Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Gegenstand, Aufbau und Ziel der Arbeit
2. Relevante Meilensteine im Kontext von Basel II
3. Basel II
3.1 Säule I – Mindestkapitalanforderungen
3.1.1 Risikoarten und Messverfahren gemäß Basel II im Überblick
3.1.2 Kreditrisiken
3.1.3 Marktpreisrisiken
3.1.4 Operationelle Risiken
3.2 Säule II – Supervisory Review Process (SRP)
3.2.1 MaRisk
3.2.2 ICAAP, SREP, Robust Governance Arrangements
3.2.3 Grundsätze der Bankenaufsicht
3.2.4 Anforderungen an das Überprüfungsverfahren
3.3 Säule III – Marktdisziplin
3.3.1 Anwendungsbereich
3.3.2 Eigenkapitalstruktur
3.3.3 Eingegangene Risiken und ihre Beurteilung
4. Bewertung von Basel II in der Theorie
5. Auswirkungen
5.1 Makroökonomische Auswirkungen
5.2 Auswirkungen auf Banken im Kontext der Finanzierung von KMU
5.3 Auswirkungen auf KMU
6. Bewertung von Basel II in der Praxis
7. Handlungsempfehlungen
7.1 Handlungsempfehlungen für die Regulierung
7.2 Handlungsempfehlungen für Banken
7.3 Handlungsempfehlungen für KMU
8. Fazit und Ausblick
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Struktur von Basel II
Abbildung 2: haftende Eigenmittel
Abbildung 3: Risikoarten und Messverfahren
Abbildung 4: beispielhafte Risikogewichte gemäß Standardansatz
Abbildung 5: exemplarische Eigenmittelunterlegung bei gegebenem Rating
Abbildung 6: Übersicht Kreditzinsaufbau
Abbildung 7: Beispiel Kreditkonditionenberechnung anhand eines Unternehmens mit guter Bonität, ohne Sicherheitenstellung
Abbildung 8: Beispiel Kreditkonditionenberechnung anhand eines Unternehmens mit schlechter Bonität, ohne Sicherheitenstellung
Abbildung 9: Unternehmensmaßnahmen für bessere Ratingergebnisse
1. Einleitung
Zahlreiche Ausfälle bei Krediten mit geringer Bonität auf dem amerikanischen Hypothekendarlehensmarkt führten Anfang 2007 zur globalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Unternehmen und Kreditinstitute weltweit waren und sind hiervon durch die Komplexität moderner Finanzinstrumente und der zunehmenden globalen Vernetzung ökonomischer Beziehungen betroffen. Die Finanzierung kleiner und mittelständischer Unternehmen, insbesondere jener, die keine Anbindung zum Kapitalmarkt hatten, erschwerte sich erheblich. Auch die Refinanzierung der Kreditinstitute geriet ins Wanken. In diesem Kontext wurde die Bedeutung des Eigenkapitals für Unternehmen wie auch für Kreditinstitute besonders deutlich.
1.1 Gegenstand, Aufbau und Ziel der Arbeit
Vor diesem Hintergrund befasst sich die folgende Arbeit mit den neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarungen. Die Arbeit beginnt mit einem kurzen historischen Abriss zu den relevanten Meilensteinen im Kontext von Basel II. Der erklärenden Darstellung der einzelnen Bestandteile und deren Zielsetzung folgt eine kritische Würdigung des Regelwerks. Darauf folgend werden die Auswirkungen auf die Realwirtschaft näher betrachtet. Unter Berücksichtigung dieser Auswirkungen werden Handlungs-empfehlungen gegeben, die sich schwerpunktmäßig an kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) richten, aber auch Kreditinstitute und Bankenaufsicht berück-sichtigen. Die Arbeit endet mit einem Fazit und einem kurzen Ausblick. Die Ausarbeitung hat zum Ziel, neben der Vermittlung von Kenntnissen über das Regelwerk,
dessen Auswirkungen aufzuzeigen und Handlungsempfehlungen für den Umgang mit den aus dem Regelwerk resultierenden Änderungen zu geben. Für Kreditinstitute werden im Rahmen dieser Arbeit die Termini „Bank“ und „Institut“ synonym gebraucht. Zudem sei der Umfang der unter den Terminus Kreditinstitute zu subsumierenden Unternehmen auf die nach § 1 Abs. 1 KWG definierten Unternehmen begrenzt. Kleine und mittelständische Unternehmen seien gemäß der Definition der Europäischen Kommission vom 01.01.2005 als Unternehmen definiert, „die weniger als 250 Personen beschäftigen und (..) entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. EUR beläuft“ (Europäische Kommission 2003a, Anhang Artikel 2).
2. Relevante Meilensteine im Kontext von Basel II
Die Insolvenz der Herstatt-Bank im Jahre 1974 wird regelmäßig als das auslösende Ereignis für die Vorgabe regulatorischer Richtlinien bei Bankengeschäften erwähnt. Unter der Schirmherrschaft der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich gründeten die damaligen G-10 Staaten und Luxemburg im Jahre 1974 als Konsequenz aus diesem Ereignis das Basel Committee on Banking Supervision, welches im deutschen Sprachraum als Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht bekannt ist (vgl. Henking et al. 2006, S. 3). Der Zweck der Gründung ist in der Entwicklung praktikabler Richtlinien für die Bankenaufsicht zu sehen, welche neben internationaler Wettbewerbsgleichheit für Banken auch die präventive Abwehr internationaler Finanzkrisen gewährleisten soll (vgl. Andrae 2006, S. 9). Der Ausschuss war sich der Bedeutung der Eigenkapitalausstattung von Banken bewusst und konkretisierte mit dem ersten Baseler Akkord, auch als Basel I bekannt, erstmals einheitliche Richtlinien für die Eigenkapitalausstattung der Banken. Dies wird oft als Meilenstein in der Entwicklung der methodischen Bankenaufsicht gesehen (vgl. Huelmann 2004, S. 1).
Obwohl das Regelwerk sich zunächst nur an international tätige Banken richtete, kam es aufgrund der Relevanz der Eigenkapitalanforderungen in über hundert Ländern zur Anwendung. In Deutschland wurde es 1992 per Gesetz umgesetzt. Die Empfehlung sieht vor, dass Kreditinstitute im Verhältnis zu ihren standardisiert risikogewichteten Kreditpositionen eine Mindesteigenkapitalunterlegung in Höhe von 8 % vorweisen müssen (vgl. Deutsche Bundesbank 2006a, S. 70).
Zentraler Kritikpunkt an dieser Empfehlung war die bankenaufsichtsrechtliche Vorgabe von vier Risikoklassen, infolge derer gleichartige Kreditnehmer unabhängig von ihrer tatsächlichen Bonität mit dem Risikogewicht der jeweiligen Klasse bewertet wurden, der sie zuzuordnen waren. Somit spiegelte die Eigenkapitalunterlegung nicht das tatsächliche Ausfallrisiko des einzelnen Kreditnehmers wider (vgl. Ohletz 2007, S. 10; vgl. Deutsche Bundesbank 2006a, S. 70). Als weiterer Kritikpunkt galt, dass Basel I bei der Eigenkapitalunterlegung nur die Kreditrisiken und nach der Änderung der Rahmenvereinbarung 1996 auch die Marktpreisrisiken berücksichtigte. Von besonderer Bedeutung für Großbanken erwies sich durch die Praxis das operationelle Risiko, welches nach Basel I bei der Eigenkapitalausstattung nicht berücksichtigt werden musste. An dieser Stelle wird auf eine nähere Erläuterung der Risikoarten verzichtet, da diese später erfolgt. Darüber hinaus waren standardisierte Methoden im Hinblick auf Offenlegungsvorschriften über risikorelevante Informationen sowie eine aufsichtsrechtliche Überprüfung zwischen den jeweiligen Staaten inexistent (Becker et al. 2007, S. 134).
3. Basel II
Die im vorherigen Abschnitt skizzierten Schwächen des ersten Regelwerks und durch zunehmende Globalisierung, Komplexität und innovative Finanzprodukte geprägten Finanzmärkte veranlassten den Baseler Ausschuss 1999 dazu, einen erweiterten und differenzierenden Entwurf auszuarbeiten (vgl. Heim 2006, S. 27). So kamen über drei Konsultationsphasen hinweg und durch mehrere qualitative Auswirkungsstudien beeinflusst die neuen Eigenkapitalempfehlungen für Kreditinstitute zustande. Diese werden auch als Basel II bezeichnet und sind das Ergebnis der Zusammenarbeit von Regulatoren und Finanzintermediären (vgl. Herfurth 2010, S. 19). Um den Empfehlungen einen rechtsverbindlichen Charakter zu verleihen, verabschiedeten das Europäische Parlament und der EU Rat im Juni 2006 die Bankenrichtlinie (2006/48/EG) und die Kapitaladäquanzrichtlinie (2006/49/EG). Diese waren durch die Mitgliedsstaaten bis Ende 2006 in nationales Recht umzusetzen und sollten ab Januar 2007 Verwendung finden. Durch die Veröffentlichung der Solvabilitätsverordnung (SolvV) sowie den Änderungen im Kreditwesengesetz (KWG) erfolgte die Umsetzung in Deutschland (vgl. Deutsche Bundesbank 2006a, S. 71).Basel II basiert auf drei Säulen. Abbildung 1 verdeutlicht dies.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Struktur Basel II
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Deutsche Bundesbank
3.1 Säule I – Mindestkapitalanforderungen
Säule I bildet das Kernstück des neuen Regelwerks und definiert die Mindestkapital-anforderungen, die ein Kreditinstitut zur Abdeckung der gegenüberstehenden Risiken vorweisen muss. Konkretisiert werden die Anforderungen in der Solvabilitätsverordnung, welche die wesentlichen Anforderungen der ersten Säule zum Inhalt hat. Wie unter Basel I sind gegenüber den risikogewichteten Aktiva Eigenmittel in Mindesthöhe von 8 % vorzuhalten (vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 2006a, S. 14), jedoch richten sich die Eigenmittelanforderungen nun stärker nach den eingegangenen Risiken (vgl. Reichling et al. 2007, S. 21). Die Abbildung 2 zeigt vereinfacht, was unter dem Begriff Eigenmittel zu verstehen ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: haftende Eigenmittel
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Steinbrügge 2008, S. 17
Die Höhe der vorzuhaltenden Eigenmittel kann mit folgender Formel bestimmt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.1.1 Risikoarten und Messverfahren gemäß Basel II im Überblick
Zur Bestimmung der Summe der risikogewichteten Aktiva aus dem Kreditgeschäft sowie den Eigenkapitalforderungen für Marktpreisrisiken und operationelle Risiken können die in folgender Abbildung dargestellten Risikomessverfahren angewandt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Risikoarten und Messverfahren
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Reichling et al. 2007, S. 27
3.1.2 Kreditrisiken
Bei der Vergabe von Krediten müssen Kreditgeber die Möglichkeit berücksichtigen, dass die Kreditnehmer zu einem späteren Zeitpunkt ihre Schuld nicht oder nur teilweise begleichen können. Der Terminus „Kreditrisiko“ verleiht diesem Sachverhalt Gestalt (vgl. Spremann et al. 2005, S. 150). Nach Basel II existieren grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Risikogewichte zu ermitteln, welche bei der Eigenmittelunterlegung zu berücksichtigen sind. Dem Kreditstandardansatz (KSA) folgend ziehen Kredit-institute externe Bonitätsbeurteilung von Ratingagenturen, also Unternehmen bewertende Institutionen, als Maßstab zur Bewertung des mit der Kreditvergabe verbundenen
Risikos heran (vgl. Reichling et al. 2007, S. 28). Sofern die explizite Genehmigung der Bankenaufsicht vorliegt, können die Risikogewichte auf Basis bankinterner Ratings ermittelt werden, wobei zwischen einem Basisansatz (IRBA = Internal Ratings-Based Approach) und einem fortgeschrittenen Ansatz (fortgeschrittener IRBA) unterschieden wird. In diesem Kontext ist unter dem Terminus „Rating“ eine auf Analyse basierende Prognose über die Fähigkeit eines Schuldners zur fristgerechten und vollständigen Bedienung seiner Verbindlichkeiten zu verstehen (Reichling et al. 2007, S. 46).
Der KSA findet Verwendung, wenn die Erlaubnis seitens der Bankenaufsicht zur Verwendung interner Ratings fehlt oder interne Ratingsysteme nicht eingesetzt werden (vgl. Basler Ausschuss für Bankenaufsicht 2006a, S. 58). Voraussetzung für die Verwendung externer Bonitätsbeurteilungen ist die Anerkennung der jeweiligen Ratingagentur durch die nationale Aufsicht. Um den Konsequenzen der Klassifizierung eines Kreditnehmers gerecht zu werden, wird die Einhaltung der den Ratingagenturen auferlegten Eignungskriterien durch die Aufsicht überwacht. Um Einheitlichkeit und Aussagekraft von Ratingprozessen und Ergebnissen sicherzustellen, hat eine objektive Beurteilung nach streng systematischen Methoden unter permanenter Überwachung zu erfolgen. Die Ratingagentur muss unabhängig sein und darf keine Beeinflussung durch Wirtschaft oder Politik erfahren. Der Zugang zu den Ergebnissen der Beurteilung muss jedem zu gleichen Konditionen möglich sein. Das Ergebnis des Ratings bedarf der Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Zudem ist zu garantieren, dass die Mittel für eine qualitativ hochwertige Präsentation der Datenbasis vorhanden sind (vgl. Heim 2006, S. 32). Abbildung 4 zeigt beispielhafte Risikogewichte gemäß dem Standardansatz, wobei Basel II sich nach dem Schema der Ratingagentur Standard & Poor’s richtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: beispielhafte Risikogewichte gemäß Standardansatz
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Reichling et al. 2007, S. 28
Für die Klasse der Unternehmen wird bei gegebenem Rating die notwendige Eigenmittelunterlegung der Banken unter Annahme einer Kreditsumme von 200.000 Euro exemplarisch in Abbildung 5 dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: exemplarische Eigenmittelunterlegung bei gegebenem Rating
Quelle: eigene Darstellung
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