Vorstandsvergütung in deutschen Aktiengesellschaften. Angemessenheitsdebatte und Analyse von Vergütungskonzepten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

70 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Executive Summary

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemdefinition
1.2 Ziel
1.3 Methodik

2 Theoretische Betrachtung und Diskussion von Vorstandsvergütungskonzepten
2.1 Grundlegende Definitionen
2.2 Grundlagen der Vorstandsvergütung
2.2.1 Anreizfunktion
2.2.2 Zusammensetzung und Ausgestaltung der Vergütungssysteme
2.3 Ethische Diskussion der Vorstandsvergütung
2.3.1 Diskussion der Gerechtigkeits- und Angemessenheitsaspekte und deren Wirkung
2.3.2 Soziale Bemessungsgrößen als Lösungsansatz

3 Analyse
3.1 Allianz
3.1.1 Grundgehalt
3.1.2 Variable Vergütung
3.1.3 Analyse
3.2 Deutsche Bank
3.2.1 Grundgehalt
3.2.2 Variable Vergütung
3.2.3 Analyse
3.3 Fresenius
3.3.1 Feste Vergütung
3.3.2 Variable Vergütung
3.3.3 Aktienoptionen
3.3.4 Performance Shares
3.3.5 Analyse
3.4 Siemens
3.4.1 Feste Vergütung
3.4.2 Variable Vergütung
3.4.3 Analyse

4 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Integrated Total Management – Checklist: 360-degree analysis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Interessengruppen und deren Prämissen bei der Bestimmung der Vorstandsvergütung (eigene Darstellung)

Abbildung 2: Bestandteile der Vorstandsvergütung (ungewichtet) (eigene Darstellung)

Abbildung 3: Vergütung der Vorstandsvorsitzenden der DAX-30-Unternehmen in 2011 (Statista 2012a)

Abbildung 4: Operativer Gewinn der DAX-30-Unternehmen in 2011 (Statista 2012b)

Abbildung 5: Vergütungsmodell der Allianz (eigene Darstellung)

Abbildung 6: Jährliche Vergütungshöhe eines ordentlichen Vorstandsmitgliedes bei unterschiedlichen Ergebnisszenarien (Allianz 2012a)

Abbildung 7: Bemessungsgrundlagen des jährlichen Bonus (Allianz 2012a)

Abbildung 8: Bemessungsgrundlagen des Drei-Jahres-Bonus (Allianz 2012a)

Abbildung 9: Berechnung des Drei-Jahres-Bonus in Tsd € (Allianz 2012a)

Abbildung 10: Vergütungsmodell der Deutschen Bank (eigene Darstellung)

Abbildung 11: Bestimmung des Faktor 1 der Bonuskomponente 1 (Deutsche Bank 2012b)

Abbildung 12: Bestimmung des Faktor 2 der Bonuskomponente 2 (Deutsche Bank 2012b)

Abbildung 13: Bestimmung des Long-Term Performance Awards (Deutsche Bank 2012b)

Abbildung 14: Nachhaltigkeit der variablen Vergütung (Deutsche Bank 2012b)

Abbildung 15: Zeitrahmen für Zufluss, Lieferung und Unverfallbarkeit der variablen Vergütung (Deutsche Bank 2012b)

Abbildung 16: Gesamtkonzept für die Vorstandsvergütung der Fresenius SE (eigene Darstellung)

Abbildung 17: Bemessungsgrundlage für den Jahresbonus der Fresenius SE (eigene Darstellung)

Abbildung 18: Gesamtkonzept für die Vorstandsvergütung der Siemens AG (eigene Darstellung)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Entwicklung der Vergütungsverhältnisse (nach Härtel 2004)

Tabelle 2: Vorstandsvergütung der Allianz SE im Jahr 2011 (eigene Berechnung)

Tabelle 3: Vorstandsvergütung der Deutschen Bank im Jahr 2011 (eigene Berechnung)

Tabelle 4: Vorstandsvergütung der Fresenius SE im Jahr 2011 (eigene Berechnung)

Tabelle 5: Bemessungsgrundlagen für den Jahresbonus der Siemens AG (Siemens 2011b)

Tabelle 6: Vorstandsvergütung von Siemens im Jahr 2011 (eigene Berechnung)

Tabelle 7: Zielerreichung für die Bemessung des Jahresbonus der Siemens AG (eigene Darstellung)

Tabelle 8: Vergleich der Vergütung der Vorstandsvorsitzenden mit dem operativen Gewinn (eigene Berechnung)

1 Einleitung

Gier ist wie Liebe oder Mitleid ein Grundcharakteristikum des menschlichen Wesens. Dabei ist sie, als negativ assoziierter Begriff, an sich nicht gesellschaftsfähig, wird jedoch im Grunde, in Maßen, jedermann zuerkannt, da sie einen wesentlichen Antriebsfaktor der menschlichen Entwicklung darstellt. Dieser Akzeptanz sind jedoch Grenzen gesetzt. Im Falle der Vorstandsvergütungen werden diese nicht nur durch die Größe des Kuchenstückes, welches einzelne erhalten, sondern vielmehr durch die sozial wahrgenommene Berechtigung des Erwerbs überschritten. In diesem Zusammenhang soll die folgende Arbeit das Zustandekommen der Vorstandsvergütungen, die mit ihnen verbundene Diskussion und exemplarisch auch deren gegenwärtige Ausprägung in den deutschen Spitzenunternehmen beleuchten.

In einer Erhebung von 2012 gaben 69% der Befragten an, für die gesetzliche Begrenzung der Bezüge von Vorständen zu sein, wo hingegen lediglich 23% dies ausdrücklich ablehnten (Statista 2012a). Da es sich bei den Befragten bereits um Führungskräfte handelt, denen eine eher wohlwollende Einstellung zu Fragen der Managementvergütung und ein relativ fundiertes betriebswirtschaftliches Wissen zu unterstellen ist, scheint dieses Ergebnis die allgemein ablehnende Haltung der deutschen Bevölkerung zu den Spitzenvergütungen in der Wirtschaft noch deutlicher zu unterstreichen.

In der Nachkriegszeit fand keine bemerkbare Debatte über Vorstandsgehälter in der Öffentlichkeit statt. Im Zuge des rasanten wirtschaftlichen Aufschwunges und konfrontiert mit dem Bedrohungsbild des Kommunismus fand in der Bundesrepublik die Thematik der Angemessenheit der Vorstandsvergütungen kaum Beachtung. Gehaltszahlungen wurden als interne Angelegenheit der Eigentümer verstanden. Dies änderte sich erst in den 1990er Jahren mit dem rasanten Anstieg der Vorstandsbezüge, welche eine Kritik an denselben wegen mangelnder Leistungsorientierung nach sich zog. Als Reaktion wurde die Unternehmensführung stärker an den Interessen der Aktionäre, also der Shareholder, ausgerichtet, was auch an der wachsenden Bedeutung des Kapitalmarktes lag. Die Einführung kapitalmarktorientierter Entlohnungssysteme nach dem Beispiel der USA wurde gefordert und deren Implementierung schließlich durch verschiedene gesetzliche Maßnahmen ermöglicht. Anfangs fanden diese Systeme in den Unternehmen kaum Akzeptanz. Geringe Hürden bei der Zuteilung variabler Vergütungsmittel für die Manager erweckten häufig den Eindruck einer Selbstbedienung.

Einen Schock für die Vergüteten selber offenbarte der Zusammenbruch der Börsen ab März 2001, welcher den Wert vieler aktienbasierten Vergütungsmittel drastisch senkte. Die Vergütungsdiskussion selber erhielt neuen Antrieb durch die Empfehlungen der „Regierungskommission Corporate Governance“ im Jahr 2000. Diese forderten eine detaillierte und standardisierte Veröffentlichung von Vorstandsgehältern. Eine entsprechende Empfehlung wurde in den Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) übernommen. Diese Ansätze stießen bei den Unternehmen zunächst auf wenig Akzeptanz. Doch Unternehmensskandale wie die Holzmann- Insolvenz oder die Mannesmann-Übernahme erhöhten den Druck auf den Gesetzgeber und führten zu einer rechtlichen Implementierung der Vergütungs-transparenz durch das Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütung (VorstOG) 2005. Die öffentliche Diskussion wurde durch die nun offensichtlich werdenden Steigerungen der Vorstandsvergütungen weiter beschleunigt. In Folge der Finanzkrise 2008 waren viele Manager und Vorstände harter Kritik ausgesetzt, v.a. im Bankensektor. Die Kapitalismuskritik im Allgemeinen nahm zu, wie die zeitweise gut besetzten Protestcamps vor einigen Bankenzentralen zeigten. Als Folge des daraus resultierenden politischen Drucks wurde das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) erlassen, welches umgehend der teils berechtigt erscheinenden Kritik aus den Reihen der Vorstände ausgesetzt war. Diese vermuteten in ihm ein Produkt politischen Aktionismus, welches nicht wie beabsichtigt auf die Ursachen der Finanzkrise wirkte (Stenzel 2011; Claussen 2006; Hans-Böckler Stiftung 2006).

Die Diskussion über die Vergütung der Vorstände wird in der folgenden Arbeit zum Teil aufgegriffen. Dazu wird auf die theoretischen Grundlagen der Vorstandsvergütung eingegangen, wonach im Anschluss die Angemessenheitsdiskussion dargestellt und deren ethische Hintergründe betrachtet werden.

Aufbauend auf diesen theoretischen Grundlagen werden im Anschluss vier DAX-30-Unternehmen Allianz, Deutsche Bank, Fresenius SE und Siemens hinsichtlich ihrer Vorstandsvergütungssysteme analysiert und verglichen.

1.1 Problemdefinition

Vorstandsvergütungen werden in der Öffentlichkeit oft als unangemessen hoch wahrgenommen. Gleichzeitig unterliegen den entsprechenden Vergütungssystemen fundierte wissenschaftlichen Grundlagen und wirtschaftliche Überlegungen. Diese Grundlagen, die verbundenen ethischen und sozialen Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit Vergütungen und die praktischen Konsequenzen in Form ihrer Umsetzung in einigen der DAX-Unternehmen sollen im Rahmen dieser Arbeit betrachtet werden.

1.2 Ziel

Ziel der Arbeit ist ein Vergleich exemplarisch ausgewählter Vorstandsvergütungsmodelle aus vier DAX-30 Aktiengesellschaften und deren Reflektion auf die in der Forschung formulierten Theorien, Perspektiven und ethischen Bedenken.

1.3 Methodik

Der erste Teil der Arbeit referenziert ausschließlich literarische Quellen verschiedenster Art, vornehmlich Fachbücher, Zeitschriftenartikel und Dissertationen zum Thema. Die im zweiten Teil durchgeführte Analyse basiert auf Daten der letzten Geschäftsberichte der betrachteten Aktiengesellschaften.

2 Theoretische Betrachtung und Diskussion von Vorstandsvergütungskonzepten

Das folgende Kapitel dient einer weitgreifenden Darstellung der Problematik der Vorstandsvergütung auf einer theoretischen Betrachtungsebene. Dazu werden erst notwendige Definitionen getroffen, sowie die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen beschrieben, die notwendig sind, die spätere Argumentation nachzuvollziehen. Auf dieser Basis lässt sich anschließend ein fundiertes Gerüst entwerfen, welches die Ausgestaltung von Vorstandsvergütungskonzepten begründet. Abschließend wird die ethische Debatte skizziert, die sich mit der Angemessenheit der Vergütungen beschäftigt.

2.1 Grundlegende Definitionen

Der Vorstand einer AG, wie er im Folgenden begrifflich verwendet wird, ist nach der Definition von Wöhe (2010) eine Institution innerhalb des Unternehmens mit dem Recht zur eigenverantwortlichen Geschäftsführung. Seine zusätzlichen Aufgaben im Zuge der Unternehmensleitung und Kontrolle sind die Erstellung des Jahresabschlusses sowie seine Berichtspflichten gegenüber dem Aufsichtsrat (AR) und der Hauptversammlung (HV) der AG. Er ist der alleinige Inhaber der Führungskompetenz und daher nicht an Weisungen des AR oder der HV gebunden. Er wird durch den AR für maximal fünf Jahre bestellt, wobei eine Wiederbestellung uneingeschränkt möglich ist.

Die für die Betrachtungen dieser Arbeit relevante Funktion des Aufsichtsrates einer AG ist die bereits erwähnte Bestellung des Vorstandes und die Festlegung von dessen Vergütung. Damit ist der AR sowohl für Höhe als auch Bemessungsgrundlagen der Bezüge der Vorstände verantwortlich. Weiterhin überwacht er dessen Geschäftsführung und prüft den Jahresabschluss (Wöhe 2010).

Unter Vorstandsvergütung wird im Folgenden die Summe aller geldwerten Vorteile, die der Empfänger als Gegenleistung für die von ihm erbrachten Dienste erhält, verstanden. Dies beinhaltet sowohl Zahlungen für aktive Vorstände als auch für ehemalige und ihre Hinterbliebenen in Form von Ruhegehalt oder einmaligen Kapitalabfindungen (Berthel und Becker 2003; Tegtmeier 1998).

2.2 Grundlagen der Vorstandsvergütung

Im folgenden Kapitel sollen die theoretischen Grundlagen der Vorstandsvergütungssysteme betrachtet werden. Dazu folgt eine Erläuterung der Anreizfunktion der Vergütungen, eine Darstellung der verschiedenen Komponenten der Vergütungssysteme und Anmerkungen zu deren Ausgestaltung.

Da in den Gesetzlichen Grundlagen wesentliche Festlegungen getroffen werden, welche sich auf die Implementierung und Ausgestaltung der Vergütungssysteme beziehen, werden diese kurz dargestellt:

§ 87 des AktG (Stand: letzte Änderung vom 20.12.2012) nimmt den AR für die angemessene Vergütung des Vorstandes in Verantwortung. Die Angemessenheit ist dabei aus den Leistungen des jeweiligen Vorstandsmitgliedes und aus der Lage des Unternehmens abzuleiten. Diese Regelung wurde durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) (Stand: 31.07.2009) eingeführt, welches zusammen mit dem § 87 AktG die wesentliche gesetzliche Grundlage bildet.

Das VorstOG (Stand: 03.08.2005) verpflichtet die Unternehmen zur Offenlegung aller Vorstandsbezüge eines Geschäftsjahres, inklusive solcher welche nicht ausgezahlt werden, sondern geldwerte Vorteile darstellen.

Der DCGK ist kein Gesetz im juristischen Sinne. Vielmehr ist er ein Leitfaden, der das Ziel hat, durch freiwillige Bindung der Unternehmen an diesen eine gute und verantwortliche Unternehmensführung und eine Verbesserung der Qualität der Unternehmensleitung hinsichtlich der Erreichung einer nachhaltigen Wertschöpfung anzuleiten. Zur Vergütung der Vorstände äußert sich der Kodex dahin gehend, dass eine Angemessenheit an die Leistung des Vorstandes gekoppelt werden soll, und Leistungsgerechtigkeit durch systematische Leistungsbewertung zu erreichen ist (Bors 2006).

Weiterhin ist zum besseren Verständnis dieses und des folgenden Kapitels eine kurze Erläuterung der verschiedenen Gruppen angebracht, welche ein Interesse an der Gestaltung der Vorstandsvergütungen haben, denn wie Raible und Schmidt (2009) feststellen, sind faire Vergütungssysteme ein Kompromiss aus widersprüchlichen Interessen der Stake- und Shareholder, welche harmonisiert werden müssen. Eine grafische Erläuterung dazu bietet Abbildung 1.

Zunächst hat der Vorstand selber persönliche Interessen an seiner Vergütung, welche von seinen Präferenzen abhängen. Diese können materieller Art, also auf den Erwerb eines bestimmten Lebensstandards, oder immaterieller Art, also auf Status- und Machtstreben, gerichtet sein. Die Höhe der Vergütung spielt dabei in beiden Dimensionen eine Rolle als Projektionsgröße und ist daher besonders bedeutend. Denn Geld dient nicht nur der Absicherung des Lebensstandards, sondern auch zur Sichtbarmachung der eigenen Leistungen (Otto 2012).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Interessengruppen und deren Prämissen bei der Bestimmung der Vorstandsvergütung (eigene Darstellung)

Die Aktiengesellschaft als fiktive Person ist eine weitere Interessengruppe. In Anlehnung an Wöhe (2010) und Elkington (1997) wird in diesem Zusammenhang als Unternehmensziel die langfristige Gewinnmaximierung unter größtmöglicher Harmonisierung mit den Stakeholderansprüchen verstanden. Daher ist es in ihrem Interesse, ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes und an Wirtschaftlichkeitskriterien orientiertes Vergütungssystem einzurichten, welches die nötigen Anreize für den unternehmensleitenden Vorstand schafft, dieses Ziel mit größtmöglichem Engagement zu verfolgen

Die Kontrolle der Durchsetzung dieser Interessen obliegt dem Aufsichtsrat. Das bereits erwähnte Wirtschaftlichkeitskriterium der Vergütung ist dahingehend sicherzustellen, dass der Nutzen der Managementleistungen deren Kosten rechtfertigen soll, was eine wesentliche Problematik der Angemessenheit der Vergütung darstellt, welche noch näher betrachtet wird. Der Aufsichtsrat ist jedoch zusätzlich beeinflusst durch divergierende Interessen und empfundene Verpflichtungen der einzelnen Mitglieder zur Anteilseigner- oder Arbeitnehmerseite. So können einzelne Aufsichtsräte versuchen, eine Auftragsvergabe an ein Unternehmen herbeizuführen, in welchem er ebenfalls engagiert ist.

Arbeitnehmervertreter können auf Lohnerhöhungen oder die Stärkung der Arbeitnehmerinteressen hinwirken. All dies bietet zusätzliches Einflusspotential im Rahmen der Vergütungsfestlegung (Balsmeier und Peters 2007).

Für die Aktionäre als Shareholder ist eine Interessenformulierung aufgrund der Heterogenität dieser Gruppe sehr umfangreich. Im Prinzip wollen alle Aktionäre einen übermäßigen Abfluss des Gesellschaftsvermögens in Form von Vorstandsbezügen vermeiden, haben aber unterschiedliche zeitliche Ziele im Sinne einer kurz-, mittel- oder langfristigen Orientierung. Zusätzlich können Aktionärsgruppen ein Interesse daran haben, den Vorstand durch bestimmte Vergütungsformen zu sozialem oder ökonomischen Verhalten zu zwingen.

Die Arbeitnehmer haben grundsätzlich ein Interesse an einer kompetenten Führung, welche die Grundlage ihrer Erwerbstätigkeit durch den Erfolg des Unternehmens sichert. Daher dürfte die Verpflichtung leistungsstarker Vorstände bei überdurchschnittlicher Vergütung in ihrem Interesse liegen. Zu hohe und daher als ungerechtfertigt empfundene Vergütungen können jedoch die Arbeitsmoral und damit die Produktivität negativ beeinflussen.

Das Öffentliche Interesse äußert sich im Wesentlichen in der Debatte um die Höhe und Angemessenheit der Vorstandsgehälter. Auf diese wird in Kapitel 2.4 noch ausführlich eingegangen. Jedoch ist an diesem Punkt bereits anzumerken, dass die öffentliche Meinungen stark von den persönlichen Werten, dem persönlichem Gerechtigkeitsempfinden, dem Verständnis der Befragten für die Tätigkeit eines Vorstandes und von der individuellen sozialen Situation abhängt. Daher kann von der breiten Öffentlichkeit keine differenzierte, reflektierte Beurteilung der Höhe von Vorstandsvergütungen erwartet werden (Otto 2012). Ihre Relevanz darf in einer demokratischen Gesellschaft jedoch trotzdem nicht unterschätzt werden.

2.2.1 Anreizfunktion

Die Begründung des Anreizbedarfes der Vorstandsvergütung findet sich in der Prinzipal-Agenten-Theorie, die sich freilich nicht exklusiv auf dieses Thema fokussiert, im Folgenden aber darauf reflektiert wird. Die Rolle des Agenten nimmt dabei der Vorstand ein, die Rolle des Prinzipalen der AR.

Hieraus ergibt sich auch die Trennung der Unternehmensleitung, welche der Vorstand im Auftrag des AR übernimmt, und des geschäftlichen Risikos, was der AR und letztlich die von ihm vertretenen Aktionäre tragen. Gemäß dieser Theorie ist das Ziel bei der Festlegung der Vorstandsvergütung deren optimale Gestaltung innerhalb der Auftragsbeziehung zwischen dem Vorstand und dem AR. Das grundsätzliche Interesse des AR dabei eine Auftragsbeziehung, in welcher der Vorstand die ihm anvertraute Aufgabe möglichst gut, schnell und kostengünstig ausführt. Dessen Interessen hingegen können davon abweichen, der Vorstand kann opportunistisch-rational handeln und damit den Interessen des AR entgegenwirken. Die wirtschaftlichen Interessen beider Parteien müssen nicht zwangsläufig deckungsgleich sein. Dies wird im durch eine Informationsasymmetrie zu seinen Gunsten erleichtert, da seine Entscheidungen und deren Resultate dem AR nie vollumfänglich und nur mit zeitlicher Verzögerung bekannt werden. Ein Prinzipal-Agenten-Konflikt entsteht. Das kann für den AR nicht akzeptabel sein, und ist für ihn durch zwei Möglichkeiten zu lösen: die Kontrolle des Agenten oder die Synchronisation von dessen Zielen mit den eigenen durch die Schaffung von geeigneten Anreizen durch eine Ergebnisbeteiligung am Unternehmen. Die Kontrollmöglichkeiten des AR sind durch die Informationsasymmetrie begrenzt und mit zusätzlichem Aufwand, den sogenannten Agency-Kosten, verbunden. Diese gilt es zu vermeiden, daher ist die Schaffung von Anreizen der Kontrolle vorzuziehen. Im Ergebnis wird der Prinzipal-Agenten-Konflikt zumindest annähernd gelöst. Der Vorstand wird zu Höchstleistungen im Sinne des AR motiviert (Wöhe 2010; Otto 2012; Holtbrügge 2013; Milkovich/Newman/Gerhart 2011; Wolff 2013; Staehle 1999; Grant und Nippa 2006; Bors 2006; v. Eckardstein, D. und Konlechner 2008).

Die Anwendbarkeit der Prinzipal-Agenten-Theorie auf Vorstände ist nicht unumstritten. Otto (2012) bemängelt das Nicht-Vorhandensein empirischer Nachweise für die Annahme, dass Vorstände ein möglichst bequemes Arbeitsleben anstreben, und dass diese eigene finanzielle Interessen vor die des Unternehmens stellen. Dies widerspricht der Bilanzierung des Vorstandserfolges am Unternehmenserfolg.

Theoretische Unterstützung erhält die Anwendbarkeit durch die nachvollziehbare Annahme, dass eine Fortsetzung der persönlichen Anstrengungen des Vorstandes nach dem Erreichen der Karrierespitze nicht als selbstverständlich angenommen werden kann. Gleiches gilt für dessen Widerstandskraft gegenüber Anreizen, das Gesellschaftsvermögen missbräuchlich einzusetzen.

Als weiterer Zweck einer Anreizgestaltung kann die Gewinnung von möglichst hochqualifizierten Spitzenmanagern für das Vorstandsmandat genannt werden. Weiterhin sollten diese durch entsprechend geeignete Anreize möglichst langfristig an das Unternehmen gebunden werden (Stenzel 2011; Evers 2009; Bors 2006). Auch grundlegende Ziele der Personalentlohnung dürfen bei der Betrachtung der Anreize für Vorstände nicht unbeachtet bleiben. Ziel der Vorstandsvergütung, wie jeder anderen Entlohnung von Arbeitnehmern, bleibt die Gewährleistung der Arbeitsleistung und Arbeitszufriedenheit des Vorstandes. Diese hängt nicht nur von finanzieller Vergütung ab, sondern wie bereits angesprochen auch von immateriellen Faktoren, die als Anreiz nicht unterschätzt werden dürfen (Holtbrügge 2013).

Neben den Anreizen in Form verschiedenster Vergütungskomponenten und hier nicht näher erläuterten Kontrollmechanismen gilt allerdings die Schaffung gemeinsamer Werte, also bestenfalls eine emotional verwurzelte Identifikation mit der Organisation, als effektivster Mechanismus zur Reduktion des Prinzipal-Agenten-Konfliktes (Grant und Nippa 2006). Dies gilt umso mehr aus zwei Gründen. Erstens ist die herausragende Motivationswirkung von finanziellen Anreizen gegenüber anderen nicht belegt (Biesel 2012). Zweitens sind der Motivation durch materielle Interessen Grenzen gesetzt. Finanzielle Anreize unterliegen einem abnehmenden Grenznutzen. Das bedeutet, die Anreizwirkung durch Geld wächst degressiv da jede weitere absolute Einheit einer Vergütungserhöhung weniger motiviert als die vorangehende. Da Arbeitskraft begrenzt ist, ist theoretisch ein Grenzwert erreichbar, ab dem durch eine Erhöhung der Vergütung keine signifikante Erhöhung der Motivation erfolgt. Der Motivationsnutzen einer Vergütungserhöhung nimmt daher relativ zur Höhe der Ausgangsvergütung ab (Bors 2006).

2.2.2 Zusammensetzung und Ausgestaltung der Vergütungssysteme

Im Folgenden werden die verschiedenen Komponenten der Vorstandsvergütung unter funktionalen Gesichtspunkten betrachtet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den variablen Vergütungsbestandteilen, welche die komplexesten und flexibelsten der Komponenten bilden.

Die Vergütungskomponenten werden dabei auf einer ersten Betrachtungsebene in vier Kategorien unterteilt (Hummel und Zander 2011; Stenzel 2011; Wilke et al. 2011; Klahold 1999; Schüller 2000):

- Feste Vergütungsbestandteile
- Nebenleistungen
- Pensionsvorsorge
- Variable Vergütungsbestandteile

Die variablen Bestandteile werden im weiteren Kapitel nochmals differenziert.

Feste Vergütungsbestandteile sind für jedes Vergütungsmodell essentiell, um eine risikolose Grundvergütung unabhängig von der Leistungsentwicklung des Unternehmens zu gewährleisten. Andernfalls würde ein Vorstandsmandat stark an Attraktivität einbüßen. Ein wesentlicher Festanteil wird weiterhin empfohlen, um einer Konzentration der Vorstände auf riskante Geschäfte mit potentiell höheren Profiten zu unterbinden, zu denen diese eher neigen dürften, wäre die Deckung des Lebensunterhaltes von Bonuszahlungen abhängig. Eine pauschale Bestimmung des empfehlenswerten Anteils von Festgehalt an der Gesamtvergütung ist nicht möglich, da bisher keine wissenschaftlich anzuerkennenden Regelungen oder Empfehlungen bestehen (Stenzel 2011; Evers 2009; Wilke et al. 2011).

Nebenleistungen beinhalten alle sachbezogenen Aufwendungen des Unternehmens für das Vorstandsmitglied. Dies beinhaltet die private Nutzung von Dienstwagen und Dienstwohnungen, die Bereitstellung von Finanzberatern und Aufwandsentschädigungen. Durch steuerliche Begünstigung solcher Instrumente werden sie als günstiges Mittel betrachtet, qualifizierte Vorstände langfristig an das Unternehmen zu binden (Klahold 1999; Schüller 2000). In diese Kategorie fallen ebenfalls die mit der Vorstandstätigkeit verbundenen Leistungen Dritter, sofern diese veröffentlichungspflichtig sind (VorstOG).

Pensionszusagen sind Aufwendungen des Unternehmens für den Vorstand nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen. Sie beinhalten sowohl ein Ruhegehalt, welches nach der Pensionierung des Vorstandsmitgliedes gezahlt wird, als auch Abfindungen die einmalig nach der Niederlegung des Vorstandsmandates gezahlt werden (Wilke et al. 2011).

Wie im vorangegangenen Kapitel bereits angedeutet sollen Vorstände durch variable Vergütungen dazu motiviert werden, sich besonders stark für das Unternehmen einzusetzen. Sie wurden vor dem Hintergrund der Prinzipal-Agenten-Theorie eingeführt, und sollen dem darin modellierten Konflikt entgegenwirken (Stenzel 2011; Grant und Nippa 2006; Bors 2006).

Variable Vergütungskomponenten lassen sich dahingehend differenzieren, ob diese erfolgsorientiert oder leistungsorientiert angewandt werden. Erfolgsorientierung und damit eine Teilhabe der Vorstände am Unternehmenserfolg ist unabhängig vom persönlichen Beitrag (Stenzel 2011). Die Erfolgsbeteiligung orientiert sich im Unterschied zur leistungsorientierten Vergütung nicht an der Individualleistung sondern an der Kollektivleistung des Unternehmens. Dies soll sowohl die Leistungsbereitschaft als auch die Identifikation mit dem Unternehmen stärken (Hummel und Zander 2011; Bors 2006). Erfolgsorientierte Vergütungsbestandteile basieren auf Kennzahlen, die Werte des Finanz- und Rechnungswesens, den Aktienkurs oder nicht-finanzielle Parameter widerspiegeln. Die Höhe der Vergütung hängt von der Erreichung von kollektiven Zielvorgaben ab (Bors 2006). Leistungsorientierte Vergütung wird bestimmt durch die individuelle Leistung. Dafür sollte im Falle der Vorstandsvergütung eine Bewertung der Anforderungen nach vorher festgelegten Standards erfolgen (Hummel und Zander 2011; Becker/Fallgatter 2002). Leistungsorientierte Vergütungsbestandteile beinhalten Tantiemen aufgrund individueller Zielvereinbarung oder dem Ermessen des Aufsichtsrates, Provisionen als prozentuale Beteiligung an Umsatz im persönlichen Verantwortungsbereich des Vorstandes und Appreciation Awards, also Anerkennungsprämie für geleistete Dienste, die kein Bestandteil der Vergütungsvereinbarung sind (Bors 2006).

Wie gerade angesprochen bedarf variable Entlohnung einer Messung der Leistung oder des Unternehmenserfolges. Bemessungsgrößen können finanzielle Kennzahlen, der Aktienkurs oder nicht-finanzielle Parameter sein. Sie können auch im subjektiven Ermessen des AR liegen, was eine flexiblere und differenzierte Beurteilung der geschäftlichen Geschehnisse erlaubt, jedoch Konfliktpotential enthält sofern dem Vorstand die Bewertung des AR nicht akzeptabel erscheint. Nicht-finanzielle, oder auch weiche Parameter, sind solche, welche keinen direkten Zusammenhang zu der wirtschaftlichen Geschäftsleistung haben. Es handelt sich dabei um Bemessungsgrößen wie den Erhalt von Arbeitsplätzen, die Gewährleistung eines hohen Lohnniveaus, Mitarbeiterzufriedenheit, Geschäftspartnerzufriedenheit, Kundenzufriedenheit oder Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen (v. Eckardstein, D. und Konlechner 2008). Auf die besondere Bedeutung sozialer und an Nachhaltigkeit orientierter Bemessungsgrößen wird in einem späteren Kapitel eingegangen. Sollen finanzielle Kennzahlen als Bemessungsgröße genutzt werden, eignen sich prinzipiell alle intern bemessenen Bilanzziffern, welche eine Aussage bezüglich der Leistungsfähigkeit des Unternehmens ermöglichen. Kritisiert wird an derartigen Bemessungsgrößen, dass diese durch den Vorstand manipulierbar sind, und von einer objektiven Gewinnmessung nicht ausgegangen werden kann (Zimmermann 2004). Eine Bemessung am Aktienkurs ist besonders relevant bei der Vergütung in Aktien oder Aktienoptionen, sie ist als Grundlage jedoch vielfältiger Kritik ausgesetzt. Bis zur Finanzkrise 2008 galt diese Bemessungsgröße als eine der objektivsten. Mittlerweile wird sie als Indikator für den Unternehmenserfolg in Frage gestellt, da sie von schwer überschaubaren anderen Faktoren sowohl positiv als auch negativ beeinflusst wird. Diese Beeinflussung resultiert aus allgemeinen Börsenaufschwüngen oder –Depressionen, Manipulations- und Spekulationsanfälligkeit. Zusätzlich kann eine aktienkursorientierte Bemessung falsche Anreize dahingehend setzen, dass Vorstände versuchen, vor der Fälligkeit von Optionen den Kurs zu beeinflussen und dadurch Blasen erzeugen oder unnötige Risiken eingehen (Stenzel 2011; Bors 2006; v. Eckardstein, D. und Konlechner 2008). Weitere Kritik erfährt die Nutzung aktienkursorientierter Bemessung dahingehend, dass diese nicht die Konvergenz von Prinzipal und Agent fördern, da Agenten lediglich am Kursgewinn profitieren, nicht aber am Risiko eines Kursverlustes beteiligt werden (Bernhardt/Witt 1997). Vorstände könnten auf eine langfristig angelegte Unternehmenspolitik zugunsten von kurzfristigen Kursgewinnen verzichten, um ihren Profit zu maximieren (Bernhardt/Witt 1997). Die Entwicklung des Aktienkurses ist nicht ausschließlich auf die Leistungen der Vorstände zurückzuführen, sondern auch auf externe Faktoren wie Zinsniveau, Wechselkurse und Konjunktur (Claussen 1997; Baums 1997). Im Durchschnitt lassen sich nur 30% der Aktienkursbewegungen auf unternehmensspezifische Daten und damit auf Vorstandsleistungen zurückführen (Zimmermann 2004). Empirische Untersuchungen zeigten, dass das Ziel der Nutzung von Aktienoptionen als Vergütungskomponente meist verfehlt wird, da die Vergüteten eher dazu neigen, die erworbenen Aktien baldmöglichst zu verkaufen und Aktienoptionen dazu missbraucht werden, hohe Vergütungen gegenüber den Aktionären zu verschleiern (v. Eckardstein, D. und Konlechner 2008). Diese Punkte sprechen gegen eine übergewichtete oder sogar alleinige Nutzung von aktienkursorientierten Bemessungsgrößen für variable Vergütung. Aktienkursbasierte Vergütungen haben andererseits dahingehend eine besondere positive Wirkung, ein Glaubwürdigkeitskriterium des Unternehmens und des Vorstandes gegenüber Shareholdern und Stakeholdern zu bieten und damit ein wichtiges Signal an die Kapitalmärkte senden (Korn 2000). Die Vergütung mit Aktienoptionen wird in Aktienoptionsplänen geregelt. Sie stellen im Prinzip das Recht auf Erwerb einer Aktie zu einem festgelegten Ausübungspreis dar, und leiten damit die Vergütung aus der Entwicklung des Börsenkurses und damit an der Wertsteigerung der AG ab. Die positive Differenz von Preis zu zeitpunktbezogenem Wert entspricht der Vergütung, also je höher der Aktienkurs zum Zeitpunkt der Einlösung, desto höher die Vergütung. Im Aktienoptionsplan sind sowohl die Haltefrist, während der die Optionen nicht eingelöst werden dürfen, die Ausübungsfrist während der die Optionen eingelöst werden müssen, als auch der Ausübungspreis festgelegt. Voraussetzung für die Optionsausübung ist die Erreichung vereinbarter Zielvorgaben. Im Optionsplan kann die Wahl eingeräumt werden, die Aktie tatsächlich zu erhalten oder direkt zu veräußern und damit die Wertdifferenz ausbezahlt zu bekommen. Das Unternehmen hat die Verfügbarkeit der vereinbarten Aktienanzahl zu gewährleisten. Dies kann durch Schaffung neuer Aktien (Kapitalerhöhung) oder Erwerb bereits bestehender Aktien am Markt geschehen (Akin 2006; Korn 2000). Weitere aktionärsvermögensorientierte Vergütungsformen als Teil einer variablen Entlohnung sind Belegschaftsaktien (Performance Shares), aktienkursabhängige Bonuszahlungen (Stock Appreciation Rights) und hypothetische Anteile an der Gesellschaft (Phantom Stock Plans) (Bühner 1989; Baums 1997).

Variable Vergütungsbestandteile lassen sich auch unter Betrachtung ihres zeitlichen Bezuges differenzieren. Sie können als kurzfristig (Short-Term-Incentives) oder langfristig orientierte Anreize (Long-Term-Incentives) eingesetzt werden. Für kurzfristige Anreize erfolgt die Bemessung auf Basis einer Geschäftsperiode, für langfristige Anreize werden mehrere Geschäftsperioden berücksichtigt. Die Nutzung von langfristigen Anreizen wird als notwendig angesehen, um die Vorstände zu nachhaltigem Handeln zu motivieren (Bors 2006; Linder-Lohmann et al. 2008; Koch et al 2011).

Einige Anforderungen an variable Vergütungen sind bei deren Implementierung zu beachten. Der Leistungsbewertung zugrundeliegende Abhängigkeitsgrößen bzw. Bemessungsvariablen müssen durch den Vorstand beeinflussbar sein. Liegen im Umkehrschluss der Leistungsmessung keine vom Vorstand beeinflussbaren Faktoren, sondern externe Faktoren zugrunde, wäre die Vergütungshöhe nicht durch die Leistung des Vorstandes beeinflussbar und es würde kein Motivationseffekt eintreten (Spremann 1990; Weiß 1998). Die Art der Vergütung muss transparent sein, damit der Vergütete abschätzen kann, durch welches Verhalten er die Höhe der Vergütung beeinflussen kann, und welchen Anteil externe Faktoren haben (Becker/Fallgatter 2002; Gleich 2001; Picot/Reichwald/Wigand 2003). Variable Komponenten müssen möglichst individuell auf den jeweiligen Vorstand zugeschnitten sein, da sich messbare Leistungsgrößen je nach Aufgabengebiet unterscheiden können bzw. einer unterschiedliche Gewichtung bedürfen. Der Bemessungszeitraum muss optimal gewählt werden. Die Zeitpunkte von Vorstandshandlung und bezogener Vergütung dürfen nicht zu nahe beisammen liegen, da sich sonst keine Motivation zu nachhaltigem Handeln ergibt, sie dürfen aber auch nicht zu weit auseinander liegen, da sonst der Bezug verloren geht und die Auswirkungen in Form der Vergütung für den Vorstand nicht mehr nachvollziehbar sind (Bors 2006). Auch das Verhältnis von fester und variabler Vergütung spielt eine Rolle, um eine Steuerungswirkung zu entfalten, muss der variable Anteil einen relevanten Umfang besitzen. Die Anzahl unterschiedlicher Bemessungsgrundlagen spielt dahingehend eine Rolle, dass mit deren Steigerung zwar die Steuerungswirkung genauer justierbar wird, aber die einzelne Grundlage an Motivationswirkung verliert (Becker/Kramarsch 2006; Weiß 1998; Picot/Reichwald/Wigand 2003). Alle variablen Vergütungsmodelle bieten Vor- und Nachteile. Erfolgswertabhängige Methoden sind zukunftsorientierter, bieten einzelnen Vorständen aber die Möglichkeit, ohne eigenes Engagement von den Leistungen anderer zu profitieren. Daher ist eine Mischung erfolgswert- und leistungsorientierter Komponenten anzuraten (Bors 2006). Gleiches gilt für die Durchmischung von kurzfristig und langfristig orientierten Komponenten. So zeigen Studien, dass mit zunehmendem Erreichen der Haltefrist der Aktienoptionen die Risikobereitschaft der Vorstandsvorsitzenden abnimmt und demzufolge am Beginn einer Haltefrist am höchsten ist. Folglich sollten, um die Risikobereitschaft auf einem durchschnittlichen Level zu halten, die Erstauschüttungstermine gleichmäßig über die Mandatszeit des Vorstandes verteilt werden. Im Umkehrschluss kann der AR die Risikobereitschaft der CEO durch entsprechende Terminierung der variablen Vergütung beeinflussen, z.B. bei beabsichtigter Expansion der AG die Risikobereitschaft erhöhen (Martin und Gomez-Mejla 2012).

Zusammenfassend lassen sich die Komponenten der Vorstandsvergütung in Abbildung 2 darstellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Bestandteile der Vorstandsvergütung (ungewichtet) (eigene Darstellung)

2.3 Ethische Diskussion der Vorstandsvergütung

Zum Einstieg in dieses Kapitel scheint Ottos (2012) Feststellung angebracht, dass eine absolut festlegbare Grenze für Vorstandsvergütungen unrealistisch erscheint. Das Ziel der Angemessenheitsdebatte kann es daher nur sein, zu Kriterien zu gelangen, welche die kontextbezogene Bestimmung einer angemessenen Vergütung definierbar machen. Hier soll das Folgende einige Ansätze aufzeigen.

Das Gebot der Leistungsgerechtigkeit spielt eine zentrale Rolle in der Angemessenheitsdiskussion. Es ist sowohl Grundsatz als auch wesentliche Rechtfertigung der freien und der sozialen Marktwirtschaft. Es begründet einerseits überdurchschnittliche Gehälter, setzt diesen aber andererseits auch Grenzen indem sie als leistungsungerecht wahrgenommen werden, z.B. bei unverständlichen Verhältnissen von Arbeiter- zu Vorstandsgehältern. Um Leistungsgerechtigkeit zu gewährleisten muss Leistung anhand von eindeutigen, standardisierten Maßstäben messbar sein, welche auf eine angemessene Entlohnung schlussfolgern lassen. Dies erscheint bei handwerklichen oder produzierenden Berufen sehr einfach, im Falle von Vorständen aber deutlich komplizierter. Die messbaren Auswirkungen von Entscheidungen zeigen sich oft erst lange nachdem sie getroffen wurden, und Erfolge können oft nicht eindeutig einem konkreten Vorstandsmitglied zugeordnet werden (Bors 2006, Linder-Lohmann et al. 2008).

Gerechtigkeitsfaktoren für Vergütungen sind laut Linder-Lohmann et al. (2008) und Berthel und Becker (2010) auf zwei Äquivalenzprinzipien reduzierbar: die Übereinstimmung von Lohn und Anforderung sowie die Übereinstimmung von Lohn und Leistung. Eine dritte, quasi extern orientierte und unverzichtbare Äquivalenz, ist die Marktgerechtigkeit der Entlohnung, welche zutrifft wenn diese den üblichen Marktkonditionen entspricht.

Auch die Vorbildfunktion der Vorstände darf im Vorfeld nicht unbeachtet bleiben. Vorstände prägen das Bild ihres Unternehmens und der Wirtschaft in der Öffentlichkeit. Daher rufen eigensüchtiges Verhalten und bedenkenlose Maßlosigkeit oft Kritik hervor. Ein Großteil der Deutschen hält Manager, insbesondere von Börsenunternehmen, für korrupt. Daher dienen sie oft als Negativbeispiel für den einfachen Bürger, der sich schlimmstenfalls auch nicht mehr an die Spielregeln hält, weil die gesellschaftlichen Spitzen dies in seinen Augen auch nicht tun. Dem wurde in der Vergangenheit versucht, durch die Einführung (und das Einhalten) von allgemeinen und unternehmensspezifischen Verhaltenskodizes entgegen zu wirken (Otto 2012).

2.3.1 Diskussion der Gerechtigkeits- und Angemessenheitsaspekte und deren Wirkung

Studien zeigen, dass Managervergütung in der Öffentlichkeit als zu hoch wahrgenommen wird. Im Rahmen des Sozio-ökonomischen Panels hielten nur 23% der Personen die Vergütung für gerecht, die Einkommensschicht des Befragten spielte bei dieser Meinung keine signifikante Rolle. Theoretische Erklärungsmodelle gehen davon aus, dass die Wahrnehmung von Gerechtigkeit durch Vergleiche mit Bezugsgruppen entsteht. Empirische Befunde belegen außerdem die positive Korrelation von der Wahrnehmung organisationaler Gerechtigkeit mit Mitarbeitermotivation und Produktivität. Geringere Vergütungsunterschiede führen zu höherer Identifikation der Mitarbeiter mit dem Management und den von diesem vorgegebenen Unternehmenszielen. Zu unterscheiden sind dabei Verteilungsgerechtigkeit, welche sich auf das Ergebnis einer Ressourcenverteilung bezieht, von Verfahrensgerechtigkeit, welche sich auf die Prozesse, welche eine Ressourcenverteilung determinieren bezieht (v. Eckardstein, D. und Konlechner 2008).

Empfundene Ungerechtigkeit verdeutlicht sich im Sinne einer Verteilungsgerechtigkeit an den Verhältnissen der durchschnittlichen Arbeitnehmerlöhne zu den durchschnittlichen Vorstandsvergütungen. Härtel (2004) führt dazu aus, dass von Anfang der 1970er bis Anfang der 1990er Jahre die Relation der bekannten Vorstandsvergütungen zu den durchschnittlichen Arbeitnehmergehältern ca. 30:1 betrug. Von Anfang bis Mitte der 1990er sank dieses Verhältnis sogar zugunsten der Arbeitnehmer. Ab Mitte der 1990er zeichnete sich die Trendwende ab, welche die Entlohnungsverhältnisse bis heute prägt. Im Einzelnen entwickelten sich die Verhältnisse wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Entwicklung der Vergütungsverhältnisse (nach Härtel 2004)

Ein wesentlicher Kritikpunkt im Sinne der Verfahrensgerechtigkeit ist die Koinzidenz von steigenden Vorstandsvergütungen auf der einen und Entlassungen, Lohnkürzungen und steigenden Leistungsanforderungen auf der anderen Seite (Thielemann 2004, Härtel 2004). Dies beschädigt überdies die Vorbildfunktion der Vorstände, die gerade in unruhigen und schwierigen Zeiten nötig wäre (Wiemeyer 2004).

Die Angemessenheit der Vergütung ist individuell für jedes Vorstandsmitglied festzustellen. Während das Kriterium der Lage des Unternehmens für alle Vorstände gleich sein muss, ist die Aufgabe individuell verschieden. Dies rechtfertigt beispielsweise deutlich höhere Bezüge für den Vorstandsvorsitzenden, da dieser eine herausragende Position innehat. Beide Kriterien sind durch den AR zu beurteilen und als Grundlage für die Vergütungsfestsetzung heranzuziehen. Im speziellen umfasst das Aufgabenkriterium die Art der Aufgabe, die zu erbringende Leistung und das Maß der damit verbundenen Verantwortung. Da für eine genaue Definition dieser keine gesetzlichen Grundlagen existieren obliegt deren Formulierung dem Ermessen des AR (Akin 2006). Mit dem Aufgabenkriterium eng verbunden ist die Leistungs-orientierung, da sich diese auf die Qualität der Bewältigung dieser Aufgabe bezieht. Auch diese unterliegt einem erheblichen Gestaltungs- und Ermessensspielraum, da die Operationalisierung von Individualleistungen hinsichtlich ihres Anteils am Wertschöpfungsprozess in einem so komplexen Unternehmen wie einer AG nicht möglich ist. Alle Wertschöpfungsprozesse sind voneinander abhängig, so kann weder eine Abteilung ihre Wertschöpfung ohne die Unterstützung der anderen vollziehen, noch kann ein Angestellter die gleichen Leistungen ohne die Arbeit anderer Angestellter vollbringen. Dieser Gestaltungsspielraum wird durch die Entscheidungsträger im Unternehmen ausgefüllt, im Fall der Vorstandsvergütungsfrage also durch den AR. Dafür ist anzunehmen, dass dort wo Ermessen eine Rolle spielt auch unrealistischere Argumente Gehör finden können, um sich gegenseitig erwünschte Konditionen zu verschaffen, ein Problem auf welches später in diesem Kapitel noch eingegangen wird (Wiemeyer 2004). Das Kriterium der Unternehmenslage beschränkt sich nicht auf die Vermögenslage der AG, sondern inkludiert die gesamten Verhältnisse des Unternehmens, und beinhaltet auch die anzunehmende zukünftige Entwicklung. Die persönlichen Fähigkeiten eines Vorstandes könnten dabei, trotz einer schlechten wirtschaftlichen Lage der AG relativ hohe Bezüge rechtfertigen, z.B. wenn der betreffende Vorstand eine Sanierung zu leiten hat. Gerade für solche Fälle kann ein entsprechend erfahrener und fähiger Unternehmensleiter erfolgs-bedingend sein (Akin 2006).

Als weiteres Angemessenheitskriterium soll ein Vergleich an der Marktüblichkeit der Vergütungen einen kontrollierenden Einfluss auf diese ausüben. Eine Auswahl von adäquaten Vergleichsunternehmen soll dabei aufgrund der Kriterien

- Aufgaben der Vorstände
- Anzahl der Vorstände und
- Lage des Unternehmens hinsichtlich Umsatz, Mitarbeiterzahl, Umfang der Produktpalette und Sitz

erfolgen. Allerdings können Marktpreise zwar einen Indikator bilden, aber keine angemessene Vergütung sichern oder eine unangemessene Steigerung der Gehälter gänzlich verhindern, v.a. wenn der Vergleich immer am Spitzengehalt erfolgt (Akin 2006).

Die Dynamik der Vergütungsentwicklung hat sich in den letzten Jahren verselbstständigt (v. Eckardstein, D. und Konlechner 2008). Seit den 1970er Jahren sind die Bezüge der Vorstände im Schnitt in ähnlichem Maße angestiegen wie die Durchschnittsgehälter anderer Angestellter. Ab Mitte der 1990er Jahre stieg jedoch das Wachstum der Bezüge der Vorstände der 100 größten deutschen Unternehmen signifikant schneller als die durchschnittlichen Vergütungen aller deutschen Vorstände und der Angestelltengehälter. Einbrüche ergaben sich lediglich nach den Finanzkrisen 2001 und 2008, ohne dass diese jedoch den Trend beenden konnten (Koch et al. 2011). Bereits 2010 haben die Vorstände der DAX-Konzerne wieder vergleichbar hohe Vergütungen erhalten wie vor der Finanzkrise (focus.de 2011).

Für diese Vergütungsexplosion finden sich unterschiedliche Vermutungen. So wird die Einführung von Aktienoptionsplänen benannt (Raible und Moerbeek 2007; v. Eckardstein, D. und Konlechner 2008). Weiterhin lässt sich ein Rückgang der Corporate Identity durch steigende firmenübergreifende internationale Mobilität verzeichnen, was eine sinkende Verbundenheit der Vorstände zu der Politik und den Zielen einer spezifischen Firma bedeutet. Das steigende Engagement institutioneller Anleger und die damit verbundenen Transaktionen in den Vorständen führten teilweise zu Abwerbungsprämien auf internationalem Niveau, was auch das Vergütungsniveau an sich anhob (Kliemt und Schwallbach 2008). Auch mit dem Wachstum der Unternehmen wird der Anstieg der Vergütungen der verantwortlichen Vorstände begründet (Harm und Raible 2008). Als weitere Begründung werden Vergütungen deutlicher als Faktor im Wettbewerb um die besten Führungskräfte und als dementsprechend markt- und leistungsgerecht gerechtfertigt, wenngleich sich in der Praxis zeigt, dass deutsche Vorstände im Ausland kaum eine Chance auf einen entsprechenden Job haben. Ebenfalls steigen im Zuge der Internationalisierung die Anforderungen an die Vorstände durch komplexer werdende Wirtschaftszusammenhänge, was in einer entsprechenden Vergütungserhöhung resultierte. Die in diesem Zusammenhang vertiefte Partnerschaft mit US-amerikanischen Unternehmen lenkte die Aufmerksamkeit der heimischen Vorstände auf die in den USA deutlich höheren Vergütungen (Siddiqui 1999, Kliemt und Schwallbach 2008, Zimmermann 2004). Was letztlich definitiv zu dem rasanten Anstieg, v.a. in den USA als Orientierung für die deutschen Vorstände, geführt hat, ist nicht genau geklärt (Härtel 2004). Ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren ohne entscheidende Relevanz eines einzelnen liegt daher nah.

[...]

Ende der Leseprobe aus 70 Seiten

Details

Titel
Vorstandsvergütung in deutschen Aktiengesellschaften. Angemessenheitsdebatte und Analyse von Vergütungskonzepten
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Köln
Veranstaltung
Human Resource Management
Note
1,7
Autoren
Jahr
2013
Seiten
70
Katalognummer
V211107
ISBN (eBook)
9783656390992
ISBN (Buch)
9783656391692
Dateigröße
1195 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
vorstandsvergütung, aktiengesellschaften, angemessenheitsdebatte, analyse, vergütungskonzepten
Arbeit zitieren
Dipl. Päd. Thilo Ketschau (Autor:in)Andreas Förster (Autor:in), 2013, Vorstandsvergütung in deutschen Aktiengesellschaften. Angemessenheitsdebatte und Analyse von Vergütungskonzepten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211107

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