"Climate Refugees" als zukünftige Form der Migration. Ursachen und Auswirkungen auf den Inselstaat Tuvalu im Pazifik


Bachelorarbeit, 2013

101 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1... Gegenstand der Arbeit – Tuvalu
1.1 Lage.
1.2 Geographie & Bevölkerung
1.2.1... Bevölkerung
1.2.2... Flächenangaben
1.2.2.1 Exkurs: Atollinseln & Riffinseln
1.3 Geschichichte & Politik
1.3.1... Erstbesiedlung.
1.3.2... Die Zeit der Eroberer
1.3.3... Vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart
1.4 Wirtschaft
1.4.1... Exkurs: Internetdomain .tv

2... Der Klimawandel
2.1 Einführung: Klimabestimmende Faktoren
2.2 Meeresspiegelanstieg
2.2.1... Global
2.2.2... Wie werden Meeresspiegelschwankungen gemessen?.
2.2.2.1 Tidenmesser/Mareograf
2.2.2.2 Erschwernisse für Messungen
2.2.2.3 Satellitenaltimetrie
2.2.2.4 Erschwernisse für Messungen
2.2.3... Pazifik
2.2.3.1 Messungen
2.2.4... Tuvalu
2.2.4.1 Messungen.
2.2.4.2 Die Messstation Tuvalus
2.2.4.3 Messdiagramme
2.2.4.4 Exkurs: Die Gezeiten
2.3 Weitere (Natur)Gefahren
2.3.1... Wasser als Ressource.
2.3.2... Versalzung der Böden.
2.3.3... Zyklone
2.3.4... Erosion
2.3.5... Krankheiten

3... Soziales
3.1 Bevölkerung & Demographie
3.2 Bildung
3.3 Arbeit(splatzangebot)
3.4 Generationenwechsel

4... Migration
4.1 Definition
4.2 Motivationsgründe für Migration
4.2.1... Auswanderung aus Tuvalu
4.2.1.1 Phosphatabbau
4.2.2... Die moderne Migration
4.2.3... Innter-tuvaluanische Migration
4.2.4... Neuseeland
4.2.4.1 Pacific Access Category (PAC)
4.2.5... Weitere Migrationsformen von Tuvalu nach Neuseeland
4.3 Tuvaluaner in Neuseeland
4.4 Immigration nach Tuvalu
4.5 Exkurs: MIRAB – Modell

5... Climate Refugees
5.1 Definition
5.2 Grund der Migration
5.2.1... Typ der Migration
5.2.2... Die richtige Wortwahl
5.2.3... Beweggründe für ‚climate refugees‘
5.2.4... Ursachen für Umweltflüchtlinge
5.3 Wahrnehmung & Migration
5.3.1... Der Migration abgeneigte Tuvaluaner
5.3.1.1 Religion
5.3.1.2 Bildung
5.3.1.3 Erfahrung mit dem Klimawandel
5.3.1.4 Die Heimat als Wurzel
5.3.2... Den Klimawandel anerkennende Tuvaluaner
5.3.2.1 Aneignung von Wissen.
5.3.2.2 Beeinflussung von außen.
5.4 Anpassung
5.4.1... Anpassen, aber wie?
5.4.2... Auswahl an Anpassungsstrategien
5.4.2.1 NAPA – National Adaptation Programmes of Action
5.4.2.2 PACC – Pacific Adaptation to Climate Change
5.4.2.3 AOSIS – Alliance of Small Island States
5.4.2.4 ADB – Asian Development Bank
5.4.2.5 TTF – Tuvalu Trust Fund
5.4.2.6 SPC – Secretariat of the Pacific Community
5.4.2.7 SOPAC – Secretariat of the Pacific Community Applied Geoscience and Technology Division
5.5 Auswirkungen

6... Fazit

7... Anhang

8... Quellenverzeichnis
8.1 Literaturverzeichnis
8.2 Internetquellen.
8.3 Abbildungen
8.4 Tabellen
8.5 Diagramme
8.6 Abkürzungen

Vorwort

Tuvalu. Ein südpazifischer Inselstaat.

Nur die Wenigsten wissen mit diesem Staatsnamen etwas anzufangen. Die Rede ist hierbei vom viert kleinsten Land der Welt und befindet sich inmitten des Südpazifiks. Umgeben von Wasser so weit das Auge reicht, kaum motorisierter Verkehr, leere Strände und dennoch ist der Begriff vom Südseeparadies hier weit gefehlt. Die Rede ist hier nämlich vom möglicherweisen ersten bewohnten Staat der dem Klimawandel zum Opfer fallen könnte. Ausschlaggebend dafür ist zum Einen die niedrige Lage der neun Inseln und zum Anderen die Problematik des steigenden Meeresspiegels: Tuvalu sieht sich der Gefahr ausgesetzt auf Dauer überschwemmt zu werden wodurch besonders im letzten Jahrzehnt der Bekanntheitsgrad dieser winzigen Nation eine rapide Steigerung erreichte. Die Thematik rund um die Klimawandelfrage und den steigenden Meeresspiegel stellte Tuvalu in das Zentrum globaler Berichterstattung. Besonders die Gefährdung der etwa 10.000 Einwohner führte zu einem Sensationsjournalismus, der des Öfteren die Umstände und Wahrheiten falsch porträtierte.

Das Hauptziel obliegt der Frage ob das Ausmaß, welches von der Gefahr des Klimawandels ausgeht von den Einheimischen wahrgenommen wird und ob, in weiterer Folge, daraus eine Flucht vor dem Klimawandel entstehen könnte.

Aufbau der Arbeit

Einleitend wird der Staat Tuvalu in einem geschichtlichen und geographischen Porträit vorgestellt (Kap. 1), wobei im Fortlauf der Arbeit besonders die Bereiche der Bevölkerung (Kap. 1.2.1) und der Fläche (Kap. 1.2.2 & 1.2.2.1), sowie deren gegenseitige Beeinflussung eine wichtige Rolle spielen werden.

Darauf folgt eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Klimawandel (Kap. 2). Im Hinblick auf die niedrige Lage von Tuvalu wird besonders auf die Thematik des steigenden Meeresspiegels eingegangen (Kap. 2.2), woraufhin die Messung und Zahlen zu Meeresspiegelschwankungen (Kap. 2.2.2 - 2.2.4) im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Den Abschluss dieses Kapitels bildet eine Übersicht über weitere, mit dem Klimawandel zusammenhängende Gefahren (Kap. 2.3).

Um zu einer Beantwortung der Hauptfrage zu kommen wird im Kapitel 3 ein Überblick über die bereits stattgefundenen Veränderungen im sozialen Bereich des Staates vorgenommen.

Im Zentrum des nächsten Kapitels (Kap. 4) steht die Beleuchtung des Migrationsverhaltens der tuvaluanischen Bevölkerung (Kap. 4.2). Nach einer Begriffsdefinition (Kap.4.1), werden Migrationsströme von, innerhalb und nach Tuvalu abgegrenzt (Kap. 4.2.1 - 4.2.5 & 4.4), wobei mit Kapitel 4.2.4 ein besonderes Augenmerk auf die nach Neuseeland stattfindende tuvaluanische Migration gerichtet wird. Außerdem wird das Leben der Neuseeland-Tuvaluaner nähergebracht, sowie eine im pazifischen Raum übliche Art der Wirtschaftsleistung in Form von Migration (Kap. 4.5).

Darauf folgt der Einblick in das Wesen der Climate Refugees (Kap. 5). Wie auch im Kapitel zuvor, steht an erster Stelle eine Begriffsdefinition (Kap. 5.1), woraufhin, unter anderem, der Frage nach dem Grund der Migration (Kap. 5.2.2) und den Ursachen für Umweltflüchtlinge (Kap. 5.2.4) nachgegangen wird. Im Kapitel 5.3 werden anhand von Interviews aus wissenschaftlichen Artikeln und Forschungsberichten die Denkweisen und Haltungen der Tuvaluaner gegenüber der Gefahr des Klimawandels aufgeführt. Der starke Zusammenhalt der Pazifiknationen hat dazu geführt, dass sich bereits zahlreiche Institutionen gebildet haben die gemeinsam Strategien zur Anpassung an den Klimawandel und dessen Auswirkungen ausgearbeitet haben. Eine Übersicht dazu bietet Kapitel 5.4.

Zusammenfassende Worte und ein Resümee der Recherchearbeiten runden das Bild ab und bilden den Abschluss dieser Arbeit.

Im weiteren Verlauf der Arbeit wird auf die weibliche Form verzichtet. Selbstverständlich sind bei jeder Formulierung beide Geschlechter gemeint.

Erklärung

Ich versichere hiermit, dass die vorliegende Bachelorarbeit selbständig verfasst und keine weiteren als die angegebenen Hilfsmittel benutzt sowie die Stellen der Arbeit, die in anderen Werken dem Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen sind, durch Angaben der Quellen sichtbar gemacht wurden.

Datum/Unterschrift

1. Gegenstand der Arbeit - Tuvalu

1.1 Lage

Bei Tuvalu handelt es sich um ein Archipel, das aus „[...] six true atolls and three reef islands [...]“ (URL 1, 28.10.2012) besteht, und sich etwa 1.000 Kilometer nördlich der Fidschi – Inseln und 3.000 Kilometer von Neuseeland entfernt im Pazifischen Ozean befindet. Auf einer Karte sind die Atolle und Riffinseln von Tuvalu etwa zwischen 5° und 11° südlicher Breite und 176° und 180° östlicher Länge zu finden (s. Abb. 1.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Karte von Tuvalu

(Quelle: http://www.istanbul-city-guide.com/map/tuvalu/tuvalu%20map.jpg, 27.10.2012)

1.2 Geographie & Bevölkerung

„The country name roughly translates to "8 standing together".“ (URL 2, 01.11.2012). Als neunte Insel wurde in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts Niulakita besiedelt.

Auflistung der einzelnen Atolle und Inseln:

Name Fläche (in km²) Einwohner

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 : Flagge von Tuvalu

(Quelle: http://www.tuvaluislands.com/flags.htm, 06.11.2012)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Fläche und Einwohner der neun tuvaluanischen Inseln 2002 (Datengrundlage: http://www.spc.int/prism/country/tv/stats/Social/Demog_Popn/census_02.htm, 01.11.2012, eigene Darstellung)

1.2.1 Bevölkerung

Die angeführten Einwohnerzahlen der einzelnen Inseln bezeichnen die zum Zeitpunkt des Zensus 2002 in Tuvalu anwesenden Personen, worunter Tuvaluaner, Nicht-Tuvaluaner, zusammengefasst als Bewohner, und Besucher fallen. Die Gesamtzahl der 9.561 gezählten Personen setzt sich wie folgt zusammen:

Tuvaluaner: 9.358 Personen

Nicht-Tuvaluaner: 141 Personen

Besucher: 62 Personen

Somit muss weiter zwischen de jure und de facto Bevölkerung unterschieden werden. Die tatsächlich in Tuvalu gemeldeten Personen, die de jure Bevölkerung, betrug im Jahr demnach 9.499 Personen, die de facto Bevölkerung zählt die Besucher auch noch dazu, womit die 9.561 Personen für das Jahr 2002 zusammenkommen. Doch zur de jure Bevölkerung zählen auch jene Personen die zwar ihren Hauptwohnsitz auf Tuvalu haben, aber sich zur Zeit der Zählung außerhalb des Landes befinden. Zinggl (vgl. 2010, S.84) konnte diese Personen anhand des Zugriffs zu weiteren Statistiken festmachen. Inwiefern die Zahlen stimmen bleibt dahingestellt, da die Addition der anwesenden tuvaluanischen Bevölkerung mit den nicht im Land befindlichen Personen zu einer gesamten de jure Bevölkerung von 10.389 Personen ergibt. Bei diesen Personen handelt es sich um „Nauru Contract Workers (232), Seaman Overseas (414), Student studying Overseas (214), Student family members (223), Tuvaluans on Overseas Mission (39)“ (Zinggl, 2010, S.84). Bei der Überprüfung dieser Zahl und einer erneuten Berechnung steht die de jure Bevölkerung von Tuvalu im Jahr 2002 bei 10.621 Personen.

Der Vollständigkeit halber führt Zinggl (vgl. ebd.) auch jene Tuvaluaner an, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, aber dennoch im Besitz der tuvaluanischen Staatsbürgerschaft sind. Davon lebten im Jahre 2002 1.950 Tuvaluaner in Neuseeland, 545 auf Koia Island (Fidschi - Inseln) und 539 auf Kiribati. Nach den Berechnungen Zinggls (vgl. ebd.) belief sich die tuvaluanische Gesamtbevölkerung auf 13.423 Personen. Die Aufsummierung dieser Zahlen mit der korrigierten de jure Bevölkerung ergibt eine Gesamtzahl von 13.655 Tuvaluanern.

Obwohl sich die tatsächliche Zahl zur Gesamtbevölkerung aus bereits genannten Gründen nicht genau beziffern lässt, sollen sie dennoch als Zeiger für den hohen Anteil von Tuvaluanern außerhalb des Heimatlandes dienen. Geht man von einer ungefähren Gesamtbevölkerung von 14.000 Personen aus und setzt man diese ins Verhältnis zu all jenen die ihren Wohnsitz bereits ins Ausland verlegt haben, dies sind etwa 4.000 Menschen, so handelt es sich dabei um 35% der Gesamtbevölkerung.

1.2.2 Flächenangaben

Mit einer Gesamtfläche von knapp 26 km² zählt der Inselstaat, nach dem Vatikan (0,44 km²), Monaco (2 km²) und Nauru (21 km²) (vgl. BERIÉ et al., 2011, S. 532) als der viertkleinste Staat auf dem Planeten. Einwohnermäßig ist nur der Vatikan mit etwa 800 Einwohnern hinter (vgl. BERIÉ et al., 2011, S.533) Tuvalu gereiht. Gegenüber der geringen bewohnbaren Fläche stehen Tuvalu etwa 800.000 km² Archipelgewässer zur Verfügung, die vornehmlich an ausländische Konzerne verkauft werden und als zusätzliche Einkünfte dienen. Da die Überwachung einer derartig großen Fläche mit dem einen Patrouillenboot, welches sich im Besitz von Tuvalu befindet, nicht möglich wäre, wird der Pazifikstaat von Australien und Neuseeland unterstützt, damit die illegale Fischerei unterbunden wird (vgl. ZINGGL, 2010, S.11).

Abb. 3: Proportionen der Atolle und Inseln (Quelle: http://www.tuvaluislands.com/maps/m-tuv-proportion.htm, 01.11.2012, die Abbildung entspricht nicht der tatsächlichen Lage der Atolle und Inseln)

1.2.2.1 Exkurs: Atollinseln & Riffinseln

Bei einem so genannten Atoll unterscheidet man zum einen zwischen einer ringförmigen Koralleninsel, in deren Zentrum sich eine Lagune befindet. Zum anderen, werden jene Korallenriffe als Atollinsel bezeichnet, die keine Lagune umschließen, sondern „[...] eine Durchflußrinne [sic!] zum offenen Meer aufweisen [...]“ (Steininger, 2004, S.74).

Im Falle von Tuvalu fallen die Inseln Funafuti, Nanumea, Nui, Nukufetau, Nukulaelae und Vaitupu unter jene Definition des Atolls, deren Lagune eine Verbindung zum offenen Meer hat. Die restlichen drei Inseln besitzen zwar kleine Lagunen, haben aber demnach keinen direkten Kontakt zum Pazifik und zählen somit zu den Koralleninseln.

Zumeist werden diese Atolle, besonders gut zu sehen bei Funafuti, Nukufetau, Nukulaelae und Nui, von kleinen Inseln gebildet. In Polynesien werden sie motu genannt (vgl. Zinggl, 2010, S.10).

1.3 Geschichte &Politik

1.3.1 Erstbesiedlung

Die Erstbesiedelung von Tuvalu, vornehmlich durch Samoaner, die aller Wahrscheinlichkeit nach über Tokelau die Inseln erreichten, fand bereits vor 2.000 Jahren statt. Ebenso kamen Polynesier aus anderen Inselstaaten, wie aus Tonga oder Uvea (Wallis Island), um sich auf den Inseln und Atollen die heute als Tuvalu bekannt sind anzusiedeln. Die Ausnahme bildet das Korallenatoll Nui „[...] where many people are descendants of Micronesians from Kiribati.“ (URL 3, 31.10.2012).

1.3.2 Die Zeit der Eroberer

Alvaro do Mendaña y Neyra lautet der Name jenes spanischen Entdeckers der am 16.01.1568 als erster Europäer die Insel Nui sichtete, welcher er den Namen „[...] Isla de Jesus [...]“ (Zinggl, 2010, S. 13) gab (vgl. URL 3, 31.10.2012). Die geringe Ausdehnung des Eilands beschrieb Mendaña wie folgt „“...we found it so small it was not more than six leagues (erg.: die Meile) in circumference.“ (URL 3, 31.10.2012). Bei einer weiteren Pazifikreise am 29. August 1595 erreichte Mendaña das heutige Niulakita, das er La Solitaria nannte (vgl. ebd.). Auf seiner Weiterfahrt gelangte er auf die westlich von Tuvalu gelegenen Santa Cruz Inseln, die zu der Inselgruppe der Salomonen gehört, wo er noch im selben Jahr starb (vgl. Zinggl, 2010, S.13).

Für die nächsten zweihundert Jahre gelangte kein Schiff, das Sichtungen bestätigte in die Nähe von Tuvalu, bis im Frühsommer 1781 erneut ein Spanier, Don Francisco Maurelle, gezwungen durch ungünstige Winde die Atolle Nanumanga und Nanumea entdeckte. Als weiterer Entdecker Tuvalus ist der Amerikaner Arent de Peyster zu nennen, der das Funafuti Atoll auf Ellice’s Group taufte. Tags darauf wurde noch Nukufetau gesichtet, das ab diesem Zeitpunkt De Peyster’s Group heißen sollte (vgl. URL 3, 31.10.2012).

Das erste Viertel des 19.Jahrhunderts war von den Entdeckungen von Nukulaelae, Niutao und Vaitupu, als auch von der erhöhten Anzahl an Händlern und Walfängern die nach Tuvalu kamen, geprägt. Es eröffneten sich somit die Möglichkeiten für die Inselbewohner, dass sie als Decksmänner auf Handelsschiffen anheuerten. Anderswertig waren die Tätigkeiten derbeachcomber(erg.: Aussteiger) undblackbirder(erg.: Sklavenhändler) ausgerichtet. Erstere, zumeist Europäer, betraten zum ersten Mal jene Inseln, quittierten ihren Dienst am Schiff, „[...] wurden trader und arbeiteten in Tuvalu als Agenten für Firmen in Australien, Deutschland und den USA.“ (Zinggl, 2010, S.14).

Dieblackbirderschafften während den 1860ern etwa 400 Einheimische von den Inseln weg, damit diese in Peru „[...] in den [...] Phosphatminen [...] arbeiten.“ (Zinggl, 2010, S.14). Es war auch jene Zeit in der aufgrund der Einfuhr von Krankheiten durch europäische Seefahrer eine große Zahl an tuvaluanischer Bevölkerung starb (vgl. URL 3, 31.10.2012).

Das völlige Desinteresse westlicher Entdecker und Seefahrer von über zwei Jahrhunderten an der Inselgruppe lässt sich wohl durch die Abgeschiedenheit derselben erklären. Bedenkt man jedoch andererseits, dass die Atolle und Inseln nur wenige Meter über dem Meeresspiegel ragen, so ist es kein leichtes Unterfangen diese aus großer Entfernung zu erkennen (vgl. Zinggl, 2010, S.13).

Eher durch Zufall gelangte im Jahre 1861 das Christentum nach Tuvalu. Anhänger der „[...] London Missionary Society from Manihiki in the Cook Islands [...]“ (URL 3, 31.10.2012) landeten auf Nukulaelae und im Mai 1865 wurden von A.W. Murray, Hochwürden der LMS auf einigen Inseln samoanische Pfarrer eingesetzt. Die Konfession ist bis heute unter dem Namen Ekalesia o Tuvalu vorhanden und der der Großteil der Bevölkerung gehört dieser Glaubensrichtung an (vgl. ebd.).

1.3.3 Vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart

Politische Tätigkeiten um das Gebiet der im 19. Jahrhundert lautenden Ellice – Inseln erfolgten im Jahr 1877 als die Atolle und Inseln „[...] under British jurisdiction [...]“ (URL 4, 31.10.2012) gestellt wurden und 1892 als „[...] Gilbert and Ellice Islands [...]“ (ebd.) Teil des britischen Protektorates wurden. Die Gilbert – Inseln lauten heute auf den Namen Kiribati.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Karte von Kiribati (Quelle: http://www.worldatlas.com/webimage/countrys/oceania/kinewz.gif, 31.10.2012)

Trotz Abgeschiedenheit und Südseeidylle erreichten die Wirren des Weltkriegs auch den Pazifikraum, wo sich, nach der Invasion von Tarawa (Gilbert – Inseln, heute: Kiribati) im Dezember 1941 durch die Japaner, die Japaner selbst in der Schlacht um Midway von den US-Amerikanern geschlagen geben mussten und die US Navy im Oktober 1942 auf den Ellice – Inseln landete und auf Funafuti „[...] a large airfield and [...] anti-aircraft gun bunkers.“ (URL 4, 31.10.2012) errichtete. Neben Funafuti, erhielten auch Nukufetau und Nanumea Landebahnen, die durch japanische Angriffe aber unerheblich stark betroffen waren (vgl. ebd.). Das Ende der Kämpfe zwischen Japanern und US-Amerikanern rund um die Ellice – Inseln brachte gegen Ende des Jahres 1943 die „[...] Schlacht von Tarawa (Operation Galvanic) [...]“. (Zinggl, 2010, S.17).

Währende die US – Soldaten als Sieger das Schlachtfeld zurückließen, hatte die Stationierung auf Tuvalu neben den positiven Aspekten „[...] in Infrastruktur und Wohlstand [...]“ (Zinggl, 2010, S.17) auch einen negativen Beigeschmack hinterlassen. Da Land auf den Atollen und Inseln rar waren unternahmen die US – Soldaten dennoch schwerwiegende Eingriffe in die urtypische und empfindliche Natur des Inselstaates. Um den Bau der benötigten Flugfelder zu ermöglichen, war es nötig eine nicht unerheblich große Fläche an Grünflächen abzuholzen (vgl. ebd.).

Im Jahre 1974 hielt es Großbritannien für angemessen, dass die Kolonie über Instandsetzung einer eigenen Regierung, den Schritt in die Unabhängigkeit treten könne. Unmut machte sich jedoch bei den Bewohnern der Ellice – Inseln breit, weil diese „[...] nicht unter der Verwaltung der Gilbert Inseln [...]“ (Zinggl, 2010, S.17) landen wollten. Die Briten nahmen sich ihren Wunsch zu Herzen, dem mit einer Umfrage bezüglich dem Verbleib oder der Trennung von den Gilbert – Inseln stattgegeben wurde. 92% der 4.092 Tuvaluaner entschieden sich für die Unabhängigkeit von den Gilbert – Inseln und gegen weitere Zahlungen aus den Phosphatminen. Die Unabhängigkeit erfolgte am 1.Oktober 1975 (vgl. URL 4, 31.10.2012).

Der mit 1.Oktober 1978 unabhängig gewordene Staat Tuvalu, vormals als Ellice – Inseln bekannt, erlangte den Status einer Unabhängigen konstitutionellen Monarchie und wurde das 38. (Spezial-) Mitglied des Commonwealth. Im ersten Jahr des neuen Jahrtausends erlangte Tuvalu den Status eines vollen Mitglieds des Commonwealth und wurde als 189. Mitglied in die Riege der Vereinten Nationen eingeführt (vgl. URL 4, 31.10.2012).

Politisches Oberhaupt von Tuvalu ist, da Mitglied des Commonwealth, der amtierende Regent des britischen Königshauses. Zum jetzigen Zeitpunkt handelt es sich um Queen Elizabeth II. Da es sich beim Commonwealth um einen Zusammenschluss von 54 unabhängigen Staaten handelt (vgl. URL 5, 01.11.2012) ist es für Tuvalu vorgesehen, einen Vertreter der Königin einzusetzen. Auf Anraten des Premierministers ernennt das Staatsoberhaupt einen so genannten Generalgouverneur, der als Repräsentant des Regenten agiert. Der Premierminister wird durch einen Wahlvorgang von den Parlamentsabgeordneten ermittelt. Die auf einem Einkammersystem aufgebaute Legislative, auch als „[...] House of Assembly [...]“ (URL 6, 01.11.2012) benannt, wird in einem vier Jahresrhythmus vom Volk gewählt. Das House of Assembly hat 15 Sitze. Der amtierende Premierminister heißt Willy Telavi und übt sein Amt seit den letzten Wahlen 2010 aus. Ebenso im Jahr 2010 wurde der Generalgouverneur bestellt, der Iakopa Italeli heißt (vgl. ebd.).

1.4 Wirtschaft

Die Tatsache, dass Tuvalu zu einem der kleinsten Staaten der Welt zählt und damit das Platzangebot für landwirtschaftliche Aktivitäten derart minimal ist um daraus wirtschaftlich zufriedenstellende Exportzahlen am Weltmarkt zu erreichen, zählt neben dem Einfluss des Klimawandels zu den Hauptproblemen in ökonomischer Hinsicht.

Einnahmen erreichte Tuvalu durch die Ausfuhr von Kopra, dessen Wert, bedingt durch übermäßige Produktion, in den letzten zwei Jahrzehnten derart stark sank, dass die Erzeugung auf Tuvalu ein jähes Ende fand. Durch Vergabe von Lizenzen, die es erlaubt Thunfisch in tuvaluanischen Gewässern zu fischen (vgl. URL 2, 01.11.2012) und durch den Export von Briefmarken kann die Haushaltskasse etwas gefüllt werden (vgl. ZINGGL, 2010, S.11).

Der größte Arbeitgeber auf Tuvalu ist der öffentliche Sektor. Etwa 1.000 Insulaner schuften in den Phosphatminen auf Nauru, wobei diese Zahl aufgrund der Ergebnisse im Fortlauf der Arbeit anzuzweifeln ist. Andere wiederum genießen eine Ausbildung in der landeseigenenMaritime Schoolund arbeiten danach als Matrosen in der Handelsmarine. Zumeist lassen sie ihren Lohn ihren Familien auf den Inseln zukommen (vgl. URL 2, 01.11.2012). Aussichten auf Verbesserung der wirtschaftlichen Lage sind praktisch nicht möglich, da der Staat über keine Ressourcen verfügt, die sich exportieren ließen, aber auch seitens landwirtschaftlicher Produktion verhindern der durchlässige Korallenboden und die spärlichen Niederschlagssummen einen Ausbau (vgl. Zinggl, 2010, S.61).

Neben den zahlreichen Faktoren die eine tuvaluanische Wirtschaft scheitern lassen, fügt die periphere Lage inmitten des Südpazifiks das Ihrige hinzu, um es dem Aufbau einer funktionierenden Wirtschaft noch schwieriger zu machen. Zum einen fehlen mögliche Absatzmärkte und zum anderen sind die Verbindungen zur Verteilung von Exportware begrenzt, welche zudem noch oberen Preissegment angesiedelt sind (vgl. ebd.).

Die wichtigste Einnahmequelle bilden die so genannten Remissionen der in Tuvalu ausgebildeten Matrosen. Über diese Hilfeleistungen werden im Kapitel zur Migration in Form des MIRAB – Modells erläutert.

1.4.1 Exkurs: Internetdomain .tv

Das rasche Voranschreiten des Internets in den 1990er Jahre erreichte etwa um die Jahrtausendwende auch die abgelegenen Pazifikinseln, darunter ebenso Tuvalu. Die „[...] Internet Corporation for Assigned Names and Numbers [...]“ (Steininger, 2004, S.154) sprach dem Staat die Internetdomain .tv zu, welche im Fortlauf besonders in der Welt des Films und des Fernsehens äußerst begehrt war (vgl. Zinggl, 2010, S.12). Mit Blick dahingehend, finanzielle Einnahmen aus diesem Internetkürzel zu ziehen, entschied man sich dieses gewinnbringend zu verkaufen. Während Zinggl den Verkaufswert mit „[...] fünfzig Millionen US Dollar [...]“ (2010, S.12) veranschlagt, gibt Steininger an, dass es sich um „[...] einen jährlichen Lizenzbetrag von vier Millionen US-Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren.“ (2004, S.154f) handle. Der Käufer wird in beiden Fällen als kanadische Firma angegeben.

2. Der Klimawandel

"We live in constant fear of the adverse impacts of climate change. For a coral atoll nation, sea level rise and more severe weather events loom as a growing threat to our entire population. The threat is real and serious, and is of no difference to a slow and insidious form of terrorism against us."

Saufatu Sopoanga, Prime Minister of Tuvalu, at the 58th Session of the United Nations General Assembly New York, 24th September 2003

(URL 7, 01.11.2012)

Hochwasser 2002, Alpenhochwasser 2005, Hurrikan Katrina 2005, Hurrikan Sandy 2012, um nur einige heimische und globale Extremereignisse zu nennen, die als Auswirkungen des Klimawandels wahrgenommen werden sollten und müssen, da sie in immer kürzeren Zeitabständen und höherer Intensität widerkehren und somit die Gefahr für den Menschen steigt. Es handelt sich um Extremereignisse der sich die Menschheit immer öfter ausgesetzt sieht, sei es in reichen Industrienationen der nördlichen Hemisphäre oder in den oft genannten Least Developed Countries die sich zumeist auf der Südhalbkugel der Erde befinden. Seit Jahrzehnten ist das Schmelzen der Eiskappen und der Anstieg des Meeresspiegels Thema von Konferenzen, innerhalb von Forschergemeinschaften und auch in den Medien werden diese Schlagworte nach und nach verwendet. Zahlreiche unterschiedliche Meinungen und Szenarien kursieren in der Welt der Wissenschaft herum, eine endgültige Voraussage über die Entwicklung der nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte gibt es vielleicht in ausgearbeiteter Form, verifiziert kann eine Vorausschau eines solche komplexen Gebildes, wie es das Umweltsystem der Erde ist, wohl kaum geben.

Bevor die Problematiken eines steigenden Meeresspiegels thematisiert werden, gilt es als Anliegen die grundlegendsten Kenntnisse des Klimas und seiner Veränderungen darzulegen.

Zunächst werden die Forschungsergebnisse und gewonnene Erkenntnisse auf globaler Ebene im Mittelpunkt stehen. Daraufhin wird der Fokus auf die Veränderungen von Meeresspiegel und Wassertemperatur im Pazifik gelegt, ehe Tuvalu ins Zentrum des Interesses rückt. Anschließend wird geklärt, welche Auswirkungen der Klimawandel, im Besonderen der Anstieg des Meeresspiegels, auf Mensch und Natur hat.

2.1 Einführung: Klimabestimmende Faktoren

Um die Auswirkungen jener Prozesse und ihren Ursprung auszumachen, bedarf es eines Exkurses, der das Wesen und die grundsätzlichen Begrifflichkeiten des Wetters, Klimas und des Zusammenspiels atmosphärischer Aktivitäten näherbringt. Das Klima der Erde ist bedingt durch die Summe seiner einzelnen Teile (Atmosphäre, Landfläche, Wasser in all seinen Formen und flächen- oder linienhaften Ausführungen und Lebewesen) und hat demnach einen äußerst komplexen Aufbau (vgl. IPCC, 2007, S.94).

Das Klima ist kein statischer Zustand und unterliegt Veränderungen, die zum einen von internen Kräften ausgehen und zum anderen durch Eingriffe von außen. Dabei handelt es sich um natürliche Erscheinungen, wie Vulkanausbrüche, und um die anthropogenen „[...] changes in atmospheric composition.“ (IPCC, 2007, S.94).

Die auf die Erde einwirkende Sonnenstrahlung ist der Treibstoff unseres Lebens, sie ist die Voraussetzung, das Leben auf unserem Planeten möglich ist. Dazukommt, dass auch das komplexe Klimasystem von der Sonneneinstrahlung abhängig ist. Das IPCC führt drei Eingriffe an, die das Gleichgewicht der Strahlungsbilanz verändern, welche sich weiterführend auf das Klima auswirken.

1) Durch Veränderung von Sonneneinstrahlung („by changes in Earth’s orbit or in the Sun itself“) (IPCC, 2007, S.94)
2) Durch Veränderung der Albedo (Vergrößerung vs. Verkleinerung) (vgl. ebd.)
3) Und durch Veränderung der von der Erdoberfläche aussendenden langwelligen Strahlung („by changing greenhouse gas concentrations“) (IPCC, 2007, S.94)

Von der auf die Erde einfallenden Sonnenstrahlung wird etwa 1/3, zum größeren Teil durch Reflexion von Wolken und den so genannten Aerosolen, und im kleineren Ausmaße von der Erdoberfläche selbst, vor allem von sehr hellen Oberflächen wie Eis, Schnee oder Wüsten, zurückgeworfen (vgl. IPCC, 2007, S.94). Die restliche Sonneinstrahlung wird von der Erdoberfläche und der Atmosphäre absorbiert. Diese aufgenommene Strahlung wird von der Erdoberfläche und jedem Gebilde auf ihr durch das Aussenden von langwelliger Strahlung in der Waage gehalten. Würden sich Sonneneinstrahlung und aussendende Langwellenstrahlung exakt ausgleichen, würde auf unserem Planeten eine durchschnittliche Temperatur von -19° Celsius herrschen. Tatsächlich beträgt jene Temperatur +14° Celsius und lässt sich durch das Vorhandensein von Treibhausgasen erklären. Treibhausgase haben den Effekt, dass sie langwellige von der Erdoberfläche kommende Strahlung gewissermaßen abdecken und es deshalb zu den +14° Celsius Durchschnittstemperatur auf unserem Planeten kommt (vgl. IPCC, 2007, S.95). Dies wird „[...] the natural greenhouse effect. The most important greenhouse gases are water vapour and carbon dioxide.“ (ebd.) genannt. Die Hauptbestandteile der Atmosphäre, Stickstoff und Sauerstoff, sind keine Treibhausgase (vgl. ebd.)

Es handelt sich, wie der Name schon verrät, um gänzlich natürliche Vorgänge, die das Leben auf der Erde durchaus mit angenehmen Temperaturen versorgt. Neben den natürlichen Treibhausgasemissionen spielt der Mensch eine äußerst einflussreiche und bedrohliche Rolle. Laut IPCC (vgl. 2007, S.95) liegt der Anteil des Kohlendioxids in der Atmosphäre, der von der Menschheit vermehrt versursacht wurde bei 35%. Besonders „[...] the cumbustion of fossil fuels and removal of forests [...]“ (IPCC, 2007, S.95) sind die grundlegenden Auslöser für diese Entwicklung im Industriezeitalter (vgl. ebd.).

Der erhöhte Anteil an Treibhausgasen in der Atmosphäre führt demnach dazu, dass mehr langwellige Strahlung, als lediglich durch die natürlichen Vorgänge, von den Gasen selbst gebunden wird und dies führt zu einer Erhöhung der Temperatur. Ein Anstieg der Temperatur wirkt sich auch auf die Kälteregionen des Planeten aus, wo eine wärmere Umgebung zu vermehrten Schmelzvorgängen führt. Dadurch werden darunter liegende dunklere Gesteinsschichten freigelegt, die mehr Sonnenstrahlung absorbieren, wodurch es zu einer weiteren Erwärmung und erhöhten Schmelzvorgängen kommt (vgl. IPCC, 2007, S.95).

Abbildung 5 zeigt abschließend den Effekt den die Treibhausgase erzielen. Veranschaulicht wird, dass die globale Erwärmung in solchem Maße Einfluss auf die Atmosphäre und die Ozeane ausübt, dass sie zum Steigen des Meeresspiegels beiträgt. Zum Einen verursacht eine wärmere Atmosphäre verstärkt Schmelzvorgänge von Festlandeis, zum anderen führt eine höhere Wassertemperatur zur Wärmeausdehnung von Wasser und zum Schmelzen von Schelfeis.

Abb. 5: Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und steigendem Meeresspiegel

(Quelle: Hardy, 2003, S.132)

2.2 Meeresspiegelanstieg

Bereits erwähnt wurden der Aufbau und die flache Form der neun Inseln Tuvalus. Die seit längerem stattfindende Debatte um den Klimawandel umfasst wie oben angeführt auch die Problematik des steigenden Meeresspiegels. Die Verbindung von niedrig liegenden Atollinseln und ein im Steigen befindlicher Meeresspiegel verheißen verheerende Folgen. Zunächst sollen Daten und Zahlen dargebracht werden die zeigen sollen ob der Meeresspiegel tatsächlich steigt.

2.2.1 Global

„Is Sea Level Rising?“(Bindoff et al., 2007, S.409)

Stellt man dem IPCC (erg.: International Panel on Climate Change) die oben genannte Frage, so wird diese mit einem Ja beantwortet. Als Antreiber für den Anstieg identifiziert das IPCC zwei Verursacher: zum einen ist die „[...] thermal expansion of the oceans (water expands as it warms) [...]“ (Bindoff et al., 2007, S.409) und zum anderen „[...] the loss of land-based ice due to increased melting.“ (ebd.) genannt. Neben dem Dahinschmelzen von Festlandeis, dazu gehören der Verlust von Gletschermassen und von Eisdecken, zählt ebenso das Eingreifen des Menschen in den hydrologischen Kreislauf, das den Verlust von Wasserspeichern bedingt (vgl. Bindoff et al., 2007. S.408), zu den Veränderungen die den Meeresspiegel steigen lassen. Das Wegschmelzen von Meereseis oder Eisbergen trägt nicht zum Anstieg des Meeresspiegels bei, da sie sich wie Eiswürfel in einem Glas verhalten (vgl. Hardy, 2003, S.132).

Im Zeitraum der letzten 21.000 Jahre schätzt das IPCC den Anstieg des globalen Meeresspeigels auf etwa 120 Meter. Genauere Angaben zu Meeresspiegelschwankungen konnten durch das Einsetzen von Messgeräten getätigt werden, die den Beginn eines Anstiegs des Meeresspiegels während des 19. Jahrhunderts aufwiesen. Für die Dekade des letzten Jahrhunderts wird ein globaler Anstieg des Meeresspiegels von etwa 1,7 mm p.a. angenommen (vgl. Bindoff et al., 2007, S.409).

Hardy (vgl. 2003, S.132) bezieht sich auf zahlreiche Aufnahmen von Gezeitenmessungen der letzten 100 Jahre, die einen globalen Anstieg des Meeresspiegels von 2,4 ± 0,9 mm p.a. aufweisen.

Nunn (vgl. 2007, S. 218) bemisst den Anstieg des Meeresspiegels der letzten 100 Jahre auf etwa 15 Zentimeter und führt weiter an, dass die jährlichen Klimaschwankungen, die von der El Niño Southern Oscillation beeinflusst werden, in den folgenden 100 Jahren zunehmen werden. Als Hauptverursacher werden „[...] increasing temperatures associated with increased concentrations of greenhouse gases in the lower atmosphere.“ (ebd.) gennant, wobei die Schuld auf den Menschen und seine Verschmutzungen zurückzuführen ist.

Der Blick in die Zukunft ist und bleibt dennoch ungewiss und lässt sich nicht genau bestimmen. Die Voraussagen für den Meeresspiegelanstieg bis zum Ende des 21. Jahrhunderts liegen zwischen 19 und 58 Zentimetern (vgl. Mimura et al., 2007, S.694) und einem noch weniger vorstellbaren Wert von 88 Zentimetern (vgl. Nunn, 2007, S. 219).

2.2.2 Wie werden Meeresspiegelschwankungen gemessen?

Um Veränderungen des Meeresspiegels zu erhalten werden heutzutage zwei unterschiedlichen Methoden eingesetzt. Zum einen ist dies, die Messung über einen so genannten Tidenmesser oder Mareograf (erg. Engl.: tide gauge), die zweite Möglichkeit die Variationen zu untersuchen besteht darin, sie über die Satellitenaltimetrie durchzuführen (vgl. Bindoff et al., 2007, S.408).

2.2.2.1 Tidenmesser/Mareograf:

Zur Veranschaulichung der Funktionsweise eines Tidenmessers dient die rechtsstehende Abbildung. Diese ähnelt dem eines registrierenden Niederschlagsmessers.

Die wichtigsten Bestandteile sind:

- der Schwimmer (galleggiante)
- die Messeinheit an sich (mareografo)
- ein schachtartiges Ruhebecken (Pozzetto di calma).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Tidenmesser, (Quelle: http://farm3.static.flickr.com/2579/4133982022_0b9ccecc56_o.png, 28.11.2012)

Der Schwimmer überträgt die Wasserstandsänderung auf die in der Messeinheit angebrachte Registriertrommel, die durch ein Uhrwerk angetrieben wird. Das als schachtartiges Ruhebecken benannte Gebilde ist deshalb von Nöten, da die Messung an der offenen See durch den Wellengang nicht möglich ist. Durch diesen Schacht werden die Wellenbewegungen verwischt und lediglich die Veränderung des tatsächlichen Meeresspiegels wird durch den Schwimmer abgenommen.

Bindoff et al. (vgl. 2007, S.410) beziehen sich in ihrer Schrift für das IPCC auf Beobachtungen zu Meeresspiegelschwankungen im 20. Jahrhundert. Mithilfe von Tidenmessungen zahlreicher anderer Wissenschaftler, die mit unterschiedlichen Anzahlen von Mareographendaten und unterschiedlichen Zeitspannen arbeiteten, wurden folgende Ergebnisse präsentiert:

Tab. 2: Beobachtungen von Meeresspiegelschwankungen mit Hilfe von Tidenmessern

(Datengrundlage: Bindoff et al. 2007, S.410, eigene Darstellung)

Unter Miteinbeziehung weiterer Mittel (gemeint ist die statistische Maßzahl), die für den Zeitraum von 1950-2000 sowie für das 20. Jahrhundert im gesamtem vorliegen, schätzen Bindoff et al. (vgl. 2007, S.410) „[...] the rate for 1961 to 2003 as 1.8 ± 0.5 mm yr-1and for the 20th century as 1.7 ± 0.5 mm yr-1.“ (ebd.).

2.2.2.2 Erschwernisse für Messungen

Da die komplette Messeinheit des Mareographen auf Festland gebaut ist und starr gelagert ist, gibt es einen Faktor der die Messungen mit diesem Gerät verfälscht. Es handelt sich um sogenannte vertikale Landbewegungen.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist es lediglich möglich die glazial-isostatische Anpassung mit Hilfe von Modellen in die Tidenmessungen mit einfließen zu lassen (vgl. Bindoff et al., 2007, S.410). Unter der glazial-isostatischen Anpassung wird jenes Zusammenspiel genannt, das sich aus dem Abschmelzen der mächtigen Eismassen und der Elastizität der Lithosphäre ergibt. Die kilometerdicken Eisschichten der Eiszeiten vermochten es, die oberste Schicht, die Lithosphäre, bis zu hunderten Metern nach unten zu drücken. Nach dem Verschwinden der Eisdecken begann sich die Erdoberfläche wieder zurückzubiegen. Aufgrund der Zähflüssigkeit des darunterliegenden Erdmantels dauert diese Korrektur bis heute an (vgl. URL 8, 28.11.2012).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Die glazial-isostatische Anpassung (Quelle: http://www.gfz-potsdam.de/portal/gfz/Struktur/Departments/Department+1/sec13/resources/Images/scetch3/Grossbild?binary=true&status=300, 28.11.2012)

Daraus folgt, dass je näher eine Messstation einem Gebiet von glazial-isostatischer Anpassung positioniert ist, desto höher sind die Korrekturwerte die in die Modelle mit eingerechnet werden müssen, als für Stationen die im Fernbereich liegen.

Andere Bewegungen die sich auf die Messungen auswirken, können noch nicht in die Messungen mit einbezogen werden.

2.2.2.3 Satellitenaltimetrie:

Seit den frühen 1990er Jahren können durch gewisse Satelliten, die den Globus umkreisen durchschnittliche Meeresspiegel errechnet werden. Alle 10 Tage beginnen die Raumkörper von neuem die Erde abzuscannen. Die Genauigkeit der Gerätschaften beträgt für die Meeresschwankungsaufzeichnung in etwa 5 mm. Für den Zeitraum von 1993 bis 2003 belegen die Satellitendaten einen durchschnittlichen Anstieg des globalen Meeresspiegels von 3,1 ± 0,7 mm p.a. (vgl. Bindoff et al., 2007, S.411 zit. nach Cazenave and Nerem, 2004; Leuliette et al., 2004).

Da es von Tidenmessungen für den Vergleichszeitraum keine ausgewerteten Daten gibt um sie auf ihre Ähnlichkeit mit der Satelittenaltimetrie zu vergleichen, bleibt lediglich die Analogie, unter der Annahme, dass beide Messverfahren 1:1 vergleichbar wären, dass der Anstieg des durchschnittlichen globalen Meeresspiegels in den letzten beiden Jahrzehnten besonders stark vorangeschritten ist.

Vorteil dieser Methode ist das Erreichen von Daten zu Meeresspiegelschwankungen auf globaler Ebene. Die Tidenmessungen erfassen die Veränderungen hingegen nur in Küstennähe. Die anschließende Grafik vermittelt den Wandel des Meeresspiegels im Zeitraum von 1993 bis 2003. Besonders die Gebiete des westlichen Pazifiks, durchgehend von Nord nach Süd, und des östlichen Indischen Ozeans sind stark vom steigenden Meeresspiegel betroffen und weisen eine hohe „[...] interannual variability associated with ENSO.“ (Bindoff et al., 2007, S.411) auf.

Unter der Abkürzung ENSO verbirgt sich der Begriff derEl Niño Southern Oscillation, der in einem Rhythmus von zwei bis sieben Jahren wiederkehrt. Es handelt sich hierbei um das Aufeinandertreffen von unterschiedlich hohen Wassertemperaturen. Im Normalfall wird das kühlere Oberflächenwasser des Ostpazifiks durch Winde Richtung Ostasien verfrachtet, wo hingegen das wärmere Oberflächenwasser dieser Region Richtung südamerikanisches Festland getragen wird. Während dieser Verlagerung gleichen sich die Temperaturen des Meerwassers an. Dieses Gleichgewicht der Wind- und Meeresströmungen hat zur Folge, dass sich vor der südamerikanischen Küste der Humboldtstrom einfindet und das kühlere nährstoffreiche Wasser ein ausreichend großes Angebot an Fischen beschert.

In einem El Niño Jahr verfällt dieses komplexe System durch das Erliegen der Passatwinde in eine negative Schlaufe und die warmen Wassermassen aus dem ostasiatischen Raum gelangen ohne Abkühlung wieder zurück an die südamerikanische Küste. Es folgen gravierende Katastrophen wie etwa ein rapides Fischsterben oder außergewöhnlich starke Extremniederschlagsereignisse in Südamerika (vgl. URL 9, 30.11.2012).

Die Rolle die El Niño bei der Variabilität des Meeresspiegels zukommt ist jene, dass in einem normalen Jahr die Passatwinde die Wassermassen derart stark vor sich herschieben, dass der Wasserstand im ostasiatischen Bereich des Pazifiks um 60 cm höher ist als an der südamerikanischen Küste. Kommt es zu einem El Niño Ereignis, so schwachen die Passatwinde ab, und der Unterschied von 60 cm wird reduziert, womit Küstenbewohner in Südamerika von Hochwässern betroffen sein können.

Rückblickend auf die Gebiete die von inkonstantem Meeresspiegel betroffen sind, handelt es sich um Regionen die eine Vielzahl von Atollen, Kleinstinseln und niedrig liegenden Inseln aufweisen und somit ob der Gefahren die vom offensichtlich ansteigenden Meeresspiegel ausgehen, in den Mittelpunkt von Medien und Klimakonferenzen wurden.

Abb. 8: Räumliche Verteilung des durchschnittlichen Meeresspiegelanstieges (mm p.a.) von 1993 – 2003

(Quelle: Cazenave & Nerem, 2004 zit. nach Bindoff et al., 2007, S.412)

2.2.2.4 Erschwernisse für Messungen

Die Messungen folgen dem Prinzip eines Fernerkundungssatelliten, der über einen Scanner Mikrowellenstrahlen aussendet, die die Erdoberfläche abtasten. Generell sind für den Einsatz dieser Gerätschaften zahlreiche Vorüberlegungen und Berechnungen anzustellen. Da der Umfang und die Komplexität solcher Verfahren eine breite Palette an möglichen Fehlerquellen aufweisen, seien nur einige wenige genannt. Besonders die Stellung des Satelliten ist von Bedeutung. Es kommen der Umlaufbahnbestimmung sowie dem Zusammenführen von Modellen die die Bewegungen des Satelliten betreffen, genauso ein hohes Maß an Wichtigkeit zu wie gewisse Verbesserungen die zum Erlangen des genauen Meeresspiegels führen.

2.2.3 Pazifik

Im Zentrum stehen im folgenden Kapitel Messungen und deren Ergebnisse, die deutlich machen sollen, inwieweit und stark, in diesem Falle, der pazifische Raum von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist.

2.2.3.1 Messungen

Da es sich beim pazifischen Raum um ein besonders gefährdetes Gebiet handelt, es gilt als „[...] the centre of the strongest interannual variability of the climate system [...]“ (Bindoff et al., 2007, S.413), in welchem sich eine Vielzahl von bewohnten Atollen befindet, ist es von Interesse hierfür Daten für einen längeren, repräsentativen Zeitraum zu erhalten um sie zu interpretieren und Voraussagen treffen zu können.

Messstationen auf pazifischen Inseln die zu Beginn des Jahrtausends auf eine mehr als 50 jährige Messreihe zurückblicken konnten, erwiesen sich als spärlich und derer gab es lediglich vier Stück. Sie warfen einen durchschnittlichen jährlichen Anstieg des Meeresspiegels von 1,6 mm aus. Inselmessstationen mit aufgenommenen Daten von der Dauer von mehr als 25 Jahren, davon gab es 22 Stück, ließen auf einen Durchschnittsanstieg des Meeresspiegels von 0,7 mm p.a. schließen. Bei diesen Ergebnissen sei jedoch Vorsicht geboten, da sie große Unterschiede relativer Meeresspiegelschwankungen aufweisen, die auf „[...] poorly quantified vertical land motions.“ (Bindoff, et al., 2007, S.413) zurückzuführen sind (vgl. ebd.).

Die aufgrund des Klimawandels in den Mittelpunkt gerückten Inselstaaten des Pazifiks, waren wohl, wie bereits im Kapitel zur Geschichte Tuvalus erläutert, bedingt durch ihre Abgeschiedenheit und geringem wirtschaftlichen Nutzen selten von hohem Interesse. Dies könnte eine Erklärung für die geringe Anzahl von Messstationen sein. Der Anstieg ab etwa Mitte der 1970er Jahre ist möglicherweise durch die beginnende Globalisierung, leichtere Erreichbarkeit der abgelegenen Inseln, und somit gesteigertes Interesse im Tourismussektor, und ein startendes Bewusstsein im Bereich von Klimafragen begründbar.

2.2.4 Tuvalu

Zum Schluss werden nun noch vorhandene Messergebnisse, die auf dem Inselstaat selbst erhoben wurden, angeführt.

Da es sich bei Tuvalu um den viertkleinsten Staat des Planeten handelt und der Inselstaat abgelegen liegt, sind wie bereits erwähnt, auch die Messdaten nur von einem kurzen Zeitraum erhältlich.

2.2.4.1 Messungen

Für das Gebiet von Tuvalu sind zwei verschieden Datensätze vorhanden, eine der beiden Aufzeichnungen begann im Jahre 1977, die zweite 1993, wobei letztere äußerst gründlichen Überprüfungen zum Bezugshorizont unterliegen. Nachdem die Reihe von 1977 unter Miteinberechnung von Absackungen und Senkungen angeglichen wurde (vgl. Bindoff et al., 2007, S.414), wurde ein durchschnittlicher jährliche Anstieg des Meeresspiegels für Tuvalu von 2,0 ± 1,7 mm p.a. ermittelt (vgl. Bindoff et al., 2007, S.414, zit. nach Church et al., 2006).

Neben diesen deutlichen Ergebnissen des Anstieges des Meeresspiegels geriet eine Messreihe aus Tuvalu jedoch auch schon einmal in den Mittelpunkt. Eine über sieben Jahre (1990 bis 1997) andauernde Aufzeichnung von Meeresschwankungsdaten ergab, dass entgegen der Meinung des Anstiegs, der Meeresspiegel im Sinken befindlich war (vgl. Nunn, 2007, S.209).

Die Frage nach dem„Wie kann es sein, dass hier der Meeresspiegel steigt und anderswo sinkt?“, lässt sich relativ schnell beantworten: Der 7-jährige Datensatz, der mediales Aufsehen erregte, ist schlicht und einfach sehr kurz. Nun ist man sich nicht sicher „[...] whether monitored sea-level time series are sufficiently long to allow the long-term (eustatic) signal to be seperated from the shorter term influences on sea level (the noise).“ (Nunn, 2007, S.209). Ein genauer Zeitrahmen lässt sich nicht festlegen um eine Unterscheidung von Langzeitmessungen und Kurzzeitbeeinflussungen wissenschaftlich befriedigend auslesen zu können, aber ein Zeitraum von 30 bis 40 Jahren, bestenfalls noch länger, wird als unterstes Minimum angesehen (vgl. Nunn, 2007, S.209).

Um die Problematik einer nur 7-jährigen Messreihe auch bildlich zu veranschaulichen, soll die Langzeitmessung von Honululu, Hawaii dienen. Die Aufzeichnung der Meeresspiegelschwankungen von Honululu, beginnen 1905 und reichen bis 2003 (s. Abb. 9).

Auffällig ist die hervorstechende Form des Datensatzes, die von einem ständigen Auf und Ab beherrscht wird. Man kann hierbei von einer stabilen Aufzeichnung sprechen, da in Summe, der Meeresspiegel im Steigen begriffen ist, womit auch schon die Lösung für den Fehler der 7-jährigen Messreihe aus Tuvalu praktisch auf der Hand liegt. Die mit roten Pfeilen anvisierten abfallenden Messdaten werden alsnoiseoder Rauschen bezeichnet. In einer derart langen Messung fallen sie nicht weiter ins Gewicht, im Falle der Daten von Tuvalu von 1990 bis 1997 wurde eben nur ein Absinken des Meeresspiegels gemessen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Meeresspiegelschwankungen auf Honolulu, Hawaii

(Quelle: Nunn, 2007, S.210, aus www.pol.ac.uk/psmsl, eigene Darstellung)

Daher muss bei Messungen, die über einen längeren oder auch kürzeren Zeitraum erfolgen, darauf geachtet werden welchen zeitlichen Maßstab die x-Achse zugeschrieben bekommt. Würde man den Datensatz der Abbildung 9, der sich über knapp 100 Jahre erstreckt und fünfjährige Messergebnisse als Mittelwert mit einem Punkt auf der x-Achse darlegt, stattdessen mit Mittelwerten von zehnjährigen oder noch längeren Ergebnissen als einen Punkt wiedergeben, so käme dies einer Zeitreihenglättung nahe und würde mögliche Ausreißer nach oben oder unten verwischen. Dies hätte zur Folge, dass mögliche klimatische Vorkommnisse nicht mehr aus der Zeitreihe auszulesen sind. Daher sind sorgsame Überlegungen bei der Erstellung von Zeitreihendaten anzustellen um am Ende aussagekräftige Ergebnisse präsentieren zu können.

Auf der anderen Seite würde das Eintragen von monatlichen Werten, als Beispiel, in der obigen Zeitreihe, zwar einen sehr genauen Einblick in die monatliche Variation des Meeresspiegels ergeben, jedoch ebenso ein verstärktes Auftreten des Rauschens hervorrufen.

Die von Nunn (s. Abb. 9) gewählte Darstellung, indem die Wahl auf Durchschnittswerte fünfjähriger Messergebnisse fiel und zusammengefasst wurde erscheint als gut gewählt.

2.2.4.2 Die Messstation Tuvalus

Der ausschlaggebende Grund, so die Annahme vor Beginn dieser Arbeit, der Klimawandel und der steigende Meeresspiegel haben einen nicht vorstellbaren Einfluss auf Tuvalu und dessen Bevölkerung, macht es an diesem Punkt der Arbeit möglich, dass auf die Messstation auf Tuvalu selbst genauer eingegangen werden kann. Die Station befindet sich auf Fongafale, der größten Insel des Funafuti Atolls.

Bevor näher auf die Messungen eingegangen wird, müssen noch wichtige technische Voraussetzungen erläutert werden, die besonders für die Vergleichbarkeit und Reliabilität unerlässlich sind. Zunächst ist die Gleichartigkeit der Daten von höchstem Interesse, die es erlaubt Zeitreihen an jeder vorhandenen Messstation zu erstellen. Dazu werden die jährlichen und monatlichen Mittel „[...] reduced to a common datum.“ (URL 10, 11.12.2012).

Durchgeführt wird die „[...] reduction [...] by the PSMSL making use of the tide gauge datum history provided by the supplying authority.“ (URL 10, 11.12.2012). Insgesamt wurden die Daten von 2/3 aller Stationen in der PSMSL Datenbank derart angepasst womit der „[...] REVISED LOCAL REFERENCE [...]“ (URL 10, 11.12.2012) Datensatz gebildet wird.

Damit man sich unter diesen technischen Ausführungen etwas vorstellen kann, wird versucht die Anpassung an das gemeinsame Datum mit einer Abbildung näher zu bringen (s. Abb.10). Den, auf das die Daten der Messstationen eingestellte RLR Bezugshorizont wurde vom PSMSL so gewählt, dass bei den Messungen keine negativen Werte ausgespuckt werden können. Somit liegt der Bezugshorizont einer jeder Station bei etwa sieben Meter unterhalb des durchschnittlichen Meeresspiegels (vgl. URL 10, 11.12.2012).

Neben dem festgelegten Datum (RLR) sind in der Abbildung weitere Bezugspunkte zu sehen, die sich in dem Begriff „Tide Staff Zero“ und „BM 22“ festmachen lassen.

- Tide Staff Zero

Unter Tide Staff versteht man nichts anderes als eine Messlatte, die wie beim Mareografen, geschützt vor dem Wellengang, in einer Behausung neben dem Pegelmesser angebracht wird. Der Begriff Tide Staff Zero ist nichts anderes als der Nullpunkt der Messlatte, die ab sofort als „[...] vertical reference (the station datum) that all subsequently recorded water levels refer to.“ (URL 11, 11.12.2012) bezeichnet wird.

- BM 22

Die Abkürzung BM bezeichnet den Begriff „Benchmark“, die ebenso wie der Tide Staff Zero als Referenzpunkt dient.

Es handel sich dabei um „[...] a stable benchmark near a gauge, to which tide gauge datum is referred. It is connected to local auxiliary benchmarks to check local stability and to guard against accidental damage. The tide gauge datum is a horizontal plane defined at a fixed arbitrary level below a tide gauge benchmark.“ (Pugh, 2004, S. 250).

In unserem Fall ist der Bezugsrahmen zwischen dem Nullpunkt der Messlatte und der Benchmark 4,012 Meter. Sollte unter, welchen Umständen auch immer, die Messlatte verschwinden kann man Messungen mit Hilfe der Benchmark dennoch auswerten.

- MSL (2009)

Darunter ist der mittlere Meeresspiegel von 2009 gemeint von dessen Niveau aus, wie schon angeführt, das RLR Datum Bezug nimmt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 101 Seiten

Details

Titel
"Climate Refugees" als zukünftige Form der Migration. Ursachen und Auswirkungen auf den Inselstaat Tuvalu im Pazifik
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Geographie und Regionalforschung)
Veranstaltung
Humangeographie
Note
2
Autor
Jahr
2013
Seiten
101
Katalognummer
V210410
ISBN (eBook)
9783656379751
ISBN (Buch)
9783656380009
Dateigröße
2570 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
migration, tuvalu, klima, climate, refuge, environmental change, klimawandel, new zealand, MIRAB, Thema Flüchtlinge
Arbeit zitieren
Stephan Pillwein (Autor:in), 2013, "Climate Refugees" als zukünftige Form der Migration. Ursachen und Auswirkungen auf den Inselstaat Tuvalu im Pazifik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210410

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: "Climate Refugees" als zukünftige Form der Migration. Ursachen und Auswirkungen auf den Inselstaat Tuvalu im Pazifik



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden