Leseprobe
Inhalt
Einleitung
1 Das Medium Internet
2 Was ist Gesundheitskommunikation?
3 (Gesundheitsbezogene) Internetnutzung
4 Die Tücken der eHealth Kommunikation
5 Verschiedene Typen (Online) Healthcare Seekers
6 Forschungsfragen
7 Operationalisierung
8 Methodendesign
9 Ergebnisse und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhang
Einleitung
Die vorliegende Forschungsarbeit befasst sich mit dem Metathema Gesundheitskommunikation. Dabei widmet sie sich dem immer wichtiger werdenden Thema der Gesundheitskommunikation im Netz. Die Gewichtung neuer Medien in der allgemeinen Kommunikation und somit ebenfalls in der Gesundheitskommunikation ist in dem letzten Jahrzehnt rapide gestiegen.[1] Dies soll im Theorieteil aufgearbeitet werden. Im Rahmen des praktischen Teils werden Ergebnisse aus qualitativen Leitfadeninterviews präsentiert, die mit Studierenden durchgeführt wurden. Studierende sind für das Forschungsvorhaben die geeignete Zielgruppe, denn sie sind bestens vertraut mit dem Medium Internet, besitzen einen hohen Bildungsstand und sind Hauptnachfrager von digitalen Gesundheitsinformationen.[2] Außerdem existiert der Kaiser Family Foundation Studie (2001) zufolge, unter jungen Erwachsenen bis 24 Jahren ein gesteigertes Interesse, Gesundheitsinformationen aus dem Internet zu recherchieren.[3]
Das Forschungsinteresse besteht darin herauszufinden, ob verschiedene Typen an studentischen Healthcare Seekers unterschieden werden können, ob es einen Zusammenhang mit der Internetnutzung für gesundheitsbezogene Themen gibt. Die Bildung solcher Typen dient zur Kategorisierung des Forschungsfeldes und kann später als Grundlage für quantitative Befragungen herangezogen werden.
Im nachfolgenden ersten Kapitel soll zunächst einmal auf theoretischer Ebene auf die Massenmedien im Allgemein und das Internet im Speziellen eingegangen werden.
1 Das Medium Internet
„Wissenschaftliches Wissen ist [...] nicht exklusiv den jeweiligen Experten vorbehalten, sondern steht einer Vielzahl an Menschen zur Verfügung.“[4]
Die Massenmedien haben sich in unserem Jahrtausend als zentrale Informationsvermittlungsinstanz zwischen dem einzelnen Menschen und dem gesellschaftlichen Kollektiv entwickelt. Sie beinhalten ein breites Themenspektrum.[5] Der Uses-and-Gratifications Approach, auch bekannt unter „Nutzen- und Belohnungsansatz“, besagt dabei, dass das Publikum die unterschiedlichen Inhalte der Massenmedien nutzt, um Bedürfnisse zu befriedigen. Je nach Bedürfnis kann der Wunsch nach Befriedigung zwischen Entspannung und Spannung, Entertainment und Information variieren. Dabei ist es denkbar, dass sich zwei Personen aus verschiedenen Gratifikationswünschen heraus dem gleichen Medium zuwenden. Die jeweilige Art der Mediennutzung soll nicht isoliert betrachtet werden, denn sie ist eingebettet in den Lebenskontext der Person.[6] Das Internet steht für unsere multimedial-moderne Gesellschaft: Es integriert als dynamisches Medium Angebote aller Medien und verknüpft sie mit interaktiven Nutzungsmöglichkeiten.[7] Und überall da wo es um Informationstransaktionen geht, wird sich auch über Gesundheit und Krankheit ausgetauscht. Es scheint nicht verwunderlich, dass gerade das Medium Internet hierfür genutzt wird. Dabei wächst der Informationsanteil der an das Laienpublikum gerichtet ist stetig, an Gesunde ebenso wie an Kranke.[8] Am Beispiel der Gesundheitskommunikation im Internet kann dies wie folgt veranschaulicht werden: Stellen wir uns vor, dass jemand mehr zum Thema gesunde Ernährung erfahren möchte. Diese Person könnte zu einem Arzt oder einem Ernährungsexperten gehen und so ihr Bedürfnis nach Wissen befriedigen. Dabei hat sie aber auch eine „funktionale Alternative“. Es obliegt der Person auch im Internet nach passenden Foren, Experteninterviews, Artikel etc. zu recherchieren und so den Wissensdurst zu stillen.[9] Daraus ergeben sich zwei Handlungsmöglichkeiten, die beide zum Ziel führen. Das Thema Gesundheit, das lange Zeit vor allem Gegenstand der Individualkommunikation war und traditionell im Bereich zwischenmenschlicher Interaktion erfolgte, beispielsweise im Gespräch zwischen Arzt und Patienten oder im Alltagsgespräch über Gesundheitsfragen, wurde der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung entsprechend zunehmend medialisiert.[10] Die Vorteile des Internets als Informationsquelle sind offensichtlich: Hypertextualität, Interaktivität, Schnelligkeit, Aktualität und Überbrückung räumlicher Grenzen.[11] Papacharrissi und Rubin unterscheiden fünf Motivationsgründe für die allgemeine Internetnutzung, die wie folgt lauten: Information, Zeitvertreib, Bequemlichkeit, Unterhaltung und sozialer Nutzen.[12] Mit der Ausweitung der Onlineangebote ergeben sich nicht nur neue Möglichkeiten der Informationsvermittlung seitens der Anbieter, das Internet bietet auch Nutzern von Gesundheitsangeboten neuartige Kommunikationsformen, seien es die vielen Gesundheitsportale oder virtuellen Selbsthilfegruppen. Die Themenvielfalt ist kaum mehr überschaubar.[13] Zudem werden Personen vermehrt dazu aufgefordert, sich aktiv für ihre eigene Gesundheit zu engagieren, dazu gehört auch die eigenständige Recherche von Gesundheitsthemen. Es existieren über 70.000 Websites weltweit, die sich mit dem Thema Gesundheit und verwandten bzw. spezifischeren Themen auseinandersetzten und um die 50 Millionen Menschen, die diese Informationen nutzen. Das Internet offeriert ein weites Informationsspektrum, in dessen Anonymität man sich „verlieren“ kann.[14] Es gibt kein Patentrezept, weder auf wissenschaftlicher, noch auf medizinischer Seite. Die gesundheitliche Nutzung des Internets hat wie jede neue Nutzung einen mediengeschichtlichen Einfluss: Jedem neuen Medium wird das Potenzial zur Revolutionierung oder zumindest Umstrukturierung zugeschrieben. Nicht Medien verändern Wissen, sondern es entsteht ein neuer Bedarf, durch die Reorganisierung der Gesellschaft, ohne diesen Bedarf können sich neue Medien nicht durchsetzen.[15] Die Entwicklung neuer Medien wirft die Wissensordnung um: In unserer Informationsgesellschaft verliert das (wissenschaftliche) Wissen nach und nach an Exklusivität, so dass ihre Träger an „Macht“ verlieren.[16] Der Wissensdurst der Menschen dringt in immer mehr Gesellschaftsbereiche vor, zugleich verwirklicht das Internet das Verlangen nach öffentlichen Zugang in allen Bereichen, eben auch in den Wissensraum Gesundheit.[17]
2 Was ist Gesundheitskommunikation?
Seit einigen Jahren also macht sich im Bereich der Gesundheit ein erhöhter Informations- und Beratungsbedarf, die Forderung nach erweiterten Handlungsoptionen und individueller Einflussnahme bemerkbar.[18] Der Gesundheitssuchende hat ein immer größeres Spektrum an Informationsquellen, auf dass er zugreifen kann, wie etwa: Gesundheitsportale, Fach- und Publikumspresse, Google, medienaffinere Verwandte, Hausarzt, sowie GesundheitsTV und -Hotlines, Gesundheitsforen und mobile Gesundheitsservices.[19] Es wird vom modernen Mensch verlangt, dass er im Laufe seines Lebens ein ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein entwickelt, das ihn hilft sich selbstverantwortlich um seine Gesundheit und gesundheitliche Informationen zu kümmern. Eine 2009 präsentierte Untersuchung der Österreichischen Akademie für Präventivmedizin und Gesundheitskommunikation, veröffentlichte Daten, die das Bewusstsein und Verhalten der ÖsterreicherInnen zum Thema erfragte. Dabei stellte sich heraus, dass 47,5 Prozent der Befragten, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung, durchaus „sehr“ an ihrer Gesundheit und an der Vermeidung von Krankheiten interessiert sind. Gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung pflegen über 50 Prozent ihrer Meinung nach ausreichend, wobei beim Sport die Männer, bei der gesunden Ernährung die Frauen stärker ansprechen . 44 Prozent meinen, dass sie regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen im entsprechenden Maß vornehmen lassen, 36 Prozent sehen hier bei sich selbst Defizite. Auffällig ist, dass sich die an ihrer Gesundheit wenig Interessierten stärker an den salutogenetischen Aspekten orientieren, während die stark an Gesundheit interessierten Menschen stärker an regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen und ausreichend Schlaf interessiert sind. Das Modell der Salutogenese beruht auf Aaron Antonovsky. Er kam, basierend auf zahlreiche Studien, zur Feststellung, dass Individuen trotz starker Belastung gesund bleiben, wenn folgende Faktoren gegeben sind: Vorhersehbarkeit, Beeinflussbarkeit (Entwicklungen und Ereignisse können selbst beeinflusst werden) und Sinnhaftigkeit der Belastung (persönliche Ziele sind möglich und erreichbar).[20] Sport und gesunde Ernährung stehen bei den Menschen, die sich wenig für ihre Gesundheit interessieren, mehr im Vordergrund als bei den Gesundheitsinteressierten. Fast scheint es so, als wäre das Gesundheitsinteresse vieler Menschen eine Kompensation zu vergleichsweise wenig praktizierten natürlichen Vorsorge wie Bewegung, Ernährung und salutogenetische Ansätzen.[21] Körperliche Aktivität und Sport werden gemeinhin als förderlich für die Gesundheit betrachtet. Wie zahlreiche internationale Studien belegen, besteht zwischen körperlicher Aktivität einerseits und Gesundheit und Wohlbefinden andererseits ein signifikanter Zusammenhang.[22] Prinzipiell wird davon ausgegangen, dass autonomeres, kritisches Gesundheitsverhalten dazu führt, dass die Gesundheitsfürsorge mehr und mehr individualisiert wird, so dass im Gesundheitsbereich eine höhere Eigenverantwortung seitens der Bürger gefordert ist.[23]
Die Gesundheitskommunikation lässt sich auf verschiedenen Ebenen verorten. Signitzer (2001) unterscheidet in seiner Systematik die Ebenen intrapersonale Kommunikation, interpersonale Kommunikation sowie Organisationskommunikation und Massenkommunikation.[24]
- Intrapersonale Ebene
Die intrapersonale Ebene beschreibt kognitive, psychische und kommunikative Vorgänge, die sich innerhalb des Individuums vollziehen. Diese Prozesse prägen Einstellungen und Werte. Beispielsweise liest eine Person einen Bericht über die Risiken an Fettleibigkeit zu erkranken und macht sich dann Gedanken über das eigene Wohlbefinden.
- Interpersonale Ebene
Hier geht es um den Austausch von gesundheitsbezogenen Informationen. Sie umfasst sowohl die Kommunikation zwischen Arzt und Patient, also auch die alltägliche zwischen verschiedenen Individuen oder Gruppen der Gesellschaft. Kommunikation kann das Bewusstsein, das Wissen, die Einstellungen und die Fähigkeiten, welche für Änderungen des Gesundheitsverhaltens ausschlaggebend sind, beeinflussen.
- Organisationsebene
Im Mittelpunkt steht die Kommunikation der verschiedenen Gesundheitsdienstleistungsorganisationen (Krankenhäuser, Praxisgemeinschaften, Selbsthilfegruppen,…) aber auch von Organisationen, welche ein Interesse an Gesundheitsthemen haben. Einerseits können sie ihre Zielgruppen mit Information versorgen oder auch die notwendige Unterstützung für individuelle Bemühungen bereitstellen. Andererseits können sie (politische) Kurswechsel durchsetzen, die eine individuelle Veränderung erst möglich machen. Beispiele für diese Ebene sind etwa die interne Kommunikation (z.B. Mitarbeiterzeitschriften, Intranet) oder die externe Kommunikation wie PR Arbeit eines Gesundheitsdienstleisters.
- Gesellschaftliche Ebene (Ebene der Massenkommunikation)
Menschen sind in eine physische, ökonomische und kulturelle Lebensumwelt eingebettet, die vielfältigen Einfluss auf das individuelle Verhalten, angefangen von sozialen Normen und Werten, der öffentlichen Meinung bis hin zu Gesetzen und Verordnungen hat. Um gesundheitsrelevante Inhalte an die breite Masse zu tragen, werden moderne Massenmedien wie Fernsehen, Internet und Presse eingesetzt. Zu den Kommunikationsmöglichkeiten gehören z.B. Gesundheitsberichterstattung, medial vermittelte Images von Gesundheit, medizinische Fachpublizistik, Gesundheitskampagnen und medizinische Informationssysteme (Gesundheitsportale).[25]
Gesundheitskommunikation im Internet wird auch unter den Metabegriff eHealth definiert. Dieser Metabegriff kam in den 1990er-Jahre in Mode. Die Strategie eHealth Schweiz hält fest, dass unter eHealth primär der integrierte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zur Gestaltung, Unterstützung und Vernetzung aller Prozesse und Teilnehmenden im Gesundheitswesen verstanden werden soll.[26] Häufig dient die Bezeichnung eHealth schlichtweg dazu, um alle Prozesse der Elektronik im medizinischen Bereich zu beschreiben.[27] Nach Eng ist eHealth die Nutzung informativer und kommunikativer Technologien im Internet, welche helfen können das gesundheitliche und medizinische Wissen zu verbessern. Konkreter unterscheidet der Experte zwischen 5 Formen von eHealth, eHealth im Rahmen von Content, Commerce, Connectivity sowie Care und Community:
1. Content:
Bereitstellungen von Inhalten und Informationen
2. Commerce:
Geschäftsbeziehungen können aufrecht erhalten werden
3. Connectivity:
Interessierte, Patienten, Fachpersonal (Ärzte, Apotheker etc.)
treten in Kontakt
4. Care:
technische Applikationen für Gesundheitsdienstleistungen (z.B. elektronisches Rezept)
5. Community:
Informationsaustausch (z.B. Foren)[28]
Den eHealth Content nutzt der User passiv, während im Rahmen der Community eher eine aktive Rolle eingenommen werden kann und eingenommen wird. Im Zuge dieses Forschungsvorhabens sollen verschiedene Gesundheitstypen von Studierenden, betreffend des Umganges mit ihrer Gesundheit und gesundheitlichen Inhalten im Netz, eruiert werden können. Also verortet sich das Forschungsinteresse vor allem auf der intrapersonalen Ebene.
3 (Gesundheitsbezogene) Internetnutzung
Generell nutzen ÖsterreicherInnen über 15 Jahren das Internet überwiegend als Informationsmedium: Dabei dient für 37% der Befragten, aus der GfK Austria Studie 2009, die Internetzugang haben, die Internetnutzung zur privaten Informationssammlung. An zweiter Stelle folgt die Wichtigkeit des Internets zum persönlichem Entertainment (22%). Weitere 16% verwenden das Internet hauptsächlich als Kommunikationsmittel.[29] Der Zusatzbenefit, nämlich dass das Internet jeden mit gesundheitlichen und medizinischen Informationen versorgen kann, vermag potentielle Beziehungen, die in der Gesundheitsdienstleistung eingegangen werden, zu verändern. Bis vor kurzem hatte das gesundheitliche Personal die „alleinige“ Verantwortung über das medizinische Wissen, während der Patient überwiegend für seine Angaben (Symptombeschreibung etc.) verantwortlich war. Jetzt, wo medizinische Informationen oft vor dem Besuch beim Arzt eingeholt werden, nehmen Patienten möglicherweise eine neue Position im Entscheidungsprozess ein. Sie haben nicht nur das Wissen über ihre Symptomatik, sondern können eventuell symptomatische Verbindungen herstellen, und Wünsche sowie Absichten besser reflektieren.[30] Die Gruppe der eHealth Befürworter möchte diese Potentiale des Internets nutzen. Immerhin sind 80% aller Internetsurfer zum Thema Gesundheit online unterwegs.[31] Überdies benutzen über 87 Prozent der deutschen Surfer die Suchmaschine Google für ihre Suche. Google nimmt dabei als online Nachschlagewerk eine weitgehende Monopolstellung ein, die nicht nur in Österreich, sondern weltweit vorherrscht. Google verzeichnet Nutzerzahlen in den einzelnen Ländern die jeweils zwischen 45 und 90 Prozent liegen.[32] Alleine das deutschsprachige Gesundheitsportal netdoktor.de verzeichnet pro Tag rund 150.000 Besucher.[33] Fakt ist, dass die Anzahl der Personen, die bei Gesundheitsproblemen im Internet recherchieren, bevor sie einen Arztbesuch wahrnehmen, stetig steigt. Das ergab eine von der EU geförderte Studie zur „eHealth Trends“ Thematik, an deren der Lehrstuhl für Medizinische Informatik der Universität Erlangen-Nürnberg beteiligt war. Diese EU Studie wurde in 7 Ländern durchgeführt, darunter Deutschland. Weitere beteiligte Länder waren Portugal, Dänemark, Griechenland, Norwegen sowie Polen und Lettland. Daten für Österreich gab es keine. Die Ergebnisse der Deutschen können jedoch, aufgrund der starken historischen und geografischen Nähe, auf die potentiellen Werte der ÖsterreicherInnen schließen. Grosso modo, wurden in allen Studienländern signifikante Zuwächse bei der Internetnutzung für gesundheitsbezogene Informationen gemessen. Die Prozentzahl der Surfer, die das Internet für Gesundheitsinformationszwecke nutzen, sind von 42,3% im Jahr 2005 auf 52,2% im Jahr 2007 angestiegen. Im Jahr 2005 nutzten noch hauptsächlich Männer jeden Alters das Internet. 2007 schauten die Ergebnisse anders aus: 83,5% der 15-25 jährigen Frauen zogen gesundheitliche Informationen aus dem Internet, bei den gleichaltrigen Männern lag der Wert bei 72,4%. Die Gruppe der 15-25 Jährigen wurden zur Hauptnutzer der Gesundheitsinformationen aus dem Netz. Die älteste Kohortengruppe, die der 66-80 jährigen Männer, nutzte zu 22,6% das Internet, bei den Frauen lag der Wert bei nur mageren 9,9%. Diese signifikanten Unterschiede der Altersgruppen waren im Jahr 2005 noch nicht so deutlich erkennbar.[34] Auch laut des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann Stiftung zeigt sich das Internet als bedeutsame Informationsgrundlage vor allem für junge Menschen bis 39 Jahren. Die nachfolgend dargestellte Grafik stellt die bevorzugten Informationsquellen der Gruppen 18-39 Jahre, 40-59 Jahre und 60-79 Jahre grafisch dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2: Brechtel 2004: 4; „Zu welchen Gesundheitsthemen haben Sie in den letzten 12 Monaten Informationen gesucht?“ (Grafik 2)
Das erfragte Online-Themenspektrum erschließt eher Informationen zu Behandlungsmaßnahmen und Erkrankungen. Weniger nachgefragt werden Gesundheitsinformationen zum Thema Prävention und Maßnahmen zur Gesundheitsförderung. Probanden, die angeben, dass sie das Internet bei der Suche nach Gesundheitsinformationen nutzen, informieren sich eher aus allgemeinem Interesse. Von einer spezifischen Suche nach bestimmten Gesundheitsinformationen kann nicht ausgegangen werden.[35] Harris Interactive (2002) kam im Zuge seiner Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die Hälfte aller Gesundheitssurfer das Gefühl hat, genauer zu verstehen, welche Gesundheitsthematiken und –probleme sie betreffen.[36] Die Kaiser Family Foundation (2001) würde diesen Verdacht bestätigen, denn 39% der Befragten gaben an, dass sich ihr Gesundheitsverhalten aufgrund der Informationen aus dem Internet verändert hat.[37] Die Motivation der Internetrecherche liegt unter anderem darin, die ärztliche Beratung kritisch hinterfragen zu können.[38] Ebenso schätzen Health Seeker die Anonymität des Internets. Die Barriere der interpersonalen Kommunikation mit dem Arzt, Apotheker oder einem anderen Gesundheitsdienstleister, lässt sich durch das Internet umschiffen (Spielberg 1998).[39] Mit den Vorteilen der Gesundheitsinternetnutzung gehen aber auch Nachteile einher: Die Zahl der „Cyberchondriacs“ stieg jährlich von 1998 bis 2008 kontinuierlich an. Zillien et al. prägen den Begriff „Cyberhypochondrie“, der zum Ausdruck bringt, dass recherchierte Netzinformationen oftmals übertrieben überschätzt werden. Begründen lässt sich dieses Phänomen dadurch, dass Informationen oftmals über Foren eingeholt werden, wo ein subjektiver Erfahrungsaustausch getätigt und von Einzelfällen berichtet wird.[40] Laut Taylor (2008) sprechen wir heute von einer plateauartig-gleichbleibenden Internetuserzahl unter der erwachsenen US-Bevölkerung, im Themenbereich Gesundheitsinformationsrecherche.[41] Beruhend auf die Daten von Harris Poll (USA, 2010) ist jedoch der Prozentwert der Personen, die nach Gesundheits- oder Medizininformationen online suchen, zwischen 1998 und 2010 von 27% auf 76% gestiegen.[42]
[...]
[1] Vgl. Vorwort 69 impulse 2010
[2] Vgl. Journal of Medical Internet Research
[3] Vgl. Tautz 2002: 81
[4] Zillien 2008: 266
[5] Vgl. Bleicher 2003: 347
[6] Burkart 20024: 221f
[7] Vgl. Bleicher 2003: 347
[8] Vgl. Tautz 2002: 79
[9] Vgl. Rossmann 2010: 341
[10] Vgl. Bleicher 2003: 348
[11] Vgl. Rossmann 2010: 341
[12] Vgl. Papacharrissi 2000: 185ff
[13] Vgl. Bleicher 2003: 351
[14] Vgl. Cline et al. 2001: 671
[15] Vgl. Hartmann 2002 : 9
[16] Vgl. Zillien 2008: 282
[17] Vgl. Zillien 2008: 266
[18] Vgl. Lenz/Zillien 2008: 157
[19] Vgl. Schachinger 2009
[20] Vgl. Rosenbrock et al. 2004: 67
[21] Vgl. Steinmaßl-Wirrer 2009
[22] Kirsten 2007: 5
[23] Vgl. Lenz/Zillien 2008: 159
[24] Vgl. Signitzer 2001: 28f. zit. nach Bleicher 2003: 349
[25] Vgl. Doppler Birgit 2010: 53 zit nach. ÖAPG 2011
[26] Schweizer Ärztezeitung 2009: 773
[27] Vgl. Rossmann 2010: 340
[28] Vgl. Eng 2001: 4ff
[29] Vgl. GfK Austria Pressemeldung 2009: 1
[30] Vgl. Gerber et al.
[31] Scheuer 2010: 1319
[32] Vgl. Krüger-Brand 2007: 20
[33] Döring 2010: 2
[34] Vgl. Journal of Medical Internet Research
[35] Brechtel 2004: 4f
[36] Vgl. Tautz 2002: 149
[37] Ebenda.
[38] Vgl. Zillien 2008: 280
[39] Vgl. Tautz 2002: 95
[40] Vgl. Zillien 2008: 278
[41] Vgl. Taylor 2008: 1
[42] Vgl. HON 2010: 1