Interkulturelle Gespräche aus linguistischer und kultureller Perspektive: Eine Textanalyse zur chinesischen Menschenrechtsthematik


Hausarbeit, 2008

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Die Macht der Sprache

2. Die Interdependenz von Kommunikation und Kultur

3. Ist Macht eine ständige Determinante im Gespräch?
3.1. Ein linguistischer Zeitungsvergleich zur Chinesischen Menschenrechtsproblematik
3.2. Entstandene Interaktionsfehler aus chinesischer Perspektive

4. Ein Ausweg aus dem Kommunikationsdilemma aus zwei Perspektiven

5. Vermeidung eines Dominanzgesprächs

6. Literaturverzeichnis

Abktirzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Die Macht der Sprache

Der Rahmen dieser Auseinandersetzung mit dem Titel 'Interkulturelle Gespräche aus lingui­stischer und kultureller Perspektive' ergibt sich in Berufung auf ein primäres Gedankenge­bäude, womit im wesentlichen die Annahme über die Wechselwirkung von Kultur und Kommunikation gemeint ist. Derartige Überlegungen reichen weit zurück, sodass sich sogar einst ein großer Denker wie Johann Gottfried von Herder damit beschäftigt hat. Schließlich ist die Frage, inwiefern jede Sprache eine eigene Art hat die Welt wahrzunehmen, für einen so bedeutenden Kulturphilosoph und Schriftsteller der Weimarer Klassik unumgänglich. Noch heutzutage lässt sich beobachten, dass die Sprache ein Produkt des kulturellen Verhaltens ist und dieses wiederum durch kommunikativ vermittelte Inhalte determiniert wird.[1] Diese Schlussfolgerung impliziert die Relevanz einer detaillierten Untersuchung von Variationen im Diskurs, wobei hierfür eine Schwerpunktsetzung auf die verbale Kommunikation zwischen Gesprächspartnern aus unterschiedliche Kulturen erfolgt ist. Dafür wurde nach Klärung der kulturell-kommunikativen Interdependenz im ersten Abschnitt zunächst gezeigt, inwiefern linguistische Elemente bewusst oder unbewusst dazu benutzt werden, um den Kommunika­tionspartner zu einem Verhalten zu verleiten. Eine Erörterung damit einhergehender Störun­gen des Gesprächsklimas wurde anhand des Vergleichs von Zeitungsartikeln vorgenommen, die die chinesische Menschenrechtsproblematik zum Gegenstand hatten. Aufgrund der Tat­sache, das zurzeit die Olympischen Spiele in Peking stattfinden, ist dieses Thema besonders bzgl. der freien Berichterstattung und dem Zugang zu bestimmten Recherchequellen an Aktualität kaum zu übertreffen. Eine Diskussion der Menschenrechtsproblematik in China fand auch im Vorfeld und nicht nur im Zusammenhang mit Olympia in der westlichen Öffentlichkeit statt. Schließlich sprach sogar die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel von unveräußerlichen Werten zur freien Entfaltung des Charakters.[2] Nach der Darstellung von linguistischen Interaktionsfehlern wird im zweiten Abschnitt die Auseinandersetung mit kulturellen Faktoren erfolgen. Aufgrund dieser Ergänzung um eine kulturelle Komponente wird darauf hingewiesen, dass das Erlernen von Fremdsprachen oder die Akzeptanz von Englisch als Lingua Franca nur ein erster Schritt zur erfolgreichen interkulturellen Interaktion ist. Nach Beendigung beider Teilbereiche wird ein Zugang zu folgender Fragestellung angestrebt: Unter -welchen Prämissen ist interkulturelle Kommunikation - in diesem Fall der Menschenrechtsdialogzwischen China und 'westlicher' Welt - von Erfolggekrönt?

2. Die Interdependenz von Kommunikation und Kultur

Im Rahmen dieses Abschnitts soll eine Hinführung zum Thema erfolgen, indem zunächst die Interdependenz von Kultur und Kommunikation aufgezeigt wird. Hierfür ist es erforderlich zu verstehen, dass die symbolhaft-abstrakte Sprache die Kultur determiniert, wobei die Sprache sogar zur Konstruktion der Realität beiträgt. Schließlich kann die Sprache als wesentliches Kommunikationsmittel dazu dienen die persönliche Erfahrungswelt des Menschen mithilfe von Gattungen und Kategorien in ein rationales Ordnungsschema zu verwandeln. Aufgrund dieser speziellen Art der Komplexitätsreduktion wird das Denken und Handeln des Menschen beeinflusst.[3] Allerdings gibt es auch Ansichten, wonach die Kultur nicht nur von der Sprache beeinflusst wird, sondern erst aufgrund dieser existiert. Entsprechend dieser Lesart sind kulturelle Normen vor allem vorhanden, weil sie erfolgreich über Generationen hinweg kommuniziert worden sind. Dieser interpersonale Informationsaustausch ist somit ein integrales Element des Kulturkonzeptes.[4] Dies haben auch Untersuchungen in der Verglei­chenden Linguistik gezeigt, wonach bereits das Reden selbst ein selektiver Prozess ist, bei dem jede Sprachgemeinschaft eigene Kategorien hat und eine davon abweichende Ausdrucksweise anderer Kulturen nicht verstehen wird bzw. diese als 'unlogisch' empfindet. Dies wird auch mit folgender These behauptet: “Die Sprache einer Menschengruppe hängt auf das engste zusammen mit der Weltsicht dieser Gruppe.”[5] Allerdings ist die gemeinsame Sprache nicht nur ein Ausdruck der Weltsicht einer Gruppe, sondern auch ein Zeichen für das kulturspezifische Erleben der Realität und damit einhergehende Denkprozesse. Schließlich kann ein Individuum nur denken, was entsprechend der Aussprache möglich ist. Dies erklärt, warum bspw. ein Eskimo noch vor einiger Zeit über mehr Synonyme für das Wort Schnee verfügt hat als ein in der gemäßigten Klimazone lebender Mensch.[6] Demnach wurde die Kommunikationsfunktion der Sprache bereits explizit erwähnt, wobei die Sprache neben dem Ausdruck von Gefühlen, Meinungen, Ideen und Vorurteilen ebenso eine bedeutende Identifikationsfunktion wahrnimmt. Dies liegt daran, dass das Beherrschen der Sprache eine Mitgliedschaft in einer Gruppe nach bestimmten Gesichtspunkten wie die Region, die Politik oder auch die Ethnie ebenso anzeigt wie dadurch Grenzen der Teilhabe für vermeint-lich Aussenstehende vermittelt werden. Vervollständigt wird dieser Funktionskatalog durch die Erwähnung, dass die Sprache ein elementarer Bestandteil der kognitiven Entwicklung der Kinder und den Erwachsenen bei der Ausformulierung bestimmter geplanter Aktionen nützt.[7]

Nachdem nun bereits eingeräumt wurde, dass die Sprache einen Einfluss auf die Prägung der eigenen Kultur hat, soll dieses Gedankengebäude nun im folgenden Abschnitt mit der Interaktion zwischen Menschen verschiedener Kulturen erweitert werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass diese so genannte interkulturelle Kommunikation von der linguistischen Relativität erschwert wird, weil die Welt nicht nurje nach kultureller Herkunft, sondern auch entsprechend der Sprache anders wahrgenommen und interpretiert wird. Diese Interde­pendenz von Kultur und Sprache wirkt sich auf die Gedanken der Menschen aus, wodurch kommunikative Missverständnisse schneller auftreten können.[8] Diese sprachlichen Fehlper­zeptionen können zum Abbruch der Kommunikation führen, wobei dies ebenso für die meist rein lexikalisch verursachte 'Noncommunication' gilt.[9] Während bei letzteren das Problem im semantischen Bereich durch Benutzung falscher Wörter und falscher Grammatik entsteht, gestaltet sich dies für die so genannte 'Miscommunication' weitaus schwieriger. Folglich liegt auch im Rahmen der interkulturellen Kommunikation der Forschungsschwerpunkt in der Identifikation von Unterschieden in Sprechhandlungen und linguistischen Strukturen unter Berücksichtigung eines verschieden kulturellen Hintergrunds zwischen Muttersprachlern.[10] Dies zeigt sich daran, dass eine Übersetzungsleistung basierend auf einer Sprachkompetenz längst keine korrekte Erfassung der Aussage einer Nachricht impliziert. Aufgrund der Tatsache, dass es für den linguistischen Bereich verschiedene teils kulturell bedingte Bedeu­tungsabweichungen gibt, ist ein Kulturverständnis unverzichtbar, um die tiefergehende Aussage des Gesprächs adäquat einzuordnen.[11] Wenn sich beide Gesprächspartner 'verstehen' und sich die Aussagen aufeinanderbeziehen bzw. entsprechend dem jeweiligen Informationsinhalt übereinstimmen, dann kann sich interkultureller Kommunikationserfolg einstellen. Verständlich wird dies anhand der Unterscheidung von 'High-Context Kommunikation' und 'Low-Context-Kommunikation', weil im Gegensatz zur ersten kontextgebundenen Kommunikationsweise bei der letzten die Information nur verstanden wird, wenn diese ausdrücklich mithilfe eines Zusammenhangs vermittelt wird.[12] Allerdings lassen sich keine generalisierenden Aussagen über die kulturelle Prägung einer Person und somit über erfolgversprechende 'Gesprächsregeln' für den interkulturellen Kontakt tätigen. Bleibt es doch dem Respekt gegenüber der Einzigartigkeit eines jeden Individuums geschuldet, dass durch ein Verständnis für dessen komplexen geschichtlich-kulturellen Hintergrund kein Nährboden für Vorurteile und Stereotypen entsteht.[13] Zusammenfassen lassen sich beide Annahmen, wonach es erstens wichtig ist so viel wie möglich über den Gesprächspartner zu wissen und zweitens Missver-ständnisse als selbstverständlich und nicht persönlich beabsichtigt zu deuten, unter dem Begriff der interkulturellen Kompetenz. Schlussfolgern lässt sich: „Successful communication is based on sharing as much as possible the assumptions we make about what others mean.“[14]

3. Ist Macht eine ständige Determinante im Gespräch?

In diesem Abschnitt sollen Praktiken der Unterdrückung und der Dominanz dargestellt werden, die nicht nur zu unbeabsichtigten Missverständnissen führen, sondern auch ganz bewusst gewählt werden, um den Gesprächspartner zu diskreditieren. Der Ursprung dieser durch Macht motivierte Praktiken der Kontrolle, Herrschaft und Vorurteilsbildung liegt im Verstoß gegen die zwei impliziten Annahmen der interkulturellen Kommunikationstheorie. Demnach werden erstens kommunizierende Individuen eben nicht als gleichwertig betrachtet, was eine kritische Haltung gegenüber deren Kultur begünstigt, und zweitens ist der Informationsaustausch - sei es bewusst oder unbewusst - von ungleichen Machtverhältnissen bspw. durch allerlei Unterschiede im sozioökonomischen Status geprägt. Folglich ist Macht sowohl ein Effekt sozialer Handlungen und somit Resultat des Statusempfindens, was der Kontrolle der Handlungen anderer Menschen dient, als auch in seiner Erscheinungsform eine Praxis der Ausbeutung und der Unterdrückung basierend auf kulturell geprägten unterschiedlichen Werten.[15]

[...]


[1] Vgl. Clyne, Michael, Inter-cultural communication atwork. Culturalvalues in discourse, Cambridge 1994, S. 6.

[2] Vgl. Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 27.08.2007 an der Akademie für Sozialwissenschaften in Peking, <http://www.bundesregierung.de> am 12.09.2007. Bis heute sind Menschenrechte - nicht nur in China - sondern auch in modernen und sog. rechtsstaatlichen Ländern in Gefahr und nichts selbstverständliches.

[3] Vgl. Maletzke, Gerhard, Interkulturelle Kommunikation. Zur Interaktion zwischen Menschen verschiedener Kulturen, Opladen 1996, S. 72-73.

[4] Vgl. Conway, Lucian Gideon/ Schalter, Mark, How Communication Shapes Culture, in: Fiedler, Klaus (Hrsg.), Social Communication, New York 2007, S. 107-108. Unter dem Kulturkonzept ist laut Assmann auch ein kulturelles Gedächtnis gemeint, welches auf einem kollektiven Prinzip eines gemeinsamen gruppenbezogenen Sinns bzw. auf kollektiv geteiltem Wissen basiert. Dadurch erscheint dieser Gruppe eine über Generationen hinweg überlieferte Handlung plausibel. Diese Tradierung, die nicht nur auf verbaler Kommunikation basiert, impliziert kulturelles Wissen, sodass man sich einem gesellschaftlichen Lebensraum zugehörig fühlt und sich gemäß des 'need for identity' damit identifiziert. Vgl. weiterführend Assmann, Jan, Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität, in: Bolten, Jürgen; Ehrhardt, Claus (Hrsg.), Interkulturelle Kommunikation. Texte und Übungen zum interkulturellen Handeln, 2003, S. 65.

[5] Maletzke, Gerhard, Interkulturelle Kommunikation. Zur Interaktion zwischen Menschen verschiedener Kulturen, Opladen 1996, S. 73.

[6] Vgl. ebd., S. 74. Vergleichbar ist vielleicht, dass die Japaner und die Chinesen viele Wörter entwickelt haben, die ein 'Nein' implizieren, um dieses nicht direkt wegen dem zwischenmenschlichen Prinzip der Harmonie und des Gesichts aussprechen zu müssen. Vgl. weiterführend ebd., S. 75.

[7] Vgl. Clyne, Michael, Inter-cultural communication at work. Cultural values in discourse, Cambridge 1994, S. 2.

[8] Vgl. ebd., S. 6.

[9] Vgl. ebd., S. 26.

[10] Vgl. Shi, Xu, Beyond competence: A mulitculturalist approach to intercultural communication, in: Bührig, Kirstin/ten Thije, Jan D. (Hrsg.), Beyond Misunderstanding. Linguistic analyses of intercultural communication, Amsterdam/Philadelphia 2006, S. 315.

[11] Vgl. Lim, Tae-Seop, Language and Verbal Communication across Cultures, in: Gudykunst, William B. (Hrsg.), Cross-Cultural and Intercultural Communication, London 2003, S. 53-54.

[12] Vgl. Lim, Tae-Seop, Language and Verbal Communication across Cultures, in: Gudykunst, William B. (Hrsg.), Cross-Cultural and Intercultural Communication, London 2003, S. 59.

[13] Vgl. Shi, Xu, Beyond competence: A mulitculturalist approach to intercultural communication, in: Bührig, Kirstin/ten Thije, Jan D. (Hrsg.), Beyond Misunderstanding. Linguistic analyses of intercultural communication, Amsterdam/Philadelphia 2006, S. 313.

[14] Ebd., S. 314.

[15] Vgl. ebd., S. 314-315.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Interkulturelle Gespräche aus linguistischer und kultureller Perspektive: Eine Textanalyse zur chinesischen Menschenrechtsthematik
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V210655
ISBN (eBook)
9783656384922
ISBN (Buch)
9783656389644
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
China, Ostasien, Menschenrechtsproblematik, Kulturschock, Menschenrechte
Arbeit zitieren
M.A. Susann Grune (Autor:in), 2008, Interkulturelle Gespräche aus linguistischer und kultureller Perspektive: Eine Textanalyse zur chinesischen Menschenrechtsthematik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210655

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