig (Scholz, 2000, S. 12):
- T echnologischer Wandel
- Globalisierung
- Demographischen Entwicklung/ Wandel
Die Auswirkungen des demographischen Wandels führen zu einem veränderten Arbeitsangebot und einer veränderten Arbeitsnachfrage auf dem Arbeitsmarkt.
Unter dem Arbeitsangebot versteht man alle Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen oder selbstständig sind. Zu dieser Gruppe zählen außerdem Personen, die in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen, aber dennoch arbeitsbereit sind. Hierunter fallen die offiziell registrierten Arbeitslosen und jene Personen, die nicht in den Statistiken erfasst werden und unter günstigeren Arbeitsmarktbedingungen eine Tätigkeit aufnehmen würden (Gabler, 1992, S. 1025). Alle genannten Personengruppen bilden das Erwerbspersonenpotenzial, welches sich formal wie folgt darstellen lässt:
Erwerbspersonenpotenzial = Erwerbsquote x Bevölkerung
Die demographische Entwicklung wirkt sich dabei direkt auf die Bevölkerung aus. Wie in Kapitel 2.2 erläutert, schrumpft die Bevölkerungszahl zukünftig, wodurch auch die Zahl der arbeitsfähigen Menschen sinkt. Indirekt wirkt sich die demographische Entwicklung auf das Erwerbspersonenpotenzial über die Erwerbsquote aus. Die Erwerbsquote drückt das Verhältnis der Erwerbsbevölkerung an der gleichaltrigen Bevölkerung aus. Diese Relation wird auch Erwerbsbeteiligung genannt. Die Erwerbsquote in den jüngeren Altersgruppen ist ebenso wie in den älteren Altersgruppen niedriger als in den mittleren Altersgruppen. Diese Differenz lässt sich dadurch erklären, dass sich jüngere Menschen häufig noch in der Ausbildung befinden und ältere Personen bereits in die Rente eingetreten sind. Die Erwerbsbeteiligung ist somit altersabhängig (Fuchs/ Söhnlein/ Weber in Frevel, 2004, S. 122f.). Eine demographisch bedingt veränderte Bevölkerungsstruktur lässt die Erwerbsbeteiligung sinken, infolgedessen wird das Erwerbspersonenpotenzial bei gleicher Entwicklung ebenfalls schrumpfen.
Auswirkungen der demographischen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt 13 Im Jahr 2005 gab es in Deutschland 42,6 Millionen Erwerbspersonen. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes wird diese Zahl bis 2020 um ca. 3,1 Millionen Menschen sinken. Im Zeitraum von 2020 bis 2030 wird die Zahl der Erwerbspersonen um weitere 4,5 Millionen Menschen sinken und rund 35 Millionen Erwerbspersonen betragen (Statistisches Bundesamt, Demografischer Wandel in Deutschland, Heft 4, 2009, S. 10).
Die Abbildung 4 zeigt die Arbeitsmarktbilanz in Deutschland im Zeitverlauf dargestellt von 1991 bis 2025.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Arbeitsmarktbilanz in Deutschland von 1991 bis 2025
Die Differenz aus Arbeitskräfteangebot und Arbeitskräftenachfrage wird als Unterbeschäftigung bezeichnet. Das Sinken der verfügbaren Arbeitskräfte führt bilanztechnisch bei gleicher Nachfrage zu einer Reduzierung der Unterbeschäftigung (Fuchs/ Söhnlein/ Weber in Frevel, 2004, S. 130f.). „Wegen der Vielzahl relevanter Bestimmungsgrößen wird für die Erfassung der volkswirtschaftlichen Komplexität und zur Vorausschau der Arbeitsmarktnachfrage ein modellbasiertes Projektionssystem verwendet [, das IAB/INFORGE-Modell]“ (Fuchs/ Zilka, 2010, S. 3). Nach dieser Projektion wird der Arbeitskräftebedarf in den kommenden Jahren um rund 800.000 Arbeitskräfte bis 2020 zunehmen und bis 2025 wiederum um 500.000 Arbeitskräfte abnehmen (Schnur/ Zilka, 2007, S. 7). Diese Abschätzung hängt allerdings von einer Vielzahl „[...] schwer kalkulierbarer Entwicklungen ab, wie dem Ölpreis, den Währungsrelationen, der Weltkonjunktur, den Rückwirkungen der Finanzmarktkrise auf die reale Wirtschaft“ (Schnur/ Zilka, 2007, S. 1). Diese Einflussgrößen erschweren eine AbSchätzung des genauen Arbeitskräftebedarfs. Die Unterbeschäftigung könnte trotz des Beschäftigungsrückgangs nach 2020 „auf die Hälfte des heutigen Niveaus zurückgehen“ (Schnur/ Zilka, 2007, S. 7). Dabei darf nicht nur der quantitative Bedarf gedeckt werden. Es muss auch eine Deckung des qualifikatori- sche Bedarfes erfolgen, da sonst eine Massenarbeitslosigkeit bei gleichzeitigem Fachkräftemangel droht (Schnur/ Zilka, 2007, S. 7). Einen künftig vergrößerten Arbeitskräftebedarf weisen Branchen mit Berufsbildern aus, die einen hohen Akademikeranteil voraussetzen (Bonin/ Schneider/ Quinke/ Arens, 2007, S. 89). Zum Teil beklagen Unternehmen schon jetzt erhebliche Probleme bei der Rekrutierung von Fachkräften. Nach Medienangaben konnten im Jahr 2011 rund 150.000 Arbeitsplätze im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich nicht besetzt werden. Im April 2012 blieben rund 92.000 Ingenieursstellen in Deutschland unbesetzt (Handelsblatt Artikel: Fachkräftemangel weitet sich dramatisch aus, 23. Mai 2012).
Der demographische Wandel lässt zukünftig Nachwuchskräfte knapper werden und den Schwergewicht auf die über 50 Jährigen verlagern (NN, 2007, S. 3). Dadurch werden in den kommenden Jahren europaweit Probleme bei der Fachkräftevorsorgung auftreten. „[Und schon] heute stehen viele Unternehmen [...] vor der Herausforderung, gut qualifiziertes Personal zu finden“ (Demary/ Erdmann, 2012, S. 4).
2.5 Personalpolitische Konsequenzen und Handlungsfelder
„Der demographische Wandel betrifft nicht nur das Personalmanagement [...] sondern auch weitere Unternehmensfunktionen“ (Klaus/ Mitlacher, 2011, S. 39). Aufgrund der Komplexität der Demographie lassen sich Ergebnisse nur durch ein funktionsübergreifendes Handeln langfristig erreichen. Dabei ist strategisches Denken unabdingbar (Althauser in Althauser/ Schmitz/ Venema, 2004, S. 51). Dennoch sehen viele Entscheidungsträger den demographischen Wandel als eine Erscheinung kurzfristiger Natur ohne langfristige Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens (Klaus/ Mitlacher, 2011, S. 39). Der Grund liegt im „noch nicht Greifbare[n] der Auswirkungen des demographischen Wandels im Betrieb“ (Althauser in Althauser/ Schmitz/ Venema, 2004, S. 50). Häufig lösen Personalverantwortliche Probleme immer noch kurzfristig durch ad-hoc-Maßnahmen und vernachlässigen damit zusammenhängende Fragestellungen (Althauser in Althauser/ Schmitz/ Venema, 2004, S. 51). Im Rahmen einer Unternehmensbefragung der Mitgliedsunternehmen der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg wurden im Jahr 2010 2.100 Unternehmen aus dem produzierendem Gewerbe/ Industrie befragt. Ziel des Projekt ist die Durchführung einer Bestandsaufnahme zum Thema demographiefeste Personalarbeit, um aus den Ergebnissen erste Handlungsempfehlungen ableiten zu können, welche Möglichkeiten Unternehmen haben, auf den demographischen Wandel zu reagieren (Mitlacher/ Klaus, 2010, S. 2). Ein zentrales Ergebnis des Projektes ist die strategische Verankerung des Themas für den Erfolg von Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandels. Um den Herausforderungen des demographischen Wandels adäquat zu begegnen, muss die Personalstrategie in der obersten Leitungsebene des Unternehmens integriert werden. Hierbei wird auch von einem strategischen Human Resource Management (HRM) gesprochen. (Mitlacher/ Klaus, 2010, S. 5). Wright und McMahan definieren das strategische HRM als „the pattern of planned human resource deployments and activities intended to enable an organization to achieve its goals“ (Wright/ McMahan, 1992, S. 298).
Das strategische HRM und dementsprechend auch die Personalstrategie werden dabei durch folgende demographisch bedingte Faktoren beeinflusst (Mitlacher/ Klaus, 2010, S. 5):
- Politisch-rechtliche Faktoren wie z.B. Demographie-Tarifverträge
- Ökonomische Faktoren wie z.B. dem Arbeitsmarkt
- Soziokulturelle Faktoren wie z.B. dem Wertewandel
Im Rahmen der Unternehmensbefragungen der Industrie und Handelskammer wurden mehrere Handlungsfelder identifiziert:
- Personalgewinnung/ Rekrutierung
- Personalentwicklung
- Gesundheitsmanagement
- Work Life Balance
- Mitarbeiterbindung
[...]