Leseprobe
Gliederung
1. Einleitung
2. Film und Buch – Ein Vergleich
2.1 Die Produktion im Vergleich
2.2 Die Zeichensysteme im Vergleich
3. Literaturverfilmungen und die an ihr geübte Kritik
3.1 Beeinträchtigung der Deutungsfreiheit?
3.2 Literaturverfilmungen als konkurrierende Kunst zur Literatur?
4. Analyse einer Literaturverfilmung nach einem Analyse-Modell von Hurst
4.1 Die auffälligsten Unterschiede zwischen Vorlage und Adaption
4.2 Die Erzählsituation in Vorlage und Adaption
4.2.1 Erzählsituation im Roman
4.2.2 Erzählsituation in der Serie
5. Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das die Filme Vom Winde verweht, A Beautyful Mind, Herr der Ringe, Charlie und die Schokoladenfabrik, Madam Bovary und The Ring etwas gemeinsam haben ergibt sich für die wenigsten Menschen auf den ersten Blick. Jedoch haben alle Regisseure dieser Filme einen Roman als Vorlage für ihren Film benutzt – bei manchen Verfilmungen wie Der Herr der Ringe ist das wohl den allermeisten Zuschauern bekannt, bei vielen Filmen ist jedoch verloren gegangen, dass es sich dabei um eine Literaturverfilmung handelt, also, dass ein Buch dem Film zugrunde liegt.
Man stelle sich vor, alle säßen im Kino und verfolgten voll Spannung einen Film. Beim
anschließendem Bier sind sich noch alle einig, dass sie einen spannenden Film gesehen
haben, „bis einer in der Runde kundtut, das Buch habe ihm aber doch viel besser
gefallen. Seine Freunde wussten bis dahin oft nicht einmal, von der Existenz eines
solchen Buches, [...]“[1]
Die Meinungen zu Literaturverfilmungen gehen in der Literatur,- und Medienwissenschaft weit auseinander. Mit den ersten Literaturverfilmungen begann eine bis heute nicht endende Diskussion über die Pros und Kontras der Buchverfilmung.
Ziel der Arbeit ist es, einige der konkurrierenden Meinungen der Forschung zum Thema Literaturverfilmung kurz darzustellen und zu bewerten, darauf basierend möchte ich begründen, ob eine Literaturverfilmung von Romanklassikern, wie Don Quijote einer ist, überhaupt zulässlich ist.
Im ersten Teil dieser Hausarbeit sollen deswegen zunächst die Unterschiede und Möglichkeiten des Mediums Buch und Film betrachtet und gegenübergestellt werden, im zweiten Teil dann die eigentliche Literaturverfilmung und die an ihr geübte Kritik untersucht werden. Anschließend soll im letzten Teil nach dem Analyse-Modell von Mathias Hurst[2] eine konkrete Literaturverfilmung[3] zu Cervantes´ Don Quijote von la Mancha[4] auf ihre Erzählsituation im Vergleich zum Roman untersucht werden, um so eventuell die Qualität der Verfilmung bewerten zu können .
2. Buch und Film – ein Vergleich
Der Film war und ist das neue Medium unserer Zeit: Schnell, spannend, nah am Leben – es scheint sich perfekt dem Geist unserer Zeit anzupassen, für den Geschwindigkeit und rasanter Fortschritt ausschlaggebend sind. Bloß nicht stillstehen und immer schnell vorwärts kommen ist die Devise. Kein Wunder also, dass der Film dem Buch gegenüber anscheinend bevorzugt wird, wo es doch wesentlich entspannender ist und schneller geht sich einen Film anzusehen, anstelle eines 200-Seiten-Wälzers zu lesen. Der Film scheint die Massen besser zu erreichen als das Buch.
Trotz dieser eigentlich idealen Ausgangslage wurde der Film aber nicht rückhaltlos als
der neue, strahlende Stern am Kulturhimmel begrüßt. Vom etablierten Kulturbetrieb,
der auf Literatur und Theater konzentriert war, wurde er eher wie ein Parvenü auf
Distanz gehalten. […], so dass die junge Kunst relativ schnell als ein
„Unterschichtenphänomen“ abgewertet wurde.[5]
Obwohl der Film seitens der Wissenschaft teils bis heute einen negativen Anklang gewinnt und gar abwertend betrachtet wird, hat er das bis ins 20. Jhr. reichende Leitmedium Buch mehr und mehr abgelöst.[6] Vielleicht kann ein Vergleich der Vor,- und Nachteile der beiden Medien die Frage nach dem Grund für diesen Medienwechsel von Buch zu Film beantworten, was nun im Folgenden versucht werden soll.
2.1 Die Produktion im Vergleich
Während bei einem Buch (für gewöhnlich) ein einzelner Autor zur Erstellung der fertigen Geschichte genügt und die Kosten für die Produktion daher gering gehalten werden können, bedarf es bei einem Film eines weit größeren Aufwandes: Ein ganzes Filmteam von Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann, Kostümbildner usw. ist nötig um das Projekt überhaupt in die Tat umsetzen zu können. Durch die Vielzahl der Beteiligten kommt es, dass beim Film „die Qualität [hängt] vom ganzen Team“[7] abhängt und nicht mehr nur von einer einzelnen Person. Allerdings kann ein größeres Produktionsteam auch durchaus positiv gewertet werden: Auf diese Weise können viele, verschiedene Ideen von den verschiedenen Beteiligten zusammenkommen, wodurch ein interessanteres Endprodukt denkbar ist. Entsprechend bringt der höhere Aufwand natürlich auch hohe Kosten mit sich.
Literarische Texte können von einer Person mit wenig Aufwand geschrieben werden,
es finden sich beispielsweise Juristen wie Bernhard Schlink, die als Hobby die
Literatur betreiben und damit weltweit Erfolg haben. […] generell ist der
Herstellungsaufwand von Filmen um ein vielfaches größer.[8]
2.2 Die Zeichensysteme im Vergleich
Fragt man sich nun nach einer Gemeinsamkeit beider Medien kann man nach Neuhaus als „erste und wichtigste“[9] nennen, dass es sich bei beiden um „sinnstiftende Zeichensysteme“[10] handelt. Allerdings zwei vollkommen verschiedene Systeme: Der Film bedient sich dabei dem Zeichensystem der Bildsprache und der gesprochenen Sprache, wohingegen das Buch nur die geschriebene Sprache, also das Zeichensystem der Schrift benutzt. Häufig wird deswegen argumentiert, der Film sei wesentlich realitätsnaher und einprägsamer als das Buch, da man die Schrift nicht erst in ein Bild übersetzen müsse, sondern das Bild direkt da sei, ohne Umwege. So würde der Film auch besseren Zugang für Unterprivilegierte oder Analphabeten schaffen, denn der Film setzt nicht voraus, dass man das Schriftsystem entziffern und umwandeln können muss. Gegenstimmen wiederum behaupten, dass dies gar kein wirklicher Vorteil des Films sei, da es für das menschliche Gehirn einen gar nicht so großen Unterschied mache, ob ein Bild direkt zu sehen sei oder ob man es sich erst vorstellen müsse. Allerdings ist eine Explosion, die nur mit Worten beschrieben ist, weitaus unspektakulärer, als das konkrete Bild einer Explosion oder eben noch besser: Der komplette Ablauf der Explosion, anhand einer Bilderfolge wie im Film. Zumindest den meisten Autoren mangelt es an Geschick, ein solch schnelles, plötzliches, gigantisches Ereignis mit Worten zu beschreiben.
Ähnlich argumentiert auch Neuhaus:
[…] Menschen sind visuelle Wesen, der größte Teil ihres Hirns ist mit Sehen
beschäftigt und ob sie etwas als Bild sehen oder sich, aufgrund von Lektüre, „nur“
vorstellen, macht gar keinen so großen Unterschied, wie man glauben möchte.
Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Lesetechniken ausreichen und die
Voraussetzungen einer durch Schriftsprache ausgelösten Imagination gegeben sind.
Hier hat es das Medium Film einfacher – man sieht, was man sieht, man muss es nicht
erst dekodieren.[11]
[...]
[1] Eva Binder und Christine Engel: „ Film und Literatur: Von Liebeleien, Konflikten und langfristigen Beziehungen“, in: Literatur im Film: Beispiele einer Medienbeziehung. Hrsg. Stefan Neuhaus (künftig: S.N.). Würzburg: Königshausen & Neumann, 2008: S.46.
[2] Hurst, Matthias: Erzählsituationen in Literatur und Film: Ein Modell zur vergleichenden Analyse von literarischen Texten und filmischen Adaptionen. Tübingen: Niemeyer, 1996.
[3] Bei der ausgewählten Literaturverfilmung handelt es sich um die von Carlo Rim gedrehte Fassung Don Quijote von der Mancha, die insgesamt aus 4 Folgen mit jeweils ca. 1,5 Std Laufzeit besteht. Um den Rahmen dieser Hausarbeit nicht zu sprengen wird hierbei nur ein kurzer Ausschnitt der ersten Folge mit dem Roman verglichen.
[4] Miguel de Cervantes: Don Quixote von la Mancha. Zürich: Diogenes, 1987.
[5] Eva Binder und Christine Engel: „Film und Literatur: Von Liebeleien, Konflikten und langfristigen Beziehungen.“ In: Literatur im Film: Beispiele einer Medienbeziehung. Hrsg. S. N.Würzburg: Königshausen & Neumann, 2008: S.30.
[6] Vgl. Vorspann S.N. In: Literatur im Film. Beispiele einer Medienbeziehung. Hrsg. S. N.Würzburg: Königshausen & Neumann, 2008: S.7 (künftig Vorspann S.N. )
[7] Vorspann S.N.: Literatur im Film: S.7.
[8] Stefan Neuhaus: „Literatur im Film. Eine Einführung am Beispiel von Gripsholm (2000)“, in: Literatur im Film: Beispiele einer Medienbeziehung. Hrsg. S.N. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2008: S. 12.
[9] Stefan Neuhaus: „Literatur im Film. Eine Einführung am Beispiel von Gripsholm (2000)“, in: Literatur im Film: Beispiele einer Medienbeziehung. Hrsg. S.N. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2008: S.11.
[10] Stefan Neuhaus: „Literatur im Film. Eine Einführung am Beispiel von Gripsholm (2000)“, in: Literatur im Film: Beispiele einer Medienbeziehung. Hrsg. S.N. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2008: S.11.
[11] Vorspann S.N.: Literatur im Film: S. 8.