Das sozialwissenschaftliche Verständnis der Organisation. Ist die Mafia eine Organisation in diesem Sinne?


Hausarbeit, 2012

13 Seiten, Note: 1

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Mafia als Organisation
2.1. Einr und Austritt bei der Mafia
2.2. Wie ist die Mitgliedschaft aufgebaut?
2.3. Welche Zwecke werden auf Basis welcher Strukturen verfolgt?

3. Italienische Mafia
3.1 Cosa Nostra
3.2 Ndrangheta

4. Auf dem Weg zu einem komparativen Organisationsverständnis

5.1 Totale Institutionen
5.2 Gruppe
5.3 Netzwerk
5.4 Markt

5. Zusammenfassung und persönlicher Eindruck

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Wir untersuchen in dieser Arbeit was die Sozialwissenschaften unter einer Organisation verstehen und wie sich diese von anderen sozialen Gruppen unterscheiden lassen. Um dies an einem Beispiel anzuwenden, versuchen wir herauszufinden ob die italienische Mafia in einem sozialwissenschaftlichen Verständnis eine Organisation ist. Im Vergleich mit anderen sozialen Gebilden wollen wir zudem herausfinden was die herausstehenden Merkmale einer modernen Organisation sind.

Wenn das Wort „Mafia“ fällt, denken die meisten Leute an Gewalt, Korruption, Verbrechen, Morde und Italien. Bekannt für die organisierte Kriminalität, steckt noch viel mehr dahinter was auf den ersten oder zweiten Blick nicht sichtbar ist. Erst bei genauerem hinschauen kommen Machtstrukturen und Normen hervor. In dieser Arbeit analysieren wir ob die Vorgehensweisen und Handlungen der Mafia im Sinne einer sozialwissenschaftlichen Organisation stehen. Des Weiteren erwartet eine kleine Einführung in die Machenschaften der bekanntesten italienischen Mafien. Klassische und mächtigste geltende Mafien sind die sizilianische Cosa Nostra und die kalabresische `Ndrangheta.

Was aber definiert die Mafia, wann können wir von „Mafia“ reden. Wie funktioniert die Mafia heute, musste sie ihre Handlungsstruktur im Verlaufe der Jahre ändern? Hier werden wir analysieren ob die Mafia im sozialwissenschaftlichen Sinn eine Organisation ist oder nicht. Wir werden uns auch den verschiedenen Arten von Organisationen widmen, welche wir untereinander vergleichen.

2. Die Mafia als Organisation

Die italienische Mafia gilt als erfolgreiche und beständige kriminelle Organisation. Die Justiz und die Polizei reden von „organisierter“ Kriminalität. Die Definition von Organisierte Kriminalität:

„Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig.

a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen
b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder
c) unter Einflussnahme auf Politik, Massenmedien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken.“

(vgl. http://www.organized-crime.de)

Die Einheit der Mafia besteht „zum einen in ihrer gemeinsamen Kultur, ihren gemeinsamen Normen, Werten, Symbolen und Ritualen, und zum anderen in der Strukturgleichheit der einzelnen „cosche“ oder Mafia-Familien“ (Paoli 2003). Zu solch einer „cosche“ (Mafiagemeinde) gehören nur Männer an. Da die Mafia aber eine große Familie ist, sind die Frauen und Kinder durch die Mitgliedschaft ihrer Männer und Väter einen festen Bestandteil der Mafia und gehören zur großen Familien mit den dazugehörigen Pflichten und Regeln.

2.1 Eine und Austritt bei der Mafia

Die italienische Mafia unterscheidet sich von anderen Sozialen Gruppen in der Rekrutierung der Mitglieder welche durch Zuwahl gewonnen werden, da es keine Bewerbung gibt. Meistens sind es Familienmitglieder welche letzten Endes durch Erlaubnis der höheren Rangmitglieder akzeptiert werden weil eine reine Blutsverwandtschaft oder Ehe mit einem Mafioso nicht genügt. „Der Schwur von Gehorsamkeit und Schweigsamkeit bis in den Tod sieht einer Organisation nicht ähnlich und erinnert eher an geheimbündische Traditionen“ (Pohlmann, 2011)

Hier ist zu erkennen, dass die Art und Weise wie die Mafia bei der Aufnahme neuer Mitglieder keine konventionelle Methode ist. Die Ignoranz von üblichen Kontrakten (Verträge) welche man kündigen kann ist einzigartig und führt zur Kenntnis, dass die Mafia eine „Bruderschaft“ ist. Dies hat für jedes Mitglied „Konsequenzen“, so ist die Mitgliedschaft nicht kündbar und eine Vollzeitintegration ist Voraussetzung „...Form von Zugehörigkeit, die Leib und Seele mit einschließt...“ (Pohlmann 2011). Der Begriff „Totalinklusion“ passt hier sehr gut weil der Mafioso sein ganzes Leben für die Mafia hingibt. Unter anderem auch die Frau und die Familie, welche so mit integriert sind.

Der Austritt aus der Mafia ist lebend fast unmöglich, er wird im Normalfall durch Tot oder Tötung des (Ex-)Mitglieds und dessen Zugehörige geregelt. Selbst im Gefängnis ist die Tötung der Mafia vor keinem sicher. Ein Beispiel wie gefährlich es ist die Mafia zu verraten:

"Mein Name ist Giorgio Basile, geboren am 28. Juni 1960 in Corigliano Calabro" sagt der Zeuge. Nur sein Rücken und Hinterkopf sind auf den beiden großen Leinwänden im Gerichtssaal zu sehen. Sein Aufenthaltsort ist geheim. Denn sein Leben ist bedroht, er steht auf der Todesliste der Mafia.“

(Giorgio Basile, Mafia-Prozess-Erscheinung des Engelsgesichts, 2007)

Giorgio Engelsgesicht Basile, ist ein ehemaliges Mitglied der `Ndrangheta. Er lebt als Pentito1 und ist heute Kronzeuge2 bei der italienischen Polizei.

2.2 Wie ist die Mitgliedschaft aufgebaut?

In der Mafia besteht ein hierarchisches Konzept, was uns auf den ersten Blick zur Organisation hinzieht. In der höchsten Position sitzt der Boss, Pate oder auch „capo die capi“ genannt über dem „consiglieri“ oder Berater. Gefolgt vom „underboss“, welcher das ganze beobachtet und eines Tages vielleicht an der Spitze sitzt. Der nächste Rang wären die sogenannten „capo“ ein Pendant zu den Unteroffizieren, welche auch die Soldaten leiten. Am unteren Ende folgen die einfachen Mitglieder die „soldato“ oder „made man“ welche als Soldaten betitelt werden können.

Es herrscht eine deutliche, strenge Struktur in der Verwaltung der Mafia. Es ist in dem Sinn notwendig alle Stellen zu besetzen und die Position nicht ohne Weiteres zu vergeben. Sie gilt als „verschworene Gemeinschaft“ und ist somit angewiesen an Mitglieder jeglicher Form, inkludierend deren Familie. Es wäre also nicht möglich das ganze Personal und Führungsleute zu ersetzten; falls doch geschieht dies wahrscheinlich durch Komplott und Hinterhältigkeit.

2.3 Welche Zwecke werden auf Basis welcher Strukturen verfolgt?

Auch wenn die Mafia im sozialwissenschaftlichen Sinne keine Organisation ist spielt sie trotzdem eine Organisationsstruktur vor, denn sie steht für einen Zweck und gibt sich eine Hierarchie und ermöglicht auch Karrieren.

Im Gegensatz zu formalen Organisationen handelt die Mafia im „berufskriminellen“ Raum und fördert auch kriminelle Handlungen der Mitglieder welche sich mit Leib und Seele verpflichtet haben für im Falle solch eines Auftrages „Unbedingte Gehorsam“ zu leisten; im Gegensatz zu Organisationen die auf „bedingte Gehorsamkeit“ abonniert sind. Diese muss bei der Mafia „unbedingt“ sein weil sonst die kriminelle Ader an Macht verliert. Die Mitgliedschaft der Mafia, welche auf traditionellen Normen gründet, hat den Willen des „capo di capi“immer zu befolgen. Bei dieser Hierarchie handelt es sich um „Über- und Unterordnung nach Maßgabe eines absoluten Machtanspruchs“ (Pohlmann 2011)

„Vergemeinschaftung soll eine soziale Beziehung heißen, wenn und soweit die Einstellung des sozialen Handelns - im Einzelfall oder im Durchschnitt oder im reinen Typus - auf subjektiv gefühlter ( affektueller oder traditionaler) Zusammengehörigkeit der Beteiligten beruht. (...) Vergemeinschaftung kann auf jeder Art von affektueller oder emotionaler oder aber traditionaler Grundlage ruhen: eine pneumatische Brüdergemeinde, eine erotische Beziehung, ein Pietätsverhältnis, eine »nationale« Gemeinschaft, eine kameradschaftlich zusammenhaltende Truppe. Den Typus gibt am bequemsten die Familiengemeinschaft ab.“ (Weber 1984)

Es besteht ein „Verständnis »traditioneller Vergemeinschaftungsform« nahe“, welche auf gezieltes begehen von Straftaten fokussiert (dies beinhaltet Macht- und Geldanstrebung genauso wie kriminelle Intentionen).

[...]


1 Als Pentito (Plural: Pentiti) wird ein Mitglied der Mafia bezeichnet, der sich nicht an das Gebot der Schweigepflicht der Mitglieder der Mafia hält. Um als Pentito angesehen zu werden, reicht bereits der Verdacht aus, unzuverlässig oder ein potentieller Verräter sein zu können.

2 (im angloamerikanischen Strafverfahren) jemand, der gegen Zusicherung von Straffreiheit als [Haupt]zeuge der Anklage in einem Prozess um eine Straftat auftritt, an der er selbst beteiligt war.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Das sozialwissenschaftliche Verständnis der Organisation. Ist die Mafia eine Organisation in diesem Sinne?
Note
1
Jahr
2012
Seiten
13
Katalognummer
V211529
ISBN (eBook)
9783668327115
ISBN (Buch)
9783668327122
Dateigröße
642 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
verständnis, organisation, mafia, sinne
Arbeit zitieren
Anonym, 2012, Das sozialwissenschaftliche Verständnis der Organisation. Ist die Mafia eine Organisation in diesem Sinne?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211529

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